Neues Umgangsrecht für (nur) biologische Väter

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.05.2012
Rechtsgebiete: UmgangFamilienrecht12|8781 Aufrufe

 

Pressemitteilung der Ministerin: Neues Umgangsrecht stärkt Rechte leiblicher Väter

Zu dem heute an Länder und Verbände versandten Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters erläutert die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Das neue Umgangsrecht stärkt die Rechte leiblicher Väter. Erstmals erhält der biologische, leibliche Vater ein Umgangsrecht mit seinem Kind, auch wenn er bislang keine enge soziale Bindung aufgebaut hat.

Die Neuregelung erleichtert biologischen Vätern künftig den Umgang mit ihren Kindern. In bestimmten Fällen kann der biologische Vater Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes erlangen. Das neue Umgangsrecht klingt nüchtern, bedeutet aber eine wesentliche Verbesserung zugunsten des biologischen Vaters im Verhältnis zu seinem Kind, das in einer Ehe mit Mutter und rechtlichem Vater aufwächst.

Bislang steht dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangsrecht nur zu, wenn ihn mit seinem Kind bereits eine enge persönliche Beziehung verbindet. In vielen Fällen ist das aber nicht so, etwa wenn das Kind mit den rechtlichen Eltern in einem engen sozialen Familienverbund lebt, die rechtlichen Eltern den Kontakt zum biologischen Vater nicht zulassen oder die Existenz des biologischen Vaters gar nicht bekannt ist. 
In diesen Fällen besteht für den leiblichen Vater bisher keine Möglichkeit, Umgang mit seinem Kind zu erlangen. Auch ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse des Kindes räumt das Gesetz bisher den rechtlichen Eltern ein, nicht aber dem außenstehenden leiblichen Vater.

Für das Umgangsrecht des leiblichen Vaters kommt es künftig nicht mehr darauf an, dass bereits eine enge Beziehung zum Kind besteht. Entscheidend soll vielmehr sein, ob der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er tatsächlich Verantwortung für sein Kind übernehmen will und ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient.

Leibliche Väter erhalten künftig auch das Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Hintergrund:

Dem leiblichen Vater eines Kindes, der mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet ist und auch nicht die Vaterschaft anerkannt hat, steht nach der geltenden Regelung ein Umgangsrecht gemäß § 1685 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nur zu, wenn er eine enge Bezugsperson des Kindes ist, für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder getragen hat (sozial-familiäre Beziehung) und der Umgang dem Kindeswohl dient. Konnte der leibliche Vater zu seinem Kind keine Beziehung aufbauen, so bleibt ihm der Kontakt zum Kind bisher verwehrt.

Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen keine Beziehung zum Kind aufgebaut wurde, also auch dann, wenn der Vater bereit war, für das Kind Verantwortung zu übernehmen, und ihm dies allein aufgrund der Weigerung der rechtlichen Eltern nicht möglich war. Zudem bleibt der Kontakt zum Kind ohne Rücksicht darauf verwehrt, ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Wohl des Kindes dient.

Ein leiblicher, nicht rechtlicher Vater hat darüber hinaus derzeit auch kein Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen. Nach § 1686 Satz 1 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB steht jedoch nur den Eltern im rechtlichen Sinne zu, nicht aber dem nur leiblichen Vater.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in zwei Entscheidungen beanstandet, dass dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangs- und Auskunftsrecht ohne Prüfung des Kindeswohlinteresses im Einzelfall vorenthalten wird. Die Rechtsposition der leiblichen, nicht rechtlichen Väter soll daher gestärkt werden. Der Entwurf sieht zu diesem Zweck Folgendes vor:

• Hat der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will, erhält er ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Das gilt unabhängig davon, ob zum Kind bereits eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

• Zudem wird dem leiblichen Vater bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

• Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts ist, dass der Anspruchsteller auch wirklich der biologische Vater ist. Die leibliche Vaterschaft des Antragstellers ist dabei im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens zu prüfen und gegebenenfalls im Rahmen einer Beweiserhebung zu klären. Um die Feststellung der biologischen Vaterschaft in streitigen Fällen zu ermöglichen, stellt der Gesetzentwurf eine verfahrensrechtliche Flankierung zur Verfügung. Nach der neuen Vorschrift im FamFG (§ 163a FamFG-E) müssen unter bestimmten Voraussetzungen Untersuchungen zur Klärung der Vorfrage nach der biologischen Abstammung geduldet werden. Das soll verhindern, dass die Mutter des Kindes oder eine sonstige Person den Anspruch des biologischen Vaters vereiteln kann, indem sie die erforderliche Untersuchung verweigert.

