Fälschung von MPU-Gutachten und Abstinenzbescheinigungen "in großer Zahl"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.04.2013
Rechtsgebiete: BGHUrkundenfälschungStrafrechtVerkehrsrecht|8588 Aufrufe

Urkundsdelikte finden sich im Verkehrsrecht immer wieder einmal thematisiert. Meist sind es manipulierte Fahrgestellnummern oder Nummernschildfälschungen. Der BGH hatte sich jetzt mit einem Fall gefälschter MPU-Gutachten und gefälschter Abstinenzbescheinigungen zu befassen. Zu den Taten selbst ergibt sich aus den Ausführungen des BGH wenig bis nichts. Interessant aber: Bei 55 Taten hat der BGH das den meisten sicher wenig bekannte Merkmal "große Zahl" in § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 StGB bejaht:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in 57 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Missbrauch von Titeln und mittelbarer Falschbeurkundung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Betrug, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.

Die Annahme des Regelbeispiels nach § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StGB bei den Taten 2 bis 56 hält in Anbetracht von 55 den Ordnungsbehörden vorgelegten falschen MPU-Gutachten und  Abstinenzbescheinigungen“ entgegen der Auffassung der Revision rechtlicher Überprüfung stand. Der Vortrag des Beschwerdeführers, die Fälschungen seien leicht als solche erkennbar gewesen (vgl. dazu Fischer, StGB, 60. Aufl., § 267 Rn. 54), findet in den Feststellungen keine Stütze. Die nach den Urteilsgründen erst relativ spät erfolgte Aufdeckung der im Jahr 2008 begonnenen Tatserie lässt dies auch nicht naheliegend erscheinen.

Die zu den genannten Taten getroffenen Einzelstrafaussprüche können gleichwohl keinen Bestand haben. Das Landgericht hat dem Ange-klagten den vertypten Milderungsgrund nach § 46b StGB mit der Begründung versagt, in der Offenbarung des Mittäters B. sei keine wesentliche Aufklärungshilfe zu sehen, weil „es sich hierbei lediglich um einen Teilaspekt des Gesamtgeschehens handele, dem keine herausragende Bedeutung zu-gemessen werden könne“ (UA S. 18). Dies steht in deutlichem Widerspruch zu dem Umstand, dass der Angeklagte nach den Feststellungen für diesen Mittäter sogar in größerem Umfang MPU-Gutachten gefälscht hat als für die beiden anderen Mittäter (UA S. 7). Ferner verhält sich die Strafkammer nicht dazu, dass der Angeklagte den weiteren Mittäter Br. benannt hat, ohne dass aus dem Gesamtzusammenhang hervorgeht, dass die Strafverfol-gungsbehörden von dessen Beteiligung zuvor bereits gewusst haben (UA S. 13). Der Senat vermag daher anhand der Urteilsgründe nicht zu beurtei-len, ob das Landgericht den Strafmilderungsgrund mit Recht ausgeschlossen hat. Er kann auch im Hinblick auf die im angefochtenen Urteil erörterten zahlreichen allgemeinen Strafmilderungsgründe (UA S. 17) nicht ausschließen, dass das Landgericht die Regelwirkung des § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB als entkräftet angesehen, deswegen den Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB angewendet und geringere Strafen verhängt hätte, wenn es die Vor–aussetzungen des § 46b StGB bejaht hätte.
Die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Hingegen werden die Einzelstraf-aussprüche zu den Taten 1 und 57 von dem Fehler nicht berührt.

Die Feststellungen können bestehen bleiben, weil ein Wertungsfehler in Frage steht. Allerdings wird das neu entscheidende Tatgericht zu den Merkmalen des § 46b StGB ergänzende, den aufrecht erhaltenen freilich nicht widersprechende Feststellungen zu treffen haben.

BGH, Beschluss vom 12.2.2013 - 5 StR 627/12

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