Datenschutz: Darf die Schufa Facebook, Twitter u.a. zur Informationssammlung nutzen?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 08.06.2012

Da hat das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam sich ja ziemlich hastig aus dem  Forschungsprojekt für SCHUFA verabschiedet: Das Institut sollte erforschen, ob und wie Informationen aus dem Internet bei der Bewertung der Bonität eingesetzt werden können. Nun kündigte das HPI den Vertrag für das Forschungsprojekt. Damit geht die Debatte aber erst richtig los.

Was halten Sie von dem Wunsch der SCHUFA, auch öffentlich zugängliche Facebook-Daten (den Luxuswagen vor der Türe, Bilder vom Ferienhaus auf den Cayman Islands, Freunde usw.) zur Bonitätsprüfung zu sammeln und zu nutzen?

Schließlich ja u.a. der BGH  im letzten Jahr die Prüfung der Kreditwürdigkeit als anerkanntes Geschäft eingestuft - Urteil vom 22. 2. 2011 - VI ZR 120/10. Darin heißt es u.a.:

„Insoweit ist für den Bereich der Wirtschaftsauskünfte im Auge zu behalten, dass zwar das Recht dessen, der derartige Bewertungen abgibt, auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG mit dem Recht des beurteilten Unternehmens aus Art. 12 Abs. 1 GG in Konflikt geraten kann. Dieses Grundrecht schützt aber nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein können, selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken; Grundlage der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ist ein möglichst hohes Maß an Informationen der Marktteilnehmer über marktrelevante Faktoren."

“Die Erteilung von zutreffenden Bonitätsauskünften ist für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass Angaben einer Wirtschaftsauskunftei, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, für das Kreditgewerbe erforderlich und vom Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen sind . .  ."

Was ist Ihre (datenschutzrechtliche) Meinung über diese Informationsbeschaffung mittels Facebook und Twitter? 

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7 Kommentare

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Zum einen stellt sich die Frage, ob der vom BGH als zulässig erkannte Zweck - Bonitätsinformationen - durch Facebookdaten übhaupt erreicht werden kann. Dies wird allerdings sehr wahrscheinlich eine Einzelfallprüfung sein, ob der Zweck mit den erhobenen Daten erreicht werden kann.

Zum anderen, was unter dem Begriff öffentliche Daten zu verstehen ist. Dies müsste aus meiner Sicht rechtskonform veröffentlichte Daten heißen. Denn wenn die Daten nicht in Einklang mit den Dateschutzbestimmungen,.. veröffentlicht wurden, dürften diese mE auch nicht weiterverarbeitet werden, da keine Rechtsgrundlage dafür existiert.
Da allerdings die von Facebook vewendeten AGB´s und Datenschutzrichtlinien nicht dem deutschen/eu Recht entsprechen ist fraglich, ob diese Daten wirklich ordnungsgemäß weiterverarbeitet werden könnten.

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"zutreffende und sachlich gehaltene Informationen" - dazu gehören veröffentlichte EVs oder von Banken bestätigte Rückzahlungen von Krediten, aber nun wirklich keine Daten, die auf FB veröffentlich werden.

Zum Wert solcher Daten siehe auch: https://twitter.com/#!/search/realtime/twitternf%C3%BCrdieschufa und http://t3n.de/news/twittern-schufa-diese-tweets-393265/

Von ähnlicher "Qualität" sind allerdings die Informationen, die von vielen anderen Auskunfteien gespeichert, angenommen (d.h.: erfunden) und weitergegeben werden. Dass es nun ausgerechnet die Schufa als die Auskunftei mit der am wenigsten schlechten Datenqualität erwischt (von "gut" kann noch lange keine Rede sein, das haben viele Tests in der Vergangenheit belegt), ist schade - ins Rampenlicht gehören die amateurhaft vorgehenden weniger bekannten Firmen. Auch die im zitierten BGH-Urteil betroffene Auskunftei hat nach Klageerhebung bzw. Berufung ihr ursprüngliches Rating über die Klägerin deutlich verbessert - warum wohl?

Es ist eine auch datenschutzrechtliche Schande, dass angesichts der volkswirtschaftlichen Schäden (zu hohe Zinszahlungen) hier vom Gesetzgeber keine Qualitätskontrolle gefordert wird.

Ebebso ist eine unabhängige Kontrolle der Daten, die in Scoringmodelle einfließen, notwendig, um Entwicklungen wie in den USA zu vermeiden: In den Vereinigten Staaten sei es aber schon üblich, „dass Sie bestimmte positive Daten liefern müssen, um zu einem Kredit zu kommen. Wenn Sie sich Facebook verweigern, wirkt sich das negativ aus, weil es über Sie keine Daten gibt“ http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/datenschutz-facebook-projekt-der-s...

Ich hätte es geschätzt, wenn zu diesem Thema geforscht wird, einfach, weil man bislang die Möglichkeiten und Grenzen solcher Art von Datenerhebung noch wenig einschätzen kann. Damit fehlt eine Diskussions-Basis für eine gesellschaftliche Diskussion, die wiederum evt in politischen Neuregelungen münden würde.

Ich wäre ja dafür, dass ein Forschungsministerium den Auftrag des HPI aufnimmt, etwas umformuliert & fortsetzt:
(1) Möglichkeiten und Grenzen bei der Nutzbarmachung von öffentlich verfügbaren, personenspezifischen Daten aus Social Nets für Scoring-Verfahren,
(2) Rechtliche Bewertung(sprobleme), insbes. datenschutzrechtliche,
(3) Ethische Bewertung(sprobleme),
(4) Daraus abgeleitet: Fragestellungen zur gesamtgesellschaftlichen Diskussion und ggf. Empfehlungen; Zukunftsszenarien

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Für alle, die ihre Bonität verbessern wollen, noch ein Tipp: vermeiden Sie es, allzu oft während der üblichen Bürozeiten Kleinbeträge mit Karte zu bezahlen - sonst wird Ihnen womöglich von der Data-Mining-Software der Zahlungsdienstleister (z.B. easycash, Telecash und andere) oder Rabattsammler wie Payback unterstellt, Sie hätten keinen ordentlichen Job.

Schöne neue Welt ...

axel.spies schrieb:

Was ist Ihre (datenschutzrechtliche) Meinung über diese Informationsbeschaffung mittels Facebook und Twitter? 

Wenn auf ein der Wissenschaftsgemeinde öffentliches und klar innerhalb der gesetzlichen Grenzen angelegtes Forschungsprojekt von Politik und Datenschutzbeauftragten mit diffuser Halbbildung eingedroschen wird, sodass es schließlich eingestellt werden muss, ist die Implikation dessen nicht primär datenschutzrechtlicher Natur.

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Richard irrt: Datenschutz lässt sich auch mit unwissenschaftlichen Argumenten verteidigen.

Man könnte es auch Moral und Anstand nennen, wenn man verhindern will, dass nicht primär persönliche Beziehungen und private Kommunikation zur Beurteilung von Kreditwürdigkeit ausgeforscht werden.

Wenn Richard ein Vorhaben für "wissenschaftlich" hält, das ausgerechnet durch ein gewinnorientiertes Unternehmen mit dem Geschäftszweck Datensammeln und -auswerten durchgeführt werden soll, dann hält er vermutlich auch eine Untersuchung von McDonald's über vollwertige Ernährung für wissenschaftlich ... Mahlzeit!

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