Beschneidungsgesetz beschlossen - eine faire Anerkennung religiöser Tradition?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 13.12.2012

Gestern hat der Bundestag das Beschneidungsgesetz beschlossen (Link zum Abstimmungsverhalten aller Abgeordneten), über dessen Enstehung die ganze Republik politisch wie juristisch diskutiert hat, nachdem das LG Köln die Beschneidung von Kleinkindern als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft hatte. Die Diskussion fand auch hier und  hier im Blog statt.

Die Neuregelung des § 1631 d BGB lautet nun:

(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.

(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.

Hans-Michael Heinig, Prof. für Öffentliches Recht und Kirchenrecht, hat das neuen Gesetz im Verfassungsblog begrüßt. Der Beschneidungserlaubnis gibt er das Siegel des Philosophen Habermas aus einem Artikel in der NZZ - es handelt sich nach Heinig beim neuen Gesetz um eine "faire(n) Anerkennung der partikularistischen Selbstbehauptungsansprüche religiöser und kultureller Minderheiten."

Allerdings hat das neue Gesetz keineswegs alle Fragen beantwortet, die sich in der Diskussion stellten. Hier noch einmal meine Überlegungen, die ich im Juli hier im Blog angestellt hatte, und die Gegenüberstellung mit der neuen gesetzlichen Regelung:

Eine gesetzliche Regelung kann versuchen, die voherige Rechtfertigung durch (religiös motivierte) Einwilligung der Sorgeberechtigten wieder zu etablieren bzw. zu bestätigen. Insofern wäre die gesetzliche Regelung eine "Erlaubnis". Die meisten Politiker, die sich geäußert haben, tendieren genau dazu: Sie wollen den (bzw. bestimmten)  Religionsgemeinschaften zugestehen, dass sie dieses bisher weitgehend akzeptierte Ritual weiter strafrechtlich unbehelligt durchführen können.

Das Gesetz enthält eine solche Erlaubnis. Diese ist allerdings nicht auf religiöse Motive beschränkt: In § 1631 d BGB  ist von Religion nicht die Rede, auch wenn alle wissen, dass es praktisch nur darum gehen soll.

Allerdings wird dies nicht geschehen können, ohne zugleich die Grenzen der Erlaubnis aufzuzeigen, d. h. in anderer Beziehung wird das Gesetz auch Verbote enthalten müssen. Und in diesen Details stecken erhebliche Probleme!

Die Grenze ist das "Kindeswohl", auf diese Grenze wird nun auch im Gesetz hingewiesen. Aber wie ist dies inhaltlich auszufüllen?  Und wie soll die Abwägung mit dem "Zweck der Beschneidung" erfolgen? Die Gegner einer Beschneidung meinen ja  unter Hinweis auf Schmerzen und Risiken der Operation, die Beschneidung des Genitals eines Neugeborenen oder Kleinkindes könne generell nicht dem Kindeswohl entsprechen. Dies ist offenbar nicht die Ansicht des (jetzigen) Gesetzgebers: Die Beschneidung des männlichen Kindes ist erst einmal kindeswohlgerecht. Aber wann denn nicht mehr? Präzisiert wird dies im Gesetz nicht.

Denkbar (und teilweise notwendig) erscheinen: - Altersbegrenzungen (Mindest- bzw. Höchstalter),

In dieser Hinsicht ist der zweite Absatz des neuen § 1631 d BGB  unverständlich, wenn man ihn unvoreingenommen liest: Gerade die jüngsten, schützenswertesten Kinder werden vom Gesetz weniger gut geschützt? Das ist ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Religion nicht zu legitimieren. Wenn der Gesetzgeber versucht, das Wort "Religion" zu vermeiden, wird es hier erforderlich, um die eigentliche Sachfrage wie um einen heißen Brei herumzuregeln. Das ist jedenfalls nicht transparent. Ist es "fair"?

- die Beschränkung auf Ärzte mit chirurgischer Erfahrung

In Absatz 1 ist von "Regeln ärztlicher Kunst" die Rede, in Absatz 2 wird (für die Jüngsten) ausdrücklich auch Nichtärzten erlaubt, Beschneidungen durchzuführen.

- Vorschrift einer (Voll-)Narkose

Ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, gehört aber wohl zur "ärztlichen Kunstregeln" im ersten Absatz. Eine Vollnarkose bei Neugeborenen ist hingegen riskant und dürfte auch nicht von Nicht-Ärzten durchgeführt werden. Man muss es wohl so hart aussprechen: Die Jüngsten müssen halt die Schmerzen ertragen. Das ist (neben den OP-Risiken) dann die Zumutung, von der Habermas schreibt: "Den religiösen wie den nichtreligiösen Bürgern wird dabei einiges zugemutet." Ich würde allerdings sagen, dass bei einem Neugeborenen bzw. Säugling  die Rede von "religiös/nichtreligiös" überhaupt nicht sinnvoll ist. Aber da mögen der Philosoph und der Kirchenrechtler anderer Auffassung sein.

- Beschränkungen auf bestimmte Religionsgemeinschaften

Ist nicht erfolgt. In eine Beschneidung kann von Eltern grds. auch unabhängig von ihrer religiöser Überzeugung oder Zugehörigkeit eingewilligt werden. Eine Kontrolle der Motive wäre auch kaum praktikabel.

- Beschränkung auf bestimmte anerkannte/etablierte/vergleichsweise risikoarme Rituale

Ist nicht geregelt.

- Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht

Beschneidung ist auf männliche Kinder beschränkt. Dies könnte (hinsichtlich zum Teil weniger eingriffsintensiver Rituale weiblicher Beschneidungen) ein Gleichheitsproblem aufwerfen

- Verpflichtung von (Ärzten in) öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zur Durchführung

Nicht geregelt.

- Haftungsregelungen für Fälle, in denen sich ein Schadensrisiko trotz lege artis durchgeführter Zirkumzision verwirklicht (Haftungsfonds der Religionsgesellschaften?)

Nicht geregelt.

 

Der Bundestag hat entschieden, das ist erst einmal (noch dazu bei einer so großen Mehrheit) zu akzeptieren und im Kern auch zu begrüßen, da die Rechtsunsicherheit zwar nicht vollständig beseitigt (s.o.) aber immerhin begrenzt wird. Und ich stimme ohne Weiteres mit Herrn Prantl (in der SZ) darin überein, dass man in der Diskussion nicht dem Diskussionsgegner Unlauterkeit oder Schlimmeres unterstellen sollte.

Aber auch über verabschiedete Gesetze darf diskutiert werden.

 

 

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78 Kommentare

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Danke für diesen sehr informativen Bericht!

 

Unglücklich ist nur der Erwähnung Herrn Prantls, der mehrfach alle Kritik an aufgezwungenen Vorhautamputationen als wortwörtlich "Unsinn" abtat, und sich so um die VerUNsachlichung der Debatte äußerst verdient gemacht hat.

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Bitte auch nicht übersehen, dass es nicht um Eltern sondern um Sorgeberchtigte geht. Durch dieses Gesetz sind nicht nur Jungen von Juden und Muslimen der Willkür ausgeliefert, es sind alle Jungen der Willkür ausgeliefert. Ein Junge, der Waise wird und an den "falschen" Vormund gerät, wäre einer Beschneidung schutzlos ausgeliefert, gleich, was die leiblichen Eltern oder das Kind davon hielten. Hier mag man theoretisch noch das unspezifizierte "Kindeswohl" als Schranke sehen, in der Praxis wird diese aber keinem Kind Schutz bieten.

Ich halte dieses Gesetz für grundlegend verfassungswidrig. Ja, Eltern können Grundrechte für ihre Kinder einschränken, beispielsweise verfügen Sie über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Diese Grundrechtseinschränkungen müssen aber zwingen mit Erreichen der Volljährigkeit enden. Der Grundrechtseingriff, den eine Beschneidung darstellt, wirkt aber nicht nur zum Zeitpunkt der Beschneidung sondern er wirkt ein Leben lang. Das wäre Vergleichbar damit, das Eltern das Recht hätten, für ihr Kind nicht nur bei Regenwetter zu bestimmen, dass das Kind im Haus bleibt, sondern einen lebenslangen Hausarrest zu verfügen. Beschneidung ist kein Ereignis, sondern ein lebenslanger Zustand. Mir wäre kein anderer für Eltern legitimer Grundrechtseingriff bekannt, der über die Kindheit und gar ein Leben lang wirken kann. Wenn es einen solchen geben dürfte, dann wären daran ganz besondere Anforderung zu stellen. Der Gesetzgeber macht aber das genau Gegenteil. Er stellt diesen Grundrechtseingriff, der auch für den später erwachsenen Mann gilt, der Beliebigkeit anheim und fordert überhaupt gar keinen Rechtfertigungsgrund. Er schließt somit nicht einmal (zuminest nicht wirksam) niedere Gründe aus. Ein Grundrechtseingriff ohne Rechtfertigungsgrund ist für mein Empfinden ein klarer Verstoss gegen Artikel 1 GG. Ein Gesetz das Grundrechte ohne Rechtfertigungsgrund massiv und über die Kindheit hinaus ein Leben lang einschränkt, verstösst klar gegen die Würde des Menschen.

 

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Die Gewalt ist in die Erziehung zurückgekehrt. Spurt ein Junge nicht können die Eltern legal mit Beschneidung drohen. Ungewollte männliche Kinder dürfen für ihr Entstehen abgestraft werden. Mütter mit verwurzeltem Männerhass dürfen nun legal beschneiden (einschränken) lassen. Gründe für Beschneidung sind irrelevant. --- In vielen Jahren werden die ersten Opfer das Anklagen und die einstigen Parlamentarier werden tönen "das haben wir so nicht gewollt".

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Sehr geehrter Gast,

Sie schreiben:

Mir wäre kein anderer für Eltern legitimer Grundrechtseingriff bekannt, der über die Kindheit und gar ein Leben lang wirken kann. Wenn es einen solchen geben dürfte, dann wären daran ganz besondere Anforderung zu stellen.