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12 Kommentare

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Die Pressemeldung war schon vielfach zu lesen. Interessanter wäre ein Kommentar dazu aus Sicht eines Richters. Wie stehen sie zur ständigen Einführung neuer Väterkategorien, nun eines nichtrechtlichen Vaters mit "manchmal" bedingtem Umgangsrecht, also einer Art "Vater superlight"?

Ein Kind kann mittlerweile mind. 3 Väter haben:

  • den biologischen Vater
  • den rechtlichen Vater
  • den sozialen Vater (derzeitiger oder zwischenzeitlicher LG/Ehemann der Mutter)

Alle drei haben grundsätzlich ein Umgangsrecht.

Umgangsberechtigt sind ferner

  • 4 x Oma und Opa
  • die Geschwister des Kindes (auch Halb- und Adoptivgeschwister)
  • weitere enge Bezugspersonen (z.B.: die jeweils Mrs. Next von den Vätern 2 -  3, die diesen beim Wickeln immer unterstützt haben

Das Leben des Kindes besteht dann weitestgehend nur noch aus Umgangsterminen.

 

Hopper schrieb:
Das Leben des Kindes besteht dann weitestgehend nur noch aus Umgangsterminen.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, und ein Mensch alleine ist kein Mensch in dem Sinne, dass er menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten entwickeln kann.

Das Gleiche kann man auch für Menschen sagen, die in den ersten sechs Lebensjahren nur einen weiteren Menschen als Umgangs- und Bindungsperson erfahren.

Jeder Jurist sollte sich einmal anschauen, wie das Zusammenleben in "artgerechter Menschenhaltung" aussieht, also in Dorfgemeinschaften noch bestehender Urvölker. Fragen wie solche z.B., ab welchem Alter man einem Kleinkind eine Betreuung durch jemand anders als die Mutter "zumuten" kann, entpuppen sich da schnell als völlig widernatürliche Luxusprobleme der technisierten, auf die Kleinfamilie fixierten Lebensweise.

Und nun auch noch auf Kosten der Allgemeinheit Geld dafür zu auszugeben, um eine Erziehungsform abseits der menschlichen Gemeinschaft zu belohnen, ist das Gegenteil von sozial - es ist antisozial - aber das ist ein anderes Thema (konsequenterweise müsste sich allerdings eine Partei in CAU umbenennen ...).

 

Wenn eine soziale Erziehung, also eine Erziehung in der menschlichen Gemeinschaft und durch Verwandte nur dann möglich ist, wenn dies von juristischer Seite angeordnet wird, dann ist die Schuld nicht "im System" zu suchen, sondern zuerst an der Stelle, die diesen Umgang verhindern will.

Mein Name schrieb:

Der Mensch ist ein soziales Wesen, und ein Mensch alleine ist kein Mensch in dem Sinne, dass er menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten entwickeln kann.

Das Gleiche kann man auch für Menschen sagen, die in den ersten sechs Lebensjahren nur einen weiteren Menschen als Umgangs- und Bindungsperson erfahren.

Jeder Jurist sollte sich einmal anschauen, wie das Zusammenleben in "artgerechter Menschenhaltung" aussieht, also in Dorfgemeinschaften noch bestehender Urvölker. Fragen wie solche z.B., ab welchem Alter man einem Kleinkind eine Betreuung durch jemand anders als die Mutter "zumuten" kann, entpuppen sich da schnell als völlig widernatürliche Luxusprobleme der technisierten, auf die Kleinfamilie fixierten Lebensweise.

Entschuldigung, hat jemand hier, in dieser Gesellschaft, den Vater vielleicht vergessen? Die Urvölker pflegten zu sagen: "Wenn der Vater fehlt, braucht es ein ganzes Dorf um das Kind zu erziehen.", religiöse Menschen "Du sollst Vater und Mutter ehren!", usw., usf.

Die Frage ob man die Betreuung eines Kindes niemand anderem als der Mutter, u. zw. auch dem Vater nicht "zumutet" sind für mich die Folgen eines radikalen Feminismus!

Die Tatsache, dass Frauen den Kindern viele Väter zumuten, ist ebenfalls eine solche Folge.

 

Mein Name schrieb:

 

Wenn eine soziale Erziehung, also eine Erziehung in der menschlichen Gemeinschaft und durch Verwandte nur dann möglich ist, wenn dies von juristischer Seite angeordnet wird, dann ist die Schuld nicht "im System" zu suchen, sondern zuerst an der Stelle, die diesen Umgang verhindern will.

