Fahren ohne Fahrerlaubnis: Fahrerlaubnisentziehung muss näher begründet werden

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.06.2012

Die Begründung der Fahrerlaubnisentziehung in tatrichterlichen Urteilen scheint immer noch ab und an ein Problem zu sein. Klar ist: Liegt kein Regelfall des § 69 Abs. 2 StGB vor, so muss näher begründet werden. Aktuell hierzu das OLG Köln:

 

In einer neuen Hauptverhandlung dürfte zudem zu berücksichtigen sein, dass auch die Anordnung einer Maßregel der besonderen Begründung bedarf. Wie das Gericht zutreffend ausgeführt hat, gehört der Straftatbestand des § 21 StVG nicht zu den in § 69 StGB genannten Vergehen, bei denen die Ungeeignetheit im Regelfall anzunehmen ist. Da in einem solchen Fall die Maßregelentscheidung nur auf § 69 Abs. 1 in Verbindung mit § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB gestützt werden kann, ist die Frage der charakterlichen Eignung des Angeklagten grundsätzlich zu erörtern, auch wenn es sich - wie das Amtsgericht im Urteil ausführt - bei § 21 StVG um eine typische Verkehrsstraftat handelt, bei der eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen naheliegen mag. Wird die charakterliche Ungeeignetheit - wie im vorliegenden Fall - aus straßenverkehrsrechtlichen Vorbelastungen und die Fahrerlaubnis betreffende verwaltungsbehördliche Entscheidungen hergeleitet, die die charakterliche Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges in einem den Regelfällen des § 69 Abs. 2 StGB gleichkommenden Umfang zu indizieren vermögen (vgl. hierzu SenE vom 06.12.2002 - Ss 501/02 -; SenE vom 24.11.2011 - 1 RVs 276/11 -; s. auch Fischer, StGB, 59. Auflage, § 69 Rdnr. 38; OLG Schleswig, VerkMitt 1966, 93; OLG Hamm, VRS 63, 346, 347; BayObLG, DAR 1990, 365), so müssen die Urteilsgründe auch hierfür eine hinreichende Grundlage bieten. Zu den Gründen der behördlichen Entziehungsverfügung verhält sich das Urteil jedoch nicht und der Lebenssachverhalt, der der einschlägigen Vorbelastung zugrunde liegt, ist ebenfalls nicht in der Weise geschildert, dass dem Revisionsgericht eine Nachprüfung möglich ist.

Zureichende Angaben zur einschlägigen Vorbelastung des Angeklagten müssen sich den Urteilsgründen im Übrigen auch schon deshalb entnehmen lassen, weil das Amtsgericht diese bei der Strafzumessung zulasten des Angeklagten gewertet hat. Soweit im Rahmen einer ordnungsgemäßen Strafzumessung Vorbelastungen eines Angeklagten mitberücksichtigt werden sollen, setzt dies voraus, dass der Tatrichter diese im Urteil so genau mitteilt, dass dem Revisionsgericht die Nachprüfung ermöglicht wird, ob und inwieweit Vorstrafen überhaupt noch verwertet werden dürfen und - falls verwertbar - ob sie im Hinblick auf ihre Bedeutung und Schwere für die Strafzumessung richtig bewertet worden sind. Neben dem Zeitpunkt der Verurteilung, dem Datum der Rechtskraft und der Art und der Höhe der Strafen sind daher in der Regel die den als belastend eingestuften Vorverurteilungen zugrundeliegenden Sachverhalte zwar knapp, aber doch in einer aussagekräftigen Form zu umreißen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur SenE vom 18.02.2003 - Ss 36/03 - = NStZ 2003, 421; SenE vom 10.06.2011 - III-1 RVs 135/11 -; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.10.2009 - 1 Ss 252/09 -, Langtext bei juris/Leitsatz StV 2010, 136; vgl. Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage, § 46 Rdnr. 65)

 

 

 

 

OLG Köln: Beschluss vom 13.03.2012 - III-1 RVs 45/12    BeckRS 2012, 69267

 

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