 

Ganz so schlicht ist es meines Erachtens nicht: Die Sorgeberechtigten dürfen auch außerhalb der Beschneidung in Operationen einwilligen, deren Resultat die ganze Lebenszeit bestimmt. Und das nicht nur in Fällen der Lebensgefahr. Bei vielen solchen Eingriffen ist aber die Abwägung pro/contra unter Einbeziehung des jeweiligen Risikos durchaus schwierig und würde keineswegs von allen gleich getroffen - die Motive (z.B. für das "Anlegen"  abstehender Ohren) sind hier keineswegs einheitlich oder immer nachvollziehbar.  Der Sorgeberechtigte muss und darf hier trotzdem (allein) entscheiden und macht sich auch bei riskanten Entscheidungen nicht strafbar, weil die sorgerechtliche Entscheidung (Kindeswohl)  ihn rechtfertigt.  "Ganz besondere Anforderungen" sind nicht erforderlich. Nun erweitert dieses Gesetz die (bis Mai 2012 allg. akzeptierte) rechtliche Möglichkeit, in den Körpereingriff "Beschneidung" einzuwilligen - auch ohne medizinische Indikation.

Ich halte das - wie Sie lesen können - durchaus für kritikwürdig, aber nicht unbedingt für eine Frage, die der demokratischen Abstimmung von vornherein entzogen ist.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Gast,

auch andere "Eingriffe" der Eltern haben lebenslange Auswirkungen auf die Kinder, beispiels weise die Wahl der Schulform, die sich lebenslang auf das Berufsleben auswirkt (Art. 12). Auch die psychische Integrität von Kindern ist letztlich nicht geschützt (Art. 2, Art. 1?). Es gibt weder einen "Kinderführerschein" noch, abgesehen von physisch bemerkbarer Misshandlung/Vernachlässigung, (wirksame) staatliche Kontrolle über die Ausübung des Erziehungsrechts. Eltern können Geschwister auch völlig ungleich behandeln (Art. 3). Eltern vertreten Kinder zivilrechtlich (Art. 14), was sich dauerhaft auf die Vermögenssituation auswirken kann.

All dies sinf durchaus gesetzgeberische Entscheidungen.

MfG

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Antje Heyer schrieb:
auch andere "Eingriffe" der Eltern haben lebenslange Auswirkungen auf die Kinder, beispiels weise die Wahl der Schulform, die sich lebenslang auf das Berufsleben auswirkt (Art. 12)
Falsch: spätestens mit Volljährigkeit kann jeder die Schul- oder sonstige Ausbildung nachholen, die von den Eltern verwehrt wurde - sei es Vollzeit oder über Abendschule. Bei entsprechender Begabung sogar mit staatlicher Förderung und/oder Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern.

Der Vegleich zieht also nicht.

Abgesehen davon haben Sie offensichtlich noch nie erlebt, wie unterschiedlich gleichgeschlechtliche Geschwister von Charakter und Persönlichkeit sein können, auch wenn die Eltern sie gleich behandeln.

Antje Heyer schrieb:
Eltern vertreten Kinder zivilrechtlich (Art. 14), was sich dauerhaft auf die Vermögenssituation auswirken kann.
Nochmals falsch: lesen Sie § 1638 BGB

Fazit: auch aus den kaputtesten Familien mit den schrecklichsten Eltern können charakterlich vorbildliche Kinder hervorgehen. (Suchtipp: Resilienz). Kinder sind kein "weißes Blatt", das ausschließlich durch Erziehung beschrieben wird (ein derart störanfälliges System würde nicht dauerhaft überleben). Und selbst traumatisierte Kinder haben die Chance, ihre seelischen Verletzungen zu heilen. Eine solche Möglichkeit hat ein zwangsbeschnittener Junge nicht.

Und schließlich: ist Ihnen bewusst, dass Sie mit Ihrer Argumentation die Genitalverstümmelung von Mädchen genauso rechtfertigen wie die von Knaben?

Der Gesetzgeber / der Rechtsaussschuss  haben sich nicht einmal die Mühe gemacht , die vielen Gründe der angeblich zwingenden Beschneidung mit genauen Altersangaben zu analysieren.

Dann wären sie auf mehrere Widersprüche gestoßen und die Glaubfähigkeit der unhomogenen Argumente z.B. der Religionsgemeinschaften wären offensichtlich geworden.

 

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Gutes Gesetz, danke an die Juden die so laut Antisemitismus geschrieen haben!

Meine deutschen Freundinnen wollen ihre Jungs beschneiden lassen weil sie in einem Forum gelesen haben dass sie dann die Unterhosen von ihnen nicht mehr so oft waschen müssen und außerdem ihnen nicht mehr auf die Finger hauen müssen weil sie mit ihrem Zipfel spielen. Können sie jetzt endlich machen.

Mein Großonkel ist bekannter und erfahrener Sünnetci und wenn er eine Bescheinigung vom islamischen Verein bekommt, kann er jetzt in Deutschalnd viel Geld verdienen.

Nochmal Danke an Angela Merkel!

 

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Der Gesetzgeber / der Rechtsaussschuss / der Ethikausschuss  haben sich nicht einmal die Mühe gemacht , die vielen Gründe der angeblich zwingenden Beschneidung mit genauen Altersangaben zu analysieren.

Dann wären sie auf mehrere Widersprüche gestoßen und die zT. fehlendende Glaubfähigkeit der unhomogenen Argumente z.B. gleicher  Religionsgemeinschaften wären offensichtlich geworden . ..

Ist es nicht so , dass der Begriff der Glaubwürdigkeit eine große Rollel spielt in juristischen Fällen. Bei Beschneidung offensichtlich aber nicht.

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> Die Sorgeberechtigten dürfen auch außerhalb der Bewchneidung in Operationen einwilligen, deren Resultat die ganze Lebenszeit bestimmt.

Aber Herr Professor Müller, dass dürfen sie doch nicht ohne medizinische Indikation schlicht aus freiem Elternwillen. Das dürfen sie ausschließlich mit medizinischer Indikation und wenn es nach Abwägung und dazu gehört eben auch die ärztlich medizinische Bewertung dazu führt, dass es die begründete Annahme gibt, dass der Eingriff dem Kindeswohl dient, also der Nutzen für das Kind das Risko und die Folgen erlaubt. Die Beschneidung dient aber vorrangig dem Elternwohl und Kinder- und Jugendärzte sehen überhaupt keinen Nutzen für das Kind.

Und aus der Tatsache, dass es einen Graubereich gibt, in dem die medizinische Indikation nicht zweifelsfrei ist (Ohrenanlegen), kann man doch nicht folgern, dass man in den Fällen, wo sie zweifelsfrei nicht gegeben ist, darüber hinweggehen kann. Ohne medizinische Indikation dürfen wir auch keine Ohrläppchen abschneiden, Kinder tätowieren oder Vergleichbares mit z. T. geringerer Eingriffs- und Wirktiefe und Dauer.

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@Gast

Beschneidung ohne medizinische Indikation wurde sehr wohl diskutiert, der Vorschlag diesbezüglich (BT Drs. 17/11430) von Linker und Grüner Seite, jedoch mehrheitlich, in einem demokratischen Prozess mit 462 Stimmen ausdrücklich abgelehnt.

Das Gesetz ist nur richtig und sinnvoll. Die Begründung geht ausdrücklich auf alle Bedenken ein und revidiert diese mit großem Sachverstand:

- Medizinisch: Komplikationen, seien sie psychologisch oder physisch, sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen und damit nicht zu befürchten (BT Drs. 17/11295, S. 9); Die Beschneidung ist aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen sinnvoll und zu befürworten (Ebd., S. 7f.), damit dient sie ganz im Sinne des Eids von Hyppocrates dazu "Schaden abzuwenden"

- Aus rechtsvergleichender SIcht: Kein Land dieser Erde kriminalisiert dieses Verhalten (Ebd., S.  10 ff)

- Aus religiöser SIcht: Die Beschneidung ist legitimiert durch Koran, Thora (Talmud) (Ebd., S. 6ff)

- Ansicht der Lehre in Dtld: (S. 11 ff) es ist eindeutig herrschende Meinung, dass die Beschneidung straffrei ist, sei es aufgrund EInwilligung, Sozialadäquanz oder ihrer kulturellen oder religiösen Bedeutung.

Auch wenn über § 1631d Abs. 2 BGB diskutiert werden kann (unbestimmter Rechtsbegriff "besonders ausgebildet"), so schafft die Begründung auch diesbezüglich Klarheit (S. 18ff). Damit ist an dem Gesetz aus (rechts-/natur-/sozial-/religions-/u. sonstige)wissenschaftlicher SIcht nichts auszusetzen.

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Sehr geehrter Herr Prof.Dr. Müller,

Sie fragen: "...offenbar nicht die Ansicht des (jetzigen) Gesetzgebers: Die Beschneidung des männlichen Kindes ist erst einmal kindeswohlgerecht. Aber wann denn nicht mehr?"

In Ihrem Beitrag vom 25.7.12 in Ihrem Blog "Zirkumzision - wie soll..." haben sie das noch lockerer gesehen:

"Weil der körperliche Eingriff irreversibel ist, hat das LG Köln auch eine Verletzung der Religionsfreiheit des Kindes bejaht. Dies erscheint mir weniger überzeugend, weil die Beschneidung nicht offen sichtbar ist udn weil sie keineswegs mit eienr bestimmten Religion oder überhaupt mit Religion notwendig verknüpft ist und der beschnittene junge Mann genauso unproblematisch aus der Religion "austreten" kann wie der unbeschnittene."

Das war die unbekümmerte "objektive" Sicht eines nicht betroffenen Dritten.

Wie aber sieht den Vorgang ein Betroffener, wenn er sich der Sache bewußt wird? Dazu bleibe ich bei meinem Beitrag vom 26.9.12 in Hopper's Blog "Beschneidung von Jungen soll straffrei bleiben..." Nr. #22, wo ich dargelegt habe, dass die Freiheit der Religionswahl des Kindes beeinträchtigt wird, denn die hier vorgenommene Markierung für eine Religion hat ggfs. psychische Auswirkungen für den Jungen/Erwachsenen, der dann eben nicht mehr "unproblematisch aus der Religion austreten" kann. (http://blog.beck.de/2012/09/25/beschneidung-von-jungen-soll-straffrei-bl...)