Eine Schuld löst Verpflichtungen aus. Dieses Gesetz dreht sich erneut um den heissen Brei ohne richtig zu rühren: Die Umgang verhindernde Stelle wird nicht richtig zu Rechenschaft gezogen! Die Verantwortung dieser Stelle, für die vertrackte Situation, deren Anlass sie selbst war, wird von der Gesetzgeberin erneut nicht belastet! 

4

Naja bei 3 oder mehr Vätern (soziale Väter kann man ja auch mehr als einen haben), ergeben sich nicht nur 4 sondern 8 oder noch mehr Großeltern.

 

Vielleicht sollte man die Zahl der Umgangsberechtigten einfach dadurch verringern, dass man die Anzahl Väter verringert.

Z.B. auf die Väter, die es von Gott/Natur her sind, je nach persönlicher Neigung.

 

Das Konstrukt "rechtlicher Vater" ist wider jede Vernunft und gehört abgeschafft. Bestenfalls im Falle einer Adoption, kann man so etwas konstruieren.

 

Es gibt ja auch keine 2 Mütter, obwohl man da genauso diskutieren könnte, ob es die genetische Mutter oder die Austrägerin sein soll.

Ein Problem, dass es bei Vätern noch nicht mal gibt.

 

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Ich halte auch überhaupt nichts von der Idee des rechtlichen Vaters... Was für ein seltsames Konstrukt.

Wieder zwei Fälle für das bekannteste Dieter-Nuhr-Zitat ... Bitte als erstes das BGB lesen und verstehen, angefangen mit §1592 Punkt 1. und als zweites darüber, was elterliche Sorge bedeutet

 

edit: Tippfehler korrigiert

@Mein Name, sie versuchen die Richtigkeit des BGB mit Hilfe des BGB zu begründen.

 

"Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat" klingt zwar ausgesprochen logisch, nur in Zeiten von Leihmutterschaft ist das keineswegs so eindeutig die nicht einzige Möglichkeit.

Und ich persöhnlich halte die genetische Mutterschaft für bedeutender als die "rechtliche" Mutterschaft durch die Austrägerin.

 

Zudem beantwortet ihr Beitrag nicht die Frage, warum es nicht auch einen § gibt, der ebenso klar feststellt:

"Vater eines Kinder ist der Mann, der es gezeugt hat"

 

Für alle anderen Menschen im Umfeld eines Kindes möge man sich andere Bezeichnungen ausdenken.

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Ach, wie realitätsfern da wieder "Fälle am Familientisch" zurechtgezimmert werden -- alle genannten Hirngespinste werden komplett von der Bedingung "soweit es dem Wohl des Kindes nicht widerspricht" hinweggefegt. Der lover wird es darum nie an den Esstisch einer intakten Familie schaffen, im Gegensatz zu dem, was sich irgendwelche Theoretikerhirne ausdenken ...

 

Guten Tag,



folgender theoretischer Sachverhalt:



Y und Z sind verheiratet. X hat eine mehrjährige aussereheliche Beziehung zu Y. Hieraus entsteht Kind xyxy. Das Kind xyxy wird in der EHE geboren. Somit ist Z rechtlicher Vater. X bekommt bisher durch Y ohne Wissen von Z regelmäßigen Umgang zu xyxy gewährt. 



Nach den Urteilen vom 21.12.2010 EuGH in der Beschwerde 20578/07 und dem Urteil vom 15.09.2011 in der Beschwerde 17080/07 und entsprechender Urteilsbegündung sah sich der Gesetzgeber veranlasst die Rechte biologischer Väter zu stärken und damit kommt es zu dieser Gesetzesvorlage und entsprechender Begründung: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/ ... cationFile



Wenn Deutschland vom EuGH verurteilt wurde und der Gesetzgeber sich hierdurch veranlasst sieht die Rechte der biologischen Väter durch neue Gesetze zu stärken, diese in Arbeit sind, jedoch noch nicht verabschiedet worden sind, wie ist dies rechtlich zu werten? 



Nach aktueller "biologischervaterfeindlicher" Gesetzeslage hat X keine Möglichkeit seine Vaterschaft klären zu lassen und nur nach § 1685 hat X die Möglichkeit Umgang mit xyxy zu erhalten. Aber genau deswegen wurde Deutschland ja verurteilt.



Nach dem neuen Gesetzentwurf, der noch nicht verabschiedet wurde, kann X durch die neuen § 1686a und unterstützend mit § 163a seine biologische Vaterschaft klären lassen.



Aber wie schaut es jetzt tagaktuell aus? Deutschland wurde verurteilt, neue Gesetze sind in Arbeit. Hat X Chancen, wenn er jetzt die Klärung der biologischen Vaterschaft begehrt und entsprechend auch Umgang.



Danke für Euer Feedback.

 

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