Nach einem Jahr verfestigt

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 29.03.2012

 

Unmittelbar nach der Trennung der Eheleute im September 2010 zog die Ehefrau zu ihrem neunen Lebengefährten.

 

Das OLG Oldenburg nimmt nach Ablauf nur eines Jahres eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gemäß §§ 1579 Nr. 2, 1361 III BGB an.

 

Nach herrschender Rechtsprechung - auch des Senats - kann in zeitlicher Hinsicht regelmäßig zwar nicht vor Ablauf von zwei Jahren davon ausgegangen werden, dass sich eine Lebensgemeinschaft in diesem Sinn „verfestigt“ hat. Im vorliegenden Fall kommen aber weitere Umstände hinzu, die die Annahme einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ auch schon vor Ablauf von 2 Jahren als gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Antragstellerin hatte ihren Lebensgefährten nach eigenen Angaben bereits seit Jahren regelmäßig bei gemeinsamen Kegelurlauben getroffen. Ab Ende 2009 und besonders nach ihrer Operation und RehaKur im Jahr 2010 hat sich die Beziehung durch telefonische Kontakte kontinuierlich vertieft. Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt - wie die Antragstellerin behauptet - noch keine intimen Kontakte gegeben haben sollte, waren sich beide doch bereits derart vertraut geworden, dass die Antragstellerin direkt nach der Trennung im September 2010 zu ihrem Lebensfährten gezogen ist, wo sie bis heute mit diesem gemeinsam lebt und ihm den Haushalt führt. Damit unterscheidet sich der Verlauf dieser Beziehung zum Beispiel ganz wesentlich von einer Beziehung, die sich erst nach der Trennung allmählich entwickelt, später zur Gründung eines gemeinsamen Haushalts und schließlich nach Ablauf von 2 - 3 Jahren zur Annahme einer „verfestigten Lebensgemeinschaft“ führt. Vor dem Hintergrund der oben beschrieben Umstände hat sich die Beziehung der Antragstellerin zu ihrem Lebensgefährten nach Auffassung des Senats bereits nach Ablauf eines Jahres so „verfestigt“, dass weitere Unterhaltsleistungen für den Antragsgegner nicht mehr zumutbar erscheinen.

 

OLG Oldenburg vom 19.03.2012 - 13 UF 155/11

 

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Zusammenlebende werden im Sozialrecht vom Staat nach einem Jahr pauschal zu einer Bedarfgemeinschaft erklärt, in der der Eine den Anderen zu finanzieren hat, ohne dass damit irgendwelche Privilegien verbunden wären, §7 Absatz 3a SGB II:

"Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben".

 

Logisch wäre es immer schon gewesen, dies auch im Familienrecht so zu beurteilen. Stattdessen gilt es mal so, mal - je nach dem ob der Staat oder ein Dritter zur Zahlung herangezogen werden kann. Ist es ein Dritter, wird man schlagartig großzügiger. Leider werden auch vom OLG Oldenburg nur ausnahmsweise Sonderfaktoren für eine Verkürzung herangezogen, ansonsten die Zweijahresfrist verteidigt. Das ist kein Fortschritt.

 

Mehr zugetraut hat sich z.B. das AG Essen in 106 F 296/08 vom 11.03.2009 oder auch das OLG Frankfurt in 7 UF 91/09. Dessen Entscheidung halte ich für wesentlich besser begründet wie die des OLG Oldenburg:

"Allerdings kann ein die Unterschreitung der zeitlichen Grenze von zwei Jahren rechtfertigender Ausnahmefall etwa dann angenommen werden, wenn sich die Partner gemeinsam zur Fortsetzung der Lebensgemeinschaft eine Wohnung mieten (vgl. hierzu allgemein: MK-Maurer, BGB, FamR I, 5. Aufl. 2010, § 1579 BGB Rdnr. 16 m. w. N. d. Rechtspr.). (...)

  Davon abgesehen erscheint dem Senat zweifelhaft, ob der bisher herrschenden Meinung überhaupt noch zu folgen ist, wonach sich in der Regel erst nach einer Zeit von zwei bis drei Jahren des Zusammenlebens verlässlich beurteilen lasse, ob die Partner nur probeweise oder in einer verfestigten Gemeinschaft leben. Diese Auffassung geht auf ein Urteil des BGH aus dem Jahre 1988 zurück [(FamRZ 1989, S. 487 (489)], das möglicherweise den seitdem veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht wird bzw. den gesellschaftlichen Wandel unberücksichtigt lässt."

 

Auch hier gilt die Ungleichheit zwischen Pflichtigem und Berechtigtem.

Die Senkung des Selbstbehaltes beginnt mit dem ersten Tag des Zusammenzuges, wobei bei Kindern angeblich überhaupt keine Einsparung durch Zusammenleben miteinander eintritt.

Dabei sind die Einsparungen im richtigen Leben hier besonders groß, denn Lebenspartner tragen selten die Kleidung des anderen auf und übernehmen auch nicht das Fahrrad nachdem einer raus gewachsen ist.

Auch die Mietkosten sinken durch mehr Kinder ganz besonders, was zwar Eingang ins SGB gefunden hat aber von der Familienjustiz völlig ignoriert wird.

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