Eine solche Freiheit der Ausübung der Religion durch die Eltern steht im Widerspruch zu vorrangigen Freiheit der Religionswahl art. 4 I GG des noch kindlichen Grundrechtsträgers und kann daher mE nicht vom Gesetzgeber bevorzugt oder freigestellt werden, denn er sichert und schuldet somit dem Kind die -spätere- volle Freiheit der Religionswahl. Einzelbetrachtungen siehe meinen Beitrag.

Dies könnte sich manifestieren, wenn der getrennt lebende katholische Vater des Sohnes der allein sorgeberechtigten jüdischen Mutter die Beschneidung untersagen will und Verfassungswidrigkeit der jetzt beschlossenen Regelung geltend macht. Auf die Entscheidung dürfte man gespannt sein.

Besten Gruß

RA M. Claes

# 10

"Komplikationen, seien sie psychologisch oder physisch, sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen und damit nicht zu befürchten  ....""

 

Die Kinderärzte ( Hartmann et. al ) haben aber eine ganze Reihe von Komplikationen aufgeführt. Die sind wohl so unbedeutend , dass behauptet werden darf , dass sie wissenschaftlich nicht nachgewiesen sind.

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Bei einem Schlafmittel, das Schwangere eingenomen hatten und viele "Behinderte " auf die Welt kamen, konnte ja auch kein Kausalzusammenhang wissenschaftlich nachgewiesen werden. 

 

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Es bleibt ein irreversibler Eingriff in einen gesunden Körper, der objektiv völlig nutzlos ist. Wie man da zu einer Rechtfertigung kommen will, bleibt mir verborgen. Aus meiner Sicht wäre die einzig vertretbare Lösung das Zuwarten bis zum einwilligungsfähigen Alter.

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Die Neuregelung ist aus meiner Sicht auch mit § 1631 Abs 2 S 1 BGB unvereinbar:

"Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung."

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Ich hätte ja nicht gedacht, dass von dem Genitalverstümmelungsbefürwortungsblatt "FR" noch etwas Sinnvolles kommt, aber siehe da:

Zugeständnis (Markus Tiedemann, 11.12.12.)

Theoretisch betrachtet, ist das Beschneidungsgesetz eindeutig falsch, da es mindestens drei ethische und juristische Grundsätze verletzt.

Erstens: Traditionen begründen keine Normen. ... Es gibt wertvolle und erschreckende, akzeptable und inakzeptable Traditionen. Das Kriterium für deren Bewertung kann nicht aus den Traditionen selbst gewonnen werden. Wer dies nicht einsieht, argumentiert zirkulär: „Wir machen es so, weil es gut ist und es ist gut, weil wir es so machen.“ Aus der schlichten Faktizität einer Praxis folgt kein normativer Anspruch. Vom Sein kann nicht auf das Sollen geschlossen werden und wer dies tut, begeht einen naturalistischen Fehlschluss.

Zweitens: Es gilt das Primat der Unversehrtheit. ... Das Recht ist demnach der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des Einen mit der Willkür des Anderen nach dem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann. So formuliert es der Philosoph Immanuel Kant in der Rechtslehre seiner „Metaphysik der Sitten“. Praktisch bedeutet dies, dass jedes Individuum Anspruch auf Schutz vor der Willkür anderer hat und dass sein eigenes Willkürrecht auf die persönliche Lebensgestaltung beschränkt bleibt. Die Freiheit des Einen endet vor der Nase des Anderen, lautet die volkstümliche Formulierung der kantischen Rechtstheorie.
Aus diesem Prinzip ergibt sich eine unmissverständliche Hierarchie, die auch in der Beschneidungsfrage verbindlich ist. Die Debatte tangiert die im Grundgesetz verankerten Ansprüche auf Unversehrtheit, auf Religionsfreiheit und auf elterliche Erziehungshoheit. Allerdings sind diese Ansprüche mitnichten gleichberechtigt. Unversehrtheit ist das elementarste aller Individualrechte, das ohne eigenes Verschulden durch keinen Anspruch anderer Personen relativiert werden kann. Erziehungsrecht und Religionsfreiheit sind dem unterzuordnen. ...
Die Erziehungsgewalt der Eltern kann und darf in einem Rechtsstaat niemals willkürlich sein. Anderenfalls würden Kinder zu Menschen zweiter Klasse degradiert. ... Ein Rechtswesen, das körperliche Züchtigung untersagt, kann das Abtrennen von Körperteilen ohne medizinische Indikation nicht legitimieren. Unmündige Personen sind Schutzbefohlene ihrer Vormünder aber eben auch des Staates.
Ebenso selbstverständlich ist es, dass niemand einen anderen ohne dessen Zustimmung für rituelle Handlungen gebrauchen darf. Das Recht auf Religionsausübung implizierte niemals die Verfügungsgewalt über Mitmenschen. Aus diesem Grund hat auch das Kölner Gericht in seinem Aufsehen erregenden Beschneidungsurteil vom Juni dieses Jahres zu Recht betont, dass die religiöse Orientierung der Eltern („Sozialadäquanz“) keine „selbständige Bedeutung“ für die Urteilsfindung haben kann...
Ein aufgeklärtes Rechtswesen versteht Religiosität als Selbstzuschreibung, nicht als Fremdzuschreibung. Der Einzelne hat stets das Recht, die ihm zugeschriebenen Attribute zurückzuweisen. Ein Mensch, der als Kleinkind getauft wurde, darf von sich behaupten, niemals Christ gewesen zu sein, ohne in einen logischen oder juristischen Widerspruch zu geraten.
Die großen Religionen scheinen sich dieser Tatsache bewusst zu sein, weshalb verschiedene Rituale der Initiation bestehen, die dem Jugendlichen die Gelegenheit bieten, die religiöse Fremdzuschreibung in eine autonome Selbstzuschreibung zu verwandeln. Durch das Unterbleiben der Beschneidung wird die Religiosität des Kindes also in keiner Weise verletzt. Sämtliche Rituale der Selbstzuschreibung stehen dem religionsmündigen Jugendlichen weiterhin offen. Vielmehr wird sein Recht auf negative Religionsfreiheit wie der potenzielle Wunsch, keinerlei religiöse Merkmale zu besitzen, geschützt.
Tangiert wird also nur die mittelbare Religionsfreiheit von Eltern und Gemeinden.

...

Drittens: Jede Form des Rassismus ist inakzeptabel. Wesenskern des Rassismus ist die Reduktion des Individuums auf seine Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder kulturellen Gruppe. Es kann zwischen Verfolgungs- und Unterlassungsrassismus unterschieden werden. Die jüngere deutsche Geschichte hat das grauenvollste Beispiel des Verfolgungsrassismus hervorgebracht. ...
Um diese Barbarei nie wieder entstehen zu lassen, wird insbesondere in Deutschland peinlich darauf geachtet, rassische oder kulturelle Gruppen nicht zu diskriminieren. Dies ist richtig und wünschenswert, darf das Primat der Individualrechte aber nicht relativieren. Wenn das Diskriminierungsverbot gegen Gruppen über den Schutz des Individuums gestellt wird, droht ein Musterstück negativer Dialektik: Auch im Unterlassungsrassismus wird das Individuum auf seine Zugehörigkeit zu einer Gruppe reduziert. Die Faustregel des Unterlassungsrassismus lautet: Wir schützen deine Menschenrechte nicht, weil du einer bestimmten Gruppe angehörst!

Ein Staatswesen, das Kindern einer bestimmten Bevölkerungsgruppe weniger Schutz angedeihen lässt als anderen, ist immanent rassistisch.

 

 

 

Nicht von dieser Welt (Reinhard Müller, FAZ)

Auch Rechtspolitiker geben hinter vorgehaltener Hand zu, dass das Beschneidungsgesetz nie so ergangen wäre und niemals die Entfernung der Vorhaut neugeborener Jungen durch einen Nichtmediziner erlauben würde, wenn eine fremde, neuartige Religionsgemeinschaft diese Praxis zu ihrem Gebot erklärte. Womöglich wird das Gesetz daher dereinst das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Aber die Politik handelt nicht im historisch und (außen-)politisch luftleeren Raum. Die körperliche Unversehrtheit des einzelnen Kindes muss hinter der Unantastbarkeit der deutsch-jüdischen Symbiose zurückstehen.

Die Väter des Grundgesetzes würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie diesen Satz lesen müssten. Dass in einem demokratischen Deutschland nach den Verbrechen der Nationalsozialisten einmal muslimische und insbesondere jüdische Kinder ihrer Grundrechte beraubt werden, ist ein Kapitel der Schande in der deutschen Geschichte.

Konsequenterweise müsste die Parlamentsmehrheit, die dieses Genitalverstümmelungserlaubnisgesetz beschlossen hat, nun den Art, 19 (2) ändern in "Ein Grundrecht darf in seinem Wesensgehalt angetastet werden, wenn religiöse Lobbyisten dies verlangen."

Nach meinem ersten Eindruck richtet sich diese Norm vor allem an die jüdische Beschneidung. Der zweite Absatz ist ja sozusagen praktisch darauf eingeengt. Der erste Absatz im Prinzip auch, denn Betäubung sind bei der Beschneidung der Moslems nicht immer Standard. Es wurde ja gerade in der öffentlichen Diskussion darauf hingewiesen, wie wichtig der (öffentlich gefeierte) Schmerz für den Übergang aus dem Kindesalter sei.

 

 

Auch ist im ersten Absatz die Rede vom nicht einsichtsfähigen Kind. Das mag auch bei 12- bis 14-Jährigen schon Nachdenken verursachen, denn da sollte - je nach Erziehung und Anlagen - bereits Anfänge von Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorliegen. Dies ist also schon mal ein Punkt, wo Moslems zumindest rein rechtlich einen schlechteren Stand haben. Die Praxis wird sicherlich so laufen wie es bislang lief: Das Kind wird nicht gefragt werden und es wird weiter beschnitten werden.

 

 

Die Beschränkung auf männliche Kinder ist sicherlich rechtsdogmatisch schon reichlich fragwürdig, allerdings muss man auch anerkennen, dass dieser Entwurf nunmal nicht der hohen Kunst dienen sollte, sondern einfach und schnell den früheren Ist-Zustand wiederherstellen sollte. Insofern ist dieses oberste Ziel durchaus erreicht, auch wenn die Grundsatzproblematik Kindeswohl sauber aus der Norm ausgeklammert wurde.

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Kontrollüberlegung 1 für alle jenen, die meinen, die Beschneidung wäre aus gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt:

Das Kind weigert sich stets, die Zähne zu putzen. Eine Karies-Erkrankung ist daher sehr wahrscheinlich. Entfernt man nun auf Wunsch der Eltern prophylaktisch alle Zähne?

Kontrollüberlegung 2:

Eltern, die einem okkulten Glauben anhängen, wollen ihr Kind als Ausdruck des Glaubens tätowieren lassen. Auch ok?

Die Norm ist klar verfassungswidrig.

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Sehr geehrte Frau Heyer,

ich sprach nicht allgemein von Einschränkungen sondern von Grundrechtseinschränkungen. Ja, die Wahl der Schulform durch die Eltern hat Auswirkungen auf das spätere Berufsleben, aber keine, aus der sich der mündige Erwachsene sich grundsätzlich nicht befreien könnte. Faktisch kann das schwierig sein, da gebe ich Ihnen Recht, aber ich sehe keinen Bildungs- und Berufsweg, der einem durch die Schulwahl der Eltern völlig verbaut wäre. Bildungsabschlüsse lassen sich von Erwachsenen nachholen. Vergleichbar wäre, wenn die Eltern auch entscheiden dürften, dass ihre Kinder das Abitur auch nicht später nachholen dürften oder keine Hochschule besuchen dürften. Das Bestimmungsrecht der Eltern endet hier definitiv mit dem 18. Lebensjahr.

 

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Beschneidung von Untertanen in Cargo-Kulten

Seine Jünger sagten zu ihm: "Nützt die Beschneidung oder nicht?" Er sagte zu ihnen: "Wenn sie nützlich wäre, würde ihr Vater sie aus ihrer Mutter beschnitten zeugen. Aber die wahre Beschneidung im Geiste hat vollen Nutzen gefunden."

(Nag Hammadi Library / Thomas-Evangelium / Logion 53)

Solange das Wissen noch nicht zur Verfügung stand, um das Geld an den Menschen anzupassen, musste der Kulturmensch durch eine künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten (geistige Beschneidung von Untertanen) an ein darum bis heute fehlerhaftes Geld angepasst werden. Das war (und ist noch) der einzige Zweck der Religion, die vom Wahnsinn mit Methode zum Wahnsinn ohne Methode (Cargo-Kult um die Heilige Schrift) mutierte und uns – unabhängig von "Glaube" (Cargo-Kult) oder "Unglaube" (Ignoranz) – alle zu Untertanen machte, die ihr eigenes Programm nicht kennen. Die Bewusstwerdung der Programmierung nennt sich "Auferstehung":

http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html

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Diese Zeilen schockieren.

 

"Hallo,

ich wollte schonmal vorab fragen, ob das jemand weiß. Wir werden unseren Sohn beschneiden lassen, aber ich weiß nicht, wie ich ihn dann beim Wickeln saubermachen soll, so dass sich nix entzündet und ihm nix wehtut. Gibt es Dinge, die ich da beachten muss?"

 

http://www.urbia.de/archiv/forum/th-1550533/Wie-geht-die-Babypflege-wenn-das-Baby-beschnitten-wurde.html
 

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Hallo,

 

mich würde interessieren, wie es mit dem neuen §1631d mit der Einstimmigkeit der elterlichen Entscheidung aussieht und zwar sowohl in theoretischer wie praktischer Sicht. Was passiert, wenn ein Vater bzw. eine Mutter nicht das alleinige Sorgerecht hat und in eine Beschneidung einwilligt ("eine Beschneidung veranlasst" wäre wohl der treffendere Begriff dafür, "einwilligen" klingt so passiv)? Ist dies zukünftig legal und wenn nicht, wie wird sichergestellt, dass vor einer Beschneidung alle Sorgeberechtigten zugestimmt haben?

Vielen Dank

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Bei alleiniger elterlicher Sorge trifft der Alleinsorgeberechtigte die Alleinentscheidung über die Beschneidung.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge wäre bei Meinungsverschiedenheiten ein Verfahren nach § 1628 BGB einzuleiten. Bei jüdischen Buben, die bereits am 8. Lebenstag beschnitten werden sollen, dürfte dies indes auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stossen.

Hopper schrieb:

Bei alleiniger elterlicher Sorge trifft der Alleinsorgeberechtigte die Alleinentscheidung über die Beschneidung.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge wäre bei Meinungsverschiedenheiten ein Verfahren nach § 1628 BGB einzuleiten. Bei jüdischen Buben, die bereits am 8. Lebenstag beschnitten werden sollen, dürfte dies indes auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stossen.

Also innerhalb der Frist, die Mütter nach Massgabe des Gesetztentwurfs zur gemeinsamen elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder eigentlich völlig ausserstande sind, sich mit etwas wichtigem, wie z.B. der väterlichen Sorge auseinanderzusetzen.

Wie praktisch, dass man dann aber auch gleich z.B. beim Namen oder der Religionszugehörigkeit Fakten schaffen kann.

Oder eben dem Kind mal eben schnell etwas vom Körper abzuschneiden.

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Vielen Dank für diese Antwort. Aber was heißt das konkret für den Fall, dass ein Sorgeberechtigter ohne Kenntnis des anderen Fakten schaffen will? Ist ein Beschneider zukünftig verpflichtet unabhängig zu ermitteln, wer die Sorgeberechtigten eines Kindes sind und muss er die Zustimmung aller einholen? Ich vermute ja nicht. Faktisch wird man sich auf die Selbstauskunft desjenigen verlassen, der die Beschneidung wünscht. Mit welchen Konsequenzen muss denn ein Erziehungsberechtiger rechnen, der sein Kind ohne die Zustimmung des anderen Sorgeberechtigten (unter Umständen unter unter Angabe falscher Auskünfte) einer Beschneidung zuführt? Würde eine einseitig veranlasste Beschneidung automatisch gegen das Kindeswohl verstossen und somit den neuen §1631d unterlaufen, so dass sich sowohl Sorgeberechtigter wie Beschneider ggf. doch der Körperverletzung schuldig machen würden? Gibt es einen Schutz für Jungen, der eine Beschneidung als Waffe im Rahmen von familiären Streitigkeiten ausschließt?

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@#19 völlig abwegige Vergleiche, die sich von selbst disqualifizieren.

@#13 bitte erst informieren, was "gewaltfreie Erziehung" bedeuted.

 

Generell würde mich interessieren, ob denn diese tiefe Abneigung, wie sie hier einige verspüren, von besagten Vertretern auch dann gehegt würde, wenn die Beschneidung überhaupt nicht religiös sondern allein aufgrund staatlicher Schutzpflichtwahrnehmung (Art. 1 GG) auferlegt würde. Fakt ist doch, dass der einzige Grund für diese vermeintliche Kontroverse der ist, dass es nunmal v.a. Muslime und Juden sind, die das Gesetz gefordert haben (wobei das nicht einmal nur diese sind, die eine Beschneidung befürworten, siehe Gesetzesbegründung für eine übersichtliche Darstellung). Diese Erkenntnis ist erschreckend und zeugt von dem latenten Rassismus, der in dieser Gesellschaft vorherrscht. Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der oktroyierten Schweinegrippeimpfung (die wirklich zu Todesfällen geführt hat!) solch tiefe Ablehnung aus Seiten der Gesellschaft geäußert wurde.

Das zeigt mal wieder die Früchte der Panikmache, gegen wirklich grundrechtsgefährdende Maßnahmen sind die meisten immun und verharren völlig stumm. Kaum fällt das Wort Jude oder Muslim, sind sie hellwach, die Hetzer, und setzen sich urplötzlich für das Kindswohl, die Willensfreiheit oder die Gleichheit ein, die ja nicht einmal verletzt sind durch die besagte Maßnahme. Denn auf sachliche Argumente gehen diese Häscher grundsätzlich nicht ein, sonst wäre schon längst jemand auf die saubere Gesetzesbegründung eingegangen und hätte sie revidiert.

Panik, Polemik und Populismus sind schlichtweg keine Argumente. Das weiß zum Glück unser Bundesverfassungsgericht. Ich dachte, das sei ein Fachforum, oder wird es eng auf PI.net?

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Reinhard Müller gesteht dies sogar in seinem Beitrag in der FAZ: "Nun gibt es auch dort wertkonservatives Denken, doch ist natürlich ebenso ein antireligiöser Reflex im Spiel".

Unter dem Vorwand des Kindeswohls spielt man in Wirklichkeit mit religiösen Gefühlen und viele sehen dies offensichtlich nur mal wieder als Gelegenheit, ihrem Antisemitismus Ausdruck zu verleihen.

Und nur weil vielleicht mal ein Mensch an einem Motorradhelm erstickt ist, macht das die in § 21a Abs. 2 StVO auferlegte Helmpflicht nicht gleich grundrechtswidrig. Schließlich werden dadurch täglich Menschenleben gerettet und schwere Verletzungen verhindert.

Genauso verhält es sich mit so gut wie ALLEM und damit auch mit der Beschneidung. Komplikationen sind „sehr selten und meist unbedeutend“ (Schreiber/Schott/Rascher/Bender, Klin Pädiatr 2009; 221: 409 <411>), und die auftretenden 0,2%-2% der Fälle sind darauf zurückzuführen, dass die Zirkumzision nunmal bei Ärzten ein "ein[...] typische[r] Lehreingriff’ [ist] bei dem oft erste chirurgische Erfahrungen gesammelt werden" (BT Drs. 17/11295, S. 9)

Ergo: nur manche sich, viele ohne überhaupt unmittelbar und selbst betroffene zu sein, traumatisiert fühlen, delegitimiert dies nicht die Maßnahme an sich.

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@Jurist: Sie haben bzgl. der Gewalt durchaus Recht. Beschneidung kann Gewalt sein, muss es aber nicht. Aber offenbar ist es auch an Ihnen, sinnlose Vergleiche anzustellen. Der Helm erhöht die Überlebenschancen eines Motorradfahrers nicht unerheblich, daher kann man die Helmpflicht rechtfertigen. Wenn man vom Tragen eines Helmes lediglich behaupten könnte, dass es bestenfalls nicht schadet, wäre eine Helmpflicht auch nicht zu rechtfertigen. Aber hier steht dem Risiko im Helm zu ersticken eine dieses deutlich übersteigene Wahrscheinlichkeit gegenüber, im Falle eines Unfalls durch den Helm geschützt zu werden. Welcher Vorteil steht dem Risiko einer Beschneidung einem 8 Tage alten Säugling als Vorteil gegenüber? Zumal diese Schädigung ja auch nur im Falle eines unvorhergesehenen und ungeplanten Unfalls passiert. Bei der Beschneidung ist neben dem ungeplanten Risko von Komplikationen ja die Beschneidung an sich bereits eine Schädigung. Und diese Schädigung tritt in 100% aller Fälle auf, weil sie geplant, ja eben gerade das Ziel der Beschneidung ist. Das kann man auch nicht dadurch wegdiskutieren, dass viele dieses subjektiv nicht als Schädigung empfinden, sie gar für sich selber wünschen. Ohne die eigene Zustimmung und ohne weitreichende Aufklärung ist es völlig klar, dass die Beschneidung an sich bereits eine Schädigung ist und nicht erst das Auftreten von Komplikationen.
 

Und ansonsten ist ihre nicht neuer Verweis auf vorwiegend antisemitische und antimuslimische Motive eine schlichte Unverschämtheit. Dieses Argument ist impertinent und perfide. Darf ich Sie daran erinnern, dass der Junge in dem auslösenden Fall massive Implikationen mit mehrern Nachoperationen und Vollnarkosen zu erleiden hatte? Alleine die Narkosen haben ein nicht zu rechtfertigendes Schädigungspotential, der Schmerz den die Kinder erleiden ist bereits ein Schaden für sich. Lesen Sie die Stellungnahme von Herrn Hartmann und schauen Sie sich an wie oft Kinder mit Komplikationen nach einer Beschneidung von Kinderärzten nachbehandelt werden müssen. Wer hier schlicht ruft, alles Antisemiten und Ausländerfeinde mit einer Fremdenphobie, der macht es sich wahrlich sehr einfach.

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""Sollte das Bundesverfassungsgericht noch angerufen werden – nicht zuletzt deswegen, weil der rechtliche Schutz der genitalen Unversehrtheit von Knaben gegenüber dem von Mädchen erheblich schlechter gestellt werde – so müsse „man“ halt allenfalls eine „Watschn“ aus Karlsruhe hinnehmen. Aber, damit sei gerade bei diesem Thema nicht zu rechnen, denn angesichts der politischen Dimension der ganzen Debatte würde das BVerfG dann wohl die „judicial restraint“-Karte spielen. Da musste der Nichtjurist dann doch erst einmal nachsehen, was das bedeutet. Im Klartext: Die Rechtsprechung tritt hinter der „freien politischen Gestaltung“ zurück. Und die, das lernt man gerade an diesem Beispiel, arbeitet mit Vorgaben, die nichts mit dem bei uns geltenden Rechtsverständnis zu tun haben."

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=17384

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@Jurist:

Gratulation, sie haben es doch noch geschafft, die Antisemitismus-Karte zu ziehen. Meine Beispiele waren bewusst so gewählt, sie zeigen nämlich, dass es keinen objektiven Nutzen des Eingriffs gibt. Und in diesem Fall sollte das betroffene Individuum selbst entscheiden. Nur darum geht es, und nicht um Juden, Moslems, oder sonstwas!

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Sehr geehrter Herr Professor Müller,

 

ich möchte auf folgenden von Ihnen aufgeworfenen Punkt antworten:

- Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht

"Beschneidung ist auf männliche Kinder beschränkt. Dies könnte (hinsichtlich zum Teil weniger eingriffsintensiver Rituale weiblicher Beschneidungen) ein Gleichheitsproblem aufwerfen"

Dies ist keinesfalls zu befürchten. Die Gleichheitsdogmatik sieht vor, das wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Mediziner sind sich in dieser Frage einig, dass die weibliche Genital mutilition nicht im Geringsten mit der Zirkumzision bei Knaben vergleichbar ist, sie "ist mit keinerlei medizinischen Vorteilen verbunden" (BT Drs. 17/11295, S. 14). Dieser Eingriff wird bei Ärzten sogar berufsrechtlich geahndet (a.a.O., m.w.N.). Auch in rechtlicher Hinsicht besteht keine Vergleichbarkeit.

Allein der Umstand, dass es sich um ein primäres Geschlechtsorgan handelt, reicht für das juristische Verständis von wesentlicher Gleichheit nicht aus. Nicht nur hat die Beschneidung bei Knaben medizinische Vorteile, sie zieht auch keine der weiblichen Beschneidung ähnlichen Schäden mit sich: Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt.

 

@RA mojito:
Ihr Vergleich hinkt nicht nur, er ist sogar schwerstgehunfähig, u.a. deshalb:

Nennen Sie mir auch nur einen (wenn auch nur theoretisch möglichen) medizinischen Vorteil der vollständigen Zahnentfernung und der Tätoowierung. Irgendeiner?? Auch nur einer? - Nein, es gibt schlichtweg keinen, damit ist ihr Vergleich absurd. Die Zirkumzision hat tatsächlich medizinische Vorteile - sehr viele und medizinsch erwiesene.

Zur Ihrem 2. Kritikpunkt:

Dann erklären Sie mir doch bitte, warum sich die Argumentationsmuster der Beschneidungsgegner so stark in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber besagte Religionen ähneln. Auch von diversen Parteien (s. Zitat #28). Allein die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, darf schlichtweg kein Gegenargument sein. Nachdem weder medizinische, noch rechtliche Argumente dagegen haltbar sind, ist die Motivation der Gegner leider offensichtlich.

MfG

Jurist

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Jurist schrieb:
Dies ist keinesfalls zu befürchten. Die Gleichheitsdogmatik sieht vor, das wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Mediziner sind sich in dieser Frage einig, dass die weibliche Genital mutilition nicht im Geringsten mit der Zirkumzision bei Knaben vergleichbar ist, sie "ist mit keinerlei medizinischen Vorteilen verbunden" (BT Drs. 17/11295, S. 14).
Das ist die Beschneidung von Knaben ebenfalls nicht.

"Studien", die andere Ergebnisse propagieren, haben entweder methodisch schwerste Mängel (wie die WHO-"Studie" zur angeblichen HIV-Prophylaxe) oder berücksichtigen nicht die Kosten der Nebenwirkungen und Komplikationen incl. der Folgekosten, die verstümmelte Männer aufwenden, um ihren natürlichen Zustand einigermaßen wieder herzustellen und die psychischen Folgen der Verstümmelung zu verarbeiten.

Darüber hinaus wird kein einziger angeblicher medizinischer Vorteil im Kindesalter wirksam, auch dies ein Grund warum sich alle ärztlichen Fachgesellschaften gegen eine Beschneidung nicht Einwilligungsfähiger aussprechen (die AAP ist keine wissenschaftlich arbeitende medizinische Fachgesellschaft, sondern eine Ärztegewerkschaft, die das Einkommen ihrer Mitglieder auf Kosten der Krankenkassen mehren will).

Diese argumentative Schlacht ist längst geschlagen, die Verstümmelungsbefürworter verschließen nur die Augen vor den Realitäten.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, nicht die einseitige Darstellung des Gesetzentwurfes nachzubeten, sondern z.B. die Stellungnahmen der Experten vor dem Rechtsausschuss incl. ihrer Quellen zu studieren.

Jurist schrieb:
Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt.
Das ist falsch:

Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein SECHZEHN MAL so hohes Risiko, sexuell unzufrieden zu sein wie ein intakter Mann.

Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein dreimal so hohes Risiko für Ejakulationsschwierigkeiten wie ein intakter Mann.

Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein dreimal so hohes Risiko für Erektionsschwierigkeiten wie ein intakter Mann.

detaillierte Analyse hier: http://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?p=1736315#p1736315

Wenn sich solche Ergebnisse schon aus einer pro-Beschneidungs-Studie herauslesen lassen (in der Zusammenfassung - "abstract/conclusion" - wird wahrheitswidrig behauptet, Beschneidung habe keine negativen Auswirkungen), dann müssten die Ergebnisse einer neutralen Studie ja noch verheerender ausfallen.

Hier noch ein Beispiel, wie verheerend sich eine Beschneidung im Kindesalter auf die Sexualität und die Psyche auswirkt: http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/politik_artikel,-A...

Abgesehen davon: die "Funktion" des verstümmelten Organs besteht nicht nur in seiner "Grundfunktion" der Fortpflanzung. Mit dem gleichen Argument können Sie erlauben, an jedem Organ eines Kindes so weit herumschneiden zu lassen, dass die Grundfunktion noch gewahrt bleibt. Zum Beispiel: Hören kann man auch ohne Ohrmuscheln (Vorteil: erspart das lästige Ohren sauberhalten), Gehen kann man auch ohne Zehen (Vorteil: Fußpilzprophylaxe), Greifen kann man auch ohne die vorderen Fingerglieder (Vorteil: keine Infektionsgefahr durch unsaubere Fingernägel).

Und schließlich: auch mit einer Mädchenbeschneidung vom Typ 1 wird das Organ auf Dauer unstreitig nicht beeinträchtigt, wie eine schwedische Studie ergab: http://lup.lub.lu.se/luur/download?func=downloadFile&recordOId=143049&fi.... Im Gegenteil, die riskanteste Phase der Geburt, die Austreibungsphase, war bei Schwangerschaften Erstgebärender bei beschnittenen Frauen sogar um 40% kürzer und lange Austreibungsphasen mit hohem Risiko für das Ungeborene (über 60 Minuten) waren bei intakten Frauen fünfmal so häufig!!! Da haben Sie einen tatsächlichen medizinischen Vorteil von Beschneidungen wissenschaftlich belegt und trotzdem wird Beschneidung verboten - bei Frauen ...

Sie haben übrigens recht in dem Punkt, dass FGM nicht vergleichbar ist mit der Zwangsbeschneidung: FGM ist selbst in symbolischer Form verboten, es darf nicht einmal ein folgenlos ausheilender Stich oder minimaler Schnitt gemacht werden. Dagegen soll die Amputation einer erogenen Zone von der Größe der Handfläche nun bei Knaben legalisiert werden?

