Rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung: Bei 4 1/2 Jahren reichen 3 Monate Anrechnung nicht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.04.2013

Wieviel ist im Wege der Vollstreckungslösung für eine zu lange Verfahrensdauer von einer Haftstrafe "abzuziehen"? Das ist eine Frage, die sich an festen Maßstäben kaum bemessen lässt. Hier aber ein aktuelles Beispiel aus der BGH-Rechtsprechung, in der der BGH selbst eine Anrechnungsentscheidung getroffen hat:

 

Die vom Landgericht für die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung angeordnete Kompensation in Form einer Anrechnung von nur drei Monaten auf die verhängte Freiheitsstrafe ist nicht ausreichend. Das Landgericht hat eine weitere verzögerliche Sachbearbeitung bis zur Erhebung der Anklage und während der Anhängigkeit der Sache beim Amtsgericht nur unzureichend berücksichtigt. Eine Verfahrensdauer von mehr als viereinhalb Jahren erfordert angesichts der nicht allzu schwierigen Beweislage eine höhere Anrechnung. Diese setzt der Senat, um eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden, selbst auf sechs Monate fest.

Der geringfügige Teilerfolg rechtfertigt es nicht, von einer vollständigen Überbürdung der Verfahrenskosten auf den Angeklagten abzusehen.

 

BGH, Beschluss vom 23.1.2013 - 5 StR 621/12

 

Leider findet sich in der BGH-Entscheidung nicht, wie hoch die festgesetzte Strafe war, welchen Teil die Anrechnung also ausmacht.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen