Beschneidungsgesetz beschlossen - eine faire Anerkennung religiöser Tradition?
von , veröffentlicht am 13.12.2012Gestern hat der Bundestag das Beschneidungsgesetz beschlossen (Link zum Abstimmungsverhalten aller Abgeordneten), über dessen Enstehung die ganze Republik politisch wie juristisch diskutiert hat, nachdem das LG Köln die Beschneidung von Kleinkindern als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft hatte. Die Diskussion fand auch hier und hier im Blog statt.
Die Neuregelung des § 1631 d BGB lautet nun:
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.
Hans-Michael Heinig, Prof. für Öffentliches Recht und Kirchenrecht, hat das neuen Gesetz im Verfassungsblog begrüßt. Der Beschneidungserlaubnis gibt er das Siegel des Philosophen Habermas aus einem Artikel in der NZZ - es handelt sich nach Heinig beim neuen Gesetz um eine "faire(n) Anerkennung der partikularistischen Selbstbehauptungsansprüche religiöser und kultureller Minderheiten."
Allerdings hat das neue Gesetz keineswegs alle Fragen beantwortet, die sich in der Diskussion stellten. Hier noch einmal meine Überlegungen, die ich im Juli hier im Blog angestellt hatte, und die Gegenüberstellung mit der neuen gesetzlichen Regelung:
Eine gesetzliche Regelung kann versuchen, die voherige Rechtfertigung durch (religiös motivierte) Einwilligung der Sorgeberechtigten wieder zu etablieren bzw. zu bestätigen. Insofern wäre die gesetzliche Regelung eine "Erlaubnis". Die meisten Politiker, die sich geäußert haben, tendieren genau dazu: Sie wollen den (bzw. bestimmten) Religionsgemeinschaften zugestehen, dass sie dieses bisher weitgehend akzeptierte Ritual weiter strafrechtlich unbehelligt durchführen können.
Das Gesetz enthält eine solche Erlaubnis. Diese ist allerdings nicht auf religiöse Motive beschränkt: In § 1631 d BGB ist von Religion nicht die Rede, auch wenn alle wissen, dass es praktisch nur darum gehen soll.
Allerdings wird dies nicht geschehen können, ohne zugleich die Grenzen der Erlaubnis aufzuzeigen, d. h. in anderer Beziehung wird das Gesetz auch Verbote enthalten müssen. Und in diesen Details stecken erhebliche Probleme!
Die Grenze ist das "Kindeswohl", auf diese Grenze wird nun auch im Gesetz hingewiesen. Aber wie ist dies inhaltlich auszufüllen? Und wie soll die Abwägung mit dem "Zweck der Beschneidung" erfolgen? Die Gegner einer Beschneidung meinen ja unter Hinweis auf Schmerzen und Risiken der Operation, die Beschneidung des Genitals eines Neugeborenen oder Kleinkindes könne generell nicht dem Kindeswohl entsprechen. Dies ist offenbar nicht die Ansicht des (jetzigen) Gesetzgebers: Die Beschneidung des männlichen Kindes ist erst einmal kindeswohlgerecht. Aber wann denn nicht mehr? Präzisiert wird dies im Gesetz nicht.
Denkbar (und teilweise notwendig) erscheinen: - Altersbegrenzungen (Mindest- bzw. Höchstalter),
In dieser Hinsicht ist der zweite Absatz des neuen § 1631 d BGB unverständlich, wenn man ihn unvoreingenommen liest: Gerade die jüngsten, schützenswertesten Kinder werden vom Gesetz weniger gut geschützt? Das ist ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Religion nicht zu legitimieren. Wenn der Gesetzgeber versucht, das Wort "Religion" zu vermeiden, wird es hier erforderlich, um die eigentliche Sachfrage wie um einen heißen Brei herumzuregeln. Das ist jedenfalls nicht transparent. Ist es "fair"?
- die Beschränkung auf Ärzte mit chirurgischer Erfahrung
In Absatz 1 ist von "Regeln ärztlicher Kunst" die Rede, in Absatz 2 wird (für die Jüngsten) ausdrücklich auch Nichtärzten erlaubt, Beschneidungen durchzuführen.
- Vorschrift einer (Voll-)Narkose
Ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, gehört aber wohl zur "ärztlichen Kunstregeln" im ersten Absatz. Eine Vollnarkose bei Neugeborenen ist hingegen riskant und dürfte auch nicht von Nicht-Ärzten durchgeführt werden. Man muss es wohl so hart aussprechen: Die Jüngsten müssen halt die Schmerzen ertragen. Das ist (neben den OP-Risiken) dann die Zumutung, von der Habermas schreibt: "Den religiösen wie den nichtreligiösen Bürgern wird dabei einiges zugemutet." Ich würde allerdings sagen, dass bei einem Neugeborenen bzw. Säugling die Rede von "religiös/nichtreligiös" überhaupt nicht sinnvoll ist. Aber da mögen der Philosoph und der Kirchenrechtler anderer Auffassung sein.
- Beschränkungen auf bestimmte Religionsgemeinschaften
Ist nicht erfolgt. In eine Beschneidung kann von Eltern grds. auch unabhängig von ihrer religiöser Überzeugung oder Zugehörigkeit eingewilligt werden. Eine Kontrolle der Motive wäre auch kaum praktikabel.
- Beschränkung auf bestimmte anerkannte/etablierte/vergleichsweise risikoarme Rituale
Ist nicht geregelt.
- Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht
Beschneidung ist auf männliche Kinder beschränkt. Dies könnte (hinsichtlich zum Teil weniger eingriffsintensiver Rituale weiblicher Beschneidungen) ein Gleichheitsproblem aufwerfen
- Verpflichtung von (Ärzten in) öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zur Durchführung
Nicht geregelt.
- Haftungsregelungen für Fälle, in denen sich ein Schadensrisiko trotz lege artis durchgeführter Zirkumzision verwirklicht (Haftungsfonds der Religionsgesellschaften?)
Nicht geregelt.
Der Bundestag hat entschieden, das ist erst einmal (noch dazu bei einer so großen Mehrheit) zu akzeptieren und im Kern auch zu begrüßen, da die Rechtsunsicherheit zwar nicht vollständig beseitigt (s.o.) aber immerhin begrenzt wird. Und ich stimme ohne Weiteres mit Herrn Prantl (in der SZ) darin überein, dass man in der Diskussion nicht dem Diskussionsgegner Unlauterkeit oder Schlimmeres unterstellen sollte.
Aber auch über verabschiedete Gesetze darf diskutiert werden.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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78 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenVictor Schiering kommentiert am Permanenter Link
Danke für diesen sehr informativen Bericht!
Unglücklich ist nur der Erwähnung Herrn Prantls, der mehrfach alle Kritik an aufgezwungenen Vorhautamputationen als wortwörtlich "Unsinn" abtat, und sich so um die VerUNsachlichung der Debatte äußerst verdient gemacht hat.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Bitte auch nicht übersehen, dass es nicht um Eltern sondern um Sorgeberchtigte geht. Durch dieses Gesetz sind nicht nur Jungen von Juden und Muslimen der Willkür ausgeliefert, es sind alle Jungen der Willkür ausgeliefert. Ein Junge, der Waise wird und an den "falschen" Vormund gerät, wäre einer Beschneidung schutzlos ausgeliefert, gleich, was die leiblichen Eltern oder das Kind davon hielten. Hier mag man theoretisch noch das unspezifizierte "Kindeswohl" als Schranke sehen, in der Praxis wird diese aber keinem Kind Schutz bieten.
