Zirkumzision - wie soll das Gesetz aussehen? (mit Update 20.07.)

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 15.07.2012

Im Verlaufe der intensiven Debatte um das Kölner Beschneidungs-Urteil (zB hier im Beck-Blog) haben sich nun die Bundesregierung und mehrere andere im Bundestag vertretene Parteien der Auffassung angeschlossen, man müsse den Konflikt durch ein Gesetz lösen. Aber wie kann dies geschehen?

Eine erste Frage ist, ob es sich dabei um ein Verbots- oder um ein Erlaubnisgesetz handeln wird.

Geht man von der hier vertretenen Meinung aus, dass die religiös motivierte Beschneidung immer schon (wie auch alle medizinisch indizierten Operationen) eine tatbestandsmäßige Körperverletzung darstellte, dann beruhte die bisherige Straffreiheit auf einem gewohnheitsrechtlichen Rechtfertigungsgrund - strukturell ähnlich dem früher angenommenen Züchtigungsrecht der Lehrer. Dieser Rechtfertigungsgrund ist nun durch die (weitgehend unbeachtet gebliebenen) Fachdiskussionen von Ärzten und Juristen und  durch das Aufsehen erregende Urteil des LG Köln in Frage gestellt worden. Eine gesetzliche Klärung erscheint also für den Rechtsfrieden notwendig, auch wenn man der Ansicht ist, dass Gewohnheitsrecht ebenso verschwinden kann wie es entstanden ist, eben durch entgegenstehende Gewohnheit.

Eine gesetzliche Regelung kann versuchen, die voherige Rechtfertigung durch (religiös motivierte) Einwilligung der Sorgeberechtigten wieder zu etablieren bzw. zu bestätigen. Insofern wäre die gesetzliche Regelung eine "Erlaubnis". Die meisten Politiker, die sich geäußert haben, tendieren genau dazu: Sie wollen den (bzw. bestimmten)  Religionsgemeinschaften zugestehen, dass sie dieses bisher weitgehend akzeptierte Ritual weiter strafrechtlich unbehelligt durchführen können.

Allerdings wird dies nicht geschehen können, ohne zugleich die Grenzen der Erlaubnis aufzuzeigen, d. h. in anderer Beziehung wird das Gesetz auch Verbote enthalten müssen. Und in diesen Details stecken erhebliche Probleme!

Denkbar (und teilweise notwendig) erscheinen:

- Altersbegrenzungen (Mindest- bzw. Höchstalter),

- die Beschränkung auf Ärzte mit chirurgischer Erfahrung

- Vorschrift einer (Voll-)Narkose

- Beschränkungen auf bestimmte Religionsgemeinschaften

- Beschränkung auf bestimmte anerkannte/etablierte/vergleichsweise risikoarme Rituale

- Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht

- Verpflichtung von (Ärzten in) öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zur Durchführung

- Haftungsregelungen für Fälle, in denen sich ein Schadensrisiko trotz lege artis durchgeführter Zirkumzision verwirklicht (Haftungsfonds der Religionsgesellschaften?)

Ein solches Gesetz wie auch eine Reihe der (denkbaren) Beschränkungen und  impliziten Verbote werfen ganz grundlegende Probleme auf, die die meisten Politiker noch nicht fokussiert haben:

Zwar wird bisher schon breit diskutiert, dass aus Gründen der Religionsfreiheit eine gewisse Beschränkung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern hinzunehmen sei - jedoch wird man bei Komplikationsraten von immerhin im einstelligen Prozentbereich (also 1 bis 10 pro hundert!) sich durchaus fragen, ob und inwieweit der Staat seine Schutzpflicht gegenüber Kindern vernachlässigen darf (zur Diskussion vgl. etwa den Artikel in der FR). Jedenfalls kann nur derjenige, der die Augen vor der Realität verschließt, den Eingriff verharmlosen (ein Beispiel dafür sind die Stellungnahmen prominenter Grünen-Politiker).

Die anderen genannten Beschränkungen werfen z.T. gravierende Gleichheitsproblematiken auf, sobald etwa noch nicht am Konflikt beteiligte Religionsgemeinschaften ihre eigenen möglicherweise körperverletzenden Rituale gesetzlich erlaubt haben wollen.

Auch die systematischen Fragen sind bisher nicht beantwortet. Einige FDP-Politiker wollen die Beschneidung im neuen Patientenrechtegesetz verankern, m. E. keine besonders gute Idee: Denn das Recht, seine Kinder beschneiden zu lassen, ist bzw. wäre eben kein Patientenrecht.

Eher schon gehört die Beschneidung in das Familienrecht, also in das Umfeld des § 1631 BGB; bei der Beschneidung aufgrund religiöser Erzeihung handelt es sich um einen Teil der Personensorge. Außerdem kommt eine bereichsspezifische Regelung im RelKErzG (Gesetz über die religiöse Kindererziehung) in Betracht.

Ein anderer Vorschlag wäre es, die Beschneidung - wie die Abtreibung - als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft zu belassen, aber unter bestimmten Voraussetzungen lediglich einen gesetzlichen Strafausschluss zu regeln. Ein solcher Strafausschluss müsste in das  StGB eingefügt werden.

Könnte die schwedische Regelung Vorbild sein (hier ein taz-Artikel dazu)?

Ganz gleich wie und was genau geregelt wird, am Ende wird wohl ohnehin das BVerfG zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber im neuen Gesetz die Abwägung der verschiedenen Interessen richtig vorgenommen hat.

Die nächsten Wochen und Monate dürften immerhin spannend sein: Selten kann man gesetzliche Regeln im Entstehungsprozess so intensiv verfolgen, selten gibt es  ist eine so große gesellschaftliche Debatte.

UPDATE 20.07.2012:

Wortlaut der Resolution des Bundestages vom 19.07.2012:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
im Herbst 2012 unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten
Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der
Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf
vorzulegen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung
von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.

Auszug aus der Begründung:

"Die rechtliche Einordnung der Beschneidung muss so schnell und so gründlich
wie möglich geklärt werden. Der Deutsche Bundestag hält eine gesetzliche
Klarstellung für geboten, die insbesondere unseren jüdischen und muslimischen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern ermöglicht, ihren Glauben frei auszuüben. Eine
Präjudizwirkung für andere körperliche Eingriffe aus religiösen Gründen darf
sich hieraus nicht ergeben.

Zudem hält der Deutsche Bundestag die Beschneidung männlicher Kinder, die
weltweit sozial akzeptiert wird, für nicht vergleichbar mit nachhaltig
schädlichen und sittenwidrigen Eingriffen in die körperliche Integrität von
Kindern und Jugendlichen wie etwa die weibliche Genitalverstümmlung, die
der Deutsche Bundestag verurteilt."

 

Wortlaut der Petition der Deutschen Kinderhilfe, des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, MOGIS e.V. (Verband Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs), des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, Prof. Dr. Matthias Franz und zahlreicher Einzelpersonen vom 20.07.2012:

"Der Deutsche Bundestag möge beschließen, zunächst für zwei Jahre keine gesetzlichen Schritte zur Legitimation der Beschneidung von Jungen in Deutschland zu ergreifen.

Weiterhin möge der Deutsche Bundestag die Einsetzung eines Runden Tisches von Religionsvertretern, muslimischen und jüdischen Befürwortern und Gegnern der Beschneidung, Psychologen, Psychoanalytiker, Kinderärzten, Kinderchirurgen, Kinderschützern und Vertretern der Jugendhilfe sowie weiterer Experten beschließen, um das Thema Beschneidung in Deutschland wissenschaftlich fundiert zu diskutieren und eine Strategie zu erarbeiten, welche alle Interessen, vor allem aber die Belange des Kindeswohls, berücksichtigt."

Auszug aus der Begründung:

(...)

Doch gelten beide Rechte trotz ihres Verfassungsranges nicht vorbehaltlos und müssen sich der Abwägung mit anderen Grundrechten stellen. Hier gilt es die bisher im Diskurs vollständig vernachlässigten Belange der Kinder, rechtlich normiert in Art. 2 GG, Art. 6 II 2 GG und Art. 19 I und Art. 24 III der UN- Kinderrechtskonvention, zu berücksichtigen.

(...)

Die Petenten sehen die Gefahr, dass sachfremde Erwägungen immer stärker in die Argumentation einfließen und es der Politik unmöglich machen, eine Güterabwägung im Interesse des Kindeswohls auch nur ansatzweise zuzulassen. Vorsicht geboten ist ebenso bei der Vereinheitlichung des muslimischen und jüdischen Glaubens, gibt doch auch hier ein breitgefächertes Meinungsbild zum Thema kindliche Beschneidung.

Als notwendig und lohnenswert für alle Interessengruppen empfinden die Petenten daher einen sachlichen, verantwortungsvollen und umfassenden Dialog aller Akteure als Alternative zu einem übereilten politischen Aktionismus. Eine breite Debatte ist in Anbetracht der Bedeutung der betroffenen fundamentalen Rechte und Güter unabdingbar und muss von der Politik zugelassen werden.

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525 Kommentare

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Beschneidungstourismus durch Kölner Urteil ?

 

Die frühere SPD-Islambeauftragte Lale Akgün sieht dagegen keine gewaltige Auswirkung. "Die meisten Familien fahren für den Eingriff sowieso in den Sommerferien in die Türkei und feiern den Ritus dort." Sie hält die Tradition für nicht zeitgemäß.

"Die Beschneidung ist eine Sitte, die auch etwas Machohaftes hat. Mann-Werden unter Schmerzen. Wir sollten das Urteil als Chance nutzen und reflektieren, was wir den Jungen antun. In der Türkei gibt in intellektuellen Kreisen längst die Debatte, die Jungen nicht mehr zu beschneiden."

 

http://www.aerztezeitung.de/news/article/818472/beschneidungsurteil-aerzte-stoppen-eingriffe.html

 

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@Ihr Name, #27:
Eine interessante Antwort, aber

Quote:

Recht für Kinder auf negative Religionsfreiheit

war überhaupt nicht mein Thema.

 

Meine Überlegung war, dass in einer religiösen Monokultur noch erwartet werden kann, dass die Kinder, die einer Religion als Kinder noch nicht zustimmen können, es später aber werden, so dass die stellvertrende Entscheidung der Eltern für das Kind auch später durch alle Kinder bestätigt wird, wenn das Kind erwachsen ist. Nicht nur die Entscheidung zur religiösen Erziehung, sondern gerade die zur Amputation.

 

Und dass dies heute und in einer multikulturellen Gesellschaft wie der unseren eben nicht mehr angenommen werden kann, sondern dass man damit rechnen muss, dass ein gewisser Anteil Söhne den elterlichen Glauben verraten wird, und auch nicht nachträglich mit der Verstümmelung einverstanden ist.

 

Das heißt nicht dass ich religiöse Erziehung, soweit sie ohne körperliche Gewalt daherkommt, begrüße, aber man kann ja nicht die Erziehung der Kinder kontrollieren und detailliert vorschreiben.