Jurist schrieb:
Nennen Sie mir auch nur einen (wenn auch nur theoretisch möglichen) medizinischen Vorteil der vollständigen Zahnentfernung
Kein Karies mehr für den Rest des Lebens incl. Vermeidung von Wurzelentzündungen, damit verbundener Infektion der Blutbahn und zum Tode führender Sepsis oder Myokarditis.

 

Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:

"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."

Und Recht hat er...

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Jurist schrieb:

Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:

"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."

Und Recht hat er...

 

Da muss dieser Oliver Garcia aber schon mit dem Niederländischen Ärztebund,  der Niederländische Gesellschaft für Kinderchirurgie, der Niederländische Gesellschaft für Plastische Chirurgie, der  Niederländische Gesellschaft für Kinderheilkunde und der  Niederländische Urologischen Gesellschaft ausmachen, denn diese Ärzteverbände stecken in ihrer  Grundsatzerklärung weibliche Genitalverstümmlung und männ. Beschneidung tatsächlich in eine Schublade:

 

http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/maennliche-beschneidung/maenn...

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Jurist schrieb:

Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:

"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."

Herr García ist sicher ein guter Jurist, aber über eine medizinische Fach- oder auch nur Grundausbildung seinerseits ist nichts bekannt.

Er sollte über sein Fachgebiet urteilen und medizinische Wertungen den medizinischen Fachleuten überlassen. Und das chirurgische (d.h. ärztliche) oder amateurhafte (nichtärztliche) Abschneiden eines gesunden, funktionsfähigen Körperteils wird in der Fachsprache nun einmal Amputation genannt und, wenn es primäre Geschlechtsteile und dortige erogene Zonen betrifft, als Verdeutlichung der Eingriffsschwere Verstümmelung.

Wie würde Herr García sich wohl äußern, wenn Medizinier ihm vorschreiben wollten, a) wie ein Tatbestand zu definieren ist und b) dass Vergewaltigung nur von Männern verübt werden könnte, aber nie von Frauen? Er würde sie zu Recht als inkompetent bezeichnen.

Mit diesen o.g. Sätzen hat Herr García seinem Ruf als Fachmann überhaupt keinen Gefallen getan und sich selbst aus der seriösen Diskussion entfernt.

>Jurist: "Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt."
 

Wenn man die unweigerlich eintretende Austrocknung und Verhornung der Eichelschleimhaut sowie den Verlust von berührungsempfindlichen Gewebes nicht als Funktionsbeeinträchtigung sehen möchte, muss man wohl eine sehr eingeschränkte Sichtweise auf die Biologie und die Funktionsweise des menschlichen Körpers haben. Dass durchaus viele Erwachsene mit dieser Funktionsänderung zufrieden sind oder diese sogar aktiv herbeiführen, ändert nichts daran, dass dies eine subjektive Bewertung ist, die eben bei sehr vielen auch deutlich anders ausfällt. Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen eine Brustwarze oder ein Ohrläppchen mit der Begründung entfernen würde, dass Sie ja in Ihrer Funktion nicht dauerhabt beeinträchtigt seien?

Ich warte nach wie vor aus eine plausible Erklärung, warum die FGM Typ 1a verboten und MGM erlaubt sein soll. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind homolog (schauen Sie es sich an: http://www2.hu-berlin.de/sexology/ATLAS_DE/html/die_primaeren_geschlecht...). Wer da nicht "wesentlich gleiches" sehen will, der will es schlicht nicht sehen.

 

>Jurist: "Allein die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, darf schlichtweg kein Gegenargument sein."

Wo wird alleine die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, als Gegenargument genannt? Ich darf Sie erinnern, dieses Gesetz erlaubt zukünftig die Beschneidung von Jungen aus beliebigen Gründen. Es geht hier um eine konkrete Handlung und nur insofern um Religion, als dass diese darauf insistiert, diese Handlung ausführen zu dürfen. Beschneidungsfetischisten bekommen von den Gegnern genau dieselben Argumente zu höhren wie Religionen, Muslime dieselben Argumente wie Juden, insofern ist es eine reine Schutzbehauptung, den  Kritikern Antisemitismus oder Religionsfeindlichkeit zu unterstellen. Nur weil Antisemiten und Religionsfeinde gegen die Beschneidung sind, macht es die Gegener nicht zu solchen.

 

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Dieses Gesetz wirft Fragen hinsichtlich der Verfassung der Demokratie in Deutschland auf.

 

Es geht in der Debatte der Beschneidung um weit mehr als "nur" die Frage der Beschneidung jüdischer oder muslimscher Knaben, ja sogar weit mehr um die Frage der Beschneidung von nichteinwilligungsfähigen Kindern im Allgemeinen, sondern um ganz wesentliche Fragen zu unserere Demokratie.

 

Die Bundesregierung hat ein nach den Wünschen der Religionsverbände maßgeschneidertes Gesetz erlassen. Das Kindeswohl und medizinische Aspekte standen niemals wirklich zur Debatte, einzig die größtmögliche Befriedigung der "Wünsche" der Religionslobbyisten, genauer des Zentralrats der Juden,  standen im Fokus.

Die wiederholten Einwände und Proteste seitens Kinderrechtsoganisationen und medizinschen Fachgesellschaften wurden allle nach der anderen in den Wind geschossen.

 

Man muss sich das alles noch mal deutlich vor Augen halten:

Die DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR KINDERCHIRURGIE, der BERUFSVERBAND DER KINDER- UND JUGENDÄRZTE, die  DEUTSCHE AKADEMIE FÜR KINDER UND JUGENDÄRZTE, die DEUTSCHE KINDERHILFE, Deutschlands größte Frauenrechts- und Anti-FGM-Organisation TERRE DE FEMMES, sowie Verbände von Missbrauchsopfern -- sie alle haben dieses Urteil nicht nur einfach akzeptiert sondern explizit begrüßt, und aschließend das Gesetzesvorhaben entschieden abgelehnt. Nicht zuletzt stand auch die Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Urteil.

Die einzigen, die mit dem Urteil ein Problem hatten, waren religiöse Lobbyverbände,  allen voran der Zentralrat der Juden.

Und ganz allein um deren Willen wird ein Gesetz gemacht, das nicht nur das Kölner Urteil außer Kraft setzt, sondern auch noch alle Jungen jedweder Religion genital zum Freiwild ihrer Eltern macht. Alle Jungen.

Es werden jährlich vielleicht 100 solcher jüdischer Beschneidung durchgeführt.

Um diese 100 Beschneidungen zu retten, wird es demnächst ein Bundesgesetz geben, das Beschneidung auf beliebigen Wunsch der Eltern explizit legalisiert. Ob Religion, Hygiene, "weil's hübscher ist", "weil's der Papa auch ist" oder um dem Sohnemann Selbstbefriedigung zu erschweren. Denn es wäre ja unzumutbar , wenn jüdische Eltern z.B. durch eine Bescheinigung ihrer Gemeinde vor der Beschneidung belegen müssten, dass sie dem Judentum angehören, und daher ist eine Ausnahmeregelung nur für religiöse Beschneidungen nicht möglich.

Um 100 jüdische Beschneidungen zu retten, werden alle in Deutschland lebenden Jungen genital zum Freiwild der Launen ihrer Eltern gemacht. Selbst wenn man 100 jüdische + geschätzt 30.000 muslimische Beschneidungen zu tolerieren bereit ist, wie kann man das gutheißen.

 

Das Kindeswohl ethische Bedenken, Grundrechte, das alles stand nie wirklich auf der Debatte, alle Stellungnahmen der zuständen medizinischen Fachverbände, dass das Gesetz medizinisch unveranzwortlich ist, wurden ignoriert. Die Bundesregierung und weite Teile der Opposition haben hier als reine Durchwinkgremium für die Beschlüsse des Zentralrats der Juden in Deutschland agiert. Es geht hier nicht mehr um die Beschneidung, es geht um eine Machtprobe zwischen Volk und Zentralrat und um die Frage, wer der Staatssouverän ist: Das Wahlvolk oder der Zentralrat der Juden.

Und genau diese Frage müssen wir uns stellen.

  • Wie kann es sein, dass Lobbyverbände wie der ZDJ offenbar Gesetze regelrecht bestellen können, um ihnen missliebige Urteile außer kraftzu setzen, die wider alle Einsprüche von Kinderrechts-, Frauenrechts-und  Medizinerverbänden durchgebracht werden.
  •  
  • Wie kann es in einer repräsenativen Demokratie passieren, dass sich Bndesregierung und weite Teile der Opposition ganz offensichtlich vor aller Öffentlichkeit zu befehlsvollstrechern von Lobbyverbänden machen können?
  •  
  • Wie kann es in einer repräsantativen Demokratie passieren, dass  Politiker keine Skrupel haben, ein Gesetz zu erlassen, das von der Mehrheit der Bevölkerung, die sie eigentlich repräsentieren sollten , entschieden abgelehnt wird.

 

Wen repräsentieren die über 400 Abgeordneten da eigentlich, die diesem Gesetz zugestimmt haben? Das deutsche Wahlvolk oder den Zentralrat der Juden?
 

Dieses Gesetz ist nicht ein Affront an die deutsche u. europäische Medizinerschaft, an die Rechte des Kindes, den Kinderschutz, nein es stellt auch die ganze Demokratie in diesem Land infrage.

 

 

 

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Sehr geehrter Kritischer Mensch,

ich teile die meisten der Bedenken gegen die Beschneidung, die in dieser Debatte geäußert wurden und werden. Aber ich sehe es nicht so wie Sie:

Dieses Gesetz ist nicht ein Affront an die deutsche u. europäische Medizinerschaft, an die Rechte des Kindes, den Kinderschutz, nein es stellt auch die ganze Demokratie in diesem Land infrage.