Ich halte dieses Gesetz für grundlegend verfassungswidrig. Ja, Eltern können Grundrechte für ihre Kinder einschränken, beispielsweise verfügen Sie über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Diese Grundrechtseinschränkungen müssen aber zwingen mit Erreichen der Volljährigkeit enden. Der Grundrechtseingriff, den eine Beschneidung darstellt, wirkt aber nicht nur zum Zeitpunkt der Beschneidung sondern er wirkt ein Leben lang. Das wäre Vergleichbar damit, das Eltern das Recht hätten, für ihr Kind nicht nur bei Regenwetter zu bestimmen, dass das Kind im Haus bleibt, sondern einen lebenslangen Hausarrest zu verfügen. Beschneidung ist kein Ereignis, sondern ein lebenslanger Zustand. Mir wäre kein anderer für Eltern legitimer Grundrechtseingriff bekannt, der über die Kindheit und gar ein Leben lang wirken kann. Wenn es einen solchen geben dürfte, dann wären daran ganz besondere Anforderung zu stellen. Der Gesetzgeber macht aber das genau Gegenteil. Er stellt diesen Grundrechtseingriff, der auch für den später erwachsenen Mann gilt, der Beliebigkeit anheim und fordert überhaupt gar keinen Rechtfertigungsgrund. Er schließt somit nicht einmal (zuminest nicht wirksam) niedere Gründe aus. Ein Grundrechtseingriff ohne Rechtfertigungsgrund ist für mein Empfinden ein klarer Verstoss gegen Artikel 1 GG. Ein Gesetz das Grundrechte ohne Rechtfertigungsgrund massiv und über die Kindheit hinaus ein Leben lang einschränkt, verstösst klar gegen die Würde des Menschen.
Gabriele Childs kommentiert am Permanenter Link
Die Gewalt ist in die Erziehung zurückgekehrt. Spurt ein Junge nicht können die Eltern legal mit Beschneidung drohen. Ungewollte männliche Kinder dürfen für ihr Entstehen abgestraft werden. Mütter mit verwurzeltem Männerhass dürfen nun legal beschneiden (einschränken) lassen. Gründe für Beschneidung sind irrelevant. --- In vielen Jahren werden die ersten Opfer das Anklagen und die einstigen Parlamentarier werden tönen "das haben wir so nicht gewollt".
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Gast,
Sie schreiben:
Ganz so schlicht ist es meines Erachtens nicht: Die Sorgeberechtigten dürfen auch außerhalb der Beschneidung in Operationen einwilligen, deren Resultat die ganze Lebenszeit bestimmt. Und das nicht nur in Fällen der Lebensgefahr. Bei vielen solchen Eingriffen ist aber die Abwägung pro/contra unter Einbeziehung des jeweiligen Risikos durchaus schwierig und würde keineswegs von allen gleich getroffen - die Motive (z.B. für das "Anlegen" abstehender Ohren) sind hier keineswegs einheitlich oder immer nachvollziehbar. Der Sorgeberechtigte muss und darf hier trotzdem (allein) entscheiden und macht sich auch bei riskanten Entscheidungen nicht strafbar, weil die sorgerechtliche Entscheidung (Kindeswohl) ihn rechtfertigt. "Ganz besondere Anforderungen" sind nicht erforderlich. Nun erweitert dieses Gesetz die (bis Mai 2012 allg. akzeptierte) rechtliche Möglichkeit, in den Körpereingriff "Beschneidung" einzuwilligen - auch ohne medizinische Indikation.
Ich halte das - wie Sie lesen können - durchaus für kritikwürdig, aber nicht unbedingt für eine Frage, die der demokratischen Abstimmung von vornherein entzogen ist.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Antje Heyer kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Gast,
auch andere "Eingriffe" der Eltern haben lebenslange Auswirkungen auf die Kinder, beispiels weise die Wahl der Schulform, die sich lebenslang auf das Berufsleben auswirkt (Art. 12). Auch die psychische Integrität von Kindern ist letztlich nicht geschützt (Art. 2, Art. 1?). Es gibt weder einen "Kinderführerschein" noch, abgesehen von physisch bemerkbarer Misshandlung/Vernachlässigung, (wirksame) staatliche Kontrolle über die Ausübung des Erziehungsrechts. Eltern können Geschwister auch völlig ungleich behandeln (Art. 3). Eltern vertreten Kinder zivilrechtlich (Art. 14), was sich dauerhaft auf die Vermögenssituation auswirken kann.
All dies sinf durchaus gesetzgeberische Entscheidungen.
MfG
Name kommentiert am Permanenter Link
Der Vegleich zieht also nicht.
Abgesehen davon haben Sie offensichtlich noch nie erlebt, wie unterschiedlich gleichgeschlechtliche Geschwister von Charakter und Persönlichkeit sein können, auch wenn die Eltern sie gleich behandeln.
Nochmals falsch: lesen Sie § 1638 BGBFazit: auch aus den kaputtesten Familien mit den schrecklichsten Eltern können charakterlich vorbildliche Kinder hervorgehen. (Suchtipp: Resilienz). Kinder sind kein "weißes Blatt", das ausschließlich durch Erziehung beschrieben wird (ein derart störanfälliges System würde nicht dauerhaft überleben). Und selbst traumatisierte Kinder haben die Chance, ihre seelischen Verletzungen zu heilen. Eine solche Möglichkeit hat ein zwangsbeschnittener Junge nicht.
Und schließlich: ist Ihnen bewusst, dass Sie mit Ihrer Argumentation die Genitalverstümmelung von Mädchen genauso rechtfertigen wie die von Knaben?
Gast kommentiert am Permanenter Link
Der Gesetzgeber / der Rechtsaussschuss haben sich nicht einmal die Mühe gemacht , die vielen Gründe der angeblich zwingenden Beschneidung mit genauen Altersangaben zu analysieren.
Dann wären sie auf mehrere Widersprüche gestoßen und die Glaubfähigkeit der unhomogenen Argumente z.B. der Religionsgemeinschaften wären offensichtlich geworden.
Fatima kommentiert am Permanenter Link
Gutes Gesetz, danke an die Juden die so laut Antisemitismus geschrieen haben!
Meine deutschen Freundinnen wollen ihre Jungs beschneiden lassen weil sie in einem Forum gelesen haben dass sie dann die Unterhosen von ihnen nicht mehr so oft waschen müssen und außerdem ihnen nicht mehr auf die Finger hauen müssen weil sie mit ihrem Zipfel spielen. Können sie jetzt endlich machen.
Mein Großonkel ist bekannter und erfahrener Sünnetci und wenn er eine Bescheinigung vom islamischen Verein bekommt, kann er jetzt in Deutschalnd viel Geld verdienen.
Nochmal Danke an Angela Merkel!
Gast kommentiert am Permanenter Link
Der Gesetzgeber / der Rechtsaussschuss / der Ethikausschuss haben sich nicht einmal die Mühe gemacht , die vielen Gründe der angeblich zwingenden Beschneidung mit genauen Altersangaben zu analysieren.
Dann wären sie auf mehrere Widersprüche gestoßen und die zT. fehlendende Glaubfähigkeit der unhomogenen Argumente z.B. gleicher Religionsgemeinschaften wären offensichtlich geworden . ..
Ist es nicht so , dass der Begriff der Glaubwürdigkeit eine große Rollel spielt in juristischen Fällen. Bei Beschneidung offensichtlich aber nicht.
Gast kommentiert am Permanenter Link
> Die Sorgeberechtigten dürfen auch außerhalb der Bewchneidung in Operationen einwilligen, deren Resultat die ganze Lebenszeit bestimmt.
Aber Herr Professor Müller, dass dürfen sie doch nicht ohne medizinische Indikation schlicht aus freiem Elternwillen. Das dürfen sie ausschließlich mit medizinischer Indikation und wenn es nach Abwägung und dazu gehört eben auch die ärztlich medizinische Bewertung dazu führt, dass es die begründete Annahme gibt, dass der Eingriff dem Kindeswohl dient, also der Nutzen für das Kind das Risko und die Folgen erlaubt. Die Beschneidung dient aber vorrangig dem Elternwohl und Kinder- und Jugendärzte sehen überhaupt keinen Nutzen für das Kind.
Und aus der Tatsache, dass es einen Graubereich gibt, in dem die medizinische Indikation nicht zweifelsfrei ist (Ohrenanlegen), kann man doch nicht folgern, dass man in den Fällen, wo sie zweifelsfrei nicht gegeben ist, darüber hinweggehen kann. Ohne medizinische Indikation dürfen wir auch keine Ohrläppchen abschneiden, Kinder tätowieren oder Vergleichbares mit z. T. geringerer Eingriffs- und Wirktiefe und Dauer.
Jurist kommentiert am Permanenter Link
@Gast
Beschneidung ohne medizinische Indikation wurde sehr wohl diskutiert, der Vorschlag diesbezüglich (BT Drs. 17/11430) von Linker und Grüner Seite, jedoch mehrheitlich, in einem demokratischen Prozess mit 462 Stimmen ausdrücklich abgelehnt.
Das Gesetz ist nur richtig und sinnvoll. Die Begründung geht ausdrücklich auf alle Bedenken ein und revidiert diese mit großem Sachverstand:
- Medizinisch: Komplikationen, seien sie psychologisch oder physisch, sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen und damit nicht zu befürchten (BT Drs. 17/11295, S. 9); Die Beschneidung ist aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen sinnvoll und zu befürworten (Ebd., S. 7f.), damit dient sie ganz im Sinne des Eids von Hyppocrates dazu "Schaden abzuwenden"
- Aus rechtsvergleichender SIcht: Kein Land dieser Erde kriminalisiert dieses Verhalten (Ebd., S. 10 ff)
- Aus religiöser SIcht: Die Beschneidung ist legitimiert durch Koran, Thora (Talmud) (Ebd., S. 6ff)
- Ansicht der Lehre in Dtld: (S. 11 ff) es ist eindeutig herrschende Meinung, dass die Beschneidung straffrei ist, sei es aufgrund EInwilligung, Sozialadäquanz oder ihrer kulturellen oder religiösen Bedeutung.
Auch wenn über § 1631d Abs. 2 BGB diskutiert werden kann (unbestimmter Rechtsbegriff "besonders ausgebildet"), so schafft die Begründung auch diesbezüglich Klarheit (S. 18ff). Damit ist an dem Gesetz aus (rechts-/natur-/sozial-/religions-/u. sonstige)wissenschaftlicher SIcht nichts auszusetzen.
Manfred Claes kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Prof.Dr. Müller,
Sie fragen: "...offenbar nicht die Ansicht des (jetzigen) Gesetzgebers: Die Beschneidung des männlichen Kindes ist erst einmal kindeswohlgerecht. Aber wann denn nicht mehr?"
In Ihrem Beitrag vom 25.7.12 in Ihrem Blog "Zirkumzision - wie soll..." haben sie das noch lockerer gesehen:
"Weil der körperliche Eingriff irreversibel ist, hat das LG Köln auch eine Verletzung der Religionsfreiheit des Kindes bejaht. Dies erscheint mir weniger überzeugend, weil die Beschneidung nicht offen sichtbar ist udn weil sie keineswegs mit eienr bestimmten Religion oder überhaupt mit Religion notwendig verknüpft ist und der beschnittene junge Mann genauso unproblematisch aus der Religion "austreten" kann wie der unbeschnittene."
Das war die unbekümmerte "objektive" Sicht eines nicht betroffenen Dritten.
Wie aber sieht den Vorgang ein Betroffener, wenn er sich der Sache bewußt wird? Dazu bleibe ich bei meinem Beitrag vom 26.9.12 in Hopper's Blog "Beschneidung von Jungen soll straffrei bleiben..." Nr. #22, wo ich dargelegt habe, dass die Freiheit der Religionswahl des Kindes beeinträchtigt wird, denn die hier vorgenommene Markierung für eine Religion hat ggfs. psychische Auswirkungen für den Jungen/Erwachsenen, der dann eben nicht mehr "unproblematisch aus der Religion austreten" kann. (http://blog.beck.de/2012/09/25/beschneidung-von-jungen-soll-straffrei-bl...)
Eine solche Freiheit der Ausübung der Religion durch die Eltern steht im Widerspruch zu vorrangigen Freiheit der Religionswahl art. 4 I GG des noch kindlichen Grundrechtsträgers und kann daher mE nicht vom Gesetzgeber bevorzugt oder freigestellt werden, denn er sichert und schuldet somit dem Kind die -spätere- volle Freiheit der Religionswahl. Einzelbetrachtungen siehe meinen Beitrag.
Dies könnte sich manifestieren, wenn der getrennt lebende katholische Vater des Sohnes der allein sorgeberechtigten jüdischen Mutter die Beschneidung untersagen will und Verfassungswidrigkeit der jetzt beschlossenen Regelung geltend macht. Auf die Entscheidung dürfte man gespannt sein.
Besten Gruß
RA M. Claes
Gast kommentiert am Permanenter Link
# 10
"Komplikationen, seien sie psychologisch oder physisch, sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen und damit nicht zu befürchten ....""
Die Kinderärzte ( Hartmann et. al ) haben aber eine ganze Reihe von Komplikationen aufgeführt. Die sind wohl so unbedeutend , dass behauptet werden darf , dass sie wissenschaftlich nicht nachgewiesen sind.
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Bei einem Schlafmittel, das Schwangere eingenomen hatten und viele "Behinderte " auf die Welt kamen, konnte ja auch kein Kausalzusammenhang wissenschaftlich nachgewiesen werden.
RA mojito kommentiert am Permanenter Link
Es bleibt ein irreversibler Eingriff in einen gesunden Körper, der objektiv völlig nutzlos ist. Wie man da zu einer Rechtfertigung kommen will, bleibt mir verborgen. Aus meiner Sicht wäre die einzig vertretbare Lösung das Zuwarten bis zum einwilligungsfähigen Alter.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Die Neuregelung ist aus meiner Sicht auch mit § 1631 Abs 2 S 1 BGB unvereinbar:
"Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung."
Name kommentiert am Permanenter Link
Ich hätte ja nicht gedacht, dass von dem Genitalverstümmelungsbefürwortungsblatt "FR" noch etwas Sinnvolles kommt, aber siehe da:
Zugeständnis (Markus Tiedemann, 11.12.12.)
werner kommentiert am Permanenter Link
Man kann nur im Sinne von Reinhard Merkel wiederholen:
Die Religionsfreiheit endet an der Vorhaut des anderen.
Name kommentiert am Permanenter Link
Nicht von dieser Welt (Reinhard Müller, FAZ)
Die Väter des Grundgesetzes würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie diesen Satz lesen müssten. Dass in einem demokratischen Deutschland nach den Verbrechen der Nationalsozialisten einmal muslimische und insbesondere jüdische Kinder ihrer Grundrechte beraubt werden, ist ein Kapitel der Schande in der deutschen Geschichte.
Konsequenterweise müsste die Parlamentsmehrheit, die dieses Genitalverstümmelungserlaubnisgesetz beschlossen hat, nun den Art, 19 (2) ändern in "Ein Grundrecht darf in seinem Wesensgehalt angetastet werden, wenn religiöse Lobbyisten dies verlangen."
egal kommentiert am Permanenter Link
Nach meinem ersten Eindruck richtet sich diese Norm vor allem an die jüdische Beschneidung. Der zweite Absatz ist ja sozusagen praktisch darauf eingeengt. Der erste Absatz im Prinzip auch, denn Betäubung sind bei der Beschneidung der Moslems nicht immer Standard. Es wurde ja gerade in der öffentlichen Diskussion darauf hingewiesen, wie wichtig der (öffentlich gefeierte) Schmerz für den Übergang aus dem Kindesalter sei.
Auch ist im ersten Absatz die Rede vom nicht einsichtsfähigen Kind. Das mag auch bei 12- bis 14-Jährigen schon Nachdenken verursachen, denn da sollte - je nach Erziehung und Anlagen - bereits Anfänge von Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorliegen. Dies ist also schon mal ein Punkt, wo Moslems zumindest rein rechtlich einen schlechteren Stand haben. Die Praxis wird sicherlich so laufen wie es bislang lief: Das Kind wird nicht gefragt werden und es wird weiter beschnitten werden.
Die Beschränkung auf männliche Kinder ist sicherlich rechtsdogmatisch schon reichlich fragwürdig, allerdings muss man auch anerkennen, dass dieser Entwurf nunmal nicht der hohen Kunst dienen sollte, sondern einfach und schnell den früheren Ist-Zustand wiederherstellen sollte. Insofern ist dieses oberste Ziel durchaus erreicht, auch wenn die Grundsatzproblematik Kindeswohl sauber aus der Norm ausgeklammert wurde.
RA mojito kommentiert am Permanenter Link
Kontrollüberlegung 1 für alle jenen, die meinen, die Beschneidung wäre aus gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt:
Das Kind weigert sich stets, die Zähne zu putzen. Eine Karies-Erkrankung ist daher sehr wahrscheinlich. Entfernt man nun auf Wunsch der Eltern prophylaktisch alle Zähne?
Kontrollüberlegung 2:
Eltern, die einem okkulten Glauben anhängen, wollen ihr Kind als Ausdruck des Glaubens tätowieren lassen. Auch ok?
