Kündigungsschutzverfahren gegen Schlecker

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 24.07.2012
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKündigungSchleckerArbG Heilbronn2|11221 Aufrufe

 

Die insolvente Firma Anton Schlecker hat offenkundig erhebliche Schwierigkeiten, sich von ihren Mitarbeitern auf arbeitsrechtlich korrekte Weise zu trennen. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat als wohl erstes Gericht (jedenfalls in Baden-Württemberg) über eine Kündigungsschutzklage gegen den Insolvenzverwalter der Firma Schlecker entschieden und die angefochtene Kündigung für unwirksam erklärt. Die Klägerin, eine langjährige Leiterin einer Verkaufsstelle der Firma Anton Schlecker, ist vom Insolvenzverwalter am 28.3.2012 zum 30.6.2012 betriebsbedingt gekündigt worden (erste Kündigungswelle; deutschlandweit sind mehr als 4500 Kündigungsschutzklagen anhängig). Die 8. Kammer des ArbG Heilbronn hat mit Urteil vom 21.6.2012 (8 Ca 71/12) festgestellt, dass diese Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam ist und den Beklagten verurteilt, die Klägerin weiterzubeschäftigen. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht an, dass die vom Beklagten getroffene Sozialauswahl grob fehlerhaft sei (In vielen anderen Fällen soll es – dem Vernehmen nach – sogar an jeglichen Vortrag zur Rechtfertigung der Kündigung fehlen!). Zum einen habe der Beklagte keine vollständige Auskunft über seine subjektiven Erwägungen zur Sozialauswahl gegeben. Der vom Arbeitsgericht angeforderte Interessenausgleich mit Namensliste der gekündigten Arbeitnehmer sei nie vorgelegt worden. Zum anderen habe die Klägerin eine vergleichbare Arbeitnehmerin benannt, die bei Zugrundelegung des vom Beklagten behaupteten Punkteschemas weit weniger Sozialpunkte aufweise als die Klägerin. Diesem Vortrag sei der Beklagte nicht entgegengetreten. Was die Klägerin konkret von dem Urteil hat, ist noch nicht ausgemacht. Sie wird zwar nie mehr bei der insolventen Drogeriemarktkette verkaufen können, weil die letzten Filialen zwischenzeitlich endgültig geschlossen worden sind. Doch sie hat damit ihre Vergütungsansprüche gesichert. Ob die Klägerin und diverse andere erfolgreich klagende Arbeitnehmer/innen ihr Geld jemals sehen, ist allerdings fraglich. Der Insolvenzverwalter selbst geht davon aus, dass am Ende 800 Millionen Euro den Gläubigern zur Verfügung stehen. In einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" sagte er, "es ist in der Tat so, dass bei einer Betriebsstilllegung in dieser Dimension sehr hohe Masseverbindlichkeiten zu bezahlen sind und es aus heutiger Sicht überhaupt noch nicht abschätzbar ist, ob es zu einer Quotenzahlung kommt oder nicht." Aus der würden dann auch die Beschäftigten bedient.

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2 Kommentare

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1) Wieso Schwierigkeiten "der Firma Schlecker"? Kündigender und Partei des Rechtsstreits ist der im eigenen Namen handelnde Insolvenzverwalter.

2)Wieso "Quote"? Mangels wirksamer Kündigung sind die laufenden Entgeltansprüche der Arbeitnehmer vorrangig zu bedienende Masseforderungen nach § 55 I Nr. 2 i.V.m. § 108 I 1 InsO. Insolvenzforderungen (und deshalb lediglich mit der Quote zu bedienen) sind allein etwa rückständige Entgeltansprüche aus der Zeit vor der Anordnung der "starken" Insolvenzverwaltung (die es aber, soweit ersichtlich, allenfalls in geringem Umfang gibt).

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zu 1) Klar - hier handelt der für die insolvente Firma Schlecker eingesetzte Insolvenzverwalter.

zu 2) War ein wörtliches Zitat des Insolvenzverwalters. Vielleicht wollte er nur darauf hinweisen, dass selbst die Masse nicht ausreichen könnte.

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