BGH: Wahllichtbildvorlage soll mind. 8 Bilder enthalten und sequentiell sein

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 11.01.2012
Rechtsgebiete: WahllichtbildvorlageStrafrechtVerkehrsrecht2|25248 Aufrufe

Die Wahlllichtbildvorlage ist eine der effektivsten Möglichkeiten, einen Täter zu überführen. Der Beweiswert von Lichtbildvorlagen kann aber zweifelhaft sein, so etwa, wenn einem Tatopfer nur ein Bild vorgelegt wird ("War der das?"). Stand der Technik ist die sequentielle Wahllichtbildvorlage, hierzu auch zuletzt BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 524/11:

Allerdings sollen, dies ist ein Ergebnis kriminalistischer Erfahrung, einem Zeugen bei einer Gegenüberstellung „eine Reihe“ von Vergleichspersonen ge-genübergestellt werden (vgl. Nr. 18 RiStBV), wobei eine Zahl von mindestens acht Vergleichspersonen empfehlenswert ist. Die gleiche Anzahl von Lichtbil-dern ist bei Wahllichtbildvorlagen sachgerecht (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsa-chenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl., Rn. 1257, 1251 mwN). Dabei ist es vor-zugswürdig, wenn dem Zeugen die Lichtbilder nicht gleichzeitig sondern nach-einander (sequentiell) vorgelegt werden (BGH, Beschluss vom 9. März 2000 - 4 StR 513/99, StV 2000, 603; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. April 2011 - 4 StR 501/10; generell zur sequentiellen Vorlage Odenthal NStZ 2001, 580 ff. mwN). Der nicht näher ausgeführte Hinweis des Generalbundesanwalts, der Abbruch einer Wahllichtbildvorlage, sobald eine Person erkannt sei, beruhe (nicht nur) auf „polizeilichen Richtlinien“ (vgl. insoweit auch Odenthal aaO S. 582), sondern sei auch „in entsprechender Software implementiert“, spricht dafür, dass hier - die Urteilsgründe äußern sich hierzu nicht ausdrücklich - die Wahllichtbildvor-lage nicht in Papierform sondern (rechtlich unbedenklich) mit Videotechnik durchgeführt wurde. Unabhängig davon ist der Senat der Auffassung, dass ei-nem Zeugen auf jeden Fall im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage (mindestens) acht Personen gezeigt bzw. vorgespielt werden sollten, auch wenn er schon zuvor angibt, eine Person erkannt zu haben. Denn er kann bei einer größeren Vergleichszahl etwaige Unsicherheiten in seiner Beurteilung besser erkennen und dementsprechend offen legen, sodass im Ergebnis eine Wiedererkennung unter (mindestens) acht Vergleichspersonen einen höheren - in Grenzfällen möglicherweise entscheidenden - Beweiswert gewinnen kann (vgl. Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 7. Aufl., Rn. 1405, Odenthal aaO, jew. mwN).
Daraus folgt jedoch nicht, dass es, wie die Revision im Ergebnis meint, aus Rechtsgründen schlechterdings ausgeschlossen wäre, das Ergebnis einer
Wiedererkennung im Rahmen einer (deshalb) nach Vorlage von fünf Bildern abgebrochenen Wahllichtbildvorlage in die Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme einzubeziehen. Möglicher Schwächen dieser Art der Beweisgewinnung war sich die Jugendkammer bewusst, wie ihre sehr weitgehende Einschränkung, dass das Ergebnis der Wahllichtbildvorlage „nicht wertlos“ war, zeigt. In diesem Umfang konnte sie es in die eingehend und sehr sorgfältig von ihr vorgenommene Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses einstellen. Die Grenzen möglicher tatrichterlicher Beweiswürdigung hat sie weder dabei noch sonst überschritten.

 

Also: 8 Bilder nacheinander sind optimal - weniger Bilder  haben aber auch Beweiswert. Das Gericht muss im Falle der Täteridentifizierung hierdurch erhöhten Begründungsaufwand betreiben.

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2 Kommentare

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Wahllichtbildvorlagen sind nicht die Regel. Ein Verstoß gegen dieses Erfordernis kann kaum mit Erfolg gerügt werden. Zumeist wird doch im Ermittlungsverfahren  nicht gefragt, ob der Anzeigeerstatter den Tatverdächtigen erkennt. In der Hauptverhandlung sitzt ein Angeklagter auf der Bank und zumeist erkennt der Zeuge ihn dann "wieder". Kürzlich habe ich sogar erlebt, daß eine Vorsitzende vor die Sitzbänke der vier Angeklagten Namensschilder hatte kleben lassen.  Fand sie ganz normal. Vermutlich natürlich nur zur eigenen Gedächtnisstützung...

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