Die Norm ist klar verfassungswidrig.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrte Frau Heyer,
ich sprach nicht allgemein von Einschränkungen sondern von Grundrechtseinschränkungen. Ja, die Wahl der Schulform durch die Eltern hat Auswirkungen auf das spätere Berufsleben, aber keine, aus der sich der mündige Erwachsene sich grundsätzlich nicht befreien könnte. Faktisch kann das schwierig sein, da gebe ich Ihnen Recht, aber ich sehe keinen Bildungs- und Berufsweg, der einem durch die Schulwahl der Eltern völlig verbaut wäre. Bildungsabschlüsse lassen sich von Erwachsenen nachholen. Vergleichbar wäre, wenn die Eltern auch entscheiden dürften, dass ihre Kinder das Abitur auch nicht später nachholen dürften oder keine Hochschule besuchen dürften. Das Bestimmungsrecht der Eltern endet hier definitiv mit dem 18. Lebensjahr.
Stefan Wehmeier kommentiert am Permanenter Link
Beschneidung von Untertanen in Cargo-Kulten
Seine Jünger sagten zu ihm: "Nützt die Beschneidung oder nicht?" Er sagte zu ihnen: "Wenn sie nützlich wäre, würde ihr Vater sie aus ihrer Mutter beschnitten zeugen. Aber die wahre Beschneidung im Geiste hat vollen Nutzen gefunden."
(Nag Hammadi Library / Thomas-Evangelium / Logion 53)
Solange das Wissen noch nicht zur Verfügung stand, um das Geld an den Menschen anzupassen, musste der Kulturmensch durch eine künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten (geistige Beschneidung von Untertanen) an ein darum bis heute fehlerhaftes Geld angepasst werden. Das war (und ist noch) der einzige Zweck der Religion, die vom Wahnsinn mit Methode zum Wahnsinn ohne Methode (Cargo-Kult um die Heilige Schrift) mutierte und uns – unabhängig von "Glaube" (Cargo-Kult) oder "Unglaube" (Ignoranz) – alle zu Untertanen machte, die ihr eigenes Programm nicht kennen. Die Bewusstwerdung der Programmierung nennt sich "Auferstehung":
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html
Gast kommentiert am Permanenter Link
Diese Zeilen schockieren.
"Hallo,
ich wollte schonmal vorab fragen, ob das jemand weiß. Wir werden unseren Sohn beschneiden lassen, aber ich weiß nicht, wie ich ihn dann beim Wickeln saubermachen soll, so dass sich nix entzündet und ihm nix wehtut. Gibt es Dinge, die ich da beachten muss?"
http://www.urbia.de/archiv/forum/th-1550533/Wie-geht-die-Babypflege-wenn-das-Baby-beschnitten-wurde.html
Gast kommentiert am Permanenter Link
Hallo,
mich würde interessieren, wie es mit dem neuen §1631d mit der Einstimmigkeit der elterlichen Entscheidung aussieht und zwar sowohl in theoretischer wie praktischer Sicht. Was passiert, wenn ein Vater bzw. eine Mutter nicht das alleinige Sorgerecht hat und in eine Beschneidung einwilligt ("eine Beschneidung veranlasst" wäre wohl der treffendere Begriff dafür, "einwilligen" klingt so passiv)? Ist dies zukünftig legal und wenn nicht, wie wird sichergestellt, dass vor einer Beschneidung alle Sorgeberechtigten zugestimmt haben?
Vielen Dank
Hans-Otto Burschel kommentiert am Permanenter Link
Bei alleiniger elterlicher Sorge trifft der Alleinsorgeberechtigte die Alleinentscheidung über die Beschneidung.
Bei gemeinsamer elterlicher Sorge wäre bei Meinungsverschiedenheiten ein Verfahren nach § 1628 BGB einzuleiten. Bei jüdischen Buben, die bereits am 8. Lebenstag beschnitten werden sollen, dürfte dies indes auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stossen.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Also innerhalb der Frist, die Mütter nach Massgabe des Gesetztentwurfs zur gemeinsamen elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder eigentlich völlig ausserstande sind, sich mit etwas wichtigem, wie z.B. der väterlichen Sorge auseinanderzusetzen.
Wie praktisch, dass man dann aber auch gleich z.B. beim Namen oder der Religionszugehörigkeit Fakten schaffen kann.
Oder eben dem Kind mal eben schnell etwas vom Körper abzuschneiden.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Vielen Dank für diese Antwort. Aber was heißt das konkret für den Fall, dass ein Sorgeberechtigter ohne Kenntnis des anderen Fakten schaffen will? Ist ein Beschneider zukünftig verpflichtet unabhängig zu ermitteln, wer die Sorgeberechtigten eines Kindes sind und muss er die Zustimmung aller einholen? Ich vermute ja nicht. Faktisch wird man sich auf die Selbstauskunft desjenigen verlassen, der die Beschneidung wünscht. Mit welchen Konsequenzen muss denn ein Erziehungsberechtiger rechnen, der sein Kind ohne die Zustimmung des anderen Sorgeberechtigten (unter Umständen unter unter Angabe falscher Auskünfte) einer Beschneidung zuführt? Würde eine einseitig veranlasste Beschneidung automatisch gegen das Kindeswohl verstossen und somit den neuen §1631d unterlaufen, so dass sich sowohl Sorgeberechtigter wie Beschneider ggf. doch der Körperverletzung schuldig machen würden? Gibt es einen Schutz für Jungen, der eine Beschneidung als Waffe im Rahmen von familiären Streitigkeiten ausschließt?
Jurist kommentiert am Permanenter Link
@#19 völlig abwegige Vergleiche, die sich von selbst disqualifizieren.
@#13 bitte erst informieren, was "gewaltfreie Erziehung" bedeuted.
Generell würde mich interessieren, ob denn diese tiefe Abneigung, wie sie hier einige verspüren, von besagten Vertretern auch dann gehegt würde, wenn die Beschneidung überhaupt nicht religiös sondern allein aufgrund staatlicher Schutzpflichtwahrnehmung (Art. 1 GG) auferlegt würde. Fakt ist doch, dass der einzige Grund für diese vermeintliche Kontroverse der ist, dass es nunmal v.a. Muslime und Juden sind, die das Gesetz gefordert haben (wobei das nicht einmal nur diese sind, die eine Beschneidung befürworten, siehe Gesetzesbegründung für eine übersichtliche Darstellung). Diese Erkenntnis ist erschreckend und zeugt von dem latenten Rassismus, der in dieser Gesellschaft vorherrscht. Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der oktroyierten Schweinegrippeimpfung (die wirklich zu Todesfällen geführt hat!) solch tiefe Ablehnung aus Seiten der Gesellschaft geäußert wurde.
Das zeigt mal wieder die Früchte der Panikmache, gegen wirklich grundrechtsgefährdende Maßnahmen sind die meisten immun und verharren völlig stumm. Kaum fällt das Wort Jude oder Muslim, sind sie hellwach, die Hetzer, und setzen sich urplötzlich für das Kindswohl, die Willensfreiheit oder die Gleichheit ein, die ja nicht einmal verletzt sind durch die besagte Maßnahme. Denn auf sachliche Argumente gehen diese Häscher grundsätzlich nicht ein, sonst wäre schon längst jemand auf die saubere Gesetzesbegründung eingegangen und hätte sie revidiert.
Panik, Polemik und Populismus sind schlichtweg keine Argumente. Das weiß zum Glück unser Bundesverfassungsgericht. Ich dachte, das sei ein Fachforum, oder wird es eng auf PI.net?
Jurist kommentiert am Permanenter Link
Reinhard Müller gesteht dies sogar in seinem Beitrag in der FAZ: "Nun gibt es auch dort wertkonservatives Denken, doch ist natürlich ebenso ein antireligiöser Reflex im Spiel".
Unter dem Vorwand des Kindeswohls spielt man in Wirklichkeit mit religiösen Gefühlen und viele sehen dies offensichtlich nur mal wieder als Gelegenheit, ihrem Antisemitismus Ausdruck zu verleihen.
Und nur weil vielleicht mal ein Mensch an einem Motorradhelm erstickt ist, macht das die in § 21a Abs. 2 StVO auferlegte Helmpflicht nicht gleich grundrechtswidrig. Schließlich werden dadurch täglich Menschenleben gerettet und schwere Verletzungen verhindert.
