Neu-für-alt-Abzug bei Motorradkleidung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.07.2012
Rechtsgebiete: OLG MünchenMotorradkleidungVerkehrsrecht5|3970 Aufrufe

Das OLG München musste sich vor kurzer Zeit mit dem besagten Thema befassen:

 

Motorradkleidung (Helm/Stiefel) unterliegt zweifelsfrei wie jeder andere Gebrauchsgegenstand der Abnutzung bzw. einem Wertverlust, mögen sich diese Gegenstände auch durch eine längere Haltbarkeits- und Nutzungsdauer auszeichnen. Damit ist es gerechtfertigt, bei der Schadensberechnung einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Rechtlich unerheblich ist, ob der Motorradfahrer diese Kleidung aus eigenem Sicherungsinteresse anschafft und trägt. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Anschaffung gebrauchter Motorradkleidung sei unüblich und unzumutbar. Abgesehen davon gibt es im Bereich von Motorradhelmen und -stiefeln gerade wegen der Haltbarkeit und der spezifischen Nutzung sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware, der bedeutsamer sein dürfte, als der Markt für modische Alltagskleidung.

 

OLG München: Beschluss vom 07.05.2012 - 1 U 4489/11    BeckRS 2012, 10015

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5 Kommentare

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"im Bereich von Motorradhelmen... sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware"

Wer riskiert denn, einen gebrauchten Helm zu tragen???

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im Bereich von Motorradhelmen... sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware

 

Ein derartig dummes Zeug können sich wohl bloß Juristen ausdenken.

Das Risiko mit einem gebruchten Helm zu fahren, nimmt kein Biker, der noch seine 5 Sinne zusammen hat auf sich. Das Problem ist: man hat nur einen Kopf, aber wer garantiert einem die Fehleffreiheit von Gebrauchtware - niemand. Die Prüfung eines gebrauchten Helmes würde mit Sicherheit den Zeitwert um ein mehrfaches übersteigen.

 

Bei Bekleidung . Stiefel, Kombi, Handschuhe sieht die Sache etwas anders aus.

 

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Der rechtliche Ansatz des Abzugs neu für alt ist aber ein anderer. Es geht nicht um die Frage, ob ein Markt für Gebrauchtwaren vorhanden ist. Das OLG München hätte sich den letzten zitierten Satz m.M. nach sparen können.

Voraussetzung des Abzugs neu für alt ist vielmehr, dass eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt wird und dies zu einer Werterhöhung im Vermögen des geschädigten führt. Im Einzelnen muss vorliegen:

- messbare Vermögensmehrung (neuer Motorradhelm ist mehr wert als alter)

- Werterhöhung muss sich wirtschaftlich günstig auswirken.

Dies sei am Beispiel des Motorradhelms erläutert: Wenn die durchschnittliche Lebensdauer eines Motorradhelms (beispielhaft!) zehn Jahre beträgt und ein fünf Jahre alter Helm beschädigt und durch einen neuen ersetzt werden muss, ist die (statistisch) nächste Neuerwerbung nicht in fünf sondern erst in zehn Jahren zu tätigen. Also könnte sich die Vermögensmehrung wirtschaftlich günstig auswirken.

- Die Vorteilsausgleichung muss zumutbar sein.

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Denke nicht, dass der Senat sich diesen Satz hätte sparen können. Ohne Gebrauchtwarenmarkt ist es sehr zweifelhaft, ob Vorteilsausgleichung anwendbar ist.

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Zum Gebrauchtmarkt für Helme:

 

Ja, es scheint prinzipiell eher "unvernünftig" zu sein, sich gebrauchte Helme zu kaufen, da die Sicherheit der Objekte nicht überprüfbar ist.

 

Gleichwohl steht diesem Protest gegenüber, dass auf Online-Auktionen regelmäßige mehrere Tausend solcher Angebote existieren, auf die noch dazu von potentiellen Käufern geboten wird. Somit gibt es einen Gebrauchtmarkt auch für Helme. So etwas "denken" sich also Juristen nicht "aus", sondern so etwas ist alltägliche Praxis zwischen Privatpersonen und Online-Händlern.

Daneben gibt es regelmäßig auch Spendenaufrufe von Motorradfahrern, die alten, mittlerweile unbenutzten, aber gebrauchten Helme für "einen guten Zweck" zu spenden - nämlich insbesondere die Verschiffung in Länder der dritten Welt. Der zweifelhafte Sicherheitsgedanke bei gebrauchten Helmen scheint dort nicht mehr zu existieren.

Abschließend sollte man auch nicht vergessen, dass automatisch mit der ersten Benutzung eines Helmes dieser "gebraucht" ist. Und ganz gewiss geht die größere Zahl von Motorradfahrern pfleglich genug mit Helmen um, sodass diese nicht zwingend allein aufgrund der Benutzung und des Gebrauchs ihren Schutzwert verlieren. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass vermutlich ein nicht unerheblicher Anteil von Helmen im Gebrauchtmarkt NICHT problematisch hinsichtlich der Sicherheit sein dürfte.

 

Aus all diesen Überlegungen folgt für mich: Diese Aufregung über "das, was sich Juristen angeblich ausdenken", ist gekünstelt und völlig lebensfremd ...

 

Fred

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