Die 8. GWB-Novelle auf dem Weg in den Vermittlungsausschuss

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 20.11.2012

Die 8. GWB-Novelle kommt, aber wann?

Am 18.10.2012 hatte der Bundestag die 8. GWB-Novelle beschlossen. Diverse Ausschüsse des Bundesrates schlagen dem Plenum vor, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Am Freitag hat der Bundesrat hierüber zu befinden (23.11.2012).

Was sind die Streitpunkte?

1. Keine kartellrechtlichen Durchleitungsansprüche in der Wasserversorgung

Der Bundesrat soll nach Vorstellung seines Ausschusses für Innere Angelegenheiten eine Klarstellung wollen, nach der im Bereich der Wasserversorgung keine Durchleitungsansprüche bestehen. Man kann trefflich darüber streiten, ob es ohne eine solche Klarstellung solche Ansprüche grundsätzlich gibt, geben könnte oder geben sollte. In der Regel wird eine Durchleitung in der Wasserversorgung schon aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommen. Die Umstände sind hier doch ganz andere als bei den mittlerweile sektorspezifisch regulierten Gas- und Stromnetzen.

2. "Großzügigerer" Kontrollmaßstab in der Wasserpreismissbrauchsaufsicht?

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten möchte eine Lockerung des vorgesehenen Kontrollmaßstabes erreichen. Die "rationelle Betriebsführung" als Prüfparameter soll entfallen. Der Ausschuss befürchtet, dass "eine Überschreitung von Mindeststandards von Trinkwasserqualität und Versorgungssicherheit… nicht als rationelle Betriebsführung anerkannt" wird. Etwas flapsig formuliert: Platinleitungen sind zwar haltbarer als Graugussleitungen, erhöhen aber den Wasserpreis. Letztlich geht es um die Grundsatzfrage, wie weit die kartellrechtliche Wasserpreismissbrauchsaufsicht gehen soll.

3. "Schärfungen" an der Vorteilsabschöpfung

Der Bundesrat soll auf dem bereits in seiner Stellungnahme vom 11.05.2012 geäußerten "Verschärfung-"verlangen beharren. Ich hatte hierüber bereits berichtet [Link Beck-Blog 25.06.2012]. Auf meine damalige Bewertung kann ich verweisen.

Dies gilt auch für die Vorstellung, die abgeschöpften Vorteile sowie die eingenommenen Bußgelder sollten teilweise für die Finanzierung der Verbraucherschutzverbände eingesetzt werden. Ob derart finanzierte Verbraucherschutzverbände eine "effiziente Verbraucherarbeit" (so die Vorstellung des Rechtsausschusses des Bundesrats) gewährleisten, ist zweifelhaft (vgl. bereits hier).

4. Kartellrechtliche Schadensersatzklagen (auch) vor den Kammern für Handelssachen!

Der Bundesrat soll auf Wahrung des Status Quo bestehen und sich gegen die vom Bundestag beschlossenen Abschaffung der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen für kartellrechtliche Schadensersatzklagen wenden. Auch dieses Ansinnen aus dem Gesetzgebungsprozess hatte ich bereits gewürdigt (vgl. hier). Zwar gibt es gewichtige Argumente für die Auffassung des Bundesrats. Diese werden in der Bundesrats-Drucksache auch wiederholt. Im Ergebnis überwiegen aber die Argumente für eine vollständige Verlagerung der Kartellsachen von den Kammern für Handelssachen zu einer spezialisierten Zivilkammer, wobei für eine gewisse Kontinuität der Kammerbesetzung zu sorgen wäre.

5. Mehrere Unternehmen einer kommunalen Gebietskörperschaft sind kein Konzern!

Nach Vorstellung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten des Bundesrates soll zwischen Unternehmen ein und derselben kommunalen Gebietskörperschaft insbesondere keine fusionskontrollrechtliche Umsatzzurechnung stattfinden. In den hier behandelten Empfehlungen wird dies als Klarstellung behandelt. Es dürfte sich aber vielmehr um eine konstitutive Ausnahme von der Anwendbarkeit des Kartellrechts handeln. Die Zusammenrechnung lässt sich – wie bei natürlichen Personen – aus dem Gesetz herleiten. Letztlich geht es hier um eine politische Grundsatzfrage.

6. Keine Missbrauchsaufsicht über Wassergebühren

Etwas allgemeiner formuliert der Ausschuss für Innere Angelegenheiten des Bundesrates seinen Formulierungsvorschlag. Danach soll in Bezug auf öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge eine kartellrechtliche Missbrauchskontrolle nicht stattfinden. Der Bundesrat soll damit einer in der Branche erwarteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage vorgreifen (vgl. hierzu meine Blog-Beiträge vom 30.01.2012 und vom 25.07.2012).

7. Keine Fusionskontrolle bei kommunalen Gebietsreformen

Der Bundesrat soll sich gegen die Anwendung der Fusionskontrolle auf die Zusammenlegung öffentlicher Unternehmen im Zuge von kommunalen Gebietsreformen stark machen. Hier prallen eher kartellrechtliche Vorstellungen auf eher kommunalrechtliche.

8. Kein Kartellrecht für die Krankenkassen

Wirtschaftsausschuss und Gesundheitsausschuss wenden sich gegen die entsprechende Anwendung des Kartellrechts im Bereich der GKV. Nach Vorstellungen der Europäischen Gerichte sind Krankenkassen regelmäßig keine Unternehmen, die dem EG-Wettbewerbsrecht unterliegen. In Deutschland war man hierzu früher immer anderer Auffassung und unterwarf z.B. das Beschaffungsverhalten der gesetzlichen Krankenkassen dem Kartellrecht. Letztlich geht es hier um die Glaubensfrage, ob die Anwendung des Kartellrechts dafür sorgen kann, dass der Bereich der gesetzlichen Krankenkassen in den Genuss der Vorteile des Wettbewerbs kommt, oder ob der unzweifelhaft bestehende Gemeinwohlauftrag der gesetzlichen Krankenkassen und das Solidaritätsprinzip dem entgegenstehen.

Angesichts des Vorstehenden ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass in vielen Änderungen, die die 8. GWB-Novelle bringen soll, Konsens zwischen Parlament und Länderkammer besteht. Dies gilt z. B. für die Einführung des SIEC-Tests in die deutsche Fusionskontrolle. Es bleibt aber abzuwarten, ob die GWB-Novelle bereits, wie geplant, zum 01.01.2013 in Kraft treten kann. Sollte der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen, gerät dieser Termin ins Wanken.

 

 

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