 

Nun ja, und damit verbunden die Frage, ob man als Zögling später die Eltern - nicht so sehr den Arzt/Mohel/... - wg. Körperverletzung verklagen kann, evtl. auf Schmerzensgeld u. Schadenersatz. Und wie sowas verjährt.

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ich bin juristischer Laie und will gerne nochmals auf die Problematik der Abgrenzung der Beschneidung von der gefährlichen Körperverletzung hinaus. Man möge mich berichtgen wenn ich etwas unscharf und laienhaft schreibe:

Wenn ich es richtig gelesen und verstanden habe, ist ein medizinischer Heileingriff mittels eines Skalpells (gefährlicher Gegenstand) durch einen approbierten Arzt keine gefährliche KV.

Anders sieht es wohl aus wenn ein solcher Eingriff von einem Heilpraktiker, Rettungssanitäter oder medizinischem Laien vorgenommen wird. Selbst ein Piercing darf wohl nur von Personen durchgeführt werden, die zumindestens eine Heilpraktikerausbildung besitzen.

Die traditionelle Beschneidung nach jüdischer Art kann ja wohl kaum als einen Heileingriff gewertet werden. Wenn nun ein Mohel ohne ärztliche Approbation eine Beschneidung vornimmt, wird da das Messer nicht zwangsläufig wieder zum gefährlichen Gegenstand?

Das Messer wird ja nicht dadurch ungefährlicher nur weil der Mohel glaubt im Namen seiner Religion und zum Wohl des Kindes zu handeln. Das Messer wird ja auch nicht nur dadurch ungefährlicher wenn es von einem Arzt geschwungen wird. Wenn mein Hausarzt mich bei der Warzenentfernung mit nem Skalpell "aus Versehen" verletzt weil er herausgefunden hat, das ich seit Monaten am Wochenende mit seiner Frau gevögelt habe während er auf Bereitschaft war, dann hat er zwar als Arzt gehandelt, aber mir nur eins auswischen wollen. Seine Intension war dann ja auch fern mir einen "Heileingriff" angedeihen zu lassen. Er wird sich dann ja auch kaum herausreden können "nur zu meinem Wohle" gehandelt zu haben um mich zukünftig vor frevelhaftem Ehebruch zu bewahren.

Genauso ist die Intension des Mohels ja auch weniger einen "Heileingriff" am Kinde vorzunehmen um es im medizinischen Sinn vor Schaden zu bewahren.

Wenn ich nun z.B. zufällig davon erfahren würde, dass der Nachbar sein Kind von einem "Laien" beschneiden lies, und ich würde diesen Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen. Müsste es als Offizialdelikt  gehandhabt werden?

Welche Staatsanwaltschaft würde sich jetzt noch trauen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten?

Was unterscheidet eine religiös veranlasste Beschneidung von einer mit anderer Indikation? Jeder Heilpraktiker ist gezwungen und meist auch gewillt dazu, hygienische Standarts zu erfüllen. Müsste man nicht auch ihm erlauben solche Leistungen wie Beschneidungen seiner Klientel anzubieten?

Was ist mit kleinen "Modifikationen" am weiblichen Kindskörper die in Umfang und Tragweite der Beschneidung bei Jungen entsprechen. Müsste eine Entfernung "unwesentlichen" Gehäuts aus religiösen, ästethischen oder weltanschaulichen Gründen nicht auch erlaubt werden, wenn der Eingriff mit "möglichst wenig Schmerzen" verbunden ist?

Was würde geschehen wenn Volker Beck aus einer Notfallindikation heraus ins Krankenhaus eingeliefert wird. Der Arzt stellt eine akute Blinddarmentzündung fest und Herr Beck gibt sein Einverständnis in die Operation.

Wähernd der Operation entdeckt der Arzt im Bauchraum eine kleine Zyste die später eventuell Probleme bereiten könnte. Er geht vom Einverständnis von Herr Beck aus und entfernt diese während der OP, wenn sowieso schon mal offen ist, dann erspart er ihm ja einiges an Pein.

Danach entdeckt der Arzt an Herrn Becks Penis unnütze Hautwucherungen -sprich Vorgehäut- und will seinem prominenten Patienten Gutes tun. Er kennt Volker Becks Einstellungen zum Thema, weiss daß dieser der Beschneidung äusserst aufgeschlossen ist und als kleinen Eingriff ohne zukünftige Folgen und Beeinträchtigungen ansieht.

Er geht nun von seinem stillschweigenden Einverständnis aus und entfernt das welke Fleisch. Schliesslich will er seinem Patienten ein erneutes Narkoserisiko ersparen.

Macht sich der Arzt strafbar? Könnte er sich auf ein Verbotsirrtum berufen? Kann er diese zusätzliche IGE-Leistung Herrn Beck in Rechnung stellen (Geschäftsführung ohne Auftrag)?

 

 

 

 

 

 

 

 

derSchwabe schrieb:
Wenn ich es richtig gelesen und verstanden habe, ist ein medizinischer Heileingriff mittels eines Skalpells (gefährlicher Gegenstand) durch einen approbierten Arzt keine gefährliche KV.
Ich bin zwar auch juristischer "Laie", aber das ist durchaus umstritten. Das LG Köln hat das zwar so gewertet, aber ein Skalpell wird nicht dadurch, dass es ein Arzt in der Hand hat, automatisch ein weniger gefährliches oder ungefährliches Werkzeug. Andere Meinungen sträuben sich dagegen, einen Arzt mit seinem Handwerkszeug juristisch einem Messerstecher gleichzusetzen. Andererseits: jeder Arzt darf das operieren, was er sich zutraut (ohne Fähigkeitsnachweis und egal, ob er es tatsächlich kann) und ob ein Radiologe mit einem Skalpell besser umgehen kann als ein routinierter Sünnetci oder Mohel, darf getrost bezweifelt werden. Zahllose verpfuschte "Schönheits"-OPs jedes Jahr legen davon Zeugnis ab ...

derSchwabe schrieb:
Wenn nun ein Mohel ohne ärztliche Approbation eine Beschneidung vornimmt, wird da das Messer nicht zwangsläufig wieder zum gefährlichen Gegenstand? Das Messer wird ja nicht dadurch ungefährlicher nur weil der Mohel glaubt im Namen seiner Religion und zum Wohl des Kindes zu handeln. Das Messer wird ja auch nicht nur dadurch ungefährlicher wenn es von einem Arzt geschwungen wird.
siehe auch

http://blog.beck.de/2012/07/15/zirkumzision-wie-soll-das-gesetz-aussehen... bzw.

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/koerperverletzung-muslimischer-be..., http://www.phimose-info.de/meldungen-aus-deutschland/landgericht-dusseld... und http://www.antenneduesseldorf.de/web/nachrichten/lokalnachrichten/index.... - Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung, aber mit sehr milder Strafe.

derSchwabe schrieb:
Der Arzt stellt eine akute Blinddarmentzündung fest und Herr Beck gibt sein Einverständnis in die Operation. Wähernd der Operation entdeckt der Arzt im Bauchraum eine kleine Zyste die später eventuell Probleme bereiten könnte. Er geht vom Einverständnis von Herr Beck aus und entfernt diese während der OP, wenn sowieso schon mal offen ist, dann erspart er ihm ja einiges an Pein. Danach entdeckt der Arzt an Herrn Becks Penis unnütze Hautwucherungen -sprich Vorgehäut- und will seinem prominenten Patienten Gutes tun. Er kennt Volker Becks Einstellungen zum Thema, weiss daß dieser der Beschneidung äusserst aufgeschlossen ist und als kleinen Eingriff ohne zukünftige Folgen und Beeinträchtigungen ansieht. Er geht nun von seinem stillschweigenden Einverständnis aus und entfernt das welke Fleisch. Schliesslich will er seinem Patienten ein erneutes Narkoserisiko ersparen. Macht sich der Arzt strafbar?
Das kommt ganz darauf an, was der Patient in seiner Einverständniserklärung unterschrieben hat. Wenn in der Patientenaufklärung nur von der Blinddarm-OP die Rede ist und keine Ausweitung auf andere Eingriffe autorisiert ist, macht sich der Arzt auf jeden Fall strafbar.

Das ist z.B. bei OPs, bei denen (voraussichtlich) gutartige Tumore entfernt werden, relevant: man kann als Patient einwilligen, dass bei Verdacht auf Bösartigkeit und Befall der nächsten Lymphknoten diese gleich mit entfernt werden - oder man kann die entsprechende Passage in der Einverständniserklärung streichen (denn jeder hat das Recht, sich jeden Teileingriff in Ruhe zu überlegen und Lebensqualität gegen voraussichtliche Überlebensdauer abzuwägen und auch das Recht, an Krebs früher zu sterben oder eine andere Therapieform zu wählen, wenn ihm die Nebenwirkungen einer OP - wie Impotenz und Inkontinenz bei einer Prostataentfernung - angesichts der möglicherweise längeren Lebensdauer, allerdings mit deutlich verminderter Lebensqualität, zu krass sind).

derSchwabe schrieb:
Könnte er sich auf ein Verbotsirrtum berufen? Kann er diese zusätzliche IGE-Leistung Herrn Beck in Rechnung stellen (Geschäftsführung ohne Auftrag)?
Wenn die Einwilligung eindeutig nur auf die Blinddarmentfernung beschränkt ist: nein, mehr herauszuschneiden als vom Patienten genehmigt ist ganz klar strafbar, die Rechtslage dazu ist eindeutig und schließt einen Verbotsirrtum aus (anders als bei der Zirkumzision durch einen Arzt mit Einwilligung der Eltern, zu der es bisher so gut wie keine Rechtsprechung gab). Der Versuch, dafür auch noch Geld zu kassieren, fiele in die Kategorie ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 und evtl. 817 BGB). Es wäre Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn nach § 678 BGB, was zum Schadensersatz verpflichtet (falls das Prinzip "Geschäftsführung ohne Auftrag" auf das Arzt-Patienten-Verhältnis überhaupt anwendbar ist, was ich bezweifle - s. Edit unten).

Es lohnt sich also, zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten im Nachgang als Patient den zu erlaubenden Eingriff möglichst genau in der Einwilligung zu beschreiben und bei einer geplanten (d.h. Nicht-Notfall-)OP keine "Generalvollmachten" zu geben.

Edit: eine ärztliche Behandlung ist keine Geschäftsbesorgung, sondern ein Dienstvertrag - Geschäftsführung ohne Auftrag kommt daher nicht in Betracht. Der Referentenentwurf (PDF) ordnet den Behandlungsvertrag auch demensprechend ein (§§ 630a ff.)

Wenn Eltern ihrem Kind gegen den Willen ihres Kindes die Haare abschneiden, ist es doch keine Körperverletzung.

Wenn einem Erwachsenen durch einen Friseur zu stark die Hare stutzt gegen den Willen des Kunden, kann der Kunde doch auch nichts machen.

