Bemerkenswert klare Worte
von , veröffentlicht am 27.06.2012Das OLG Hamm hat im Beschluss vom 14.02.2012 – 25 W 23/12 – klare Worte zu den kostenrechtlichen Kenntnissen der Richterschaft gefunden. Anlässlich der Entscheidung der Frage, ob bei einem Mehrvergleich und Erstreckung der Prozesskostenhilfe für den Abschluss des Vergleichs auch eine die Differenzverfahrens- und die Terminsgebühr aus dem erhöhten Streitwert aus der Staatskasse zu erstatten sind, hat das Gericht die bemerkenswerte Worte gefunden: „Zunächst muss konstatiert werden, dass den meisten der nicht mit Kostenbeschwerden befassten Richter die hier maßgeblichen gebührenrechtlichen Probleme nicht bekannt sein werden. Dies gilt jedenfalls für die Mitglieder des erkennenden Senats, denen die Problematik erst seit deren Befassung mit ihnen in Beschwerdeverfahren bekannt geworden ist, bei ihrer Tätigkeit als Spruchrichter aber nicht bekannt war.“
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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5 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenPhilipp C. Munzinger kommentiert am Permanenter Link
Richter können sich diese Wissenslücken eben leisten. Rechtsanwälten wird vollumfassende Rechtskenntniss einfach unterstellt, aber die haben ja auch eine Berufshaftpflichtversicherung, während Richter das Spruchrichterprivileg des § 839 BGB genießen.
RA Jochen kommentiert am Permanenter Link
Als ich kürzlich in einem Strafprozeß den Beweisantrag stellte, eine relativ neue Rechtsnorm zu verlesen, die dem Richter nach eigenem Bekunden völlig unbekannt war - und die er auch nach meinem Hinweis nicht zur Kenntnis nehmen wollte (hätte man ja erst die Sitzung unterbrechen und googlen müssen) - wurde dieser Beweisantrag - zwar zutreffend - mit der Begründung als unzulässig abgelehnt, das Gericht kenne das Gesetz. Trotzdem nicht ganz widerspruchsfrei, wenn man tatsächlich keine Ahnung hat, sich aber auch nicht in einer Sitzungspause schlau machen möchte. Statt dessen zieht man sich lieber eine 1/2 Stunde zurück, um zu überlegen, wie man den Beweisantrag ablehnen könnte.
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
So eben erreicht mich folgendes Werbeschreiben eines juristischen Fachverlags
klabauter kommentiert am Permanenter Link
@Munzinger:
Ein u.U. rechtfertigender Unterschied für diese Ungleichbehandlung liegt darin:Richter müssen über Dinge entscheiden, für die sie zuständig sind. Der Richter, der zum ersten Mal ein Dezernat für Familien-, Mietsachen oder WEG-Sachen übernimmt, muss sich einarbeiten und dann entscheiden.
Anwälte könnten auch mal das eine oder andere Mandat ablehnen, wenn sie sich oder ihrem Mandanten eingestehen würden, dass sie damit fachlich überfordert sind. Das würde auch den einen oder anderen Haftungsfall vermeiden helfen.
Das heißt nicht, dass ich der Auffassung bin, ein Richter müsse sich nicht bemühen, sich die Spezialkenntnisse für sein Arbeitsgebiet zu verschaffen.
RA Schötz kommentiert am Permanenter Link
Nehmen wir nicht deshalb lieber die Mittelgebühr, weil der Arbeitsaufwand, Gerichte davon zu überzeugen, dass diese überschritten werden kann, meistens in keinem Verhältnis zum begehrten Mehrwert steht.
Und das aktuelle Hick-Hack des BGH zu Toleranzgrenze und Mittelgebühr macht das Erstellen von Abrechnungen auch nicht einfacher.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen