BAG: Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen sind zulässig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.03.2013

Das BAG hat seine Rechtsprechungslinie zu Bestimmungen fortgeführt, nach denen das Arbeitsverhältnis bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters automatisch endet. Die Frage der Zulässigkeit solcher Altersgrenzen hat in den letzten Jahren mehrfach den EuGH und in der Folge auch das BAG beschäftigt. Die Kernfrage lautet, ob die in der Anknüpfung an das Alter des Arbeitnehmers liegende Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Der EuGH hat jedenfalls für gesetzliche und tarifvertragliche Altersgrenzen, soweit sie an das reguläre Renteneintrittsalter anknüpfen, grünes Licht gegeben (EuGH 12.10.2010, NZA 2010, 1167 – Rosenbladt; EuGH 5.7.2012, NZA 2012, 785 - Hörnfeldt). Höher liegen die Rechtfertigungsanforderungen offensichtlich bei vorgezogenen Altersgrenzen, wie das Beispiel der Lufthansa-Piloten zuletzt anschaulich gezeigt hat (EuGH 13.9.2011, NZA 2011, 1039 und BAG 5.2.2012, NZA 2012, 866). Altersgrenzen werden mitunter auch in Betriebsvereinbarungen festgelegt. Hierzu fehlte es bislang an einer höchstrichterlichen Stellungnahme. Eine solche liegt nunmehr in Gestaltung eines Urteils des BAG (5.3.2013 - 1 AZR 417/12 -, Pressemitteilung Nr. 14/13) vor. Zu entscheiden hatte das BAG über folgenden Fall: Der im Jahr 1942 geborene Kläger war seit 1980 bei der Beklagten beschäftigt. Nach der von beiden Parteien unterzeichneten „Einstellungsmitteilung“ war das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine bei der Beklagten bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976 sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahres vor. Dieses vollendete der Kläger im August 2007. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Das BAG entschied: Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, sind wirksam. Die von den Betriebsparteien zu beachtenden Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 BetrVG) seien gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist auch keine, die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Abmachung. Damit ist Rechtsklarheit in einer praktisch wichtigen Frage erzielt worden. Offen ist derzeit allerdings die Zulässigkeit arbeitsvertraglich vereinbarter Altersgrenzen. Wie die Urteile des EuGH in diesem Punkt zu deuten sind, ist nicht ganz klar. Einiges dürfte dafür sprechen, dass die Argumentation des EuGH zur Zulässigkeit von Altersgrenzen unabhängig von der gewählten Regelungsebene Geltung beansprucht. 

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Meinen Sie nicht auch, dass das BAG in der besagten Entscheidung die Frage, ob den Betriebsparteien nicht nach § 77 Abs. 3 BetrVG die Regelungskompetenz fehlte, etwas kurz behandelt hat?

 

 

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