Wenn einer jungen Frau, die duch Alträume und Panikatacken und Psychosen durch Mißbrauch durch einen 70 Jährigen bekommen hat , der 48 Jahre verheirtatet ist und er ihr sagt, sie müsse ihn heiraten, weil laut Bibel jeder Mensch nur im Leben mit einem Mann Sex haben darf und der Alte sie ins Ausland "verschleppt"  und sie dabei nicht mehr zurechnungsfähig ist , dass aber die Polizei nicht überprüft nach Anzeige durch die Eltern der jungen Frau und der Frau im Ausland die Haare gegen ihren "Restwillen" die Haare gegen ihren Willen geschnitten werden, ist es laut Staatsanwaltschaft keine strafbare Handlung. Und außerdem nach Rettung der jungen Frau in einer 1000 km entfernt Stadt, wo der Alte sie  untergebracht hat und  nach 1 Jahr noch die junge Frau und ihre Elterrn mit nötigenden , beleidigenden  Briefen belästigt werden reicht auch nicht für eine Anklage.

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:

Wenn Eltern ihrem Kind gegen den Willen ihres Kindes die Haare abschneiden, ist es doch keine Körperverletzung.

Wenn einem Erwachsenen durch einen Friseur zu stark die Hare stutzt gegen den Willen des Kunden, kann der Kunde doch auch nichts machen.

Darum geht es nicht, sondern um das hier:

http://www.uni-leipzig.de/~strafe/AG%20Anja%20SoSe%2009/Loesungshinweise...

Auch Friedrich Moll, dem Kurator des Museums und Archivs der Urologie, fallen Antworten auf medizinhistorische Fragen schwer. Er ist sich zwar recht sicher, dass kein Kind an einer Beschneidung gestorben ist. Es gebe allerdings „keine großen Übersichtswerke zu dem Thema“.

 

Falls das falsch ist, weshalb darf dieser Herr das verbreiten ?

 

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/geschichte-der-beschneidung-kein-kind-ist-je-daran-gestorben-11829537.html

0

Lügen gehört zum Lobbyismus - Dieter Graumann vom Zentralrat der Juden hat gerade im ZDF-Morgenmagazin behauptet, jeder jüdische Junge sei beschnitten (da ist die wieder geschwungene Antisemitismuskeule fast schon sachlich).

Jeder weiß dagegen, dass in Israel mehrere hundert Jungen pro Jahr nicht beschnitten werden, weil es deren Eltern nicht wollen - sie sind trotzdem Juden und werden jüdisch erzogen.

Auch in Österreich wird behauptet:

In den allermeisten Fällen würden die Beschneidungen bei Moslems aber in den Herkunftsländern durchgeführt. 

 

http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2542572/ 

 

Wenn man davon ausgeht, dass die allermeisten Beschneidungen schon immer in den "Heimatländern" stattfanden, ist dann eine deutsche Gesetzgebung eigentlich völlig unnötig ?

 

Falls doch  Beschneidungen legal werden würde, könnten dann die Krankenkassen es ablehnen, solche medizinisch unnötigen Beschneidungen zu finanzieren und bei

Komplikationen es ablehnen, Folgekosten zu übernehmen, damit die Verursacher für die Schäden aufkommen müssen ?

 

 

 

 

 

 

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:

Wenn man davon ausgeht, dass die allermeisten Beschneidungen schon immer in den "Heimatländern" stattfanden, ist dann eine deutsche Gesetzgebung eigentlich völlig unnötig ?

Das dürfte sich in erster Linie auf Beschneidung bei Moslems beziehen. Da bei Moslems nicht vorgeschrieben ist, wann die Beschneidung zu geschehen hat, hätte aber auch diejenigen, die den Eingriff in Deutschland vornehmen wollen,  nur geringe Problem, wenn eine Beschneidung erst nach Eintritt der Religionsmündigkeit erfolgen darf.

Bei Juden soll die Beschneidung am 8. Tag nach der Geburt vorgenommen werden. Mit so kleinen Kindern wird es praktisch keinen Tourismus geben können.

 

Quote:
Falls doch  Beschneidungen legal werden würde, könnten dann die Krankenkassen es ablehnen, solche medizinisch unnötigen Beschneidungen zu finanzieren

Ja, nur weil ein Eingriff legal ist, muss er deshalb nicht bezahlt werden. Wäre rechtlich wohl zu behandeln wie eine Schönheits-OP, und die werden auch nur in Ausnahmefällen bezahlt.

(Bis zum Urteil aus Köln war man ja von Legalität ausgegangen. Da wurde dann halt vom Arzt ne falsche Diagnose zur Vorhautverengung aufgeschrieben, dann ist der Eingriff medizinisch notwendig und wird bezahlt.)

Quote:
und bei Komplikationen es ablehnen, Folgekosten zu übernehmen, damit die Verursacher für die Schäden aufkommen müssen ?

"Treten nach einem medizinisch nicht notwendigen Eingriff Komplikationen auf, die eine weitere ärztlichen Behandlung erfordern, hat die gesetzliche Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern."

Quelle: http://www.vz-nrw.de/UNIQ134311689129601/schoenheitsoperationen

 

Sollte also zumindest teilweise möglich sein, die Zahlung zu verweigern.

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Behauptungen  aus der Schweiz:

http://bazonline.ch/basel/stadt/Esra-Weill-beschneidet-auch-Muslime/story/22443866 

Der jüdische Glaube sieht vor, dass der Knabe am achten Tag nach seiner Geburt beschnittenwird. Eine religiöse Beschneidung im Spital ist für Juden deshalb gar nicht möglich. «Wir führen diesen Eingriff erst bei Kindern ab einem Jahr durch», sagt Martina Beranek, Sprecherin des Universitäts-Kinderspitals beider Basel. 

 

Der Beschluss des Zürcher Kinderspitals, die religiösen Beschneidungen aufgrund eines deutschen Gerichtsurteils auszusetzen, hatte für Weill deshalb keine grosse Bedeutung.

 

Beunruhigt ist er hingegen über die Forderung der Organisation Kinderlobby Schweiz, Knabenbeschneidungen generell in der Schweiz zu verbieten. «Ein solches Verbot ist der völlig falsche Weg. Jüdische und muslimische Eltern würden so in die Illegalität getrieben und das wäre definitiv nicht zum Wohl des Kindes», sagt er. 

Der Vorwurf, bei der Beschneidung würden Kinderrechte verletzt, lässt Ronald Fried, Präsident der Israelitischen Gemeinde Basel, nicht zu. «Im jüdischen Glauben steht das Wohl des Kindes zuoberst. Wir versuchen die Eingriffe so schmerzarm wie möglich durchzuführen», sagt er.  

 

Bei den Muslimen in Basel löst hingegen die Debatte über ihre alte Tradition grosse Verunsicherung aus. «Es erstaunt uns sehr, dass ein umstrittener Entscheid eines untergeordneten Gerichts im Ausland so hohe Wellen in der Schweiz schlägt», so Cem Karatekin. «Das Beschneidungsmoratorium wurde unnötig und voreilig beschlossen 

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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/beschneidungsdebatte-politische-und-juristische-komplikationen-a-845836.html 

 

Was ist mit der Würde der Beschnittenen? Der Jenaer Rechtsprofessor Günter Jerouschek tritt seit langem öffentlich gegen ein Sonderrecht der Beschneidung an: Wer minderjährige Kinder, ob Juden oder Muslime, die Vorhaut entferne, der verletze den unantastbaren Kernbereich des kindlichen Persönlichkeitsrechts: Eine solche Körperverletzung sei eine "Brandmarkung" und darum - auch - ein Verstoß gegen die Menschenwürde.  

 

Eventuell sogar ein Verfahren für Straßburg ?

 

Doch es gibt gute Gründe, die westliche Liberalität im Umgang mit der Vorhaut einer grundsätzlichen Prüfung zu unterziehen. "Es geht um die Integrität und Identität von Kindern", sagt Bernhard Schlink, der Schriftsteller und Berliner Verfassungsrechtler an der Berliner Humboldt-Uni und an der jüdischen Jeshiva-Universität in New York.

Schlink hält es für sinnvoll, das elterliche Sorgerecht "grundsätzlich auf medizinisch notwendige Eingriffe zu beschränken" - das bedeute auch, dass "irreversible religiös motivierte Operationen warten müssen, bis das Kind volljährig ist". Eine Ausnahme will Schlink nur da machen, "wo der frühe Eingriff von der Religion zwingend geboten ist 

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:
Schlink hält es für sinnvoll, das elterliche Sorgerecht "grundsätzlich auf medizinisch notwendige Eingriffe zu beschränken" - das bedeute auch, dass "irreversible religiös motivierte Operationen warten müssen, bis das Kind volljährig ist". Eine Ausnahme will Schlink nur da machen, "wo der frühe Eingriff von der Religion zwingend geboten ist".
Und wer entscheidet das? Der Priester? Der Rabbi? Der Imam? Und wenn ja, welcher? Oder das Schrifttum? Welches? In welcher Ausgabe und Übersetzung (z.B. "an der Vorhaut" vs. komplette Vorhaut)? Und wenn es nur mündliche Überlieferungen gibt, wird die Religion dann diskriminiert? Oder die Eltern?

Ich bin erschüttert, einen so undurchdachten und inkonsequenten, die Religion über das Recht stellenden und andererseits eine verfassungsrechtlich unzulässige Inhaltskontrolle der Religion vornehmenden Satz von einem Verfassungsrechtler (!!!) zu lesen.

Noch ein Nachtrag zum Thema Dunkelziffer und Entkriminalisierung:

Wie viele Anklagen und Verurteilungen gibt es jährlich in Deutschland wegen Zwangsverheiratung? Zwei? Drei?

Wie viele Zwangsheiraten gibt es tatsächlich? Alleine 3400 haben sich 2008 hilfesuchend an Beratungsstellen gewandt.

Wird deswegen auf die Strafbarkeit verzichtet, weil "der tatsächlich verursachte Schaden" (wie auch immer man den bei einer Beschneidung oder Zwangsheirat definieren will) ja gering oder nicht messbar ist? Oder um Hilfe und Beratung besser zu ermöglichen?

Nein, die Zwangsverheiratung bleibt strafbar und das ist aus den o.g. normativen und generalpräventiven Gründen auch völlig richtig so.

Das gleiche gilt für die Vergewaltigung in der Ehe: riesige Dunkelziffer, extrem seltene Anzeigen und Verurteilungen - dennoch klar und völlig unbestritten strafbar.

