LAG Berlin Brandenburg zur Abgrenzung Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 20.05.2013

Vor dem Hintergrund der aktuellen rechtspolitischen Debatte um die Eindämmung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Werkverträgen verdient ein neueres Urteil des LAG Berlin-Brandenburg (vom 12.12.2012 - 15 Sa 1217/12) Aufmerksamkeit, dass sich mit der Abgrenzung zur Arbeitnehmerüberlassung befasst. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die als Verpackerin beschäftigte Klägerin ihre Arbeitgeberin auf „Equal Pay“-Vergütung verklagt. Ihre Arbeitgeberin hatte mit einer GmbH einen „Werkvertrag“ über die Durchführung fachgerechter Arbeiten der Fleisch- und Wurstproduktion mit den dazu notwendigen Verpackungs- und Nebentätigkeiten geschlossen. In dem Vertrag hieß es u.a. „Die zu erbringenden Leistungen richten sich nach Bedarf des Auftraggebers und sind in einem Leistungsverzeichnis (Anlage) aufgeführt." Die Tätigkeiten waren in den Räumen und während der üblichen Arbeitszeiten des Auftraggebers unter Beachtung von dessen Betriebsordnung nach Bedarf des Auftraggebers durchzuführen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG geht das LAG davon aus, dass hinsichtlich der Abgrenzung zum einen der Frage der Weisungsgebundenheit und zum anderen dem Gesichtspunkt der Eingliederung in die Betriebsorganisation des Entleihers/Auftraggebers entscheidende Bedeutung zukommt. Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheide der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspreche. Für die Würdigung des konkreten Falles berücksichtigt das LAG vor allem auch die Leistungsbestimmung im Vertrag. Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des Auftraggebers, so spricht dies nach Ansicht des LAG ganz erheblich gegen das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages und für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den Betrieb des Auftraggebers. Denn insofern fehle es an einer abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werkes. Dies deute auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand der von dem Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend organisiert. Gleiches gelte für die Abgrenzung zu einem Dienstvertrag. Im Ergebnis hält das LAG die Beklagte gem. § 9 Ziff. 2, 10 Abs. 4 AÜG für verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Das ist allerdings nur eine Konsequenz. Fehlt der Fremdfirma die Arbeitnehmüberlassungserlaubnis, so liegt ein Fall der illegalen Arbeitnehmerüberlassung vor. Es entsteht dann ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher (§ 10 Abs. 1 AÜG). Ferner drohen Geldbußen und die Nachzahlung von Sozialbeiträgen. Der Fall zeigt, dass die Arbeitsgerichte, so der Fall überhaupt vor sie getragen wird, durchaus in der Lage sind, die Spreu vom Weizen zu trennen. 

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