Datenschutz und Smart Metering - Kommt es zum „messtechnischen Lauschangriff“?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 27.06.2012

Die hier im Blog schon angesprochene Kommunikation von Maschine zu Maschine (M2M) wird praktisch immer wichtiger und ruft auch die Datenschützer auf den Plan. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (Düsseldorfer Kreis) hat eine Entschließung und eine ergänzende Orientierungshilfe (Leitfaden) mit Hinweisen zum datenschutzgerechten Betrieb der neuen intelligenten Zähler für den Energieverbrauch in Häusern und Wohnungen - dem so genannten Smart Metering - verabschiedet. Zitat: „Es gilt insbesondere zu vermeiden, dass Profile der Lebensführung von Menschen gebildet werden können. Dies käme einem Eingriff in die Privatsphäre entsprechend einem „messtechnischen Lauschangriff“ gleich."

Wie sehen Sie die Zukunft des Smart Metering und wie bekommt man es datenschutztechnisch in den Griff? Stichworte: Zweckbindung? Datensparsamkeit? Cloud Computing?  

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8 Kommentare

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"Smart meters" sind für unsere lieben und tüchtigen "Sicherheitsbehörden" einfach ideal. Man kann erfahren wann jemand zuhause ist und wann nicht. Letzteres ist besonders wichtig falls diskret Quellen-TKÜ installiert werden soll. Oder ein keyboard-logger falls ein Privatsphären-Fanatiker Truecrypt verwendet. Denn wer Truecrypt verwendet hat bestimmt etwas zu verbergen, siehe auch

https://netzpolitik.org/2012/innenministerium-niedersachsen-wer-auf-sein...

(Übrigens, auch traditionelle Zähler sind für "Sicherheitsbehörden" wichtig: http://www.thesmokinggun.com/documents/crime/elevated-electric-bill-prom... )

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Meiner Ansicht nach ist das Smart-Metering ein wichtiger Schritt in die Richtung, dass der Energie-Endverbraucher seinen Energiebedarf bequem nachvollziehen kann und im Rahmen des allgemeinen Aufrufes zur ressourcenschonenden Lebensführung seinen Beitrag leisten kann.

Natürlich gilt dabei zu vermeiden, dass der Anbieter des Smart-Metering ein Profil der Lebensführung des Endverbrauchers erstellt. Dabei können jedoch die Daten, die der Anbieter erheben darf, eingeschränkt werden. § 21g Abs. 1 EnWG erlaubt die Erhebung personenbezogener Daten nur in bestimmten Fällen; so ist zum Beispiel die zu erhebende Datenmenge auf den Tarif des Endverbrauchers abzustimmen und nur so weit Daten zu erheben. Für jede darüber hinausgehende Erhebung und Nutzung, bedarf es der Einwilligung des Endverbrauchers (Orientierungshilfe Düsseldorfer Kreis, S. 10).

Meiner Ansicht nach ist das Smart-Metering gut in den Griff zu bekommen, wenn der Grundsatz der Datensparsamkeit gewahrt wird und nur die für den jeweiligen Endverbraucher und seinen Tarif  maßgeblichen Daten den Haushalt verlassen. Mittels des Smart-Metering kann jedoch jeder Einzelne seinen Verbrauch, auch mit Daten, die dem Anbieter nicht zugänglich sind, überwachen. Auch sollte für den Endverbraucher transparent gestaltet werden, was wie und wo erhoben wir. Der Endverbraucher sollte auch in den Messvorgang, so lange eine korrekte Messung der für seinen Vertrag maßgeblichen Daten gewährleistet ist, eingreifen können und Messgeräte, die er nicht mehr wünscht, deaktivieren können. Bei den notwendigen Messgeräten und deren Einstellungen ist "privacy by default" und "privacy by design" zu wahren.

Insgesamt meine ich, dass wenn die Vorschläge des Düsseldorfer Kreises bedacht werden, das Smart-Metering für den Endverbraucher in Zukunft eine bequeme und leicht zugängliche Methode darstellt, seinen Energieverbrauch mittels dem heimischen Computer, dem Smartphone oder dem Tablet festzustellen, auszuwerten und seinen Energieverbrauch eventuell zu verringern.

Kann mich meinem Vorredner nur anschließen. Ich bin der Auffassung, dass vorhandene Stromsparmöglichkeiten nur dann effektiv ausgenutzt werden können, wenn den Privatmenschen deutlich wird, was es kostet, Brötchen im Ofen warm zu machen. Dazu sind solche Smartmeter hervorragend geeignet.

Nicht geeignet ist für mich eine Diskussion, die nur die Risiken erwähnt. Mit seinem Mobiltelefon verursacht man deutlich mehr Datenspuren, als mit so einem Smartmeter. Übrigens erfahren damit die Netzbetreiber auch, ob man zuhause ist oder nicht.

Natürlich sind Datenschutzvorgaben erforderlich. Dennoch halte ich die in den bisherigen Veröffentlichungen vorgenommenen Versuche für in der Realität eher nicht umsetzbar. Kann man den Film im Fernsehen oder gar einen Keylogger (!) wirklich noch implementieren, wenn der Kühlschrank oder die Heizung im Keller regelmäßig dazuspringt, von Handy- / DECT-Telefon-Ladegeräten, usw. weiter mal abgesehen.

Für eine wirkliche Energiewende sind solche Geräte in Zukunft unverzichtbar, wenn eigene Geräte auf günstigen Strom bei Überkapazitäten z.B. bei Wind und Sonne zurückgreifen können.

Ist das Glas halb voll oder halb leer ?

