Aufrechnung gegenüber der Kaution bei Mietende

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 28.08.2012

Es mag ein seltener Fall sein, aber gegenüber der Kaution, die zur Absicherung der Ansprüche aus dem Mietvertrag hingegeben wurde, soll der Vermieter nicht mit Ansprüchen aufrechnen können, die gerade nicht aus dem besagten Mietvertrag stammen (BGH v. 11.7.2012 - VIII ZR 36/12). Begründung: das Treuhandverhältnis, dass durch die Hingabe der Kaution begründet wird, endet erst mit der Rückgewähr. Inhalt der bis dahin bestehenden Treuhandabrede, sei die Aufrechnungsbeschränkung auf Ansprüche des Vermieters aus dem konkreten Mietvertrag. Damit sind z.B. Aufrechnungen ausgeschlosseen, denen Forderungen des Vermieters aus früheren Mietverträgen oder z.B. einem Kaufvertrag über das Inventar zugrunde liegen.

Diese rein formale Sichtweise muss Kritik hervorrufen. Auch im Zusammenhang mit anderen Ansprüchen kann durch die Beendigung des Mietvertrages eine Änderung der Vertragsabreden stattfinden. Ein Beispiel bildet § 546a Abs. 1 BGB, der in der zweiten Alternative den Vermieter gerade nicht an den Vertagsabreden festhält. Im Übrigen sieht auch § 313 BGB vor, dass Verträge an die veränderten Umstände angepasst werden.

Wer pragmatisch denkt, kann es nicht befürworten, dass der Vermieter, dem vertragsfremde Ansprüche zustehen, sich durch die Nichtauszahlung der Kaution vertragswidrig verhält, weil ihm anderweitige Gegenansprüche zustehen. Allein der Anwalt kann darin eine erfreuliche Komponente erblicken. Denn er muss die Gegenforderung im Rahmen der (Wider-) Klage geltend machen. Praktisch muss der Vermieter die Kaution (rechtswidrig) zurückhalten, um seine materiellen Ansprüche zu realisieren.

An anderer Stelle wird Formalimus angeprangert (BGH v. 15.3.2011 – VIII ZR 243/10, NZM 2011, 581). Da, wo er materielle Auswirkungen hat, wird er zugelassen. Denn im Ergebnis hat der Mieter Mehrkosten zu tragen.

Allenfalls könnte man darüber nachdenken, dass dem Mieter gegen den Vermieter aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (= vertragswidrige Nichtzahlung der Kaution) ein Anspruch zusteht, die durch die Geltendmachung der Kaution entstandenen Kosten zu zahlen. Abgesehen davon, dass sich dieses Ergebnis auch über § 93 ZPO herbeiführen ließe, könnte der Vermieter im Hinblick auf seine Ansprüche mit den gleichen Argumenten eine materiell- rechtliche Kostentragung des Mieters begründen.

Schließlich erscheint die Entscheidung auch für den preisgebundenen Wohnraum, in dem § 9 Abs. 5 WoBindG zu beachten ist, richtungsweisend. Danach ist die Kaution auf die Absicherung von Schadensersatzansprüchen wegen Verschlechterung der Mietsache oder unterlassener Schönheitsreparaturen beschränkt. Hat der Mieter also die Kaution abgewohnt, kann der Vermieter den Rückstand nicht mit der Kaution verrechnen, weil es sich dabei nicht um Ansprüche handelt, die unter § 9 Abs. 5 WoBindG fallen. ist hinsichtlich des Anspruchs des Mieters - wie auch immer - die Verjährung gehemmt, muss der Vermieter die Kaution zurückzahlen und kann die eigenen Ansprüche auf Mietzahlung nicht mehr geltend machen.

Und der Letzte macht das Licht aus!!! 

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2 Kommentare

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Die Kritik verkennt den Schutzzweck der Einstufung als Treuhandvermögen und des damit verbundenen Aufrechnungsverbots.

Selbstverständlich steht beides einer einverständlichen Verrechnung nicht entgegen; es gibt deshalb keinen Zwang zum Hin- und Herzahlen und zum wechselseitigen Verklagen.

Es soll aber verhindert werden, dass der Vermieter unter womöglich willkürlicher Berufung auf vertragsfremde Ansprüche die Auszahlung der Kaution verweigern und damit dem Mieter die Klagelast zuschieben kann. Dem sollten die Gerichte dann auch bei der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung Rechnung tragen und qua Trennung (§ 145 II ZPO) oder Teilurteil über die Kautionsrückzahlungsklage zuerst entscheiden. 

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Ich halte die Entscheidung für zutreffend. Die Kaution hat den Zweck, Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis zu sichern, für das sie geleistet wurde.

Würde man den Vermieter berechtigten, gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch mit Forderungen aufzurechnen, die nicht aus diesem Mietverhältnis stammen, so würde dieser Sicherungszweck deutlich erweitert, ohne dass dieser Änderung/Erweiterung der Sicherungsabrede ein irgendwie geäußerter/erkennbarer Rechtsbindungswille der Parteien zugrunde liegt.

Die Entscheidung ist auch konsequent. Auch bei anderen Sicherungsarten ist anerkannt, dass der Sicherungszweck ein konkludentes Aufrechnungsverbot begründet, bezogen auf "sicherungsfremde" Forderungen. So darf etwa der Sicherungseigentümer nach Verwertung des Sicherungsgutes den sein Sicherungsinteresse übersteigenden Verwertungserlös nicht zurückhalten, mit der Begründung, ihm stünden noch andere Forderungen (als die mit dem Sicherungseigentum abgesicherten) gegen den Sicherungsgeber zu. Auch dies käme einer Erweiterung des Sicherungszwecks zu.

Insofern ist das keine rein formale Sichtweise.

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