Einsatz von jugendlichen Testkäufern beim Kauf von hochprozentigem Alkohol – zulässig oder Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens?

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 27.11.2011

Heute möchte ich über eine Entscheidung des OLG Bremen berichten, die sich nur am Rande mit dem Betäubungsmittelrecht befasst, nämlich mit dem legalen Betäubungsmittel Alkohol. Es geht um den Einsatz von jugendlichen Testkäufern, die von der Polizei angeleitet alkoholische Getränke kaufen, um Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz feststellen zu können.

Das OLG Bremen hat mit Beschluss vom 31.10.2011, 2 SsRs 28/11 = BeckRS 2011, 25924,  entschieden, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vorliegt, wenn an einen von der Polizei angeleiteten jugendlichen Testkäufer bei einem Kontrollkauf entgegen § 9 Abs. 1 JuSchG alkoholische Getränke abgegeben werden, solange der Testkäufer die Schwelle zur Tatprovokation nicht überschreitet. Eine Tatprovokation liege nicht vor, wenn der Testkäufer lediglich das Verhalten eines "normalen" Kunden an den Tag lege und darüber hinaus nichts unternehme, um Bedenken des Verkäufers zu zerstreuen, der Kunde habe nicht das notwendige Mindestalter für den Erwerb der Alkoholika.

In dem zu entscheidenden Fall ging es konkret um eine 17-Jährige, die im Auftrag der Polizei in einem Café eine Grappaflasche mit 40%-igem Alkohol kaufen wollte. Die Bedienung war sich unsicher, ob sie der Kundin wegen ihres jugendlichen Alters (diese hatte wahrheitsgemäß ihr Alter genannt) den Grappa verkaufen könne. Der von ihr hinzugezogene Vorgesetzte verkaufte der 17-Jährigen den Alkohol. Er wurde deshalb wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1, 28 Abs. 1 Nr. 10 JuSchG zu einer Geldbuße von 200,- Euro verurteilt.

Zu Recht, wie das OLG Bremen auf die vom Betroffenen erhobene Rechtsbeschwerde meint.

Noch eine kleine Ergänzung: Gegenüber dem Polizeibeamten, der den Betroffenen direkt nach dem Verkauf auf seinen Verstoß gegen das JSchuG hinwies, gab der Betroffene an, dass es ihm egal sei, wer komme, er verkaufe an jeden. Wenn er die Testkäuferin noch einmal sehe, werde sie schon sehen, was sie davon habe. Sie sollte besser aufpassen.

Tolle Einstellung…

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

3 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Zu Recht?

 

Bei diesem Gehalt an Alkohol hätte Sie im schlimmsten Fall sterben können, und der kommt mit 200 Euro Geldbuße davon und zudem noch so unverschämt uneinsichtig.

 

Auch wenns hier nichts zur Sache tut aber hätte er sich mit nem Joint erwischen lassen ohne einen anderen (Dritten) passiv/aktiv zu gefährden wäre er nicht so glimpflich davon gekommen!

 

also das macht mich jetz echt wütend!

 

0

Der Verstoß gegen das JuSchG ist halt nur eine Ordnungswidrigkeit, der Verstoß gegen das BtMG eine Straftat. In dem von Ihnen genannten Sachverhalt mit dem Joint kommt in vielen Fällen eine Einstellung nach § 31a BtMG in Betracht.

Ich gebe Ihnen aber Recht, dass die Geldbuße von 200 Euro im vorliegenden Fall doch sehr milde ist. Immerhin sieht das JuSchG ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro vor.

Abgesehen davon, daß ich das Verhalten des Cafébesitzers erbärmlich finde, sind solche Tricks meiner Meinung nach ganz klar Anstiftungen zu Straftaten. Es scheint als müsste sich die Polizei ihr eigenes Betätigungsfeld schaffen, weil es nicht mehr genug Gestzesverstöße gibt.

0

Kommentar hinzufügen