Dann wären eine Menge Demokratien in der Welt infrage gestellt, denn die Beschneidung ist ja in fast allen erlaubt. Die "Medizinerschaft" wird auch in den anderen Ländern durch die dortigen Gesetze konfrontiert/affrontiert (?). So wichtig es ist, diese Diskussion zu führen und auch den die Beschneidung praktizierenden Religionsgemeinschaften und die jeweiligen Eltern in der Öffentlichkeit auf die medizinischen Bedenken hinzuweisen, so erscheint es mir doch der demokratischen Entscheidung zugänglich zu entscheiden, ob diese Praxis strafbar sein soll oder nicht. Zumindest solange Deutschland damit in der absoluten Minderheit wäre, ein Ausweichen auf andere Länder ohne Weiteres möglich wäre. ist Deutschland nicht verpflichtet eine Regelung zu erlassen a la "am deutsche Wesen soll die Welt genesen". Ich hoffe auf eine Entwicklung, in der in Zukunft die Beschneidung ebenso wie andere Traditionen der Religionsgemeinschaften (von diesen selbst etwa auf Druck der öffentlichen Meinung) auf den Prüfstand gestellt wird und letztlich faktisch abgeschafft wird. Möglicherweise gibt es auch sich weiter entwickelnde weltweite Diskussion dazu. Dass eine Bestrafung der Eltern und Ärzte von Verfassung wegen geboten ist, sehe ich nicht.

 

Sehr geehrter Herr Jurist, Sie schreiben:

"Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt."

Da sind Sie ziemlich schlecht informiert. Denn gerade diese Frage ist (neben anderen) ziemlich streitig.

 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr ErnstMüller

 

Erst einmal Danke für ihre Antwort.

 

Henning Ernst Müller schrieb:
Dann wären eine Menge Demokratien in der Welt infrage gestellt, denn die Beschneidung ist ja in fast allen erlaubt. Die "Medizinerschaft" wird auch in den anderen Ländern durch die dortigen Gesetze konfrontiert/affrontiert (?).

 

Da haben sie vollkommen recht, und da sind wir einer Meinung.  Das es sich der Erlass des Gesetes formalrechtlich demokratisch abgelaufen, ist, d. h. dass das Gesetz vom Paralament mit großer Mehrheit zugestimmt wurde,und die gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe eines Gesetzesgebungsverfahren eingehalten wurden, bestreite ich nicht. Aber die Demokratie wird meiner Ansicht auch nicht durch die Legalität der Beschneidung infrage gestellt, die wie sie richtig sagen, in allen Demokratien gegeben ist, sondern durch die Art und Weise, wie dieses Gesetz zustande kam.

 

Die Bundesregierung hat auf Geheiz von Religionsverbände ein nach deren Wünschen maßgeschneidertes Gesetz erlassen, um ein Urteil der Judikative außer Kraft zu setzen. Das Kindeswohl und medizinische Aspekte standen niemals wirklich zur Debatte, die widerholten Einwände der medizinischen Fachverbände hier, hier, hier und hier wurden vollkommen ignoriert.

 

Ich möchte diesen Vorgang, der meines Erachtens den demokratischen Charakter dieses Staates infragestellt anhand eines religionsneutralen Beispiels verdeutlichen.

 

Eine chemischeSubstanz Xwird industriell in der Produktion vielerlei Baby- und Kleinkindbedarfsartikels verwendet.

 

Ein Landesgericht stellt nun im Rahmen eines Gerichtsverfahrens um ein durch dieSubstanz X geschädigtes Kind fest, dass diese Substanz nicht mehr bei Kindern- und Jugendlichen angewendet werden darf.

 

Kinderarztverbände und Kinderrechtsverbände begrüßen dieses Urteil ausdrückllich. Auch Umfragen zeigen, dass die Bevölkerung das Urteil ausdrücklich begrüßt.

 

Industrielle Lobbyverbände –ein Konsortium rund um die Hersteller und Verwender der Substanz X– laufen Sturm. Die Substanz X sei für die Produktion unverzichtbar, ein Ausweichen auf alternative Chemikalien generell undenkbar. Die Substanz Xsei zudem völlig undenklich, das Urteil stehe viel mehr für tiefe Vorurteile gegenüber der modernen chemischen Industrie.

 

Besagte Lobbyverbände fordern ein Gesetz, dass die Verwendung der Substanz Xausdrücklich erlaubt, und das sie schnell wie möglich.

 

Wenige Wochen nach Urteilsverkündung, kündigt Jusitzminiserin auch schon eine Gesetzentwurf an, und die sogenannte Opposition signalisierte Bereitschaft sich dem Gesetzentwurf anzuschließen.

 

Der Berufsvervand der Kinder-und Jungendärzte, die Deutsche Gesellschaft für Kinder-und Jungend Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin protestiert eindringlich gegen den Gesetzentwurf. Ebenso protestieren Kinderechtsorganisationen und  Frauenrechtsorganisationen. Über 600 führende deutsche Mediziner und Juristen wenden sich in einem in der FAZ veröffentlichen Brief an die Bundesregierung, in dem sie das Gesetzesvorhaben verurteilen.

 

Trotz allem: Bereits sechs Monate nach Verkünding des Urteils ist es dann soweit, Die Bundesregierung und weite Teile der Opposition stimmen dem von der Chemo-Industrie-Lobby geforderten Gesetz zu.

 

Formalrechtlich ist alles "sauber" gelaufen. Alles ganz demokratisch. Aber ist diese Art von Befehlsvollstreckerei von Lobbyisten wirklich "demokratisch"? Und im Lichte solch eines Verhaltens geht es nicht nur um die Frage, ob die Substanz X nun erlaubt sein soll oder nicht, sondern darum wie Demokratie in unserem Land gelebt und praktiziert wird: Darum, ob die Interessen der Bevölkerungsmehrheit repräsentiert werden, oder im Zweifel nur  die von Lobby-Gruppenegal welcher Colour. Darum, ob sowas wie Grundrechte, Kindeswohl und Kinderschutz wirklich zählen, oder nur hohle Phrasen für Sonntagsreden sind, die wenn's drauf ankommt,  dem Wohl von Lobbys untergeordnet werden. Darum on dieses Land eine Demokratie ist und keine Lobbykratie.

Und das oben Geschilderte ist in Deutschland in den letzten 6 Monaten passiert. Nur dass es sich nicht um eine chemischen Stoff, sondern um einen chirurgischen Eingriff gehandelt hat.

(Natürlich kommt bei der Beschneidung noch hinzu, dass dieses Thema sich leider mit anderen national und international heftigst geführten Debatten und Konflikten schneidet, ("Islamdebatte", "Multikulturalismus-Debatte" usw), sodass die Beschneidungsfrage leider sehr gefährdert dafür ist, in einen Kulturkampf auszuarten. Aber das würde jetzt den Rahmen des Beitrags sprengen.)

 

Henning Ernst Müller schrieb:
Ich hoffe auf eine Entwicklung, in der in Zukunft die Beschneidung ebenso wie andere Traditionen der Religionsgemeinschaften (von diesen selbst etwa auf Druck der öffentlichen Meinung) auf den Prüfstand gestellt wird und letztlich faktisch abgeschafft wird. Möglicherweise gibt es auch sich weiter entwickelnde weltweite Diskussion dazu.

 

Das hoffe ich auch.

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Der Streit um die Knabenbeschneidung – symptomatisch für das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland?

Diskussionsveranstaltung in der Urania Berlin 07.01.2013 - 19:30 Uhr

Ziel der Debatte ist es, noch einmal grundlegend über die Konsequenzen nachzudenken, die mit der Legalisierung des Rituals verbunden sind: Ist mit dem Gesetz schon das letzte Wort in Sachen Beschneidung gesprochen? Könnte mit gleicher Begründung auch das Verbot der weiblichen Genitalbeschneidung fallen? Wie kommt es, dass deutsche Politiker in vielen Fällen dazu tendieren, religiöse Interessen stärker zu gewichten als säkulare Rechtsnormen? Ist die politische Entscheidung in der Beschneidungsfrage symptomatisch für das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland?

Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:

"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."

 

Es ist für mich als Mediziner immer wieder frapierend, mich welchem Mangel an Sachkenntnis Juristen glauben argumentieren zu können. Dabei ist es doch heutzutage ganz einfach mal zu googeln, man muß nicht mehr sich durch Wälzer wir den von Freiherrn von Reizenstein wühlen, um sich ein Bild machen zu können. Steckt ein psychologischer Abwehrmechanismus dahinter ?

Außerdem frage ich mich, wie "nach den Regeln der ärztlichen Kunst"  bei Säulingen ohne Anästhesie aussehen soll. Die Ausführung von Narkosen - und ohne die geht es bei Säuglingen nun mal nicht, will man die Regeln der "ärztlichen Kunst" micht verletzen, ist ausdrücklich Ärzten vorbehalten und auch ein Schnellkurs  für "von (den) Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen" kann eine Ausbildung, die Fachärzte für Anästhesie absolvieren müssen, nicht ersetzen. In der Ausbildung habe ich gelernt, das man nur die Eingriffe durchführen kann, wenn man auch in der Lage ist, Komplikationen souverän zu beherrschen - ansonsten Finger weg.  Akute lebensbedrohliche Situationen mal außen vorgelassen und  bei der Beschneidung handelt es sich ja wohl kaum um einen solchen. Ohne wirksame Schmerzausschaltung kann die Forderung "ärztliche Kunst" bei Säuglingen also nicht erfüllt werden.

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2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.

 

Angesichts der Zertifizierungs- und QM-Wut im Gesundheitswesen frage ich mich auch, wer den die "besondere Ausbildung" der Nichtärzte kontrollieren und bewerten soll und wer letztendlich die Approbation der "vergleichbar Befähigten" erteilen soll. Normalerweise sind dafür die Landesärztekammer in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landesdirektionen zuständig. Die werden sich schön bedanken. Ganz abgesehen davon, daß mir allein beim Anblick des Instrumentariums der vergleichbar befähigten, besonders ausgebildeten Personen, die keine Ärzte sind, gewaltige Zweifel an der Vergleichbarkeit im Sinne von Gleichwertigkeit kommen.