Es gibt keinen sachlichen Grund, warum das ausgerechnet bei der Körperverletzung von Säuglingen und Kleinkindern anders sein sollte. Beratung und Prävention lassen sich sehr gut parallel zur Strafbarkeit einrichten und durchführen ohne dass die Strafbarkeit abschreckend wirkt, dies zeigt ja gerade das Beispiel Abtreibung. Dies umso mehr, als dass Körperverletzung ein (gemischtes) Antragsdelikt ist, das im Falle der Beschneidung nur in extremen Ausnahmefällen im besonderen öffentlichen Interesse liegen dürfte (das ist doch auch das besondere am Fall des LG Köln: dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren überhaupt weiter betrieben hat, vermutlich weil anfangs von einer nichtärztlichen Heimbeschneidung mit Schere ausgegangen wurde - dennoch ungewöhnlich, nachdem die Polizei eine ärztliche Beschneidung ermittelt hatte. Vielleicht weil die Klinik das Ergebnis der beschneidung als nicht fachgerecht eingestuft hatte?).

Es wird auch bei der nun geltenden Rechtslage keine massenhaften Anzeigen wegen Beschneidungen geben (wer soll sie denn auch anzeigen?); ob eine Gesetzesänderung überhaupt notwendig ist, ist sehr fraglich.

Dennoch muss die Beschneidung strafbewehrt bleiben, um dem im Offenen Brief der Mediziner und Juristen genannten allgemein anerkannten Grundsatz zur juristischen Geltung zu verhelfen: "Man tut Kindern nicht weh!"

Es scheint als wenn die Verfassungsrechtler sich auch nicht einig sind , was "richtiges Recht" ist und es zeigt sehr deutlich, dass das Ergebnis von den Menschen abhängig wird, die bestimmen dürfen.  

 

Es wäre wohl besser gewesen, wenn der Bundestag  auf den Wissenschaftlichen Rat gehört hätte und sich nicht auf die Fahnen geschrieben hätte, eine Lösung zu erarbeiten, die vermutlich nie von den erzkonservativen Gläubigen akzeptiert wird, wenn sie minimal abweicht von deren Sitten.

 

Einen Vorteil hat die große Debatte für die Gläubigen auch , denn es wird über "Glauben" geredet.

 

 

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jetzt wird der schwarze Peter hin und her geschoben , wer zuständig ist für das neue Gesetz.

http://www.tagesspiegel.de/politik/wer-wie-wann-bundesregierung-soll-gesetz-zu-religioeser-beschneidung-ausarbeiten/6911612.html 

 

Im Gesundheitsministerium scheinen sie erleichtert, dass ihnen das heikle Thema erspart bleibt. „Beschneidung? Da sind wir raus“, sagt ein Sprecher. Denn egal, in welchem Gesetz die Sache am Ende geregelt werde: Die Fragestellung sei eine ethische und keine medizinische, es gelte „verschiedene Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen“. Und was, wenn nicht das, ist Aufgabe und Job der Justizministerin? 

 

Im Familienministerium klingen sie kämpferischer. „Wer innerhalb der Bundesregierung für eine mögliche gesetzliche Neuregelung federführend zuständig sein wird, ist noch nicht abschließend geklärt“, heißt es dort. Hausherrin Kristina Schröder (CDU) diktiert dem FDP-geführten Justizressort schon mal ihre Bedingungen. 

 

Neben den Kriterien für ein solches Gesetz müsse dann aber auch geklärt werden, ob Bund oder Länder zuständig seien, so die Sprecherin. 

 

Der Münsteraner Jurist Bijan Fateh-Moghadam kritisierte das Kölner Urteil als Ergebnis „verfassungsblinder und schlechter Jurisprudenz“, hinter dem nur die Minderheitenmeinung einer Handvoll Strafrechtler stehe. Aus seiner Sicht bedarf es keiner Festschreibung eines Sonderrechts für Angehörige religiöser Minderheiten. Vielmehr sei die Entscheidung der Eltern über eine Beschneidung schon jetzt eindeutig durch das Sorgerecht gedeckt. Ähnlich argumentiert der Freiburger Strafrechtler Edward Schramm. Beide Juristen warnten vor einer Situation wie beim Schwangerschaftsabbruch, der in bestimmten Fällen zwar als straffrei, aber grundsätzlich als nicht rechtsmäßig gilt. 

 

 

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:
Der Münsteraner Jurist Bijan Fateh-Moghadam kritisierte das Kölner Urteil als Ergebnis „verfassungsblinder und schlechter Jurisprudenz“, hinter dem nur die Minderheitenmeinung einer Handvoll Strafrechtler stehe. Aus seiner Sicht bedarf es keiner Festschreibung eines Sonderrechts für Angehörige religiöser Minderheiten. Vielmehr sei die Entscheidung der Eltern über eine Beschneidung schon jetzt eindeutig durch das Sorgerecht gedeckt. Ähnlich argumentiert der Freiburger Strafrechtler Edward Schramm. Beide Juristen warnten vor einer Situation wie beim Schwangerschaftsabbruch, der in bestimmten Fällen zwar als straffrei, aber grundsätzlich als nicht rechtsmäßig gilt.
Dass die im Tagesspiegel zitierte "Tagung von Experten in Heidelberg" nur solche Stimmen hervorbringt, ist ja logisch:

http://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/2012/jul/News_...

"Thema einer kurzfristig anberaumten Tagung der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg", Anmeldungen an den Ignatz-Bubis-Lehrstuhl ...

Beschämend für den Tagesspiegel, dies zu verschweigen.

Aber es zeigt, dass die millionenschwere Medienkampagne (s. Berichte weiter oben) bereits angelaufen ist.

Zum Nachlesen - auch für Herrn Professor Schlink - empfiehlt sich z.B. das "Gesundbeter-Urteil" des BVerfG (BVerfGE 32, 98). Dort heißt es ab Randnummer 22 (Hervorhebungen von mir):

3. Die Glaubensfreiheit ist nicht schrankenlos gewährleistet.

a) Sie unterliegt zwar weder den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG noch denen des Art. 5 Abs. 2 GG.

(...)

b) Die Freiheitsverbürgung des Art. 4 Abs. 1 GG geht wie alle Grundrechte vom Menschenbild des Grundgesetzes aus, d. h. vom Menschen als eigenverantwortliche Persönlichkeit, die sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft frei entfaltet. Diese vom Grundgesetz anerkannte Gemeinschaftsbindung des Individuums macht auch Grundrechte, die vorbehaltlos gewährleistet sind, gewissen äußersten Grenzziehungen zugänglich. Jedoch dürfen die Grenzen der Glaubensfreiheit - wie die der Kunstfreiheit (vgl. BVerfGE 30, 173 [193]) - nur von der Verfassung selbst bestimmt werden. Da die Glaubensfreiheit keinen Vorbehalt für den einfachen Gesetzgeber enthält, darf sie weder durch die allgemeine Rechtsordnung noch durch eine unbestimmte Klausel relativiert werden, welche ohne verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt und ohne ausreichende rechtsstaatliche Sicherung eine Gefährdung der für den Bestand der staatlichen Gemeinschaft notwendigen Güter genügen läßt. Vielmehr ist ein im Rahmen der Garantie der Glaubensfreiheit zu berücksichtigender Konflikt nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundlegenden Wertsystems zu lösen. Als Teil des grundrechtlichen Wertsystems ist die Glaubensfreiheit dem Gebot der Toleranz zugeordnet, insbesondere auf die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Würde des Menschen bezogen, die als oberster Wert das ganze grundrechtliche Wertsystem beherrscht (BVerfGE 6, 32 [41]; 27, 1 [6]; vgl. auch BVerfGE 30, 173 [193]).

In der Folge wurde der Beschwerdeführer - zuvor wegen unterlassender Hilfeleistung (damals § 330c, heute § 323c StGB) verurteilt, obwohl seine im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte befindliche, im Sterben liegende Frau gegen den Rat des anwesenden Arztes die Krankenhausbehandlung abgelehnt hatte - freigesprochen.

Nach den vom BVerfG vorgebebenen Maßstäben ist es jedoch unbestritten - und vom LG Köln völlig richtig angewendet - dass die Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung dort endet, wo sie die Grundrechte anderer so sehr beeinträchtigt, dass deren Menschenwürde verletzt ist. Dies ist beim Recht auf körperliche Unversehrtheit, insbesondere im Fall der Genitalverstümmelung, zweifellos gegeben.

Dabei macht es keinen Unterschied, wie alt das Kind ist oder wie strikt die Religion oder Weltanschauung eine kultische Handlung vorschreibt.

Edit: ob die Religionsfreiheit tatsächlich keinem Gesetzesvorbehalt unterliegt wie oft (und auch vom BVerfG) behauptet, ist fraglich: da laut Art. 140 iVm Art. 136 (1) WRV "die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt werden", besteht durch diese Formulierung durchaus ein Gesetzesvorbehalt, auch wenn er nicht in Art. 4 aufgeführt ist. Art. 140 und die Art. 136 bis 141 WRV sind vollwertige Teile des Grundgesetzes - Quellen z.-B. hier: http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/gesundbeter_l.pdf (PDF)

 

Dass anscheinend eine Beschneidungsmedienkampagne läuft, kann man auch daran sehen, dass pro Tag  10 - 30 und mehr Meldungen von der Presse kommen, die z.T. sehr eingefärbt sind. Auch an den vielen Kommentaren der Online Zeitungen ist das abzulesen.

Die Presse hat für das "Sommerloch" eine never ending story und verdient sich gut daran. 

 

 

 

 

 

 

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http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/pro-beschneidung-es-geht-um-essenzielle-glaubensinhalte_aid_786457.html   Pro Beschneidung   Hans-Jürgen Papier, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hält das Urteil des Kölner Landgerichts für verfehlt. Für ihn gilt das Recht auf Religionsfreiheit und elterliche Entscheidung in diesem Fall mehr als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.   ( Religiöse Kulthandlungen stehen dann also immer höher als die anderen Grundrechte. Wenn man den Kampf gegen destruktive Kulte sieht, konnten die also sich immer hinter die Religionsfreiheit verstecken.  Menschen die psychisch krank durch Sekten wurden, prangern zwar zig Sektenberater an un dbechrebien es immer wiedere in Büchern , aber keiner etwas machen. Mann schaue einmal wie manche Sekten ihre Kinder behandeln. )   Nach Ansicht von Herrn Papier  ist das Urteil vom Landgericht Köln im Ergebnis verfehlt. Es berücksichtigt nicht hinreichend die Religionsfreiheit, die ein sehr zentrales Grundrecht ist, das grundsätzlich vorbehaltlos und ohne weitere Einschränkung gewährleistet wird. Darüber hinaus tangiert es auch das allgemeine Grundrecht der Eltern auf elterliche Fürsorge. Dieses umfasst auch das Recht der religiösen Kindererziehung. Diese beiden Grundrechte muss man gegen das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit abwägen.   Das Landgericht hat sehr verkürzt argumentiert. Es hätte berücksichtigen müssen, dass es Juden und Muslimen bei der Beschneidung aus religiösen Gründen nicht nur um eine Frage der Tradition und des Brauchtums, sondern um essentielle Glaubensinhalte geht. Demgegenüber ist die Einwirkung in die körperliche Unversehrtheit geringfügig, wenn die Beschneidung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt
  ( Es ist aber eigenartig , dass der Brauch / Druck in der Großfamilie in vielen Fällen viel größer ist als die religiösen Glaubensinhalte zB. bei den Moslems. )  dabei müsste der Gesetzgeber gar nicht korrigierend eingreifen. Das geltende Recht ist ausreichend. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass es sich hier nicht um eine höchstrichterliche oder obergerichtliche Entscheidung handelt. Es geht hier aus meiner Sicht um eine Fehlanwendung geltenden Rechts durch ein einzelnes Instanzgericht. Ich bedaure sehr, dass die Entscheidung rechtskräftig geworden ist, weil die Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt hat und dem angeklagten Arzt kein Rechtsmittel zur Verfügung stand, weil er im Ergebnis freigesprochen wurde. Deswegen konnte es in diesem konkreten Fall zu keiner höchstrichterlichen oder gar bundesverfassungsgerichtlichen Klärung kommen, die wohl eine gesetzliche Regelung überflüssig gemacht hätte.   ( Eine schlaue Handlung der Kölner Richter ! )   für die Betroffenen ist es fast unzumutbar, einen neuen Präzedenzfall zu schaffen. Die Ärzte müssten eine Anklage in Kauf nehmen und gegebenenfalls die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht durchschreiten. Es ist verständlich, wenn sie da zögern. ( Das wundert mich aber sehr, da es nicht wenige Jueden und Moslems geben soll, die seit Jahren anscheinend dafür sind, dass die Beschneidung duch eine humanere Handlng ersezt wird. )   Ich würde empfehlen, eine gesetzliche Regelung im Familienrecht anzusiedeln, hier wird das elterliche Sorgerecht definiert. Denn umstritten ist ja die Einwilligung der Eltern und damit geht es in erster Linie um den Inhalt und die Grenzen des elterlichen Sorgerechts. Aber auch andere Lösungen sind denkbar.   ( Könnte ein Jugendamt tätig werden, wenn  mehrere beschnittene Kinder einer Familie große lange Folgeschäden erlitten haben und die Rechte der Eltern beschränken und weitere  Kinder so einer Familie in Obhut nehmen, um sie zu schützen vor der Beschneidung ? )   Der Tatbestand der Körperverletzung ist aus rechtlicher Sicht gegeben und wird auch immer gegeben sein.

Sie ist aber nicht rechtswidrig und damit nicht strafbar, wenn eine Einwilligung vorliegt. Sie erfolgt regelmäßig durch den Patienten selbst, bei minderjährigen Kindern durch die Eltern. Wenn der Gesetzgeber ausdrücklich regelt, dass die Eltern wirksam in eine Beschneidung einwilligen können, ist sie keine rechtswidrige Körperverletzung mehr. Damit wäre eine Beschneidung dann weder für das Strafrecht relevant, noch verstößt ein Arzt gegen seine Berufspflichten. Es geht also über die Frage der Strafbarkeit hinaus darum, ob Beschneidungen rechtmäßig oder rechtswidrig sind.

Wäre mit einer Regelung durch den Gesetzgeber Rechtssicherheit geschaffen?
Wenn man der Einwilligung der Eltern aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich wegen des Grundrechts des Kindes auf körperliche Unversehrtheit, die Wirksamkeit versagt, dann könnte man diese verfassungsrechtlichen Einwände auch gegen eine gesetzliche Regelung erheben. Dieses Risiko ist also mit einer Lösung durch den Gesetzgeber nicht ganz ausgeschlossen. Seine ausdrückliche Klarstellung würde das Risiko aber wohl auf ein vertretbares Maß reduzieren.

 

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:

Ich bedaure sehr, dass die Entscheidung rechtskräftig geworden ist, weil die Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt hat und dem angeklagten Arzt kein Rechtsmittel zur Verfügung stand, weil er im Ergebnis freigesprochen wurde.

Wieso sollte die StA Revision einlegen? Streitpunkt konnte doch allenfalls die Frage "Liegt trotz Einwilligung der Eltern eine Körperverletzung vor?" sein. Das wurde wunschgemäß bejaht. Der Freispruch basierte auf einem Irrtum, der, wie die große Überraschung (positiv oder negativ) nach dem Urteil zeigte, wohl kaum vermeidbar war. Da kann das Urteil aus Sicht der StA doch allenfalls schlechter werden. Die StA in Köln ist nicht für bundesweite Rechtssicherheit zuständig, Gesetzgebung sollte das Parlament machen.

 

 

Quote:
für die Betroffenen ist es fast unzumutbar, einen neuen Präzedenzfall zu schaffen. Die Ärzte müssten eine Anklage in Kauf nehmen und gegebenenfalls die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht durchschreiten
. Es ist verständlich, wenn sie da zögern. ( Das wundert mich aber sehr, da es nicht wenige Jueden und Moslems geben soll, die seit Jahren anscheinend dafür sind, dass die Beschneidung duch eine humanere Handlng ersezt wird. )
Wer sich für eine humanere Handlung einsetzt, hat aber in der Regel nicht die Möglichkeit, ein gerichtliches Verfahren zu beeinflussen. Klar, Anzeige gegen den Arzt wegen Körperverletzung in xx Fällen - die dann aber zur Zeit größtenteils ohnehin noch von dem Verbotsirrtum betroffen sind und den Rest wirft die StA mangels öffentlichem Interesse untern Tisch, wenn bei keinem der Kinder Komplikationen aufgetreten sind.   Der vom kölner Urteil betroffene Arzt könnte es allenfalls mit einer Klage wegen Einschränkung seiner beruflichen Tätigkeit (Artikel 12 GG) durch dies Urteil versuchen. Die dürfte zwar nicht zulässig sein, aber das BVerfG würde eventuell in der Zurückweisung trotzdem eine inhaltliche Aussage unterbringen.  
Quote:
( Könnte ein Jugendamt tätig werden, wenn  mehrere beschnittene Kinder einer Familie große lange Folgeschäden erlitten haben und die Rechte der Eltern beschränken und weitere  Kinder so einer Familie in Obhut nehmen, um sie zu schützen vor der Beschneidung ? )
Wenn das Beschneidungsrisiko durch ein Erlaubnisgesetz gesetzlich als "akzeptabel" eingestuft werden sollte, dann gilt das für jedes Kind einzeln. Dann kann es zwei Gründe geben, gegen eine Beschneidung weiterer Kinder vorzugehen. Entweder, wenn das Risiko für Folgeschäden aus irgendwelchen erblichen Gründen deutlich höher ist als normal. Ich habe in der ganzen Diskussion bisher noch keinerlei Hinweise bekommen, dass irgendwas derartiges bekannt wäre. Und das Jugendamt darf sowas nicht raten, sondern muss Anhaltspunkte dafuer haben, die über Wahrscheinlichkeitsrechnung hinausgehen. Oder, wenn die Folgeschäden darauf zurückzuführen sind, dass diese Familie die Beschneidungen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen oder von einer nichtmal ansatzweise qualifizierten Person durchführen lassen hat (und das auch weiterhin lassen will). Je nachdem, wie das Erlaubnisgesetz vormuliert ist, könnte damit aber auch die Erlaubnis überschritten worden sein und wieder eine Strafbarkeit vorliegen.
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Keine Fraktion im Bundestag ist in der Frage der Beschneidung so gespalten wie die der Grünen. Dabei geht es nicht nur um inhaltliche Kritik - viele empfinden den Prozess der Meinungsbildung als zu sehr „von oben gesteuert“.

 

Auch das Abstimmungsergebnis im Bundestag vom Donnerstag spiegelt die Auseinandersetzungen in der Grünen-Fraktion wider. 25 Jastimmen, zwölf Neinstimmen sowie 35 Enthaltungen wurden gezählt.

 

Die Meinung von Herrn Beck ist ziemlich krass:

In der Aussprache im Bundestag sagte Beck, es bestehe ein Grundrechtekonflikt zwischen der Religionsfreiheit auf der einen und der körperlichen Unversehrtheit des Kindes auf der anderen Seite. In dieser Abwägung räumte er der Beschneidung als „erstem Befehl Gottes“ einen „sehr hohen“ Stellenwert ein. Er sprach sich dafür aus, dass die Eltern das Recht haben sollten, im Sinne des Wohls ihres Kindes über die Beschneidung zu entscheiden. Beck führte aus, das Kindeswohl umfasse mehr als bloß körperliche Unversehrtheit. Zu ihm gehöre auch das Recht des Kindes, als Mitglied der Religionsgemeinschaft seiner Eltern aufzuwachsen.

 

Das erinnert stark an den Missonsbefehl der Bibel , den die Evangelikalen wörtlich nehmen.

(Mt 28,19-20 )

 

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/beschneidung-gezaehlt-gewogen-und-am-ende-geteilt-11830682.html

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Herr Beck hat zwar Recht, wenn er sagt, dass das Kindeswohl auch das Recht umfasst, als Mitglied der Religionsgemeinschaft seiner Eltern aufzuwachsen. Und er hat Recht, dass es um eine Grundrechtskonflikt geht.

Aber er beachtet nicht, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit zum Kernbereich der Menschenwürde gehört und nicht so einfach durch ein Gesetz beeinträchtigt oder gar preisgegeben werden kann.

Und er berücksichtig genauso wenig wie Herr Papier, dass das (religiöse) Erziehungsrecht der Eltern nicht schrankenlos ist, sondern die staatliche Gemeinschaft laut Grundgesetz berechtigt und verpflichtet ist, dessen Ausübung zu überwachen.

Wie "wichtig" oder "essentiell" die Glaubensinhalte sind, darf ebenfalls nicht in die Wertung bzw. Abwägung eingehen - der Staat muss hier weltanschaulich völlig neutral sein! Es ist erstaunlich, dass ein ehemaliger Verfassungsrichter dies nicht erkennt.

Und schließlich verursachen die andauernden Bagtellisierungsversuche einer Genitalverstümmelung allmählich ein Gefühl der Übelkeit ...

Harald Specht schreibt in seinem Buch "Jesus Tatsachen und Erfindungen":

....

Das Paulus- Bild , das uns "Lukas" Apostelgeschichte  vermittelt, ist ein völlig anderes als die paulinischen Briefe. Wärend der lukianische Paulus als typischer Vertreter des Judentums gezeichnet wird und zum Beispiel die Beschneidung  selbst praktiziert ( Apg 16, 3) , verurteilt der Paulus der Briefe diese Praxis überaus engagiert (Phil 3,2 ) als "Verschneidung" (Lutherbibel 1984 ) und "Verstümmelung" ( Bibel der neuen Genfer Übersetzung )......

Ich frage mich weshalb die christlichen Kirchen das nicht auch so sehen ?

 

 

 

 

 

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

als Arzt würde mich zunächst interessieren, was Juristen unter "medizinisch fachgerecht" verstehen, denn wenn ich die Beschneidungsbefürworter im Bundestag recht verstehe, wollen sie diesen Passus ins Gesetz einbauen, damit dieses eine humanen Touch bekommt. Für mich als ärztlich tätigen Nichtjuristen beginnt "medizinisch fachgerecht" mit dem Vorhandensein einer Indikation. Ist diese nicht vorhanden, d.h. liegt kein pathologischer Zustand vor, den es zu korrigieren gilt, kann ein  Eingriff bestenfalls "chirurgisch (handwerklich) fachgerecht" durchgeführt werden, wie z.B. bei einer rein kosmetischen Operation. Die Anästhesie mit ihren Riskiken und Nebenwirkungen ist eine zusätzliche Baustelle. Ich schreibe "rein kosmetisch", weil es natürlich auch kosmetische Op. gibt, die körperliche Zustände korrigieren, mit denen man gut hundert Jahre alt werden könnte, die aber für den Patienten einen seelischen Leidensdruck entwickeln, und eben deshalb operiert werden. Mir fällt da spontan z.B. die Mammaaufbauplastik bei einer ausgeprägten Mammaasymmetrie ein. Hier legt der (Sozial-) Gesetzgeber nach meiner Erfahrung in der  die Latte aber ziemlich hoch.

In einem anderen Forum las ich den Satz, daß das Kölner Urteil eine Gesetzeslücke aufgetan habe, die es nun zu schließen gelte. Nur habe ich meine  Zweifel, daß es möglich ist, diese "Lücke" nach gusto der Religionsvertreter so zu schließen , ohne andersweitig (quasi mit dem A...) eine neue Bresche zum Nachteil unmündiger Kinder aufzureißen. Mit Entsetzen habe ich gelesen, wie unsere Volksvertreter z.B. die weibliche Beschneidung vom Tisch wischen  -  das sei etwas gaaaanz anderes.

Vor kurzen las ich in einer Fachzeitschrift einen Artikel mit dem Titel "Zwischen Schmerz und Scham: Der Intimbereich als Kunstobjekt" von

Prof. Dr. med. Erich Kasten,  Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie Universität Göttingen

in welchem ausführlich dargelegt wird, welche Bastelarbeiten im Intimbereich heute Usus und keineswegs "Verstümmelungen" sind und der mit sofort in den Sinn kam, als ich die Ausführungen des Herrn Beck vernahm.

Bei den in diesem Artikel gezeigten Beispielen handelt es sich zwar um Frauen im mündigen Alter, nur können diese m.E. ohne Probleme an Minderjährigen praktiziert werden, religiös-kulturelle Begründung findet sich allemal.

Zum Thema weiblicher Beschneidung ist u.a. zu lesen :

"Als Angehöriger einer modernen westlichen Zivilisation fragt man sich spontan, wozu diese Qual? Utz-Billing und Kentenich (33) wiesen in einem Artikel darauf hin, dass nach dem Glauben afrikanischer Kulturen erst durch das Ritual der Beschneidung das Mädchen zur Frau wird und in die Gemeinschaft aufgenommen werden kann. Die Klitoris von Mädchen wird in vielen Kulturen als kleiner Penis angesehen, also quasi als männlicher Teil, der entfernt werden muss, damit die Frau »vollständig weiblich« ist (13). Die Entfernung der kleinen Schamlippen wird damit gerechtfertigt, dass nur dann die Ehe fruchtbar werden würde. Viele Völker glauben, dass die Infibulation dem Mädchen eine glückliche Zukunft sichert."

 

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Clever finde ich das Folgende in dem guten Artikel.

 

Die Politik reagiert derzeit reflexhaft, nicht reflektiert. Kaum erklären einige Rabbiner das Kölner Urteil als schwersten Angriff auf jüdisches Leben seit dem Holocaust, bricht in Berlin Panik aus. Es scheint plötzlich niemanden zu stören, dass die Rabbiner mit ihrem Vergleich sowohl den Holocaust bagatellisieren als auch die Verletzung der Genitalien von Jungen über das Kindeswohl sowie die verfassungsrechtlich garantierte körperliche Unversehrtheit stellen.

 

http://netzwerkb.org/2012/07/24/contra-beschneidungsgesetz-die-politik-reagiert-reflexhaft-nicht-reflektiert/

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Man hat doch erst jüngst gesehen, wie die Bundesregierung "menschenrechts-und vefassungwidrige" Regelungslücken schließt und "falsche Prämissen" korrigiert. Ganz ohne Resolutionsaktionismus nach vielen Ankündigungen und mehreren Jahren ....

 

So könnte man hier auch verfahren:

Die Grundregel:

Es darf keinen Automatismus bei Beschneidungen geben.

Dann wird den Eltern (Mehrzahl!) ein gerichtliches, äußerst niedrigschwelliges Antragsrecht eingeräumt.

Es folgt eine Einzelfallprüfung der tatsächlichen Religionsausübung.

Wegen dem staatlichen Wächteramt und dem Kindeswohl wird selbstverständlich das Jugendamt beteiligt.

Auf schriftlichen Antrag gehts dann im gerichtlichen Schnellverfahren weiter, aber ohne Anhörung, und notfalls auch gegen den Willen des anderen Elternteils.

Weil der Mutter im Wochenbett eine solch schwierige Entscheidung nicht zugemutet werden kann, kann der Antrag frühestens mit Sechs-Wochenfrist gestellt werden.

Ganz easy, oder? Wegen der Gleichbehandlung dann auch bei anderen religiösen Ritualten, wie der Taufe.

Bleibt noch die laienhafte Nebenfrage, was am Ende noch unterhalb eines solchen körperlichen Eingriffs unter den §1666 BGB fällt?

 

 

 

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Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

 

vielleicht könnten Sie etwas Licht ins Dunkel bringen: Ich verstehe nicht, ob eine Beschneidung konstitutiv für die Religionszugehörigkeit (Islam / Judentum) ist. Wenn dem so wäre, würde doch der eigenständigen Entscheidung des Kindes über die Religionszugehörigkeit vorgegriffen, oder? Dieses Merkmal ist ja mit Eintritt der Religionsmündigkeit nicht mehr umkehrbar. Stellt das nicht ebenfalls einen Eingriff in den Schutzbereich der Religionsfreiheit des Kindes dar? 

 

Wenn ich richtig vermute, müsste daraus doch folgen, dass neben Art. 2 GG auch die Religionsfreiheit des Kindes gegen die der Eltern abgewogen werden müsste...

 

Für Ihre Antwort bedanke ich mich herzlich.

 

Marc Nathmann 

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Marc Nathmann schrieb:
Ich verstehe nicht, ob eine Beschneidung konstitutiv für die Religionszugehörigkeit (Islam / Judentum) ist.
Nein, ist sie nicht: Jude ist, wer einer jüdischen Mutter geboren wird, Moslem ist prinzipiell, wer einen moslemischen Vater hat.

Enttäuscht von den Behörden schrieb:

Wie denken Sie über den Fall aus dem Juraforum ?

 

Beschneidung von Minderjährigen im Ausland 

http://www.juraforum.de/forum/aktuelle-juristische-diskussionen-und-themen/beschneidung-von-minderjaehrigen-im-ausland-404020 

Die Einwilligung der Erziehungsberechtigten in die Körperverletzung ist nicht berücksichtigt. Unabhängig, ob man davon ausgeht, dass die wirksam erteilt werden kann oder nicht, sollte man sie zumindest nicht unter den Tisch fallen lassen - nichtmal in einer Kurzprüfung. Das ist ja schliesslich das Thema, über das diskutiert wird.

 

"Keiner Strafgewalt unterliegt" (s. Abwandlung des Falls) bezieht sich meines Wissens auf Gegenden wie die Antarktis, Taten auf hoher See etc. Theoretisch unterliegt auch ein abgelegenes Tal im Hindukusch der Strafgewalt des Staates, auf dessen Gebiet es liegt. (Wir fangen ja auch nicht an zu diskutieren, ob bei einer Straftat in bestimmten Vororten von Paris möglicherweise das französische Recht nicht gilt, nur weil sich keiner daran hält.)

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Sehr geehrter Herr Nathmann,

Sie schreiben:

Ich verstehe nicht, ob eine Beschneidung konstitutiv für die Religionszugehörigkeit (Islam / Judentum) ist. Wenn dem so wäre, würde doch der eigenständigen Entscheidung des Kindes über die Religionszugehörigkeit vorgegriffen, oder? Dieses Merkmal ist ja mit Eintritt der Religionsmündigkeit nicht mehr umkehrbar. Stellt das nicht ebenfalls einen Eingriff in den Schutzbereich der Religionsfreiheit des Kindes dar?

Wenn ich richtig vermute, müsste daraus doch folgen, dass neben Art. 2 GG auch die Religionsfreiheit des Kindes gegen die der Eltern abgewogen werden müsste...

Die Entscheidung über die Religionszugehörigkeit der eigenen Kinder ist Sache der Eltern. Die Eltern sind nicht verpflichtet, ihre Kinder weltanschaulich neutral oder areligiös zu erziehen. Die Eltern entscheiden per Taufe über die Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession oder entscheiden, dass dies eben nicht geschehen soll. Erstens ist eine "neutrale" Erziehung für die meisten Menschen gar nicht möglich bzw. zumutbar (seine Kindern abgehoben von der eigenen Überzeugung erziehen zu sollen, erscheint auch mir eine absurde Vorstellung) und zweitens entspricht es auch dem Kindeswohl, wenn die Kinder in eine solche Umgebung hineinwachsen. Ich bin davon überzeugt, dass der Staat sich hier nicht einmischen sollte, es sei denn, es ginge um isolationistische sektiererische Religionsgemeinschaften, deren Praktiken den Kindern offensichtlich Schaden zufügen.

Das Kind kann seine eigene Religionsfreiheit dann ausüben, wenn es dazu die nötige Verstandesreife hat  (das wird meist ca. mit 14 Jahren angenommen) und kann natürlich auch wieder aus der Religion aussteigen.

Beim jetzigen Streit geht es im Kern darum, ob dieses (allg. anerkannte) Recht der Eltern auch so weit reicht, dass in die körperliche Unversehrtheit des Kindes eingegriffen werden darf bzw. ob der Staat verpflichtet ist, dies per Strafrecht zu verbieten.

Weil der körperliche Eingriff irreversibel ist, hat das LG Köln auch eine Verletzung der Religionsfreiheit des Kindes bejaht. Dies erscheint mir weniger überzeugend, weil die Beschneidung nicht offen sichtbar ist udn weil sie keineswegs mit eienr bestimmten Religion oder überhaupt mit Religion notwendig verknüpft ist und der beschnittene junge Mann genauso unproblematisch aus der Religion "austreten" kann wie der unbeschnittene.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Kann es sein , dass streng hierachische Gesellschaften oder Großfamilien oder auch Religionen mit der Angst spielen, um die Beschneidung zu fordern ?

Ich glaube bei allen Religionen spielt das abscheuliche Angstmachen, das juristisch schwer zu fassen ist, eine sehr große Rolle. Wann wäre das Fordern einer Beschneidung eine Nötigung ?

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Die Welt, 25.07.2012

In der Beschneidungsdebatte empfiehlt Thomas Lindemann Riad Sattoufs Comic "Meine Beschneidung", der schon vor einem Jahr erschienen ist und in Syrien spielt: "Dem Buch des Zeichners Rattouf geht es nicht um die Abwägungen, von denen plötzlich alle sprechen, nicht um Religiosität oder Säkularität. Sondern eher um Angst. Um einen autoritären, brutalen Vater. Um gnadenlosen Konformitätsdruck innerhalb der Gruppe von Schulfreunden. Die Beschneidung ist also auch hier ein Symbol. Allerdings das einer streng hierarchischen Gesellschaft in Vorderasien."
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http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/perlentaucher-heute-in-den-feuilletons-a-846251.html 
 

2

In Österreich scheint der Konflikt fast zu eskalieren.

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http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/48264.html 

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Gegenüber dem "Standard" (Mittwoch-Ausgabe) erinnerte der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, dass die rechtliche Lage in Österreich klar sei, weil die Beschneidung durch die Verfassung geschützt sei. Er verstehe daher nicht, weshalb der Landeshauptmann auf ein deutsches Urteil reagiere. Auf Anfrage der "Austria Presse Agentur" (APA) argumentierte Deutsch noch offensiver: Die Kultusgemeinde werde gegen jeden, der Beschneidungen verbieten will, vorgehen - wenn nötig auch mit Anzeigen wegen Wiederbetätigung oder Gesetzesbruch, kündigte er an. Deutsch unterstrich den religiösen Charakter der Beschneidung, bei der es sich um eines der 613 Ge- und Verbote im Judentum handle, das von der großen Mehrheit auch diskussionslos eingehalten werde, egal ob sie sehr oder wenig religiös seien. Die nun anlaufende Diskussion verunsichere aber die Gemeindemitglieder, meinte der IKG-Präsident.

 

4

Enttäuscht von den Behörden schrieb:
Auf Anfrage der "Austria Presse Agentur" (APA) argumentierte Deutsch noch offensiver: Die Kultusgemeinde werde gegen jeden, der Beschneidungen verbieten will, vorgehen - wenn nötig auch mit Anzeigen wegen Wiederbetätigung  ...
zur besseren Einordnung: hier die Erklärung "Wiederbetätigung"

Beschneidungsgegner werden vom Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde also mit Neonazis gleichgesetzt.

Ganz hart geht es in Israel zu.

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http://diepresse.com/home/panorama/religion/1269514/Enosch_Viele-wollen-sich-mit-Beschneidung-freikaufen 

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Enosch: „Viele wollen sich mit Beschneidung freikaufen 

 

Die Beschneidung sei das "am besten akzeptierte Verbrechen in der Weltgeschichte", sagt der israelische Antibeschneidungsaktivist Enosch. 

Wie viele Familien in Israel lassen ihre Kinder nicht beschneiden? Heute reden wir von zwei Prozent der jüdischen Bevölkerung Israels. 

 

Der damalige Innenminister Elijahu Swissa von der ultraorthodoxen Schas-Partei war derart erbost über die Petitionäre, dass er dazu aufrief, sie aus dem Fenster zu werfen.  

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Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, ist skeptisch, ob religiöse Beschneidungen überhaupt gesetzlich geregelt werden können. Es sei zu prüfen, ob "auf der Basis des Grundgesetzes die Freiheit der Religionsausübung der Eltern auch die dauerhafte körperliche Veränderung der noch unmündigen Kinder abdeckt". Mit Blick auf die Entscheidung seiner Fraktion, eine Resolution für die Beschneidung im Bundestag nicht mitzutragen, sagte Trittin: "Die entscheidende Frage ist doch nicht nur, wie, sondern auch ob die Straffreiheit der Beschneidung von Minderjährigen überhaupt einfach gesetzlich verankert werden kann." Zugleich betonte er: Die Strafbarkeit entfalle, sobald die Jungen 14 Jahre alt seien. Daher müsse "die Religionsmündigkeit der Kinder bei der Abwägung in jedem Fall eine wichtige Rolle spielen".

Und dann ?

http://www.rp-online.de/politik/deutschland/die-beschneidung-wird-zur-gewissensfrage-1.2922279

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In Österreich ist man sich  nicht einig.

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http://derstandard.at/1342947666064/Beschneidungen-Doerfler-fuer-Verbot-Burgstaller-dagegen

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Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) forderte gegenüber der APA ein Verbot der religiös motivierten Beschneidung durch die Bundesregierung. "Ich bin generell gegen jede Art von Genitalverstümmelung", so Dörfler. Zwischen der Beschneidung von Mädchen und Buben gibt es für ihn keinen Unterschied. Die mit Religion und Tradition begründete "Verstümmelung" habe in Europa nichts verloren. "Die Menschheit hat sich weiterentwickelt. Junge Menschen sind zu schützen."

 

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Anders als ihr Kärntner Kollege sprach sich die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) ausdrücklich gegen ein Verbot aus.

Die rechtlichen Bestimmungen sind für die Landeshauptfrau klar - im kürzlich beschlossenen Gesetz zu den Schönheitsoperationen stehe, dass die Beschneidung von männlichen Säuglingen nicht rechtswidrig sei, wenn die Einwilligung der Eltern vorliege, erläuterte sie.

 

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Steiermark will keine Termine mehr annehmen

 

Gesundheitslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP) äußerte sich dazu am Mittwoch vorsichtig: Sie stelle sich hinter die Vorgangsweise des Grazer Klinikums, prinzipiell sei es eine klinische und juristische und weniger eine politische Frage, die zu klären sei.

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Enttäuscht von den Behörden schrieb:
Anders als ihr Kärntner Kollege sprach sich die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) ausdrücklich gegen ein Verbot aus.

... im kürzlich beschlossenen Gesetz zu den Schönheitsoperationen stehe, dass die Beschneidung von männlichen Säuglingen nicht rechtswidrig sei, wenn die Einwilligung der Eltern vorliege, erläuterte sie.

Hier ist das ÄsthOp-Gesetz (erst ab 1.1.2013 in Kraft, hier der § 2 ÄrzteG)

Die Behauptung, darin sei eine Regelung zur Zulässigkeit der Beschneidung enthalten, ist ausgesprochen kühn, um nicht zu sagen irreführend. Denn das ÄsthOpG verbietet nicht medizinisch indizierte OPs an Minderjährigen kategorisch! Auszüge (Hervorhebungen von mir):

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz dient dem vorbeugenden Schutz der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit von Patientinnen (Patienten) sowie dem Schutz vor Komplikationen und unerwünschten Folgen bei der Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen ohne medizinische Indikation.

(2) Ästhetische Behandlungen und Operationen ohne medizinische Indikation sind dann von diesem Bundesgesetz erfasst, wenn sie ärztliche Tätigkeiten gemäß § 2 Abs. 2 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 *), sind und dürfen diesfalls vorbehaltlich Abs. 3 und 4 nur nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes durchgeführt werden.

...

§ 3. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1. „Ästhetische Operation“ (ästhetische Chirurgie, ästhetisch-chirurgischer Eingriff, kosmetische Chirurgie, kosmetische Operation, Schönheitschirurgie, Schönheitsoperation): eine operativ-chirurgische Behandlung zur Herbeiführung einer subjektiv wahrgenommenen Verbesserung des optischen Aussehens oder der Verschönerung des menschlichen Körpers oder der ästhetischen Veränderung des körperlichen Aussehens einschließlich der Behandlung altersbedingter äußerlicher Veränderungen des Körpers ohne medizinische Indikation

...

§ 4. (1) Ästhetische Operationen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 sind jedenfalls Auflagerungsplastik, Bauchstraffung (Abdominoplastik), Brauenkorrektur, Bruststraffung (Mastopexie), Brustvergrößerung (Mammaaugmentation) und Brustverkleinerung (Mammareduktion), Eigenfetttransfer (Lipofilling), Facelift (Rhytidektomie), Fettabsaugung (Liposuction), Gesäß-Modellierung, Gesichtsimplantate, Halslift, Kinnplastik (Genioplastik), Körperstraffung (Bodylift), Korrektur abstehender Ohren (Otoplastik), Lippenvergrößerung und Lippenaufpolsterung (Lippenaugmentation), Nasenkorrektur (Rhinoplastik), Oberarmstraffung (Brachioplastik), Oberlidkorrektur und Unterlidkorrektur (Blepharoplastik), Oberschenkelstraffung (Dermolipektomie), Penisvergrößerung, Stirnlift, Vaginoplastik und Labienplastik.

...

§ 6. (1) Eine ästhetische Operation darf nur durchgeführt werden, wenn die Patientin (der Patient) nach umfassender ärztlicher Aufklärung (§ 5) ihre (seine) Einwilligung nachweislich dazu erteilt hat. Bei einer ästhetischen Operation ist überdies eine Frist von zumindest zwei Wochen zwischen der abgeschlossenen ärztlichen Aufklärung und der Einwilligung einzuhalten. Der Bundesminister für Gesundheit kann durch Verordnung für Personen ohne Wohnsitz in Österreich, die nur zum Zweck der Vornahme einer ästhetischen Operation nach Österreich einreisen, eine kürzere Frist, die zumindest eine Woche zu betragen hat, bestimmen. Dabei ist auf den mit der Reise verbundenen Aufwand, insbesondere die Wegstrecke, Bedacht zu nehmen.

(2) Die Einwilligung der Patientin (des Patienten) gemäß Abs. 1 ist schriftlich zu dokumentieren. Die Einwilligung muss datiert und mit der Unterschrift der Patientin (des Patienten) und der behandelnden Ärztin (des behandelnden Arztes) versehen werden

...

§ 7. (1) Eine ästhetische Behandlung oder Operation an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist unzulässig.

(2) Eine ästhetische Behandlung oder Operation darf an Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet und das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur durchgeführt werden, wenn

1. die Einwilligung durch die Erziehungsberechtigten nach entsprechender umfassender ärztlicher Aufklärung gemäß § 5 nachweislich und schriftlich gemäß § 6 Abs. 2 erteilt wurde UND (!!!)

2. die Einwilligung durch die Patientin (den Patienten), die (der) nach entsprechender umfassender ärztlicher Aufklärung (§ 5) in der Lage ist, Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risiken der ästhetischen Behandlung oder Operation einzusehen und ihren (seinen) Willen danach zu bestimmen, nachweislich und schriftlich gemäß § 6 Abs. 2 erteilt wurde.

...

Dem Gesetz ist eindeutig zu entnehmen:

- eine nicht medizinisch indizierte "Schönheits"-OP ist unter 16 Jahren ohne Ausnahme verboten, die Eltern können nicht stellvertretend einwilligen!

- selbst ab 16 können sie das nicht, nur zusätzlich - der Patient muss zwingend einsichts- und einwilligungsfähig sein!

