Na bitte, geht doch

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 06.09.2012
Rechtsgebiete: VersorgungsausgleichFamilienrecht|6958 Aufrufe

Hier hatte ich darüber berichtet, dass nach Auffassung des OLG Schleswig eine Vereinbarung über die Verrechnung des Anrechts eines Ehegatten auf Beamtenversorgung mit einem Anrecht des anderen Ehegatten gegen § 8 II VersAusglG verstossen soll.

Eine Gegenposition hat jetzt - wie ich finde zu Recht - das OLG Celle eingenommen:

Nach Ansicht des OLG Schleswig  soll eine solche Verrechnungsvereinbarung deshalb zu beanstanden sein, weil das auszugleichende Anrecht des Beamten in geringerem Umfang gekürzt wird als es nach den gesetzlichen Bestimmungen der Fall wäre und dem Beamten damit gegenüber dem Versorgungsträger eine höhere als die nach dem VersAusglG vorgesehene Versorgung „verschafft“ würde, womit sich die Vereinbarung zulasten des Versorgungsträgers auswirke. Damit wird jedoch verkannt, dass die Ehegatten bis zur Höhe des Ausgleichswerts eines Anrechts grundsätzlich dispositionsbefugt sind. Wie sich aus § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG ergibt, können die Ehegatten den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise vertraglich ausschließen. Damit sind sie auch befugt, den Ausgleichswert eines Anrechts - sei es aufgrund einer vorgenommenen Verrechnung von Anrechten, sei es aus anderen Gründen - zu kürzen. Nichts anderes haben die Ehegatten im vorliegenden Fall getan. Das frühere Recht sah sogar eine Verrechnung sämtlicher Anrechte im Rahmen des nach § 1587 a Abs. 1 BGB a. F. vorzunehmenden Gesamtausgleichs ausdrücklich vor. Der mit dem neuen Recht vollzogene Systemwechsel zu einem internen Ausgleich jedes einzelnen Anrechts zwingt die Ehegatten keineswegs dazu, den Hin- und Her-Ausgleich hinzunehmen. Vielmehr ist es ihnen vom Gesetzgeber ausdrücklich freigestellt, mittels Vereinbarungen eine Verrechnung von Anrechten vorzunehmen und damit eine Zersplitterung ihrer Altersversorgung zu vermeiden.

Die Vereinbarung der Ehegatten hält sich im Rahmen der ihnen zustehenden Dispositionsbefugnis. Nach dem zwischen ihnen geschlossenen Vergleich wird das vom Ehemann erworbene Anrecht der Beamtenversorgung nicht über die Hälfte des Ehezeitanteils hinaus zugunsten der Ehefrau ausgeglichen. Die getroffene Verrechnungsvereinbarung führt vielmehr im Ergebnis lediglich dazu, dass der Ausgleich der Beamtenversorgung des Ehemannes teilweise und der Ausgleich der Anrechte der Ehefrau in vollem Umfang ausgeschlossen werden. Diese Vereinbarung bewirkt bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung auch keine höhere Versorgung des Ehemannes als dies bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften der Fall wäre.

Unschädlich ist auch, dass sich die Ehegatten dahin geeinigt haben, das Anrecht für die Ehefrau solle im Wege der externen Teilung in Form eines Kapitalwerts begründet werden. Zwar ist der Ausgleichswert, der zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Wege interner Teilung zu übertragen oder im Wege externer Teilung zu begründen ist, nach neuem Recht in der Bezugsgröße des Versorgungssystems auszudrücken, in dem das auszugleichende Anrecht erworben worden ist (§§ 5 Abs. 1 und 3, 10 Abs. 1 und 16 Abs. 1 VersAusglG). Dem kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass der nach dem Willen der Ehegatten auszugleichende (korrespondierende) Kapitalwert der Ausgleichswertdifferenz in die Bezugsgröße des vorliegend auszugleichenden Anrechts des Ehemannes umgerechnet wird. Bezugsgröße der Beamtenversorgung ist ein monatlicher Ruhegehaltsbetrag. Die Umrechnung hat auf dem umgekehrten Rechenweg zu erfolgen, den die OFD Niedersachsen bei der Umrechnung des ermittelten Ausgleichswerts des Anrechts auf Beamtenversorgung in einen korrespondierenden Kapitalwert verwendet hat und der in § 47 Abs. 3 VersAusglG vorgegeben ist, nämlich mit Hilfe der (für das Ende der Ehezeit maßgeblichen) Rechengrößen der gesetzlichen Rentenversicherung zur Umrechnung von Kapitalwerten in einen Rentenbetrag (Bekanntmachung der Umrechnungsfaktoren für den Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung vom 3. Dezember 2010, BGBl. I S. 1764). Danach ergibt sich ein auf das Ehezeitende bezogener monatlicher Rentenbetrag von 634,48 € (140.502,33 € x 0,0001660211 = 23,3264 [Entgeltpunkte] x 27,20 [aktueller Rentenwert bei Ehezeitende]). In Höhe dieses monatlichen Betrages ist zulasten des beamtenrechtlichen Anrechts des Ehemannes für die Ehefrau eine gesetzliche Rentenanwartschaft zu begründen. Gemäß § 16 Abs. 3 S. 1 VersAusglG war ferner zu beschließen, dass dieser Ausgleichswert in Entgeltpunkte (als Bezugsgröße der Zielversorgung) umzurechnen ist.

OLG Celle v. 10.08.2012 - 10 UF 139/12

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