Kein Urlaub nach dem Tod

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.06.2013
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtKrankheitUrlaubUrlaubsabgeltungTod1|6448 Aufrufe

Das BAG bestätigt seine neue Linie zum Urlaubsrecht. Beim Tod des Arbeitnehmers erwerben seine Erben keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, geht der Urlaubsanspruch unter. Deshalb ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ursächlich dafür, dass der Urlaubsanspruch nicht mehr erfüllt werden kann. Unerheblich ist dabei nach Auffassung des Neunten Senats, ob der Erblasser bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krank war. Weder erwerbe der Erblasser zu Lebzeiten ein Anwartschaftsrecht auf Urlaubsabgeltung, das nach dem Erbfall zu einem Vollrecht erstarkt, noch bestehe ein werdendes Recht, das als vermögenswertes Recht nach § 1922 Abs. 1 BGB auf seine Erben übergeht (so bereits BAG, Urt. vom 20.09.2011 - 9 AZR 416/10, NZA 2012, 326).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat jetzt die Klage zweier Töchter auf Urlaubsabgeltung gegen die Arbeitgeberin ihrer verstorbenen Mutter abgewiesen (BAG, Urt. vom 12.03.2013 - 9 AZR 532/11, BeckRS 2013, 69284):

"1. Ein Arbeitnehmer erwirbt zu Beginn eines jeden Kalenderjahres ungeachtet einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit einen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. (Orientierungssatz des Gerichts)

2. Endet das Arbeitsverhältnis wegen des Todes des Arbeitnehmers, geht der Urlaubsanspruch unter und kann sich nicht in einen Abgeltungsanspruch iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln. Dies gilt unabhängig davon, ob der Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt des Todes rechtshängig war." (Orientierungssatz des Gerichts)

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Was ich mich schon damals angesichts der Entscheidung des BAG vom 20.09.2011, Az.: 9 AZR 416/10, in: NZA 2012, 326 fragte und mich jetzt folglich abermals frage, ist: wie verhält sich das zu Schultz-Hoff (EuGH, Urt. v. 20.01.2009, Az.: C-350/06 u. a., in: NZA 2009, 135)?

 

Für das BAG stellt sich letztlich die Frage der Vererblichkeit gar nicht, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers endet. Dann fehle es bereits an einer zu vererbenden Rechtsposition. Obwohl vom BAG in der Sache vom 20.09.2011 ausführlich dargelegt wird, warum dies nicht der Richtlinie 2003/88/EG widerspreche, macht mich nach wie vor die Formulierung unter Rn. 56 in dem EuGH-Urteil Schultz-Hoff stutzig. Der Kläger Schultz-Hoff war bekanntlich nicht allein, verbunden war das Verfahren in Luxemburg mit der Sache der Frau Stringer aus dem Vereinigten Königreich. Daher ist das Urteil vom 20.01.2009 in zwei verbindlichlichen Sprachen verfasst, Deutsch und Englisch.

 

Auf deutsch ist in der erwähten Rn. 56 über die Urlaubsabgeltung gesagt, sie bestehe in dem "Genuss dieses [!!!] Anspruchs [nämlich auf Urlaubsgewährung!] in finanzieller Form" (Hervorhebung und Anm. in eckiger Klammer von mir). Noch deutlicher scheint mir das in englischer Sprache gesagt: "The right in question [nämlich "to take paid annual leave", also die Urlaubsgewährung] cannot be enjoyed by the worker, even in pecuniary form", d. h. "could not", wenn es nicht Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie gäbe. Soweit für mich erkennbar (verstehbar), wird auch in anderen Sprachen das "Recht", um welches es geht, als dasjenige auf Urlaubsgewährung bezeichnet, während die Abgeltung nur eine "Form", eine "Spielart" der "Erfüllung", "Ausnutzung", des "Genusses" usw. eben "dieses" (Demonstrativpornomen) Rechts auf Urlaub ist.

 

Es wäre daher interessant zu erfahren, was der EuGH sagt, wenn dort einmal Erben eines Arbeitnehmers beteiligt sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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