Tod im Häcksler

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.02.2013

Vor vielen Jahren gab es eine spannende Tatortfolge mit diesem Titel. Irgenwie passt das zu einer Entscheidung des BGH, in der das Opfer zwar nicht im Häcksler landete, jedoch mit dem Tod im Häcksler bedroht wurde. Wir Juristen können daraus feinste juritische Gedanken entwickeln, über die der Nichtjurist sicher den Kopf schüttelt. Den BGH musste die Frage beschäftigen: Ist der Industriehäcksler eigentlich ein gefährliches Werkzeug?

 

 

Nach den zu Fall 5 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen trafen der Angeklagte und ein Mittäter sowie der Geschädigte am 11. Septem-ber 2011 auf dem Gelände eines Industrieunternehmens in Eisenhüttenstadt zusammen. Sie gingen zu einem „Industriemüll-Häcksler“ (UA S. 12); es handelte sich dabei um ein „größeres Gerät, zum Schreddern von Industrie-müll“ (UA S. 25). Der Angeklagte forderte vom Geschädigten die Herausgabe von 400 €, andernfalls er „in dem Häcksler landen werde“. Das Tatopfer fürchtete um sein Leben und übergab dem Angeklagten das Geld.
2. Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen beson-ders schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach der insoweit auf § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB übertragbaren Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs zum Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind gefährliche Werkzeuge nur solche Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung irgendwie gegen einen menschlichen Körper in Be-wegung gesetzt werden können (vgl. BGH, Urteile vom 6. September 1968 – 4 StR 320/68, BGHSt 22, 235, 236, und vom 8. März 1988 – 1 StR 18/88, BGHR StGB § 223a Abs. 1 aF Werkzeug 2, Beschluss vom 7. Dezember 1993 – 5 StR 644/93; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 7 mwN). Hier wie dort sind demgemäß nur bewegliche Gegenstände erfasst. Für § 250 StGB wird dies zusätzlich daraus deutlich, dass gefährliche Werkzeuge im Sinne der Vorschrift „bei sich geführt“ werden können müssen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB; vgl. zu dem sinngleichen Merkmal in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch BGH, Urteil vom 15. Novem-ber 2007 – 4 StR 435/07, BGHSt 52, 89, 92 ff.). Daran fehlt es – trotz eher vager Beschreibung im angefochtenen Urteil – ersichtlich bei dem hier in Frage stehenden Gerät, das nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe groß genug war, um einen Menschen aufnehmen zu können, und das seine Gefährlichkeit nicht aus einer Bewegung gegen den Menschen oder eines Menschen gegen das Gerät (vgl. hierzu RGSt 24, 372, 373), sondern aus einem Verarbeitungsvorgang gewinnt (vgl. auch RG aaO S. 375). Davon bleibt unberührt, dass die durch den Angeklagten ausgesprochene besonders markante Drohung im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden kann.
Der Angeklagte ist nach alledem auch bei Tat 5 lediglich der nicht weiter qualifizierten räuberischen Erpressung nach §§ 255, 249 StGB schuldig.

 

BGH, Beschluss vom 12.12.2012 - 5 StR 574/12 

 

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Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass das zur Bedrohung eingesetzte Instrument ab einer gewissen Größe nicht mehr zur Erfüllung der Qualifikation ausreicht.

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