BGH locuta causa finita? BGH zum Kartellbußgeldrecht

von Dr. Rolf Hempel, veröffentlicht am 10.04.2013

Am heutigen Tag hat der BGH seinen Beschluss vom 26.02.2013 veröffentlicht, mit dem er die Verurteilung der Mitglieder des sog. Grauzementkartells bestätigt hatte. Das war dem BGH zurecht eine Pressemitteilung wert. Das Bundeskartellamt freute sich offensichtlich und tat das in einer eigenen Pressemitteilung kund. In dem Fall ging es ganz maßgeblich um den sehr umstrittenen § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB.

Was sagt uns der Kartellsenat dazu?

 1. Die Vorschrift ist nicht rückwirkend zum 01.07.2005 in Kraft getreten, sondern erst am 12.07.2005. Das ergäbe schon die Auslegung. Bei mir verbleiben jedenfalls leise Zweifel, ob man das im Strafrecht so machen kann.

 2. Die Vorschrift ist nicht unbestimmt. Die verfassungskonforme Auslegung ergibt, dass es sich um die Obergrenze des Bußgeldrahmens handelt und nicht um eine Kappungsgrenze. Der Unterschied ist bedeutsam. Der Bußgeldrahmen darf nur ausgeschöpft werden, wenn es keinen schlimmeren denkbaren Fall einer Tat geben kann (also nie). Das ist so wie bei der Höchstnote im Juristischen Staatsexamen, die es nach der gleichen Logik praktisch auch nicht gibt. Anders als im EU-Recht wird es im deutschen Kartellrecht also keine Bußgelder geben, die 10% des Vorjahresgesamtumsatzes erreichen. Das ist aber nicht wirklich beruhigend, da sich durch die Auslegung als Bußgeldrahmenobergrenze deutlich höhere Bußgelder ergeben können. als bei Auslegung als Kappungsgrenze, die ja nicht in jedem Fall eingreifen muss. Angesichts dieser Varianz im Ergebnis habe ich etwas Zweifel an der These der Bestimmtheit der Vorschrift.

 3. Es kommt bei der Vorschrift auf den konzernweiten Umsatz an. Das war angesichts des Grassierens des EU-Unternehmensbegriffs im deutschen Kartellrecht zu befürchten.

 Die Entscheidung ist auch im übrigens lesenswert. Der BGH kürzte die Bußgelder wegen überlanger Verfahrensdauer ("rechtsstaatswidrige Verzögerung"). Die Behörden (Generalstaatsanwaltschaft und Bundeskartellamt) hatten sich fast zwei Jahre für die Gegenerklärung zur Rechtsbeschwerdebegründung "gegönnt".

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen