Youtube stört!

von Fabian Reinholz, veröffentlicht am 23.04.2012

Das LG Hamburg hat einen Rechtsstreit zwischen der GEMA und Youtube entschieden. Das Urteil war in der Presse als Grundsatzurteil angekündigt worden. Etwas viele Vorschusslorebeeren für ein erstinstanzliches Verfahren.

Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor, es gibt bislang nur eine Pressemitteilung des LG Hamburg. Daher ist bei der Analyse des Urteils Zurückhaltung geboten.

Beide Seiten werten den Richterspruch als Erfolg. Die GEMA hatte Youtube verpflichten wollen, 12 Musiktitel von seiner Plattform zu entfernen, die dort illegal hochgeladen worden waren. Dies ist ihr immerhin bei 7 Titeln gelungen, so dass sie die Klage überwiegend gewonnen hat. Von Interesse ist aber weniger das Ergebnis, sondern vor allem der Inhalt der Entscheidung.

Danach haftet Youtube nicht als Täter einer Urheberrechtsverletzung, da es die Videos weder selbst hochgeladen, noch sich deren Inhalte zu Eigen gemacht habe. In dieser Hinsicht ist das Urteil keine sonderlich große Überraschung. Eine Täterhaftung wäre für Youtube unangenehm gewesen, denn dann wäre es bereits bei jedem illegalen Hochladen eines Musikvideos den Rechteinhabern zur Unterlassung und zum Schadensersatz verpflichtet.

Youtube soll aber als Störer haften, weil es einen Beitrag dazu leiste, dass es zu Urheberrechtsverletzungen über die Plattform kommen kann. Das bedeutet, eine Haftung tritt erst ein, wenn Youtube auf eine Rechtsverletzung hingewiesen wird, aber nicht für Abhilfe sorgt. Im zugrunde liegenden Fall waren 7 von 12 Musikvideos offenbar erst rund eineinhalb Monate nach Kenntniserlangung gelöscht worden, in der Tat etwas spät.

Die Störerhaftung ist für Youtube zwar ein geringeres Übel als wenn es wie ein Täter für Urheberrechtsverletzungen haften müsste. Youtube muss dann aber Wiederholungsfälle ausschließen, d.h. den künftigen Upload solcher Musiktitel verhindern, auf die es hingewiesen wurde. Das LG Hamburg meint, Youtube könne hierfür Wortfilter und Software einsetzen. Ob dies trotz eine schier unüberschaubaren Zahl von täglichen Uploads für Youtube überhaupt praktikabel ist, ist unklar. Der Urteilsbegründung wird hoffentlich näheres zu entnehmen sein. Youtube (Google) hat immerhin schon angekündigt, wieder in Verhandlungen mit der GEMA um einen Tarif eintreten zu wollen (hier waren die Parteien vor dem Urteil zu keinem Ergebnis gekommen).

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Mal eine "Parallelwertung aus der Laiensphäre", wenn man wie ich Gewerblicher-Rechtsschutz- und Urheberrechts-Laie ist:

 

Wenn den Hamburger Rathausplatz jeden Tag 10.000 Personen überqueren, jeder dafür 1 Minute braucht und 300 von ihnen hierbei urheberrechtswidrig das Lied "Zwei kleine Italiener" vor sich hinpfeifen(so weiß sogar ich: das wäre nicht urheberrechtswidrig, aber es ist nur ein Beispiel), muss dann die Freie und Hansestadt Hamburg ihren Rathausplatz sperren, um derlei zu verhindern? Das nein. Muss aber die Freie und Hasestadt Hamburg die Passanten kontrollieren und die Pfeifer des Platzes verweisen? Etwa ja? Dieser Gedanken würde mich stören. Aber wir sind ja auch bei der Störerhaftung.

 

5

Frank A. Koch

Problematisch erscheint, Internet-Dienstleistern präventive Prüfpflichten aufzuerlegen. Mittels der Wortfilter sollen gerade auch andere Versionen der Musikwerke gefunden werden können, für die (noch) keine Verletzungshandlung mitgeteilt (oder auch nur erfolgt) ist. Dies widerspricht dem EuGH-Urteil vom 16.2.2012 C-360/10. Von hieraus wäre es nicht mehr weit bis zu einer präventiven Prüfung sämtlicher GEMA-geschützter Werke aus dem GEMA-Katalog durch YouTube. Auf tatsächliche Rechtsverletzungen käme es nicht mehr an. Dies spricht gegen eine derart erweiternde Auslegung.

"Etwas viele Vorschusslorebeeren für ein erstinstanzliches Verfahren."

 

Es handelt sich hier um ein erstinstanzliches LG Urteil in einem Rechtsstreit, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichlichkeit erst durch eine Entscheidung des EuGH beendet wird.

 

Ob von der Wertung des LG bei der endgültigen Entscheidung auch nur ein Hauch übrig bleibt ist ernsthaft zu bezweifeln.

5

Hallo Herr Koch,

 

vielen Dank für Ihren Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 16.02.2012. Auf der Grundlage dieser Entscheidung ist es in der Tat nahe liegend anzunehmen, dass die aktive Überwachung des Datenbestandes auf das erneute Hochladen bereits beanstandeter Dateien nicht mit Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 vereinbar ist.

5

Kommentar hinzufügen