Leserservice: Rezension "Begutachtung im Verkehrsrecht"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.03.2012
Rechtsgebiete: OrdnungswidrigkeitenRezensionVerkehrsrecht|2520 Aufrufe

Heute möchte ich einmal eine Buchrezension für Verkehrsrechtler online stellen. Es geht um Haffner / Skopp / Graw (Hrsg.), Begutachtung im Verkehrsrecht, Fahrtüchtigkeit - Fahreignung - traumatomechanische Unfallrekonstruktion - Bildidentifikation, erschienen bei Springer:

 

 

„Begutachtung im Verkehrsrecht“ so heißt das neue Buch, herausgegeben von drei RechtsmedizinerInnen aus München und Heidelberg. Der Buchdeckel mit einer Ampel und einem §-Zeichen als Rotlicht weist schon darauf hin, dass es sich um ein an Juristen gerichtetes Buch handelt.

 

Auf fast 380 Seiten findet sich so eine ausführliche Darstellung zu allen Fragen rund um Fahruntüchtigkeit, Fahreignung, Unfallrekonstruktion aus rechtsmedizinischer Sicht und Bildidentifikation. Rein technische Fragestellungen, die etwa von Physikern oder Ingenieuren zu beantworten wären werden dagegen weitgehend ausgeklammert, was vielleicht mancher Leser vermissen wird. Letztlich hätte dies den Buchumfang auch gesprengt. Mir jedenfalls gefällt das Buch auch ohne diesen Bereich.

 

„Begutachtung im Verkehrsrecht“ ist in einer modernen Aufmachung verfasst, also mit grau unterlegten Einschüben, Tabellen und Beispielsfällen. Vor allem aber ist es leicht lesbar und zwar vor allem auch an Stellen, die keine leichte Kost sind, wie etwa die Darstellung der Themenkreise rund um Medikamente und Drogen im Straßenverkehr.

 

Was aber enthält das Buch im Einzelnen? Zunächst finden sich in einem ersten Kapitel Darstellungen zur forensischen Toxikologie, die weit über das hinausgehen, was üblicherweise verkehrsrechtlich tätige Juristen wissen. In der Praxis besonders wichtige Fragen, wie die nach der Wirkung, der Anflutung und dem Abbau von Alkohol incl. der verkehrsrechtlichen Klassiker „Nachtrunk“, „Begleitstoffanalyse“ und „Berechnung anhand von Trinkmengenangaben“ werden eingehend und in der gebotenen Ausführlichkeit behandelt.   Auch mögliche Fehler bei der AAK-Bestimmung werden erörtert (S. 78). Hierzu finden sich erfreulicherweise typische Beispielsfälle.

 

Anschließend wird das Thema „Drogen im Straßenverkehr“ behandelt. Die wichtigsten Drogen und deren typischen Folgen, die für Dritte wahrnehmbar sind werden ausführlich erörtert. Schön gerade für Berufsanfänger: Auf S. 92 findet sich ein (erläuterter) Musterdrogenbefund, wie er auch in „echten“ Akten anzutreffen ist.

 

Im Teil Fahreignungsbeurteilung widmen sich die Autoren Haffner und Thieme ausführlich etwaigen Erkrankungen, deren Folge eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen sein kann und die somit zu einem Fahrerlaubnisentzug im verwaltungsrechtlichen Wege führen können oder regelmäßig Schwierigkeiten bei Neu-/Wiedererwerb der Fahrerlaubnis bereiten. Dabei wird vor allem auch die wichtige „MPU“ dargestellt und erläutert (S. 152 ff.).

 

Weniger für die tägliche fallbezogene Arbeit, sondern eher als Grundsatzinformation geeignet sind die dann folgenden rechtsmedizinischen Ausführungen zu Straßenverkehrsunfällen – es finden sich hier Darstellungen zu mannigfaltigen Unfallursachen, so durch Krankheiten, Rauschmittel oder auch Ablenkungen (z.B. durch „Handynutzung“, vgl. S. 253). Gut gefällt der danach angesiedelte Teil zur Unfallrekonstruktion, die natürlich auch umfassend zur Frage der HWS-Distorsion Stellung bezieht. (S. 309 ff.).

 

Für die tägliche Praxis am greifbarsten und sofort nutzbar ist der Abschnitt zur Bildidentifikation, den ich bislang in derartig guter Form noch in keinem anderen Buch oder Aufsatz so habe finden können. Neben allgemeinen Fragen, die der eigentlichen Begutachtung vorausgehen schildert die Autorin zunächst anhand typischer Bildausschnitte die einzelnen Merkmale, die ein Gesicht aufzuweisen hat. Sodann wendet sie sich der Bewertung der einzelnen Befunde in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu. Wichtig ist dabei vor allem die Feststellung, dass absolute Häufigkeiten zu den anzutreffenden Merkmalen nicht zuverlässig genannt werden können, was aber die Rechtsprechung in manchen Entscheidungen in der Vergangenheit außer Acht gelassen hat. Zu guter Letzt findet sich noch ein Mustergutachten zur Fahreridentifizierung, so dass die Praxisrelevanz der vorherigen Erörterungen deutlich wird. Gerade Berufsanfänger im OWi-Bereich sollten sich daher einmal diesen Teil anschauen.

 

Insgesamt also eine Neuerscheinung, deren Anschaffung für Verkehrsrechtler, die sich echtes Grundlagenwissen draufschaffen wollen durchaus lohnt!     

 

 

 

 

 

 

 

 

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