Zur gegenseitigen Befruchtung von Wissenschaft und Praxis im Kartellrecht

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 06.03.2012

Es schadet dem Praktiker nicht, den Austausch mit der Wissenschaft zu suchen. Davon haben beide etwas, die Praxis durch neue gute Ideen und neuen Wind für die tägliche Arbeit und die Wissenschaft durch den Einblick in die (gelegentlich ernüchternde) praktische Rechtsanwendung mit ihren Eigenheiten und Eigengesetzlichkeiten.

Dieses Ziel hat die Veranstaltung, auf der ich am heutigen Mittwoch, den 07.03.2012, sprechen werde. Im Rahmen des von den Würzburger Professoren Bien und Schulz geleiteten interdisziplinären Forschungsprojekts "Preisbezogene Behinderungsmissbräuche im ökonomisierten Unionskartellrecht" berichte ich zu dem Thema "Die Kosten-Preis-Schere als Argument im deutschen Kartellzivilprozess".

Das Thema hat mich im letzten Jahr sehr beschäftigt und gefordert. Meine Erfahrung aus zahlreichen Zivilprozessen, in denen auch die Kosten-Preis-Schere eine Rolle spielte, stelle ich gern zur wissenschaftlichen Diskussion.

Zwar habe ich gewisse Sympathien für die US-amerikanische Auffassung zur Existenzberechtigung der kartellrechtlichen Figur der Kosten-Preis-Schere (man möge mir das als Spätfolge eines 'Secondment' in Chicago verzeihen). Insgesamt scheint mir auch die früher hierzulande überwiegende Auffassung vorzugswürdig, die Kosten-Preis-Schere sei entweder Preishöhenmissbrauch oder Kampfpreisunterbietung, nicht aber eine eigenständige Form des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Das alles hilft aber nichts. Der EuGH hat diese Figur durch mehrere Entscheidungen im Kartellrecht salonfähig gemacht. Der deutsche Gesetzgeber hatte sie 2007 in § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 für Unternehmen mit relativer Marktmacht in das GWB aufgenommen. Dort soll sie nach den Vorstellungen des Referentenentwurfs zur 8. GWB-Novelle auch bleiben.  

Ich freue mich auf die Diskussion über dieses Geschöpf Luxemburgs und seine Anwendung und Behandlung durch die Parteien des deutschen Kartellzivilprozesses.

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M.E. haben Sie recht, allein schon aufgrund Ihres Erfahrungsschatzes aus zahlreichen Zivilprozessen. Ich halte es daher für essentiell, einen solchen Experten wie Sie seitens der Universität Würzburg eingeladen zu haben; es ehrt Sie, daß Sie Ihre Erfahrungen dort zur wissenschaftlichen Diskussion gestellt haben.  Ichichich bin mir sicher, daß Sie dort Ihre Bedenken an der GWB-Novelle gut positionieren konnten.

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