- die Aufzählung in § 4 (1) ist keine Positivliste und nicht abschließend, sondern beispielhaft. Jede nicht medizinisch indizierte OP fällt unter dieses Gesetz - siehe §1 (2)!

Fazit: aus diesem Gesetz kann keinesfalls die Zulässigkeit einer Zirkumzision von Minderjährigen abgeleitet werden, viel eher ein Verbot!

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*) § 2 - Der Beruf des Arztes - (...)

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere (...)  4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut

Mein Name schrieb:

Denn das ÄsthOpG verbietet nicht medizinisch indizierte OPs an Minderjährigen kategorisch!

Nein, es verbietet nur Operationen, die

"zur Herbeiführung einer subjektiv wahrgenommenen Verbesserung des optischen Aussehens oder der Verschönerung des menschlichen Körpers oder der ästhetischen Veränderung des körperlichen Aussehens einschließlich der Behandlung altersbedingter äußerlicher Veränderungen des Körpers"

durchgeführt werden. Es geht dabei um den Zweck ("zur"), nicht um einen möglicherweise unbeabsichtig erreichten Nebeneffekt.

 

Eine operative Kennzeichnung des Körpers als zugehörigem einer bestimmten Religion hat andere Zwecke als "Verschönerung". Es behaupten ja nichtmal die Vertreter der jeweiligen Religionen, dass das besser aussieht, sondern dass es zum Bund mit Gott gehört.

 

Genau das dürfte auch der Grund sein, weswegen nicht alle nicht-medizinisch indizierten OPs bei Kindern verboten werden, sondern das Verbot nur für Schönheits-OPs gilt. Andernfalls wäre auch diese Einschränkung völlig sinnlos, wenn man davon ausgeht, dass alle OPs, die am Körper irgendwas sichtbar verändern, schon deshalb der ästhetischen Veränderung des körperlichen Aussehens dienen.

 

Folge: Wer eine Religion gruendet, die allen Kleinkindern ein Brandzeichen auf den Popo setzt, fällt auch nicht unter dieses Gesetz.

Was ggf. der mit der dazugehörigen Körperverletzung befasste Richter dazu sagt, ist eine andere Frage. Denn der Umkehrschluss "ist im Ärztegesetz nicht ausdrücklich verboten, also ist es erlaubt" ist m.E. nicht zulässig.

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In Österreich wird es immer kurioser.

 

Beschneidung: "Verbot ist wie Vernichtung der Juden"

 

Ariel Muzicant, Ehrenpräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, findet drastische Worte. Das Verbot der Beschneidung "wäre dem Versuch einer neuerlichen Shoah, einer Vernichtung des jüdischen Volkes, gleichzusetzen - nur diesmal mit geistigen Mitteln", sagt er. Fuat Sanac, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, findet die Diskussion "ehrlich gesagt scheinheilig", wenn nicht gar "gefährlich". Sanac und der aktuelle Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sehen die rechtliche Lage in Österreich als geklärt und Beschneidungen als gesichert an.

 

http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/3076004/beschneidung-verbot-vernichtung-juden.story

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The Royal Dutch Medical Association— Circumcision Conference, June 28, 2012

Report by Georganne Chapin, Executive Director, Intact America

 

http://www.intactamerica.org/sites/default/files/Rotterdam_06282012.pdf

 

 

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The conference itself was divided into two sessions – the first about circumcision and HIV-prevention in Africa, and the second about medical and human rights aspects of circumcision.

From a scientific standpoint, Garenne demonstrated that there is no epidemiological correlation in Africa or elsewhere in the world between HIV prevalence and circumcision status of the male population.

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Frisch reviewed the findings from a study of 5500 Danish adults, which showed that on most measures of sexual satisfaction, there was no difference between circumcised and intact men. However, there was an increased risk of orgasm problems in circumcised males, and an increased risk of sexual difficulties (painful intercourse, incomplete sexual needs fulfillment) in their female partners.

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The May 2012 death of a three-week-old boy following his circumcision resulted in further debate, and in the decision of a couple of private clinics to stop performing the procedure. After this, the families started bringing in circumcisers from outside Norway.

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 Norway

1 Prohibit circumcision under age of 16 – supported by the Centre Party, Humanists and the Children’s Ombudsman.

 2 Permit circumcision of children by anyone – supported by Jews, Moslems and the Church of Norway.

3 Permit circumcision of children, but only by a doctor, supported by Norwegian Medical Association, who are concerned that a ban would drive the practice underground, thus resulting in more harm to children.

 

 

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Was halten Sie von den Äußerungen des Herrn  Kilic von den Grünen, der in der Türkei aufgewachsen ist.

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http://taz.de/Gruener-Abgeordneter-gegen-Beschneidung/!98008/ 

 

Der Grünen-Abgeordnete Memet Kilic hat gegen die Bundestags-Resolution gestimmt. Er findet, die Betroffenen sollten mit 14 Jahren selbst entscheiden, was mit ihrer Vorhaut geschieht .

 

Anders als für Muslime ist es für religiöse Juden nicht möglich, so lange zu warten, hier findet der Eingriff traditionell schon nach acht Tagen statt. Ist Ihr Vorschlag realistisch?

Für gläubige Juden ist das schwierig, das erkenne ich an. Aber manche jüdische Gemeinden in Großbritannien haben die Beschneidung schon auf einen symbolischen Akt reduziert und die Operation auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. Mir erscheint das vorbildlich.  

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Ein Verbot der religiösen Beschneidung könnte viele jüdische und muslimische Eltern dazu verleiten, ihre Söhne im Ausland beschneiden zu lassen. Droht dann nicht ein Beschneidungstourismus ins Ausland?

Den gibt es jetzt schon. Aus Kostengründen oder weil sie die Beschneidung im Kreis ihrer Familie feiern wollen, lassen viele diese Operation in der Heimat der Eltern durchführen. Ein Rechtsstaat hat aber nicht die Aufgabe, deshalb hierzulande die Handhabe zu vereinfachen, sondern muss verschiedene Rechtsgüter abwägen.  

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Wer sagt die Wahrheit in Österreich ?

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In Salzburg seien rituelle Beschneidungen jüdischer oder muslimischer Jungen beim Arzt oder im Krankenhaus gängige Praxis, sagen Integrationsbeauftragte und die islamische Religionsgemeinschaft. Doch Ärzte und Landeskliniken bestreiten das. 

 

http://salzburg.orf.at/news/stories/2542898/ 

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Nach Ansicht des Zürcher Strafrechtsprofessors Martin Killias ist die Beschneidung von Knaben eine Körperverletzung, die eigentlich von Amtes wegen verfolgt werden müsste, wie er zu «SF Online» sagt. Bisher sei die Beschneidung aber immer anders bewertet worden – vor allem im Namen der Religionsfreiheit.

Nach Artikel 123 Ziffer 2 Absatz 3 des Strafgesetzbuches sei der Täter nämlich auch bei einer einfachen Körperverletzung von Amtes wegen zu verfolgen, «wenn er die Tat an einem Wehrlosen oder an einer Person begeht, die unter seiner Obhut steht oder für die er zu sorgen hat, namentlich an einem Kind».  

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Anders interpretiert Günter Stratenwerth den Gesetzestext. Der emeritierte Basler Rechtsprofessor sieht den Tatbestand von Ziffer 2 nicht erfüllt. «Gemeint sind aggressive Akte gegen Kinder, unter Ausnutzung ihrer Wehrlosigkeit oder unter Verletzung der ihnen gegenüber bestehenden Obhutspflicht», wie er in der «Neuen Zürcher Zeitung» ausführt. 

Die Beschneidung sei jedoch «ein Akt elterlicher Fürsorge und Ausdruck der Aufnahme des Kindes in ihre Religionsgemeinschaft». Es handle sich bei der Beschneidung deshalb lediglich um eine einfache Körperverletzung, die nur auf Antrag der Eltern oder des Kindes verfolgt werden könne 

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http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/07/26/Schweiz/Beschneidung-entzweit-Strafrechts-Professoren 

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  Linksfraktion will Kinderrechte im Grundgesetz verankern

http://www.bundestag.de/presse/hib/2012_07/2012_336/01.html

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Gesetzentwurf - 09.07.2012

Berlin: (hib/AW) Die Rechte von Kindern sollen nach dem Willen der Fraktion Die Linke im Grundgesetz verankert werden. In ihrem Gesetzentwurf (17/10118) fordert sie eine entsprechende Erweiterung von Artikel 6. So soll nach Absatz 1 folgender neuer Absatz eingeführt werden: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet und schützt die Rechte der Kinder und Jugendlichen, stellt deren bestmögliche Förderung sicher und schafft Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen. Sie trägt Sorge für Kind- und jugendgerechte Lebensbedingungen.“ Nach Ansicht der Linksfraktion werden Kinder und Jugendliche im Grundgesetz überwiegend als Objekte elterlicher Pflege und Erziehung genannt. Es müsse deshalb verdeutlicht werden, dass sie selbstständige Träger eigener Grundrechte sind.   Würde der besondere Schutz vor Gewalt, auch die Beschneidung mit einschließen können ? Oder ist der Gesetzentwurf unnötig ?    
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kein schlechtes Timing - eingebracht am 26. Juni, als noch niemand vom Kölner Urteil wusste ...

Allerdings verpflichtet die UN-Kinderrechtskonvention (auf die im Gesetzentwurf eingegangen wird) heute schon die Bundesrepublik zur Einhaltung der darin vereinbarten Grundsätze und zum Schutz der Kinderrechte. Eigentlich braucht das dann nicht mehr ausdrücklich ins Grundgesetz.

Allerdings habe ich beim Lesen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen  den Eindruck gewonnen, dass die Richter lieber nationale Nabel ... äh, Literaturschau halten oder eigene Interpretationen konstruieren anstatt sich die international eingegangenen Verpflichtungen anzuschauen. Insofern wäre eine Betonung nicht das Schlechteste.

Die Frage ist, ob sich an der Grundrechtsabwägung etwas ändern würde - Religions- und Glaubensfreiheit und Erziehungsrecht bzw. -pflicht stehen unverändert dem Recht auf körperliche Unversehrtheit gegenüber, die vorgeschlagene GG-Änderung ändert da prinzipiell nichts.

Abgesehen davon hat der Gesetzentwurf - so gut und berechtigt er auch ist - keine Chance auf Umsetzung, weil er von der Linkspartei kommt.

Wer ist eigentlich im Sinne eines Gesetzes Jude oder Moslem? Können diese sich bem Arzt in irgendeiner Form als solche legitimieren? Gibt es einen Mitgliedsausweis wie bei einem Verein? Reicht es, wenn die Eltern sagen, dass sie diesen Religionen angehören, damit der Arzt frei von Schuld operieren kann? Dann wäre dies eine komplette Freigabe. Dann könnten auch Atheisten, die das aus Pseudohygiene oder Ästhetik machen wollen in dieser Weise legitimieren!

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