Hessische Besoldungsregelungen verstoßen gegen das Verbot der Altersdiskriminierung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.09.2012

 

Es sind Urteile mit großer Sprengkraft: Das VG Frankfurt a.M. (Urt. v. 20.08.2012, Az. 9 K 1175/11.F, 9 K 5034/11.F, 9 K 5036/11.F, 9 K 8/12.F) sieht in den Besoldungsregelungen des Landes Hessen für Richter und Beamte eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Sollten die Urteile in den höheren Instanzen bestätigt werden, könnte es für den öffentlichen Dienst (nicht nur in Hessen) teuer werden. Geklagt hatten u.a. Richter der hessischen Arbeitsgerichtsbarkeit. Deren Besoldung richtet sich innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe (z.B. R 1 und R 2) nach Lebensaltersstufen. Ermuntert fühlen durften sich die Kläger durch ein Urteil des EuGH vom 8.9.2011, NZA 2011, 1100. Der EuGH hatte in dieser Entscheidung festgestellt, dass eine Regelung des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT), die ebenfalls nach dem Lebensalter differenzierte, gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung verstößt. Das BAG hat dies jüngst umgesetzt und entschieden, dass der Verstoß eine Anpassung nach oben nach sich ziehe (vom 10.11.2011, NZA 2012, 161). Vor diesem Hintergrund drängt sich in der Tat die Frage auf, ob entsprechende Regelungen für Richter und Beamte (inklusive der Professoren, soweit für sie noch die C-Besoldung gilt) nicht ebenfalls eine verbotene Altersdiskriminierung darstellen. Das VG Frankfurt a.M. sieht keine Veranlassung, hier abweichend zu urteilen. Die streitgegenständlichen besoldungsrechtlichen Regelungen des beklagten Landes Hessen seien mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im europäischen Gemeinschaftsrecht (RL 2000/78/EG) unvereinbar und dürften deshalb nicht zu Lasten von Richtern und Beamten angewendet werden. Das Gericht verneint die Möglichkeit, diese Benachteiligung ausnahmsweise zu rechtfertigen. Die Höhe der Besoldung in den Richterämtern der Besoldungsstufe R 1 und R 2 sei ausschließlich am Lebensalter des jeweiligen Richters orientiert und verstoße daher gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Es könne insoweit auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass das jeweilige konkrete Lebensalter mit einer bestimmten Erfahrungsstufe deckungsgleich sei. Das alleinige Abstellen auf das bloße Lebensalter stelle jedenfalls keinen Rechtfertigungsgrund im Sinne der Rechtsprechung des EuGH dar, der ausnahmsweise geeignet sei, eine Altersdiskriminierung zu rechtfertigen. Ebenfalls geklagt hatte ein Polizeioberkommissar. Hier bemisst sich die Besoldung nach Dienstaltersstufen. Diese stellten zwar nicht unmittelbar auf das Lebensalter ab, seien jedoch im Ergebnis ebenfalls altersdiskriminierend, so die Verwaltungsrichter.

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