Genauso verhält es sich mit so gut wie ALLEM und damit auch mit der Beschneidung. Komplikationen sind „sehr selten und meist unbedeutend“ (Schreiber/Schott/Rascher/Bender, Klin Pädiatr 2009; 221: 409 <411>), und die auftretenden 0,2%-2% der Fälle sind darauf zurückzuführen, dass die Zirkumzision nunmal bei Ärzten ein "ein[...] typische[r] Lehreingriff’ [ist] bei dem oft erste chirurgische Erfahrungen gesammelt werden" (BT Drs. 17/11295, S. 9)
Ergo: nur manche sich, viele ohne überhaupt unmittelbar und selbst betroffene zu sein, traumatisiert fühlen, delegitimiert dies nicht die Maßnahme an sich.
Gast kommentiert am Permanenter Link
@Jurist: Sie haben bzgl. der Gewalt durchaus Recht. Beschneidung kann Gewalt sein, muss es aber nicht. Aber offenbar ist es auch an Ihnen, sinnlose Vergleiche anzustellen. Der Helm erhöht die Überlebenschancen eines Motorradfahrers nicht unerheblich, daher kann man die Helmpflicht rechtfertigen. Wenn man vom Tragen eines Helmes lediglich behaupten könnte, dass es bestenfalls nicht schadet, wäre eine Helmpflicht auch nicht zu rechtfertigen. Aber hier steht dem Risiko im Helm zu ersticken eine dieses deutlich übersteigene Wahrscheinlichkeit gegenüber, im Falle eines Unfalls durch den Helm geschützt zu werden. Welcher Vorteil steht dem Risiko einer Beschneidung einem 8 Tage alten Säugling als Vorteil gegenüber? Zumal diese Schädigung ja auch nur im Falle eines unvorhergesehenen und ungeplanten Unfalls passiert. Bei der Beschneidung ist neben dem ungeplanten Risko von Komplikationen ja die Beschneidung an sich bereits eine Schädigung. Und diese Schädigung tritt in 100% aller Fälle auf, weil sie geplant, ja eben gerade das Ziel der Beschneidung ist. Das kann man auch nicht dadurch wegdiskutieren, dass viele dieses subjektiv nicht als Schädigung empfinden, sie gar für sich selber wünschen. Ohne die eigene Zustimmung und ohne weitreichende Aufklärung ist es völlig klar, dass die Beschneidung an sich bereits eine Schädigung ist und nicht erst das Auftreten von Komplikationen.
Und ansonsten ist ihre nicht neuer Verweis auf vorwiegend antisemitische und antimuslimische Motive eine schlichte Unverschämtheit. Dieses Argument ist impertinent und perfide. Darf ich Sie daran erinnern, dass der Junge in dem auslösenden Fall massive Implikationen mit mehrern Nachoperationen und Vollnarkosen zu erleiden hatte? Alleine die Narkosen haben ein nicht zu rechtfertigendes Schädigungspotential, der Schmerz den die Kinder erleiden ist bereits ein Schaden für sich. Lesen Sie die Stellungnahme von Herrn Hartmann und schauen Sie sich an wie oft Kinder mit Komplikationen nach einer Beschneidung von Kinderärzten nachbehandelt werden müssen. Wer hier schlicht ruft, alles Antisemiten und Ausländerfeinde mit einer Fremdenphobie, der macht es sich wahrlich sehr einfach.
werner kommentiert am Permanenter Link
""Sollte das Bundesverfassungsgericht noch angerufen werden – nicht zuletzt deswegen, weil der rechtliche Schutz der genitalen Unversehrtheit von Knaben gegenüber dem von Mädchen erheblich schlechter gestellt werde – so müsse „man“ halt allenfalls eine „Watschn“ aus Karlsruhe hinnehmen. Aber, damit sei gerade bei diesem Thema nicht zu rechnen, denn angesichts der politischen Dimension der ganzen Debatte würde das BVerfG dann wohl die „judicial restraint“-Karte spielen. Da musste der Nichtjurist dann doch erst einmal nachsehen, was das bedeutet. Im Klartext: Die Rechtsprechung tritt hinter der „freien politischen Gestaltung“ zurück. Und die, das lernt man gerade an diesem Beispiel, arbeitet mit Vorgaben, die nichts mit dem bei uns geltenden Rechtsverständnis zu tun haben."
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=17384
RA mojito kommentiert am Permanenter Link
@Jurist:
Gratulation, sie haben es doch noch geschafft, die Antisemitismus-Karte zu ziehen. Meine Beispiele waren bewusst so gewählt, sie zeigen nämlich, dass es keinen objektiven Nutzen des Eingriffs gibt. Und in diesem Fall sollte das betroffene Individuum selbst entscheiden. Nur darum geht es, und nicht um Juden, Moslems, oder sonstwas!
Jurist kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Professor Müller,
ich möchte auf folgenden von Ihnen aufgeworfenen Punkt antworten:
"Beschneidung ist auf männliche Kinder beschränkt. Dies könnte (hinsichtlich zum Teil weniger eingriffsintensiver Rituale weiblicher Beschneidungen) ein Gleichheitsproblem aufwerfen"
Dies ist keinesfalls zu befürchten. Die Gleichheitsdogmatik sieht vor, das wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Mediziner sind sich in dieser Frage einig, dass die weibliche Genital mutilition nicht im Geringsten mit der Zirkumzision bei Knaben vergleichbar ist, sie "ist mit keinerlei medizinischen Vorteilen verbunden" (BT Drs. 17/11295, S. 14). Dieser Eingriff wird bei Ärzten sogar berufsrechtlich geahndet (a.a.O., m.w.N.). Auch in rechtlicher Hinsicht besteht keine Vergleichbarkeit.
Allein der Umstand, dass es sich um ein primäres Geschlechtsorgan handelt, reicht für das juristische Verständis von wesentlicher Gleichheit nicht aus. Nicht nur hat die Beschneidung bei Knaben medizinische Vorteile, sie zieht auch keine der weiblichen Beschneidung ähnlichen Schäden mit sich: Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt.
@RA mojito:
Ihr Vergleich hinkt nicht nur, er ist sogar schwerstgehunfähig, u.a. deshalb:
Nennen Sie mir auch nur einen (wenn auch nur theoretisch möglichen) medizinischen Vorteil der vollständigen Zahnentfernung und der Tätoowierung. Irgendeiner?? Auch nur einer? - Nein, es gibt schlichtweg keinen, damit ist ihr Vergleich absurd. Die Zirkumzision hat tatsächlich medizinische Vorteile - sehr viele und medizinsch erwiesene.
Zur Ihrem 2. Kritikpunkt:
Dann erklären Sie mir doch bitte, warum sich die Argumentationsmuster der Beschneidungsgegner so stark in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber besagte Religionen ähneln. Auch von diversen Parteien (s. Zitat #28). Allein die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, darf schlichtweg kein Gegenargument sein. Nachdem weder medizinische, noch rechtliche Argumente dagegen haltbar sind, ist die Motivation der Gegner leider offensichtlich.
MfG
Jurist
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"Studien", die andere Ergebnisse propagieren, haben entweder methodisch schwerste Mängel (wie die WHO-"Studie" zur angeblichen HIV-Prophylaxe) oder berücksichtigen nicht die Kosten der Nebenwirkungen und Komplikationen incl. der Folgekosten, die verstümmelte Männer aufwenden, um ihren natürlichen Zustand einigermaßen wieder herzustellen und die psychischen Folgen der Verstümmelung zu verarbeiten.
Darüber hinaus wird kein einziger angeblicher medizinischer Vorteil im Kindesalter wirksam, auch dies ein Grund warum sich alle ärztlichen Fachgesellschaften gegen eine Beschneidung nicht Einwilligungsfähiger aussprechen (die AAP ist keine wissenschaftlich arbeitende medizinische Fachgesellschaft, sondern eine Ärztegewerkschaft, die das Einkommen ihrer Mitglieder auf Kosten der Krankenkassen mehren will).
Diese argumentative Schlacht ist längst geschlagen, die Verstümmelungsbefürworter verschließen nur die Augen vor den Realitäten.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, nicht die einseitige Darstellung des Gesetzentwurfes nachzubeten, sondern z.B. die Stellungnahmen der Experten vor dem Rechtsausschuss incl. ihrer Quellen zu studieren.
Das ist falsch:Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein SECHZEHN MAL so hohes Risiko, sexuell unzufrieden zu sein wie ein intakter Mann.
Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein dreimal so hohes Risiko für Ejakulationsschwierigkeiten wie ein intakter Mann.
Wer sich beschneiden lässt, hat nach 2 Jahren ein dreimal so hohes Risiko für Erektionsschwierigkeiten wie ein intakter Mann.
detaillierte Analyse hier: http://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?p=1736315#p1736315
Wenn sich solche Ergebnisse schon aus einer pro-Beschneidungs-Studie herauslesen lassen (in der Zusammenfassung - "abstract/conclusion" - wird wahrheitswidrig behauptet, Beschneidung habe keine negativen Auswirkungen), dann müssten die Ergebnisse einer neutralen Studie ja noch verheerender ausfallen.
Hier noch ein Beispiel, wie verheerend sich eine Beschneidung im Kindesalter auf die Sexualität und die Psyche auswirkt: http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/politik_artikel,-A...
Abgesehen davon: die "Funktion" des verstümmelten Organs besteht nicht nur in seiner "Grundfunktion" der Fortpflanzung. Mit dem gleichen Argument können Sie erlauben, an jedem Organ eines Kindes so weit herumschneiden zu lassen, dass die Grundfunktion noch gewahrt bleibt. Zum Beispiel: Hören kann man auch ohne Ohrmuscheln (Vorteil: erspart das lästige Ohren sauberhalten), Gehen kann man auch ohne Zehen (Vorteil: Fußpilzprophylaxe), Greifen kann man auch ohne die vorderen Fingerglieder (Vorteil: keine Infektionsgefahr durch unsaubere Fingernägel).
Und schließlich: auch mit einer Mädchenbeschneidung vom Typ 1 wird das Organ auf Dauer unstreitig nicht beeinträchtigt, wie eine schwedische Studie ergab: http://lup.lub.lu.se/luur/download?func=downloadFile&recordOId=143049&fi.... Im Gegenteil, die riskanteste Phase der Geburt, die Austreibungsphase, war bei Schwangerschaften Erstgebärender bei beschnittenen Frauen sogar um 40% kürzer und lange Austreibungsphasen mit hohem Risiko für das Ungeborene (über 60 Minuten) waren bei intakten Frauen fünfmal so häufig!!! Da haben Sie einen tatsächlichen medizinischen Vorteil von Beschneidungen wissenschaftlich belegt und trotzdem wird Beschneidung verboten - bei Frauen ...
Sie haben übrigens recht in dem Punkt, dass FGM nicht vergleichbar ist mit der Zwangsbeschneidung: FGM ist selbst in symbolischer Form verboten, es darf nicht einmal ein folgenlos ausheilender Stich oder minimaler Schnitt gemacht werden. Dagegen soll die Amputation einer erogenen Zone von der Größe der Handfläche nun bei Knaben legalisiert werden?
Kein Karies mehr für den Rest des Lebens incl. Vermeidung von Wurzelentzündungen, damit verbundener Infektion der Blutbahn und zum Tode führender Sepsis oder Myokarditis.Jurist kommentiert am Permanenter Link
Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:
"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."
Und Recht hat er...
Kritischer Mensch kommentiert am Permanenter Link
Da muss dieser Oliver Garcia aber schon mit dem Niederländischen Ärztebund, der Niederländische Gesellschaft für Kinderchirurgie, der Niederländische Gesellschaft für Plastische Chirurgie, der Niederländische Gesellschaft für Kinderheilkunde und der Niederländische Urologischen Gesellschaft ausmachen, denn diese Ärzteverbände stecken in ihrer Grundsatzerklärung weibliche Genitalverstümmlung und männ. Beschneidung tatsächlich in eine Schublade:
http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/maennliche-beschneidung/maenn...
Name kommentiert am Permanenter Link
Er sollte über sein Fachgebiet urteilen und medizinische Wertungen den medizinischen Fachleuten überlassen. Und das chirurgische (d.h. ärztliche) oder amateurhafte (nichtärztliche) Abschneiden eines gesunden, funktionsfähigen Körperteils wird in der Fachsprache nun einmal Amputation genannt und, wenn es primäre Geschlechtsteile und dortige erogene Zonen betrifft, als Verdeutlichung der Eingriffsschwere Verstümmelung.
Wie würde Herr García sich wohl äußern, wenn Medizinier ihm vorschreiben wollten, a) wie ein Tatbestand zu definieren ist und b) dass Vergewaltigung nur von Männern verübt werden könnte, aber nie von Frauen? Er würde sie zu Recht als inkompetent bezeichnen.
Mit diesen o.g. Sätzen hat Herr García seinem Ruf als Fachmann überhaupt keinen Gefallen getan und sich selbst aus der seriösen Diskussion entfernt.
Gast kommentiert am Permanenter Link
>Jurist: "Das männliche Organ wird in seiner Funktion unstreitig auf die Dauer nicht beeinträchtigt."
Wenn man die unweigerlich eintretende Austrocknung und Verhornung der Eichelschleimhaut sowie den Verlust von berührungsempfindlichen Gewebes nicht als Funktionsbeeinträchtigung sehen möchte, muss man wohl eine sehr eingeschränkte Sichtweise auf die Biologie und die Funktionsweise des menschlichen Körpers haben. Dass durchaus viele Erwachsene mit dieser Funktionsänderung zufrieden sind oder diese sogar aktiv herbeiführen, ändert nichts daran, dass dies eine subjektive Bewertung ist, die eben bei sehr vielen auch deutlich anders ausfällt. Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen eine Brustwarze oder ein Ohrläppchen mit der Begründung entfernen würde, dass Sie ja in Ihrer Funktion nicht dauerhabt beeinträchtigt seien?
Ich warte nach wie vor aus eine plausible Erklärung, warum die FGM Typ 1a verboten und MGM erlaubt sein soll. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind homolog (schauen Sie es sich an: http://www2.hu-berlin.de/sexology/ATLAS_DE/html/die_primaeren_geschlecht...). Wer da nicht "wesentlich gleiches" sehen will, der will es schlicht nicht sehen.
>Jurist: "Allein die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, darf schlichtweg kein Gegenargument sein."
Wo wird alleine die Tatsache, dass es eine religiöse Praxis ist, als Gegenargument genannt? Ich darf Sie erinnern, dieses Gesetz erlaubt zukünftig die Beschneidung von Jungen aus beliebigen Gründen. Es geht hier um eine konkrete Handlung und nur insofern um Religion, als dass diese darauf insistiert, diese Handlung ausführen zu dürfen. Beschneidungsfetischisten bekommen von den Gegnern genau dieselben Argumente zu höhren wie Religionen, Muslime dieselben Argumente wie Juden, insofern ist es eine reine Schutzbehauptung, den Kritikern Antisemitismus oder Religionsfeindlichkeit zu unterstellen. Nur weil Antisemiten und Religionsfeinde gegen die Beschneidung sind, macht es die Gegener nicht zu solchen.
Kritischer Mensch kommentiert am Permanenter Link
Dieses Gesetz wirft Fragen hinsichtlich der Verfassung der Demokratie in Deutschland auf.
Es geht in der Debatte der Beschneidung um weit mehr als "nur" die Frage der Beschneidung jüdischer oder muslimscher Knaben, ja sogar weit mehr um die Frage der Beschneidung von nichteinwilligungsfähigen Kindern im Allgemeinen, sondern um ganz wesentliche Fragen zu unserere Demokratie.
Die Bundesregierung hat ein nach den Wünschen der Religionsverbände maßgeschneidertes Gesetz erlassen. Das Kindeswohl und medizinische Aspekte standen niemals wirklich zur Debatte, einzig die größtmögliche Befriedigung der "Wünsche" der Religionslobbyisten, genauer des Zentralrats der Juden, standen im Fokus.
Die wiederholten Einwände und Proteste seitens Kinderrechtsoganisationen und medizinschen Fachgesellschaften wurden allle nach der anderen in den Wind geschossen.
Man muss sich das alles noch mal deutlich vor Augen halten:
Die DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR KINDERCHIRURGIE, der BERUFSVERBAND DER KINDER- UND JUGENDÄRZTE, die DEUTSCHE AKADEMIE FÜR KINDER UND JUGENDÄRZTE, die DEUTSCHE KINDERHILFE, Deutschlands größte Frauenrechts- und Anti-FGM-Organisation TERRE DE FEMMES, sowie Verbände von Missbrauchsopfern -- sie alle haben dieses Urteil nicht nur einfach akzeptiert sondern explizit begrüßt, und aschließend das Gesetzesvorhaben entschieden abgelehnt. Nicht zuletzt stand auch die Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Urteil.
