ArbG Frankfurt a.M zu Streiks auf Flughäfen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.03.2012

 

Flughäfen sind derzeit in besonderem Maße von Arbeitskampfaktionen betroffen; mal legen die Vorfeldmitarbeiter die Arbeit nieder, ein anderes Mal ruft Ver.di das Bodenpersonal zu Warnstreiks auf. Rechtlich interessant ist, wie solche Arbeitskampfmaßnahmen im Bereich der Daseinsvorsorge von den Gerichten beurteilt werden (vgl. hierzu auch den Professoren-Entwurf zum Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge – Blog-Beitrag vom 25.3.2012)und wie es um das Streikrecht von sog. Spartengewerkschaften bestellt ist. Hierzu hat das ArbG Frankfurt a.M. in jüngster Zeit in mehreren Verfahren Stellung nehmen müssen:

So hat es einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Fraport AG und Deutsche Lufthansa AG im Wesentlichen entsprochen und der Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. die weitere Durchführung von Streikmaßnahmen in den Abteilungen Vorfeldkontrolle, Vorfeldaufsicht und/oder Verkehrszentrale der Fraport AG untersagt (Urteil vom 29. Februar 2012 - Aktenzeichen 9 Ga 24/12). Das ArbG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die aktuelle Streikmaßnahme verstoße gegen das Gebot der Friedenspflicht. So sollen mit dem derzeit laufenden Streik unter anderem Forderungen durchgesetzt werden, zu denen sich in einem noch gültigen Tarifvertrag Regelungen finden. Bereits mit Urteil vom 28. Februar 2012 - Aktenzeichen 9 Ga 25/12) hatte das ArbG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Fraport AG, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH und Deutsche Lufthansa AG entsprochen und der Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. untersagt, ihre Mitglieder im Geschäftsbereich Tower am Tower Frankfurt (sogenannte „Towerlotsen“) zum Zweck der Unterstützung der streikenden Vorfeldmitarbeiter zu Streiks am Mittwoch, den 29. Februar 2012, von 5.00 Uhr bis 11.00 Uhr aufzurufen und/oder Streiks in dem Bereich durchzuführen.

Ferner hat das ArbG Frankfurt a.M. (Urteil vom 27. März 2012 - Aktenzeichen 10 Ca 3468/11) eine Schadensersatzklage mehrerer Fluggesellschaften gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF) abgewiesen. Das Schadensersatzverlangen steht in Zusammenhang mit einem Unterstützungsstreik von 22 Fluglotsen im „Tower Stuttgart“ am 6. April 2009, der aufgrund eines am gleichen Tage erwirkten Beschlusses des Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 6. April 2009 - Aktenzeichen 12 Ga 64/09) vorzeitig beendet wurde. Die Fluglotsen wollten mit ihrer Arbeitsniederlegung den ab 3. März 2009 andauernden Arbeitskampf der Mitarbeiter der Verkehrszentrale/Vorfeldkontrolle auf dem Stuttgarter Flughafen unterstützen. Die klagenden Fluggesellschaften seien – so das Gericht - durch den Unterstützungsstreik der Fluglotsen des Towers am Flughafen Stuttgart weder in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt worden noch habe die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung schuldhaft gehandelt. Entstandene Schäden der klagenden Fluggesellschaften seien, solange es sich um übliche oder unvermeidbare Folgewirkungen des Arbeitskampfes handele, grundsätzlich hinzunehmen. Dies gelte selbst unter Berücksichtigung dessen, dass die klagenden Fluggesellschaften aufgrund von gesetzlichen Vorgaben an den Kosten des bekämpften Unternehmens - hier die Deutsche Flugsicherung GmbH - beteiligt und die bei ihnen in Folge des Arbeitskampfes entstehenden Schäden ggf. sogar höher ausgefallen seien. Weiterhin habe die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt. Selbst wenn der Unterstützungsstreik der Fluglotsen und der Hauptstreik der Mitarbeiter der Verkehrszentrale/Vorfeldkontrolle rechtswidrig gewesen wären, hätte aufgrund des unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Aufgaben der Gewerkschaften anzulegenden Prüfungsmaßstabs die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung wegen der im Streitfall gegebenen besonderen Umstände von der Rechtmäßigkeit der Arbeitskampfmaßnahmen ausgehen dürfen. Es sei zu vermeiden, dass durch das Aufbürden von Haftungsrisiken für streitige, ungeklärte Fälle auf Gewerkschaften in solchen Fällen eine Lähmung der Entwicklung des sozialen Lebens eintreten könne.

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