LAG Hamm: Chatprotokolle vom Arbeitsplatzrechner können im Kündigungsschutzprozess verwertbar sein

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.07.2012

 

In Kündigungsschutzverfahren stellt sich häufig die Frage, ob der Arbeitgeber die Kündigung auch Erkenntnisse stützen kann, die er aus einer Untersuchung des PC des Arbeitnehmers und des Online-Datenverkehrs gewonnen hat. Mit einem solchen Fall hatte sich jüngst das LAG Hamm (Urteil vom 10.7.2012 - 14 Sa 1711/10) zu befassen. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer wegen eines gegen ihn gerichteten Vermögensdelikts gekündigt und sich dabei auf den Inhalt von Chatprotokollen gestützt, die er auf dem Arbeitsplatzrechner des Arbeitnehmers nach Ausspruch der Kündigung vorgefunden hatte. Das LAG Hamm hält jedenfalls im konkreten Fall die Verwertung der Chatprotokolle für zulässig, selbst wenn ihre Erlangung illegal gewesen sein sollte. Der Leitsatz lautet: Aus einer ggf. gegen § 206 StGB, § 88 TKG. § 32 BDSG und § 87 Absatz 1 Nummer 1 und 6 BetrVG. verstoßenden Erlangung der auf einem Arbeitsplatzrechner vorgefundenen abgespeicherten Chatprotokolle folgt kein Beweisverwertungsverbot, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern lediglich eine gelegentliche private Nutzung elektronischer Ressourcen gestattet und zu-gleich darauf hinweist, dass bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten auf elektronischen Geräten und über das Netzwerk der Mitarbeiter keine Vertraulichkeit erwarten und der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die Daten einsehen kann, die der Mitarbeiter anlegt oder mit anderen austauscht. Ein Arbeitnehmer muss, wenn er illegale Aktivitäten gegen seinen Arbeitgeber entwickelt, bei einer derart eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung damit rechnen, dass Spuren, die er durch die Nutzung von elektronischen Ressourcen des Arbeitgebers hinterlässt, in einem Prozess gegen ihn verwendet werden. Die Entscheidungsgründe sind – soweit ersichtlich noch nicht veröffentlicht. Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.

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