Vorratsdatenspeicherung: Klage vor dem EuGH - Zwangsgeld von 315 036,54 EUR täglich?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 31.05.2012

 Erwartungsgemäß hat die EU-Kommission nach Art. 226 EGV (Art. 258 AEUV)  Klage gegen Deutschland vor dem EuGH wegen fehlender Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung erhoben und die Verhängung eines täglichen Zwangsgeld gefordert.

Die Kommission bemängelt, wie hier im Blog diskutiert, dass Deutschland auch mehr als zwei Jahre nach Aufhebung des deutschen Gesetztes durch das BVerfG keine neuen Rechtsvorschriften geschaffen habe, obwohl das Gerichtsurteil die volle, verfassungskonforme Umsetzung der Richtlinie keineswegs ausgeschlossen hatte. Auch hatte die Kommission deutlich gemacht, dass „Quick Freeze Plus“ nicht als vollständige Umsetzung der Richtlinie anzusehen sei. Die Kommission schlägt nun vor, dass der Gerichtshof gegen Deutschland die Zahlung eines täglichen Zwangsgelds in Höhe von 315 036,54 EUR verhängt.

Während dessen streiten sich das BMI und das BMJ öffentlich in der Bundespressekonferenz.  Siehe ZDF-Heute-Video: http://www.heute.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/22836410/ebc434/Datenspeicherung-Br%C3%BCssel-n%C3%B6tigt-Berlin.html 

 

Was meinen Sie - wie geht dieses Verfahren aus?

 

Vgl u.a : http://blog.beck.de/2012/01/09/eu-kommission-hat-probleme-mit-der-vorratsdatenspeicherungs-rili 

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8 Kommentare

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Die Laufzeit solcher Verfahren ist ja bekannt, und die mögliche Strafzahlung wird auch nicht rückwirkend fällig (nach Angaben von Tagesschau-Online von heute). Insofern ist das Thema aus meiner Sicht damit für die laufende Legislaturperiode vertagt. Und wer danach den Posten der Justizministerin innehaben wird, ist sicher eine Kernfrage für den weiteren Verlauf in Deutschland.

Vielleicht entscheidet sich die EU-Kommission aber auch bis dahin, dass die VDS doch nicht so eine tolle Idee ist - Deutschland ist ja nicht das einzige Land, in dem es Bedenken gibt. Und wenn in Europäischen Institutionen eine drohende Gefahr für Grundrechte durch ACTA bereits diskutiert wird (z.B. ebenfalls Meldungen von heute), muss man sich fragen, ob eine konkrete Gefahr für die Grundrechte der Bürger/innen der EU durch die Vorratsdatenspeicherung nicht auch mal thematisiert werden könnte.

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Falls noch nicht bemerkt: Seit Dezember 2009 gilt die Rechtslage nach dem Vertrag von Lissabon. Nun greift der beschleunigte Mechanismus der Verhängung finanzieller Sanktionen bei Nichtumsetzung von Richtlinien gem. Art. 260 AEUV. Bereits im ersten Urteil, mit dem zweifelsfrei ein Verstoß festgestellt werden wird, können finanzielle Sanktionen für den Fall einer Nichtumsetzung einer RL verhängt werden. Die Zahloungsverpflichtung gilt dann ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt. Der Pauschalbetrag deckt dann den bisherigen Zeitraum der Säumigkeit ab. Wenn das Justizministerium auf Zeit spielt, dann spielt es mit noch viel mehr Geld des Steuerzahlers.

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Da spielt wohl eher die EU-Kommission mit einer von den Bürgern nicht gewollten Politik zugleich mit deren Steuergeldern.

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Meiner Ansicht nach wird der EuGH die Verhängung eines Zwangsgeldes davon abhängig machen, wie er bezüglich der von Irland im Mai 2010 erhobenen Klage, dass die Richtlinie gegen die EU-Grundrechtecharta verstoße, zu entscheiden gedenkt. Hier ist ein Ergebnis jedoch noch nicht absehbar. Andererseits wird gerade auch die zugrunde liegende EG-RiLi 2006/24 erneut von der Komission überprüft. Die Frage ist, warum die Komission, wenn sie die Richtlinie zu überarbeiten gedenkt, auf die Durchsetzung des Zwangsgeldes besteht?

Auf politischer Ebene ist jedoch gefordert, dass die Verantworlichen des BMI bzw. des BMJ zu einer Lösung kommen und diese nicht aus wahltaktischen Gründen hinausschieben. Hierbei bietet sich die Übernahme der Richtlinie an soweit dies mit dem Urteil des BVerfG vereinbar ist, zumal ja dem Quick-Freeze-Plus-Verfahren nun eine eindeutige Absage seitens der Komission erteilt wurde. 

Soweit mir bekannt, findet das Vertragsverletzungsverfahren seine Grundlage in nunmehr Art. 258 AEUV, vormals in der Tat Art. 226 EGV.

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Das ist nunmal der Preis für die Freiheit, den die Bürger Deutschlands gerne zu zahlen bereit sind. Oliver Süme, Vorstand vom Verband eco e.V. weist darauf hin, dass der Wirtschaft bereits durch die erste Einführung Schäden in Höhe von 300 Millionen Euro entstanden sind (!). Eine neue Regelung würde erheblich teurer werden, da die strengen Verfahrensvoraussetzungen und Schutzvorkehrungen des BVerfG mit berücksichtigt werden müssten. Das ganze wäre zugleich ein Gang ins Ungewisse, da die Kommission nun die Bearbeitung der RL 2006/24 für Sommer 2012 angekündigt hat. Was soll der sinnlose Druck auf Umsetzung einer ebenso sinnlosen wie einschneidenden RL? Der Widerstand von 5 EU Mitgliedstaaten (in Ö wird demnächst geklagt, Tschechien hält sie für unvereinbar mit Art. 8 EMRK und Schweden hat schon jahrelang gezahlt, Nichtigerklärung durch das Rumänische VerfG) macht doch deutlich, dass diese RL in den Orkus gehört!

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Empirische Studien und auch die Statistiken des BKS und der Polizei belegen, dass

a) keine Schutzlücken ohne VDS entstanden sind und

b) das Bedürfnis nach mehr Daten ein rein subjektives Empfinden der Befürworter ist.

Leider sind die Bürger unter dem Druck der Sicherheitsversessenen nicht ganz verblendet und wissen ihre Freiheit höher als die vermeintliche (ja: nicht einmal bestätigte!) erhöhte Sicherheit einzuschätzen.

Flächendeckende Sicherheit darf nicht ohne Rücksicht auf Grundrechtsverträglichkeit verlangt werden!

Selbst die USA kommen ohne VDS aus und begnügen sich mit dem "quick-freeze".

In Japan besteht keinerlei Art der TK-Überwachung oder VDS. Das Land ist trotzdem nicht unsicherer.

Die Masse an gespeicherten Daten würde die Aufklärungsrate um maximal 0,0006 % verbessern! Dies ist es nicht wert unsere Grundrechte (insbesondere Art. 1 GG die Würde des Menschen und Rechtsstaatsgarantien (Unschuldsvermutung, nemo tenetur se ipso accusare) komplett auf Verdacht und anlasslos auszuhebeln.

Es sehr demokratiefern, wenn die Kommission schlicht nicht aus den ablehnenden europaweiten Protesten lernt und Anwälten, Richtern, Ärzten, Journalisten, Gewerkschaftsverbänden, Bürgerrechtlern, Seelsorgern u.a. Verbänden aus der breiten Gesellschaft kein Gehör schenkt und rücksichtslos auf die Umsetzung pocht.

Jedes TK-Unternehmen wird wohl lieber alle zahlen lassen, als wieder selbst den Kopf für eine misslungene Maßnahme hinzuhalten.

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