Die einzigen, die mit dem Urteil ein Problem hatten, waren religiöse Lobbyverbände, allen voran der Zentralrat der Juden.
Und ganz allein um deren Willen wird ein Gesetz gemacht, das nicht nur das Kölner Urteil außer Kraft setzt, sondern auch noch alle Jungen jedweder Religion genital zum Freiwild ihrer Eltern macht. Alle Jungen.
Es werden jährlich vielleicht 100 solcher jüdischer Beschneidung durchgeführt.
Um diese 100 Beschneidungen zu retten, wird es demnächst ein Bundesgesetz geben, das Beschneidung auf beliebigen Wunsch der Eltern explizit legalisiert. Ob Religion, Hygiene, "weil's hübscher ist", "weil's der Papa auch ist" oder um dem Sohnemann Selbstbefriedigung zu erschweren. Denn es wäre ja unzumutbar , wenn jüdische Eltern z.B. durch eine Bescheinigung ihrer Gemeinde vor der Beschneidung belegen müssten, dass sie dem Judentum angehören, und daher ist eine Ausnahmeregelung nur für religiöse Beschneidungen nicht möglich.
Um 100 jüdische Beschneidungen zu retten, werden alle in Deutschland lebenden Jungen genital zum Freiwild der Launen ihrer Eltern gemacht. Selbst wenn man 100 jüdische + geschätzt 30.000 muslimische Beschneidungen zu tolerieren bereit ist, wie kann man das gutheißen.
Das Kindeswohl ethische Bedenken, Grundrechte, das alles stand nie wirklich auf der Debatte, alle Stellungnahmen der zuständen medizinischen Fachverbände, dass das Gesetz medizinisch unveranzwortlich ist, wurden ignoriert. Die Bundesregierung und weite Teile der Opposition haben hier als reine Durchwinkgremium für die Beschlüsse des Zentralrats der Juden in Deutschland agiert. Es geht hier nicht mehr um die Beschneidung, es geht um eine Machtprobe zwischen Volk und Zentralrat und um die Frage, wer der Staatssouverän ist: Das Wahlvolk oder der Zentralrat der Juden.
Und genau diese Frage müssen wir uns stellen.
Wen repräsentieren die über 400 Abgeordneten da eigentlich, die diesem Gesetz zugestimmt haben? Das deutsche Wahlvolk oder den Zentralrat der Juden?
Dieses Gesetz ist nicht ein Affront an die deutsche u. europäische Medizinerschaft, an die Rechte des Kindes, den Kinderschutz, nein es stellt auch die ganze Demokratie in diesem Land infrage.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Kritischer Mensch,
ich teile die meisten der Bedenken gegen die Beschneidung, die in dieser Debatte geäußert wurden und werden. Aber ich sehe es nicht so wie Sie:
Dann wären eine Menge Demokratien in der Welt infrage gestellt, denn die Beschneidung ist ja in fast allen erlaubt. Die "Medizinerschaft" wird auch in den anderen Ländern durch die dortigen Gesetze konfrontiert/affrontiert (?). So wichtig es ist, diese Diskussion zu führen und auch den die Beschneidung praktizierenden Religionsgemeinschaften und die jeweiligen Eltern in der Öffentlichkeit auf die medizinischen Bedenken hinzuweisen, so erscheint es mir doch der demokratischen Entscheidung zugänglich zu entscheiden, ob diese Praxis strafbar sein soll oder nicht. Zumindest solange Deutschland damit in der absoluten Minderheit wäre, ein Ausweichen auf andere Länder ohne Weiteres möglich wäre. ist Deutschland nicht verpflichtet eine Regelung zu erlassen a la "am deutsche Wesen soll die Welt genesen". Ich hoffe auf eine Entwicklung, in der in Zukunft die Beschneidung ebenso wie andere Traditionen der Religionsgemeinschaften (von diesen selbst etwa auf Druck der öffentlichen Meinung) auf den Prüfstand gestellt wird und letztlich faktisch abgeschafft wird. Möglicherweise gibt es auch sich weiter entwickelnde weltweite Diskussion dazu. Dass eine Bestrafung der Eltern und Ärzte von Verfassung wegen geboten ist, sehe ich nicht.
Sehr geehrter Herr Jurist, Sie schreiben:
Da sind Sie ziemlich schlecht informiert. Denn gerade diese Frage ist (neben anderen) ziemlich streitig.
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Kritischer Mensch kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr ErnstMüller
Erst einmal Danke für ihre Antwort.
Da haben sie vollkommen recht, und da sind wir einer Meinung. Das es sich der Erlass des Gesetes formalrechtlich demokratisch abgelaufen, ist, d. h. dass das Gesetz vom Paralament mit großer Mehrheit zugestimmt wurde,und die gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe eines Gesetzesgebungsverfahren eingehalten wurden, bestreite ich nicht. Aber die Demokratie wird meiner Ansicht auch nicht durch die Legalität der Beschneidung infrage gestellt, die wie sie richtig sagen, in allen Demokratien gegeben ist, sondern durch die Art und Weise, wie dieses Gesetz zustande kam.
Die Bundesregierung hat auf Geheiz von Religionsverbände ein nach deren Wünschen maßgeschneidertes Gesetz erlassen, um ein Urteil der Judikative außer Kraft zu setzen. Das Kindeswohl und medizinische Aspekte standen niemals wirklich zur Debatte, die widerholten Einwände der medizinischen Fachverbände hier, hier, hier und hier wurden vollkommen ignoriert.
Ich möchte diesen Vorgang, der meines Erachtens den demokratischen Charakter dieses Staates infragestellt anhand eines religionsneutralen Beispiels verdeutlichen.
Eine chemischeSubstanz Xwird industriell in der Produktion vielerlei Baby- und Kleinkindbedarfsartikels verwendet.
Ein Landesgericht stellt nun im Rahmen eines Gerichtsverfahrens um ein durch dieSubstanz X geschädigtes Kind fest, dass diese Substanz nicht mehr bei Kindern- und Jugendlichen angewendet werden darf.
Kinderarztverbände und Kinderrechtsverbände begrüßen dieses Urteil ausdrückllich. Auch Umfragen zeigen, dass die Bevölkerung das Urteil ausdrücklich begrüßt.
Industrielle Lobbyverbände –ein Konsortium rund um die Hersteller und Verwender der Substanz X– laufen Sturm. Die Substanz X sei für die Produktion unverzichtbar, ein Ausweichen auf alternative Chemikalien generell undenkbar. Die Substanz Xsei zudem völlig undenklich, das Urteil stehe viel mehr für tiefe Vorurteile gegenüber der modernen chemischen Industrie.
Besagte Lobbyverbände fordern ein Gesetz, dass die Verwendung der Substanz Xausdrücklich erlaubt, und das sie schnell wie möglich.
Wenige Wochen nach Urteilsverkündung, kündigt Jusitzminiserin auch schon eine Gesetzentwurf an, und die sogenannte Opposition signalisierte Bereitschaft sich dem Gesetzentwurf anzuschließen.
Der Berufsvervand der Kinder-und Jungendärzte, die Deutsche Gesellschaft für Kinder-und Jungend Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin protestiert eindringlich gegen den Gesetzentwurf. Ebenso protestieren Kinderechtsorganisationen und Frauenrechtsorganisationen. Über 600 führende deutsche Mediziner und Juristen wenden sich in einem in der FAZ veröffentlichen Brief an die Bundesregierung, in dem sie das Gesetzesvorhaben verurteilen.
Trotz allem: Bereits sechs Monate nach Verkünding des Urteils ist es dann soweit, Die Bundesregierung und weite Teile der Opposition stimmen dem von der Chemo-Industrie-Lobby geforderten Gesetz zu.
Formalrechtlich ist alles "sauber" gelaufen. Alles ganz demokratisch. Aber ist diese Art von Befehlsvollstreckerei von Lobbyisten wirklich "demokratisch"? Und im Lichte solch eines Verhaltens geht es nicht nur um die Frage, ob die Substanz X nun erlaubt sein soll oder nicht, sondern darum wie Demokratie in unserem Land gelebt und praktiziert wird: Darum, ob die Interessen der Bevölkerungsmehrheit repräsentiert werden, oder im Zweifel nur die von Lobby-Gruppenegal welcher Colour. Darum, ob sowas wie Grundrechte, Kindeswohl und Kinderschutz wirklich zählen, oder nur hohle Phrasen für Sonntagsreden sind, die wenn's drauf ankommt, dem Wohl von Lobbys untergeordnet werden. Darum on dieses Land eine Demokratie ist und keine Lobbykratie.
Und das oben Geschilderte ist in Deutschland in den letzten 6 Monaten passiert. Nur dass es sich nicht um eine chemischen Stoff, sondern um einen chirurgischen Eingriff gehandelt hat.
(Natürlich kommt bei der Beschneidung noch hinzu, dass dieses Thema sich leider mit anderen national und international heftigst geführten Debatten und Konflikten schneidet, ("Islamdebatte", "Multikulturalismus-Debatte" usw), sodass die Beschneidungsfrage leider sehr gefährdert dafür ist, in einen Kulturkampf auszuarten. Aber das würde jetzt den Rahmen des Beitrags sprengen.)
Das hoffe ich auch.
RA mojito kommentiert am Permanenter Link
@Gast:
Danke. Da haben Sie mir viel Tipparbeit erspart. :-)
Name kommentiert am Permanenter Link
Der Streit um die Knabenbeschneidung – symptomatisch für das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland?
Diskussionsveranstaltung in der Urania Berlin 07.01.2013 - 19:30 Uhr
Ziel der Debatte ist es, noch einmal grundlegend über die Konsequenzen nachzudenken, die mit der Legalisierung des Rituals verbunden sind: Ist mit dem Gesetz schon das letzte Wort in Sachen Beschneidung gesprochen? Könnte mit gleicher Begründung auch das Verbot der weiblichen Genitalbeschneidung fallen? Wie kommt es, dass deutsche Politiker in vielen Fällen dazu tendieren, religiöse Interessen stärker zu gewichten als säkulare Rechtsnormen? Ist die politische Entscheidung in der Beschneidungsfrage symptomatisch für das Verhältnis von Staat und Religion in Deutschland?
Frank kommentiert am Permanenter Link
Oliver Garcia sagt zu Vergleich mit FGM folgendes:
"Schlimmer als in der gezielte Verwendung von Wörtern wie "Gewalt" und "Amputation" ist Ihre Sprachpolitik in dem Versuch, die weibliche Genitalverstümmelung und die männliche Beschneidung per Parallelwertung in eine Schublade zu stecken. Hier ist ein Niveau erreicht, auf dem jeder Dialog sinnlos ist."
Es ist für mich als Mediziner immer wieder frapierend, mich welchem Mangel an Sachkenntnis Juristen glauben argumentieren zu können. Dabei ist es doch heutzutage ganz einfach mal zu googeln, man muß nicht mehr sich durch Wälzer wir den von Freiherrn von Reizenstein wühlen, um sich ein Bild machen zu können. Steckt ein psychologischer Abwehrmechanismus dahinter ?
Außerdem frage ich mich, wie "nach den Regeln der ärztlichen Kunst" bei Säulingen ohne Anästhesie aussehen soll. Die Ausführung von Narkosen - und ohne die geht es bei Säuglingen nun mal nicht, will man die Regeln der "ärztlichen Kunst" micht verletzen, ist ausdrücklich Ärzten vorbehalten und auch ein Schnellkurs für "von (den) Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen" kann eine Ausbildung, die Fachärzte für Anästhesie absolvieren müssen, nicht ersetzen. In der Ausbildung habe ich gelernt, das man nur die Eingriffe durchführen kann, wenn man auch in der Lage ist, Komplikationen souverän zu beherrschen - ansonsten Finger weg. Akute lebensbedrohliche Situationen mal außen vorgelassen und bei der Beschneidung handelt es sich ja wohl kaum um einen solchen. Ohne wirksame Schmerzausschaltung kann die Forderung "ärztliche Kunst" bei Säuglingen also nicht erfüllt werden.
Frank kommentiert am Permanenter Link
Angesichts der Zertifizierungs- und QM-Wut im Gesundheitswesen frage ich mich auch, wer den die "besondere Ausbildung" der Nichtärzte kontrollieren und bewerten soll und wer letztendlich die Approbation der "vergleichbar Befähigten" erteilen soll. Normalerweise sind dafür die Landesärztekammer in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landesdirektionen zuständig. Die werden sich schön bedanken. Ganz abgesehen davon, daß mir allein beim Anblick des Instrumentariums der vergleichbar befähigten, besonders ausgebildeten Personen, die keine Ärzte sind, gewaltige Zweifel an der Vergleichbarkeit im Sinne von Gleichwertigkeit kommen.
Name kommentiert am Permanenter Link
Es ist immerhin beruhigend, dass die Genitalverstümmelungsbefürworter mit ihren "Argumenten" dem gemeinen Wahlvolk keinen Sand in die Augen streuen konnten:
Mehrheit der Deutschen gegen Beschneidungsgesetz (SPON)
70 Prozent der Deutschen lehnen das vor rund zwei Wochen vom Bundestag mit großer Mehrheit beschlossene Gesetz zur Beschneidung von Jungen ab. Das ergab laut einer Vorabmeldung der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Vereins Mogis (Missbrauchsopfer gegen Internetsperren).
Lediglich 24 Prozent der 1000 am 18. und 19. Dezember Befragten halten das Gesetz für richtig.
Wenn man sich erinnert, dass kurz nach dem Urteil des LG Köln nur etwa 55% das Urteil für richtig hielten und etwa 45% für falsch, dann hat im Verlauf der Debatte etwa ein Viertel aller Deutschen erkannt, dass Jungen nicht weniger Recht auf Schutz vor Genitalvertümmelung haben als Mädchen und seine Meinung geändert.
Die Motivation der Religionslobbyisten zu versuchen, die Debatte im Keim abzuwürgen, wird dadurch noch deutlicher.
Ein ähnliche Diskrepanz der Abgeordneten (in der Union nahezu gleichgeschaltet durch das Kanzelrinnenmachtwort von der "Komikernation") zum Wähler in der Realitätswahrnehmung (Bundestag: 70% pro Beschneidungserlaubnis, Bevölkerung 70% dagegen) gab es vorher nur bei der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Bleibt die Frage: wann kommt das "Fukushima der Beschneidung", d.h. der erste an Genitalverstümmelung Gestorbene oder lebenslang behinderte Knabe? Er tut mir jetzt schon Leid, das Opfer geht klar auf das Gewissen von Angela Merkel.
Gast kommentiert am Permanenter Link
London - Nach dem Tod eines vier Monate alten Jungen bei einer Beschneidung ist eine Krankenschwester aus Manchester des Totschlags für schuldig befunden worden.
http://www.merkur-online.de/nachrichten/welt/kleinkind-stirbt-nach-beschneidung-zr-2665690.html
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Dramatischer Beschneidungsunfall: Türkische Familie fordert 2 Mio. Lira Schmerzensgeld
Die Familie eines dreijährigen Kindes, dessen Penis während eines kollektiven Beschneidungsfestes in der südöstlichen Provinz Batman abgeschnitten wurde, hat nun zwei Millionen türkische Lira Entschädigung vom türkischen Gesundheitsministerium gefordert. ... wird behauptet, dass die Beschneidung nicht von einem qualifizierten Arzt durchgeführt wurde, sondern von einem unqualifizierten Mitglied des Krankenhauspersonals vorgenommen worden sei.
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"Den Gesetzgeber hat der Teufel geritten"
Interview mit Holm Putzke
Zitate:
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Beschneidungsgesetz
Am Ende werden wohl die Richter entscheidenNoch ist das Beschneidungsgesetz nicht beschlossen, doch Klagen dagegen sind wahrscheinlich.
Bundesregierung und Bundestag wollen klarstellen, dass die Vorhautbeschneidung von Jungen in Deutschland nicht strafbar ist. Allerdings werde wohl auch beim Streit über die Beschneidung am Ende das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben, vermutet Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die geplante gesetzliche Regelung müsse daher besonders gründlich vorbereitet werden, sagte sie dem Spiegel am Wochenende.
http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/am-ende-werden-wohl-die-richter-entscheiden--61934974.html
Was muß denn noch gründlich vorbereitet werden ?
Ich denke alles ist in trockenen Tüchern.
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