OLG Naumburg lässt Alkohol-Testkäufe mit alt aussehenden Minderjährigen alt aussehen

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 05.12.2012

Ausgesprochen rar sind obergerichtliche Entscheidungen zu behördlich veranlassten Testkäufen minderjähriger Personen im Hinblick auf die Überwachung von Jugendschutzbestimmungen (siehe aber OLG Bremen, Beschl. v. 31.10.2011; Az.: 2 SsRs 28/11).

Der Einsatz minderjähriger Testpersonen durch Ordnungsbehörden kommt grundsätzlich für die Überprüfung von tatsächlich durchgeführten Alterskontrollen der Alkohol- und Zigarettenabgabe und der Abgabe von FSK/USK-altersbeschränkten Bildträgern, aber auch bei der Überwachung der Einhaltung von Anwesenheitsverboten in Gaststätten, auf öffentlichen Tanzveranstaltungen oder in Spielhallen in Betracht.

Nach § 2 Abs. 2 S. 2 JuSchG müssen Veranstalter und Gewerbetreibende aber nur "in Zweifelsfällen das Lebensalter"  überprüfen. Im Fall des OLG Naumburg [Beschluss vom 13.09.2012; Az.: 2 Ss (Bz) 83/12] hat die Behörde jedoch für Testkäufe alkoholischer Getränke solche Minderjährigen eingesetzt, welche nach ihrem äußeren Erscheinungsbild deutlich älter und mithin schon volljährig wirkten.

Eine schuldhafte (sei es vorsätzliche, sei es fahrlässige) Abgabe alkoholischer Getränke an einen Jugendli­chen liegt nach dem Beschluss des Senats für Bußgeldsachen aber nur vor, wenn dieser entweder tatsächlich so aussieht, als sei er noch nicht 18 Jahre alt, oder wenn ein Zweifelsfall vorliegt, der die Verpflichtung nach sich zieht, das Lebensalter zu überprüfen. Der von der Behörde im Fall des OLG Naumburg eingesetzte Jugendliche wurde nach seinem Aussehen aber auf deutlich über 20 Jahre geschätzt (der Senat machte hierzu eine Umfrage bei mehr als 10 anderen Richterkollegen), sodass ein Zweifelsfall nicht begründet war.

Der Beschluss endet mit der kritischen Bemerkung: "Der Senat ist befremdet, dass die Ordnungsbehörde einen Testkäufer eingesetzt hat, dessen äußeres Erscheinungsbild demjenigen eines über 20jährigen entspricht".

 

Volltext des Beschlusses: OLG Naumburg, Beschluss vom 13.09.2012, Az.: 2 Ss (Bz) 83/12

 
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