Die Erziehungsdefizite des 22-jährigen

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.12.2012
Rechtsgebiete: JugendstrafrechtBGHStrafrechtVerkehrsrecht|3251 Aufrufe

Mal wieder etwas aus dem Bereich des Jugendstrafrechts. Hier ist bekanntlich der Erziehungsgedanke maßgebend. Wenn der Angeklagte dann aber im Verfahren zum Erwachsenen wird, kann man das schonmal vergessen. So war das wohl auch bei dem Fall, der dieser BGH-Entscheidung zugrundelag:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung und mit gefährlicher Körperverletzung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, wirk-sam auf den Strafausspruch beschränkte und auf die Sachbeschwerde gestütz-te Revision des Angeklagten hat Erfolg.
Die Strafzumessung hält der Nachprüfung nicht stand. Zwar begegnet die Entscheidung der Jugendkammer, wegen der Schwere der Schuld sei die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich (§ 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG), keinen rechtlichen Bedenken. Indes kann die konkrete Bemessung der Jugendstrafe nicht bestehen bleiben. Die rechtsfehlerfreie Feststellung des Landgerichts, schädliche Neigungen des Angeklagten lägen nicht mehr vor, da sich "sein Leben mit Aufgabe des Drogenkonsums und Aufnahme einer regelmäßigen Ar-beitstätigkeit stabilisiert" habe, und der im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu seinen Gunsten gewertete Umstand, dass sein "Leben inzwischen in geordneten Bahnen verläuft", boten hier - auch wegen des nicht unerheblichen Abstandes zwischen der Tat und der Hauptverhandlung von rund einem Jahr und fünf Monaten - mit Blick auf den Vorrang des Erziehungszwecks auch bei der Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld (§ 18 Abs. 2 JGG; vgl. Brunner/Dölling, JGG 12. Aufl., § 18 Rn. 7 f., 10 mwN) Anlass zu der Prüfung, ob und ggf. welche Erziehungsdefizite bei dem zur Zeit der Hauptverhandlung über 22 Jahre alten Angeklagten zu diesem Zeitpunkt noch vorlagen. Daran fehlt es ebenso wie an der unter den gegebenen Umständen gebotenen Abwägung zwischen dem Tatunrecht und den Folgen der Verbüßung der verhängten unbedingten Jugendstrafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 - 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186 mwN).

BGH, Beschluss vom 2.8.2012 - 3 StR 209/12

 

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