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Smartmeter sind natürlich nicht mit Mobiltelefonen vergleichbar, da bei diesen der Anbieter nicht erfährt, ob jemand zu Hause ist, sondern nur ein Telefon in der betreffenden Funkzelle. Diese umfasst aber ein weit größeres Gebiet als nur die eine Privatwohnung.

Die Sinnhaftigkeit für die sog. Energiewende mag man noch irgendwo diskutieren können, dann jedenfalls auch nur unter strengsten Datenschutzbestimmungen für bigbrother.

Zudem sind die Deutschen etwa im Vergleich zu Frankreich ohnehin bereits Stromsparmeister, womit die Sinnhaftigkeit der Smartmeter begrenzt bleibt, Bildung ist stets zielführender.

Würde die Bundesregierung die Energiewende zudem ernst nehmen, würde sie sie nicht so halbherzig angehen. Dann würde die Zukunftstechnologie Solarstrom weiter gefördert, auch gut für Forschung und Wirtschaftsstandort, würden dezentrale EE-Anlagen forciert, anstatt nur konzernfreundliche Großanlagen, würden unterirdische Stromleitungen ausgebaut etcetcetc.

Man sieht also, es gibt für die Energiewende weit wichtigere und wirkungsvollere Baustellen als sinnlose Smartmeter, aber so ist der Bürger mal wieder von diesen abgelenkt.

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Bericht in der Süddeutschen Zeitung - leider nicht online - über ein Dorf, das mit Biogas, Solar und Windkraft Energieüberschüsse erzielt:

- Smart Meter kosten den Endverbraucher etwa viermal so viel Gebühr pro Jahr wie damit an Strom eingespart werden kann => unrentabel

- Smart Grid dagegen (Intelligente Netzsteuerung) hat sich als sehr hilfreich für das EVU herausgestellt

Off topic: Leider haben die Energiemultis ihren Fuß in der Tür der Politik und können wieder die Art der Energieversorgung durchsetzen, die das meiste Kapital - vulgo: Subventionen - benötigt. Dezentrale vor-Ort-Versorgung mit kleinen BHKW aus Biomasse und Nutzung von KWK sowie Wärmepumpen wäre nicht nur günstiger, sondern auch weniger anfällig für Terroranschläge.

Oliver schrieb:
Ich bin der Auffassung, dass vorhandene Stromsparmöglichkeiten nur dann effektiv ausgenutzt werden können, wenn den Privatmenschen deutlich wird, was es kostet, Brötchen im Ofen warm zu machen. Dazu sind solche Smartmeter hervorragend geeignet.

Dafür gibt es auch andere Messgeräte. Nur: Wer die nicht benutzt, wird auch beim Frühstück nicht auf den Bildschirm gucken, wie hoch durch das Anschalten des Toasters jetzt in den nächsten 2 Minuten der Stromverbrauch ist.

Smart-Meter werden auch nicht in erster Linie damit beworben, den Verbrauch zu senken, sondern die Kosten für den Stromverbrauch durch Optimierung des Verbrauchszeitpunkts. Deshalb gibt es immer wieder so grandiose Beispiele, dass sich nachts die Waschmaschine anstellen soll, weil der Strom grad preiswerter ist. Dass der Einspareffekt die Kosten nicht deckt, wird von den Versorgern gerne verschwiegen, denen gehts nämlich um Hilfen bei der Netzsteuerung.

Die von "Mein Name" angesprochene "Terrorgefahr" besteht durchaus auch im Bereich des Hackings. Denn Smart Grids sind anfällig. Wird ein zu niedriger Verbrauch vorgegaukelt, kann es zu Versorgungsstörungen kommen, wird ein zu hoher Verbrauch vorgespiegelt zu Notabschaltungen. Das Problem ist dabei auch gar nicht so themenfremd: Nicht alle Smart-Meter Systeme haben eine vernünftige Verschlüsselung, was auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht bedenklich ist.

 

Quote:
Kann man den Film im Fernsehen oder gar einen Keylogger (!) wirklich noch implementieren, wenn der Kühlschrank oder die Heizung im Keller regelmäßig dazuspringt, von Handy- / DECT-Telefon-Ladegeräten, usw. weiter mal abgesehen.

Beim Keylogger-Hinweis des Vorposters ging es um etwas anderes: "Mit Smart-Metering wissen die Sicherheitsbehörden, wann niemand in der Wohnung ist und können dann einbrechen und den Keylogger installieren." Wobei ich das aber auch nicht so kritisch sehe, die letzten xtausend Jahre haben es Spione aller Art immer noch ohne diese Information hinbekommen, die Abwesenheit von Bewohnern festzustellen.

 

Ein Smartmeter sollte Daten nicht öfter senden, als es Tarifumstellungen gibt. D.h. bei einem Anbieter, der nur zwischen Tag- und Nachtarif unterscheidet, wäre aus dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit auch nur zum jeweiligen Zeitpunkt der Umstellung ein Datentransfer mit dem bisherigen Tagesverbrauch notwendig. Wenn es einen festen Tarif gibt, muss der Smart-Meter sogar nur einmal pro Abrechnungszeitraum senden, also z.B. nur einmal im Jahr. Das schließt nicht aus, dass der Verbraucher selber ein detaillierteres Bild bekommt, aber die Daten dürfen seinen Einflussbereich nicht verlassen.

 

Mich würde auch mal interessieren, auf welchem Weg diese Daten in der Praxis versandt werden sollen. Es steht in verschiedenen Artikeln zum Thema was von "über DSL"? Sehe ich auch als sehr problematisch.

Zum einen hat (und will) nicht jeder DSL. Zum anderen kenne ich genug Leute, die ihren Router (u.a. aus Stromspargruenden) abstellen, wenn sie den Rechner nicht nutzen.

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