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Es ist immerhin beruhigend, dass die Genitalverstümmelungsbefürworter mit ihren "Argumenten" dem gemeinen Wahlvolk keinen Sand in die Augen streuen konnten:

Mehrheit der Deutschen gegen Beschneidungsgesetz (SPON)

70 Prozent der Deutschen lehnen das vor rund zwei Wochen vom Bundestag mit großer Mehrheit beschlossene Gesetz zur Beschneidung von Jungen ab. Das ergab laut einer Vorabmeldung der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Vereins Mogis (Missbrauchsopfer gegen Internetsperren).
Lediglich 24 Prozent der 1000 am 18. und 19. Dezember Befragten halten das Gesetz für richtig

Wenn man sich erinnert, dass kurz nach dem Urteil des LG Köln nur etwa 55% das Urteil für richtig hielten und etwa 45% für falsch, dann hat im Verlauf der Debatte etwa ein Viertel aller Deutschen erkannt, dass Jungen nicht weniger Recht auf Schutz vor Genitalvertümmelung haben als Mädchen und seine Meinung geändert.

Die Motivation der Religionslobbyisten zu versuchen, die Debatte im Keim abzuwürgen, wird dadurch noch deutlicher.

Ein ähnliche Diskrepanz der Abgeordneten (in der Union nahezu gleichgeschaltet durch das Kanzelrinnenmachtwort von der "Komikernation") zum Wähler in der Realitätswahrnehmung (Bundestag: 70% pro Beschneidungserlaubnis, Bevölkerung 70% dagegen) gab es vorher nur bei der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Bleibt die Frage: wann kommt das "Fukushima der Beschneidung", d.h. der erste an Genitalverstümmelung Gestorbene oder lebenslang behinderte Knabe? Er tut mir jetzt schon Leid, das Opfer geht klar auf das Gewissen von Angela Merkel.

Dramatischer Beschneidungsunfall: Türkische Familie fordert 2 Mio. Lira Schmerzensgeld

Die Familie eines dreijährigen Kindes, dessen Penis während eines kollektiven Beschneidungsfestes in der südöstlichen Provinz Batman abgeschnitten wurde, hat nun zwei Millionen türkische Lira Entschädigung vom türkischen Gesundheitsministerium gefordert. ... wird behauptet, dass die Beschneidung nicht von einem qualifizierten Arzt durchgeführt wurde, sondern von einem unqualifizierten Mitglied des Krankenhauspersonals vorgenommen worden sei.

 

"Den Gesetzgeber hat der Teufel geritten"

Interview mit Holm Putzke

Zitate:

... das Gesetz erlaubt Beschneidungen nur dann, wenn sie lege artis vorgenommen werden, also nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Verboten sind danach rituelle Beschneidungen ohne wirkungsvolle Schmerzbehandlung. Mohalim sind in der Regel aber keine Ärzte, weshalb es ihnen auch nicht erlaubt ist, geeignete Schmerzmittel einzusetzen. Sie sind deshalb gar nicht in der Lage, eine wirkungsvolle Schmerzbehandlung vorzunehmen. Daraus folgt zwangsläufig, dass Beschneidungen zukünftig ausschließlich dann durchgeführt werden dürfen, wenn der Beschneider zugleich die Voraussetzungen der Approbationsordung für Ärzte erfüllt oder ein Arzt bei der Beschneidung anwesend ist und die Schmerzbehandlung übernimmt.
...
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass auf dem Boden des Grundgesetzes ein Gesetz zustande kommt, das gestattet, schutzbedürftigen Säuglingen und Kindern ohne medizinischen Grund einen erogenen Körperteil irreversibel abzutrennen, ihnen dadurch Schmerzen zuzufügen und sie gesundheitlichen Risiken auszusetzen.
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Bis zur Präsentation der Eckpunkte des Justizministeriums gab es keine Beteiligung kritischer Experten. Das war ja auch gar nicht gewollt, weil es dann ziemlich schwierig geworden wäre, medizinisch unnötige Beschneidungen als kindeswohldienlich zu verkaufen. ... Bei allen Eingeladenen war völlig klar, wie sie votieren würden, weil sich die meisten vorher schon irgendwo geäußert hatten. So standen von vornherein viele Beschneidungsbefürworter wenigen Kritikern gegenüber. Völlig überraschend war am nächsten Tag in den Zeitungen zu lesen, dass eine große Mehrheit der Sachverständigen das Gesetz gutheißt. Wer keine Ahnung hat, den beeindruckt so ein scheinbar klares Votum natürlich. Bei genauerem Hinsehen haben die gezielt ausgewählten Sachverständigen genau das produziert, was die Politik bei ihnen bestellt hat: einen Persilschein. So funktioniert Politik: Man lade sich die Applaudierer und Ja-Sager ein, die man braucht, und schon bekommt man das Ergebnis, das man haben möchte.

Warum wurden neben oder anstelle der jüdischen Beschneiderin Antje Yael Deusel und des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, nicht Andreas Gotzmann, Professor für Judaistik an der Universität Erfurt, geladen oder Michael Wolffsohn, Historiker und emeritierter Professor? Warum wurde der gerade zum Bundesgerichtshof berufene Hennig Radtke gehört und nicht der langjährige BGH-Richter Thomas Fischer, Autor des bekanntesten StGB-Kommentars? Was qualifiziert Hans Kristof Graf, Chefarzt im Jüdischen Krankenhaus Berlin, gegenüber Boris Zernikow, Leiter des Deutschen Kinderschmerzzentrums, oder gegenüber Matthias Franz, Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie? Oder was hat der Ehrenvorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages, Siegfried Willutzki, für besondere Kompetenzen etwa im Vergleich zu einer Vertreterin oder einem Vertreter der Deutschen Kinderhilfe? Wieso wurde Aiman A. Mazyek eingeladen, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, aber kein einziger von denen, die ihre Beschneidung beklagen und unter ihrem Zustand leiden? Und mit welchem Recht erhält der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig den Vorrang etwa gegenüber Winfried Hassemer, dem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts?

Wie man sieht: Leicht hätte die Sachverständigenrunde ganz anders besetzt werden können und dann wäre ein ganz anderes Ergebnis herausgekommen und die Medien hätten am nächsten Tag vermelden müssen: „Sachverständige uneins über Beschneidungsgesetz“ oder „Sachverständige lehnen Beschneidungsgesetz ab“. Aber das hätte Sand ins Getriebe der überhastet angeworfenen Gesetzgebungsmaschinerie gestreut. Und mehr Bedenkzeit wollte sich die Politik nicht gönnen, weil sie den auf sie ausgeübten Druck als zu groß empfand.
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Das Beschneidungsgesetz ist verfassungswidrig! Neben dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und negative Religionsfreiheit ist auch Artikel 3 des Grundgesetzes verletzt. Obwohl dieses Grundrecht erklärt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt und geschlechtsabhängige Bevorzugungen oder Benachteiligungen verboten sind, knüpft der Gesetzgeber die Erlaubnis zur Körperverletzung ausdrücklich an das Geschlecht des Kindes. Offenbar soll der Gleichheitssatz für Jungen und Mädchen nicht gelten. Das ist mit unserer Verfassung nicht zu vereinbaren. Bei der Genitalverstümmelung von Mädchen – die mit Blick auf leichte Formen ohne weiteres mit der männlichen vergleichbar ist – gehört das empörte Ablehnen dieser Form von Gewalt inzwischen zum guten Ton. Es gibt keinen sachlichen Grund, Jungen anders zu behandeln. Stattdessen ebnet der Gesetzgeber mit dem Beschneidungsgesetz den Mädchenbeschneidern den Weg – auch wenn dies die Befürworter der männlichen Vorhautamputation nicht wahrhaben wollen und über den Vergleich schimpfen wie Rohrspatzen.
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Deutliche Kritik ist an der missglückten Zweckklausel zu üben. ... De facto erlaubt das Gesetz Eltern also, ihren Kindern nach Lust und Laune die Vorhaut zu amputieren.
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Der Gesetzgeber hätte sich auf die Lösung des Problems beschränken sollen, religiöse Beschneidungen von Jungen aus der Schusslinie des Strafrechts zu bringen. Tonio Walter, Strafrechtsprofessor an der Universität Regensburg, hat den klugen Vorschlag gemacht, ins Strafgesetzbuch eine Regelung aufzunehmen, die den Tatbestand der Körperverletzung für nicht anwendbar erklärt bei Beschneidungen von Jungen, wenn seine Religionsgemeinschaft und die der Sorgeberechtigten die Beschneidung gebietet. Damit hätte man vermieden, etwas für kindeswohldienlich erklären zu müssen, was definitiv nicht dem Kindeswohl dient. Natürlich wäre auch dies ein Fremdkörper in unserer Rechtsordnung – aber für eine Übergangszeit nicht zuletzt aus historischen Gründen gerade noch akzeptabel.
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Glücklicherweise wird das Beschneidungsgesetz weder die wissenschaftliche noch die gesellschaftliche Debatte beenden. Im Gegenteil: Die Art, wie das Beschneidungsgesetz zustande gekommen ist, die Ignoranz der Politik gegenüber Kinderrechten und nicht zuletzt die Einflussnahme bestimmter religiöser Gruppen hat viele Menschen erschreckt.

Ich bin sicher, dass das Urteil des Landgerichts Köln und die intensiv geführte Diskussion um die Zulässigkeit medizinisch unnötiger Beschneidungen einen Prozess eingeläutet haben, der dem archaischen Ritual über kurz oder lang ein Ende machen wird. Auch die Religionsgemeinschaften werden irgendwann erkennen, dass es Alternativen gibt zur religiösen Stempelung kindlicher Körper. Und in einigen Jahren werden sich die Menschen an den Kopf fassen und fragen, welcher Teufel den Gesetzgeber geritten hat, die körperliche Unversehrtheit von Kindern und ihr Selbstbestimmungsrecht derart mit Füßen zu treten.

 

Beschneidungsgesetz

Am Ende werden wohl die Richter entscheiden

Noch ist das Beschneidungsgesetz nicht beschlossen, doch Klagen dagegen sind wahrscheinlich.

 

Bundesregierung und Bundestag wollen klarstellen, dass die Vorhautbeschneidung von Jungen in Deutschland nicht strafbar ist. Allerdings werde wohl auch beim Streit über die Beschneidung am Ende das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben, vermutet Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die geplante gesetzliche Regelung müsse daher besonders gründlich vorbereitet werden, sagte sie dem Spiegel am Wochenende.

 

http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/am-ende-werden-wohl-die-richter-entscheiden--61934974.html

 

Was muß denn noch gründlich vorbereitet werden ?

Ich denke alles ist in trockenen Tüchern.

 

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