Zugewinn und Unterhalt auch ohne Ehe?

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 17.01.2013

Geschickt ausgedacht, aber letztlich erfolglos blieb der Versuch einer Frau aus Bremen, auch ohne Trauschein Zugewinn und Unterhalt zu bekommen.

Sie führten von 1982 bis 2011 eine (nichteheliche) Beziehung, aus der die 1983 und 1984 geborenen Kinder hervorgegangen sind. Ob sie die ganze Zeit unter einem Dach lebten oder sich zwischenzeitlich auf eine Wochenendbeziehung beschränkten, ist strittig geblieben.

Er machte 1990 sein Diplom in BWL und verdiente danach durchgängig gut.

Sie war die meiste Zeit arbeitslos - durchgängig nach einem Verkehrsunfall im Jahr 2004 - und bezog u.a. Sozialhilfe mit der Behauptung gegenüber dem Sozialamt, sie lebe mit den Kindern allein. 2011 scheitere die Beziehung, da er sich einer anderen Frau zuwandte.

Die Antragstellerin behauptet, er habe wiederholt erklärt, sie sei über ihn gut abgesichert. Außerdem habe er zugesichert, die Familie legalisieren und deshalb mit der Antragstellerin die Ehe schließen zu wollen.

Die Antragstellerin trägt vor, die Parteien hätten einen Gesellschaftsvertrag dahingehend geschlossen, dass das - hohe - Einkommen des Antragsgegners vollständig und ungeschmälert zum Aufbau eines gemeinsamen Vermögens habe genutzt werden sollen. Dazu sei der Antragsgegner von seinen Unterhaltspflichten gegenüber der Antragstellerin und den Kindern freigestellt worden. Allenfalls 2.000 DM bzw. 1.000,00 € jährlich habe er beigesteuert. Im Übrigen seien die Familienlasten, u. a. auch die erheblichen Privatschulkosten für die Kinder, von der Allgemeinheit, der Familie der Antragstellerin und der Antragstellerin getragen worden. Die Antragstellerin ist deshalb der Auffassung, sie habe einen gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsanspruch gegen den Antragsgegner. Sie begehrt im Rahmen einer Stufenklage zunächst Auskunft über das Anfangsvermögen des Antragsgegners bei Beginn der Beziehung und über das Endvermögen bei Beendigung der Beziehung und sodann Zahlung des hälftigen vom Antragsgegner erzielten Zugewinns. Ferner begehrt die Antragstellerin Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente i. H. v. 700,00 € ab 01.04.2011.

Dem schob das OLG Bremen einen Riegel vor.

Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft besteht. Nach Beendigung einer nichtehelichen Beziehung findet daher grundsätzlich kein nachträglicher Ausgleich für die laufenden Kosten der Lebenshaltung und Haushaltsführung statt .

Allerdings kommen nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von wirtschaftlicher Bedeutung, dessen Alleineigentümer der andere Partner ist, geschaffen worden ist, Ausgleichsansprüche aus Gesellschaftsrecht, aus ungerechtfertigter Bereicherung und nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht .

Voraussetzung für einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch ist, dass zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder schlüssig ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer BGB-Gesellschaft im Sinne der §§ 705 ff. BGB in Form einer Innengesellschaft zustande gekommen ist….

Aufgrund des Umstandes, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft als solche nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Bindung führt, beschränkt sich ein etwaiger gesellschaftsrechtlicher Ausgleich in der Regel auf bestimmte einzelne Vermögensgegenstände oder eine bestimmte, abgrenzbare Gesamtheit von Vermögensgegenständen (z. B. Immobilien, Unternehmen); es kommt hingegen grundsätzlich nicht zu einem einheitlichen Gesamtausgleich des gesamten Vermögenserwerbs im Sinne eines Zugewinnausgleichs.

 Die Antragstellerin hat keine Umstände dargelegt, die vorliegend - abweichend von diesem Regelfall - die Annahme einer den gesamten Vermögenserwerb des Antragsgegners umfassenden gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung rechtfertigen könnten.

aaa)

Es fehlt insofern bereits an Darlegungen zur näheren Ausgestaltung der behaupteten Gesellschaft. Die Antragstellerin hat insbesondere keine Angaben zum zeitlichen Ablauf gemacht, d. h. ab welchem Zeitpunkt die Parteien von dem gemeinsam erwirtschafteten Vermögen hätten profitieren wollen.

bbb)

Ferner hat die Antragstellerin keine wesentlichen Beiträge zur Schaffung eines gemeinsamen Vermögens geleistet. Ihr Vortrag, sie habe den Antragsgegner von allen finanziellen Verpflichtungen der Familie gegenüber freigestellt, ist insofern nicht ausreichend. Denn sie hat ihrem eigenen Vortrag zufolge jahrelang zu Unrecht Sozialleistungen bezogen, weil sie gegenüber dem Sozialleistungsträger angegeben hatte, mit den Kindern allein zu leben, obwohl sie tatsächlich in einer - sozialhilferechtlichen - Bedarfsgemeinschaft mit dem Antragsgegner gelebt haben will. Der Lebensunterhalt der Antragstellerin und der Kinder war also durch die zu Unrecht erlangten Leistungen des Sozialhilfeträgers sichergestellt. Dies stellt keinen eigenen Beitrag der Antragstellerin zur Schaffung eines gemeinsamen Vermögens im gesellschaftsrechtlichen Sinne dar. Auch soweit die Antragstellerin auf finanzielle Hilfen durch ihre Mutter verweist, beispielsweise für die Privatschulkosten der Kinder, handelt es sich nicht um Beiträge der Antragstellerin, sondern um Zuwendungen ihrer Mutter.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, sie habe die Versorgung der Kinder übernommen, stellt dies ebenfalls keinen Beitrag zur Vermögensbildung im gesellschaftsrechtlichen Sinne dar. Solche Leistungen, die die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt und die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglichen, werden in dem Bewusstsein erbracht, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen habe. Geld- und Dienstleistungen, die im Rahmen der Haushalts- und Lebensführung erbracht werden, können bei Trennung nicht verrechnet werden. Es besteht ein sogenanntes Abrechnungsverbot. Dies betrifft auch die Privatschulkosten der Kinder, soweit sie teilweise von der Antragstellerin gezahlt worden sind.

2. Die geltend gemachten Auskunfts- und Zahlungsansprüche bestehen auch nicht unter den Gesichtspunkten des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB oder der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB.

a)

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH können sogenannte gemeinschaftsbezogene Zuwendungen, die ein Partner im Vertrauen auf den Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbringt, im Falle des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) zurückgefordert werden, wenn dem leistenden Partner die Beibehaltung der herbeigeführten Vermögensverhältnisse nicht zugemutet werden kann.

Ein Ausgleich kann auch für gemeinschaftsbezogene Arbeitsleistungen verlangt werden, wenn ein Partner im Rahmen eines stillschweigenden Kooperationsvertrages während des Zusammenlebens für den anderen Partner tätig war. Gemeinschaftsbezogene Arbeiten in diesem Sinne müssen aber erheblich über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erfordert und zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben Wie bereits oben ausgeführt, hat die Antragstellerin keine eigenen Zuwendungen in diesem Sinne erbracht und auch ihre Arbeitsleistungen in Zusammenhang mit der Versorgung des Haushalts und der Kinder gehen nicht über das hinaus, was das tägliche Zusammenleben erforderte.

b)

Aus diesem Grund scheitern auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, die nach neuerer Rechtsprechung des BGH grundsätzlich ebenfalls zur Rückgewähr von gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen oder Arbeitsleistungen im Falle einer Zweckverfehlung durch Scheitern der Beziehung in Betracht kommen 3.

Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente in Höhe von € 700,00 ab April 2011.

Ein solcher Anspruch ergibt sich mangels Vorliegens eines Gesellschaftsvertrages nicht aus dem Gesellschaftsrecht. Im Übrigen ist ohnehin nicht ersichtlich, mit welcher Begründung im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung aus Anlass der Auflösung der Gesellschaft eine Unterhaltsrente neben einen parallel geltend gemachten Auskunfts- und Auszahlungsanspruch treten soll.

Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird (abgesehen von den Fällen des § 1615l BGB bei Vorhandensein minderjähriger betreuungsbedürftiger Kinder) grundsätzlich kein Unterhalt geschuldet Zwar kann ein Unterhaltsanspruch vertraglich vereinbart werden und ist dann auch einklagbar. Eine derartige vertragliche Regelung ist hier jedoch nicht zustande gekommen. Soweit der Antragsgegner vorgerichtlich das Angebot gemacht hatte, eine Unterhaltsrente in Höhe von monatlich 700,00 € zahlen zu wollen, hat er darauf hingewiesen, dass dieses Angebot ohne Anerkennung einer Rechtspflicht unterbreitet werde. Die Antragstellerin ist auf diesen Vorschlag nicht eingegangen. Der Antragsgegner hat sein Angebot daraufhin zurückgezogen. Eine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung besteht für ihn nicht.

OLG Bremen v. 04.01.2013 - 4 W 5/12

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6 Kommentare

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Ich glaub, ich träume!
Heißt das, wenn sie das Sozialamt nicht betrogen hätte, der Expartner ähnlich dem Zugewinnausgleich hälftig zur Kasse gebeten und zur Unterhaltszahlung verknackt worden wäre??

3

Auch soweit die Antragstellerin auf finanzielle Hilfen durch ihre Mutter verweist, beispielsweise für die Privatschulkosten der Kinder, handelt es sich nicht um Beiträge der Antragstellerin, sondern um Zuwendungen ihrer Mutter.

 

Im Grunde hat doch die Antragstellerin das Geld bei ihrer Mutter besorgt, wenn auch vermutlich ohne Gegenleistung. Wenn die Antragstellerin das Geld auf der Straße erbettelt hätte, wäre dies dann als ihr Beitrag gewertet worden?

4

Aber immerhin scheint ja die Vorinstanz da etas anderes entschieden zu haben, sonst wäre es ja wohl nicht zu OLG gekommen.

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Auch die Klägerin kann mit der Vorinstanz unzufrieden gewesen sein und der Entscheidung widersprochen haben, so dass es zum OLG ging.

Interessieren würde mich mehr, ob da Verfahrenskostenhilfe gewährt wurde. Es herrscht immerhin Anwaltszwang und man befindet sich schon beim OLG, das ist alles nicht gerade billig und die Klägerin scheint ziemlich mittellos zu sein. Verfahrenskostenhilfe wird aber nur gewährt, wenn Erfolgsaussichten bestehen. Die muss ein Richter bei der VKH-Prüfung wohl doch Erfolgschancen gesehen haben.

Es handelt sich um eine VKH-Beschwerde.
Die Frau hatte bereits in der 1.instanz keine VKH bekommen. Ihre Beschwerde war erfolglos.

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