Wenn man selbst die Belege nicht vorlegt, wirds mutwillig

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 11.04.2012

Die in Ausbildung befindliche Tochter verlangt vorgerichtlich Unterhalt von ihrem Vater.

Der zahlt fortlaufend den geforderten Betrag.

Die Tochter verlangt Titulierung per Jugendamtsurkunde.

Der Vater verlangt zuvor Auskunft über die Ausbildungsvergütung und Vorlage entsprechender Belege.

Die Tochter erteilt die Auskunft, legt aber Belege nicht vor.

Nunmehr begehrt die Tochter VKH für einen Leistungsantrag gegen ihren Vater.

Wegen Mutwilligkeit abgeblitzt:

Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Antragsgegner vorgerichtlich von dem ihm gem. § 1605 I 2 BGB zustehenden Recht zur Belegvorlage Gebrauch gemacht und die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.7.2011 vergeblich zur Vorlage ihres Ausbildungsvertrages zum Nachweis der Höhe ihrer Einkünfte aufgefordert hat. Unter diesen Umständen erscheint die Aufforderung der Antragstellerin zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde nicht ausreichend, um dem Antragsgegner einen kostengünstigeren Weg zur Titulierung des Kindesunterhalts zu ermöglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Titulierung der Unterhaltsschuld nur in Höhe des tatsächlich geschuldeten Kindesunterhalts besteht. Zur Feststellung der Höhe des geschuldeten Unterhalts ist die zuverlässige Kenntnis von der Höhe der bedarfsdeckenden Einkünfte des unterhaltsberechtigten Verwandten erforderlich. Diesem Zweck dient die Belegpflicht in § 1605 I 2 BGB, die dann entsteht, wenn der Unterhaltsverpflichtete von seinem damit korrespondierenden Recht Gebrauch macht. Gründe für die Nichterfüllung ihrer Verpflichtung zur Vorlage des vom Antragsgegner begehrten Ausbildungsvertrages hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr die Vorlage des Ausbildungsvertrages nicht möglich war.

Ein Beteiligter, der die Kosten der Verfahrensführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte, hätte daher seine Verpflichtung aus § 1605 I 2 BGB zur Vorlage der verlangten Einkommensbelege zeitlich vor der gerichtlichen Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners erfüllt, um ihn in die Lage zu versetzen, die Höhe des geschuldeten Unterhalts zuverlässig zu ermitteln und auf dieser Grundlage einen kostenfreien Titel zu errichten, ohne dass die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe erforderlich wird. Diesen Anforderungen genügt das Verhalten der Antragstellerin nicht, denn sie hat ihren Ausbildungsvertrag erst mit der Einreichung des Verfahrenskostenhilfegesuchs am 22.10.2011 vorgelegt, mithin zu einem Zeitpunkt, in welchem Kosten für die gerichtliche Inanspruchnahme des Antragsgegners bereits entstanden waren.

 OLG Hamm vom 27.03.2012 - 9 WF 33/12

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen