Die Affären im Fall Mollath

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 19.06.2013

Als ich im November 2012 erstmals den Fall Mollath wahrgenommen hatte, habe ich meinen Beitrag mit dem Titel „Was sind die Fehler der bayerischen Justiz?“ überschrieben. Manche meiner juristischen Bekannten hielten meinen Artikel für anmaßend und den Titel für voreilig. Ohne genaue Aktenkenntnis, so ihre Kritik, sei meine Urteilsrezension unfair, und schon der Titel des Beitrags zeuge von meiner Voreingenommenheit – offenbar sei ich ja bereits davon überzeugt, dass überhaupt Fehler gemacht worden seien.

Diese Kritik traf in gewisser Weise zu: Tatsächlich war ich aufgrund der Urteilslektüre bereits  der Überzeugung, dass Fehler gemacht worden waren. Und tatsächlich hatte ich (noch) keinerlei Aktenkenntnis. Allerdings ist es in der Rechtswissenschaft üblich und auch völlig legitim (rechtskräftige) Urteile zu rezensieren – ein Urteil, zumal eines mit so schweren Folgen für den Betroffenen muss so gefasst sein, dass aus ihm die Gründe für den Urteilstenor überzeugend hervorgehen. Ich hätte mich trotzdem ehrlich gefreut, wenn es bei einem nur schlecht geschriebenen Urteil geblieben wäre.

Aber nachdem ich im Dezember und Januar immer mehr Aktenbestandteile und Gutachten gelesen hatte, wuchs meine Erschütterung: Eine solche Ansammlung von offenkundigen Fehlentscheidungen und Machtmissbräuchen in einem Fall war mir noch nicht begegnet. Ich war nun sicher, dass jeder anständige und verständige Jurist, eigentlich jeder Mensch, der sich über diesen Fall sachkundig machen würde, meine Meinung teilen würde: Hier ist einem Menschen in vielfacher Weise Unrecht geschehen und es geschieht ihm immer noch Unrecht. Unrecht, dass nun schnellstmöglich abgestellt, korrigiert und ausgeglichen werden musste.

Aber ich hatte mit der größten Schwäche der Bayerischen Justiz nicht gerechnet: Leider besteht  – trotz der vielen hervorragenden Juristinnen und Juristen in Bayern – eine offenbar systematisch angelegte Uneinsichtigkeit und Unfähigkeit zur Fehlerkorrektur. Seit einigen Monaten liegen nun Wiederaufnahmeanträge vor. Und seither scheint einerseits ein gewisser Stillstand eingekehrt zu sein, andererseits überschlagen sich seit der vergangenen Woche zusätzliche Ereignisse und weitere Affären innerhalb der Affäre. Viele Einzelheiten zum Fall habe ich in weiteren Beiträgen hier im Beck-Blog geschildert, andere sind inzwischen Allgemeingut geworden – man kann sich zur „Affäre Mollath“ mittlerweile auch durch Buchlektüre (Przybilla/Ritzer: Die Affäre Mollath) schlau machen.

- Ein Untersuchungsausschuss des Landtags, maßgeblich in Gang gesetzt, als ein Behördenchef meinte, er könne die Landtagsabgeordneten für dumm verkaufen („Affäre Aktenvermerk“), hört den laut Psychiatrie für die Allgemeinheit gefährlichen Herrn Mollath im Landtag an. Mit seiner ruhigen und bestimmten Redeweise, in der er den Fall aus seiner Sicht schildert, erstaunt Mollath die Abgeordneten.

- Die Strafvollstreckungskammer des LG Bayreuth, zuständig für die jährlichen Überprüfungen der weiteren Unterbringung Mollaths, kommt, basierend auf dem rechtskräftigen Urteil sowie auf älteren psychiatrischen Gutachten, zum Ergebnis, die Unterbringung sei nach wie vor gerechtfertigt, sie sei auch verhältnismäßig, Herr Mollath nach wie vor für die Allgemeinheit gefährlich. Damit schiebt die StVK dem LG Regensburg die alleinige Verantwortung für die Entscheidung über Mollaths Schicksal zu (Affäre „Schwarzer Peter“). Ergänzung (19.06.2013): Die Entschiedung der StVK beruht darauf, dass man von den rechtskräftig festgestellten Straftaten des Herrn Mollath auszugehen habe, diese also quasi als "wahr zu unterstellen" seien. Auf dieser Tatsachengrundlage und auf Grundlage derjenigen Gutachten, die ausgehend von diesen Taten dem Herrn Mollath Gefährlichkeit attestierten, meinte die StVK, eien Fehleinweisung ausschließen zu können. Auch wenn in diesem Bereich Vieles umstritten ist, bin ich der Auffassung, dass die StVK zwar das Urteil nicht beseitigen kann, jedoch durchaus bei der aktuellen Gefährlichkeitsbeurteilung neu bekanntgewordene Umstände, die die Taten betreffen, zu berücksichtigen hat. Noch viel mehr gilt dies für einen Arzt, der schon nach seiner Berufsordnung nicht verpflichtet sein kann, seinem Gutachten juristische Fiktionen zu unterlegen. Als äußerst problematisch sehe ich es an, dass die StVK sich wiederum nur kurz und verzerrend mit der Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung auseinandergesetzt hat.

-   Durch Presseberichte kommt heraus, dass im ursprünglichen Entwurf des staatsanwaltlichen Wiederaufnahmeantrags insgesamt fünf Sachverhalte als Rechtsbeugung des Vors. Richters Brixner gewertet wurden – im dann offiziellen Antrag wurden diese Rechtsbeugungsvorwürfe nicht erhoben. Offenbar hatte die Staatsanwaltschaft, möglicherweise in der Diskussion mit höheren Hierarchieebenen, Angst vor der eigenen Courage bekommen: Das völlige Versagen sowie die kaum anders als mit böser Absicht interpretierbaren Fehlentscheidungen und Sachverhaltsverfälschungen wollte man abschließend dann doch nicht als vorsätzliche Rechtsbeugung bezeichnen (Affäre „Rechtsbeugung“). Zudem soll ein Antragsentwurf sich auch zum fehlenden Nachweis des Sachbeschädigungsvorwurfs geäußert haben.

- Nachdem der Pressesprecher des LG Regensburg im Fernsehen (Sendung Report Mainz am 11.06.) zum Erstaunen des Publikums betonte, das Gesetz kenne keine Frist, und damit den Eindruck erzeugte, im Fall Mollath sehe das Gericht keinerlei Eilbedürftigkeit, sah sich der Ministerpräsident erneut genötigt, in den Fall einzugreifen und darauf hinzuweisen, das bayerische Volk erwarte eine baldige Entscheidung („Affäre Eilbedürfnis“). Ergänzung (19.06.2013): Die Kritik wird heute vom LG Regensburg zurückgewiesen. Der komplexe Fall erfordere eine sorgfältige Prüfung.

- Wenn man sich für einen Moment in die Lage des Betroffenen hineindenkt, ist das (schon Tage zuvor in den Medien kursierende) von Unbekannten gefälschte Fax, in dem angeblich das LG Regensburg die Freilassung Herrn Mollath anordnet, besonders perfide. Ohne sich zuvor beim Gericht über die Echtheit des Faxes rückzuversichern wurde Herrn Mollath von einem Arzt die baldige Freilassung angekündigt (Affäre „Fax“).

- Und noch etwas anderes muss man sich bewusst machen: Herr Mollath ist nach wie vor untergebracht, also seiner Freiheit beraubt - auf Grundlage eines Urteils, das in der Substanz ein Fehlurteil ist und auf Grundlage eines Strafverfahrens, das hanebüchene und erschreckende Fehler enthielt. Jeder Tag in Gefangenschaft verlängert das aus meiner Sicht, aus Sicht der Staatsanwaltschaft und aus Sicht der Verteidigung klar erkennbare Unrecht. 

UPDATE 22.06.2013

Seit gestern berichtet die Presse vom Auskunftsersuchen  des BVerfG an das Bayerische Justizministerium in der Sache Mollath. Hintergrund ist die schon vor längerer Zeit eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen die Unterbringungsentscheidungen des OLG Bamberg und des LG Bayreuth von 2011 und 2012 im Rahmen der jährlichen Überprüfung. Die Verfassungsbeschwerde wurde nunmehr von der Verteidigung noch einmal aktualisiert und um die neuen Entwicklungen angereichert.  Nun wird spannend sein, ob das bayrische Justizministerium weiterhin die Unterbringung als verhältnismäßig und rechtmäßig ansieht, also die gerichtlichen Entscheidungen als korrekt bezeichnet, oder ob es auf die neuen Entwicklungen reagiert und auch die letztjährige Aufhebung einer solchen Entscheidung durch das BVerfG berücksichtigt. Der Stern zitiert den Ministeriumssprecher mit folgender aufschlussreicher Äußerung:

"Wir werden die Frage unseres höchsten Gerichts schnell und umsichtig beantworten", sagte der bayerische Ministeriumssprecher. Dabei werde besonders berücksichtigt, dass Mollath schon seit sieben Jahren in der Psychiatrie untergebracht sei - "eine sehr lange Zeit ohne Freiheit". Die Anfrage gebe nun die Möglichkeit, "auf diesen Umstand einzugehen". (Hervorhebung H.E.M.)

Das erscheint mir die Ankündigung einer Kritik an den Beschlüssen der o.a. Gerichte zu sein, zumindest in der Frage der (Un-)Verhältnismäßigkeit. Die Politik hat möglicherweise mittlerweile erkannt, dass große Teile der Bevölkerung nicht mehr nachvollziehen können, warum Mollath immer noch nicht frei gelassen wird, obwohl die Zweifel an seiner jahrelangen Unterbringung und insbesondere an seiner Allgemeingefährlichkeit unübersehbar geworden sind. 

Wie schon in meinen früheren Beiträgen ausgeführt: Selbst wenn Herr Mollath nunmehr - etwa nach Intervention des BVerfG oder aufgrund einer Beschwerdeentscheidung des OLG Bamberg - aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entlassen werden muss, ändert das nichts am Fortgang des Wiederaufnahmeverfahrens in Regensburg. Möglicherweise könnte dann aber der Zeitdruck auf die zuständige Kammer des LG Regensburg etwas geringer werden. Denn auch wenn der Fall Mollath keine Haftsache im förmlcih-strafprozessualen Sinne ist - er ist, solange Herr Mollath untergebracht ist, praktisch eine Haftsache im verfassungsrechtlichen Sinn.

UPDATE 24.06.2013

Sechs Optionen für die Freilassung von Gustl Mollath:

Angesichts des vor dem Wochenende bekanntgewordenen Auskunftsersuchens des BVerfG und der heutigen Entscheidung des OLG Nürnberg über eine Beschwerde von RA Strate erscheint es mir sinnvoll, einmal die derzeitigen Optionen für eine Freilassung Herrn Mollaths aus der Psychiatrie aufzuzeigen:

1. Nach wie vor kann die mit dem Wiederaufnahmeverfahren befasste Kammer des LG Regensburg jederzeit zu dem Schluss kommen, wegen der Erfolgsaussichten der Wiederaufnahme die Vollstreckung nach § 360 Abs.2 StPO zu unterbrechen.

2. Kommt das LG Regensburg sogar zu der Feststellung, die Wiederaufnahme sei begründet, entfällt die Rechtskraft des angegriffenen Urteils und Herr Mollath wäre (unabhängig von einer neuen Hauptverhandlung) sofort freizulassen. Allerdings hat das LG Regensburg bislang nicht einmal über die Zulässigkeit der Wiederaufnahmeanträge entschieden udn auch schon angedeutet, dass die Entscheidung über die Begründetheit noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

3. Das BVerfG könnte im Rahmen der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde Mollaths einstweilig die Freilassung anordnen (§ 32 BVerfGG). Grund könnte sein, dass die Unterbringung mittlerweile verfassungsrechtlich nicht mehr als verhältnismäßig beurteilt wird und das Freiheitsgrundrecht Herrn Mollaths eine sofortige Freilassung gebietet - ganz unabhängig davon, ob Herr Mollath die Straftaten begangen hat oder nicht bzw. ob die psychiatrischen Gutachten zutreffen oder nicht. Mit der Entscheidung würde natürlich das Wiederaufnahmeverfahren nicht obsolet.

4. Das OLG Bamberg wird über die Beschwerde gegen die Entscheidung des LG Bayreuth (§ 67 d StGB, §§ 463, 453 Abs.2 StPO) über die weitere Vollstreckung zu entscheiden haben. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist Herr Mollath freizulassen.

5. Der Ministerpräsident des Freistaats Bayern, Herr Seehofer, könnte von seinem Gnadenrecht Gebrauch machen. Dies ist (in Bayern) auch von Amts wegen ohne Antrag des Betroffenen möglich und es gilt auch für den Maßregelvollzug. Diese Lösung wäre allerdings nach meiner Einschätzung wohl nicht im Sinne des Untergebrachten, würde aber womöglich den politischen Druck aus dem Fall Mollath nehmen.

6. Erst wieder in einem Jahr findet die nächste regelmäßige Überprüfung der Vollstreckung nach § 67 d StGB vor dem LG Bayreuth statt. Die dortige Strafvollstreckungskammer hat erst vergangene Woche entschieden, dass die Unterbringung fortzusetzen sei. Ergänzung: Nach § 67 e StGB wäre sie verpflichtet, auch vorher bereits neu zu entscheiden, wenn sich eine neue Sachlage ergibt.

Ob und wann eine Freilassung erfolgt, ist nach wie vor völlig offen; auch welche der Optionen die wahrscheinlichere ist, lässt sich kaum einschätzen. Und wegen der (aus meiner Sicht) schon etlichen Überraschungen in diesem Fall, wage ich auch keine Prognose mehr.

UPDATE 01.07.2013

Heute wurde u.a. über die "Option 5" - die Begnadigung durch den Ministerpräsidenten spekuliert. Ich glaube nicht, dass ein Gnadenakt dem Interesse von Herrn Mollath entspräche, aber (theoretisch) möglich wäre es, wie ich oben schon schrieb. Natürlich habe ich auch gesagt, dass eine Gnadenentscheidung (eigentlich) einer Gerichtsentscheidung nicht vorgreifen darf.

Es mehren sich zudem die Anzeichen dafür, dass jedenfalls die Politik inzwischen einen anderen Kurs einschlagen möchte. Heute hat Frau Justizministerin Merk  der Augsburger Allgemeinen gegenüber geäußert:

"Ich werde in meiner Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht deutlich machen, dass nach meiner Auffassung die Unterbringung des Mannes mit zunehmender Dauer unverhältnismäßig ist"

Die Unverhältnismäßigkeit der (weiteren) Unterbringung ist meines Erachtens schon spätetens seit November 2012  offenkundig; trotzdem hat das LG Bayreuth jüngst die Verhältnismäßigkeit auch nach über sieben Jahren Unterbringung bejaht, ohne dabei die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung hinreichend zu beachten. Mittlerweile steht allerdings § 62 StGB nicht mehr im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern die juristischen und tatsächlichen Fehler, auf denen das Urteil beruht, und die in der Wiederaufnahme nun geprüft werden. Ich glaube daher, diese Kehrtwende kommt zu spät, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, denn noch vor ein paar Wochen hat Frau Merk, auch wenn sie es jetzt bestreitet, das Urteil und die Unterbringung Herrn Mollaths verteidigt. Am schnellsten könnte jetzt das OLG Bamberg (Option 4) dem Wunsch der Ministerin nachkommen und in der Beschwerdeentscheidung über die weitere Vollstreckung Herrn Mollath freilassen. Die Wiederaufnahme wäre damit nicht erledigt, allerdings würde dann der Zeitdruck auf das LG Regensburg erheblich nachlassen.

UPDATE 04.07.2013

Das längere Interview mit Herrn Prof. Kröber von Alexander Dill auf  Telepolis zeigt größtenteils die Sicht des Psychiaters in diesem Fall: Nicht die Psychiatrie, sondern die Justiz ist verantwortlich. Auch meiner Ansicht nach beruht die Unterbringung Herrn Mollaths v.a. auf fehlerhaften juristischen Entscheidungen. Aber eine kritisch-prüfende Rolle der Psychiatrie gab es nicht, sondern nur eine bestätigende, die - im Falle Prof. Kröbers - auf einer Wahrunterstellung nicht nur des Urteils, sondern der gesamten Akten beruht, die er zur Beurteilung herangezogen hat. Nicht ein einziges kritisches Wort Prof. Kröbers zu diesen Akteninhalten findet sich.

Einige kritische Punkte aus dem Interview (das ganze Interview ist lesenswert!) möchte ich aufgreifen und kommentieren:

"Telepolis: Nun ist es ja so, dass die Justiz das zurückspielt, indem sie sagt: Die Gutachter haben doch bescheinigt, dass Mollath weiterhin gefährlich ist.

Kröber: Nein, die Gutachter haben bescheinigt, dass Mollath krank ist. Das ist einhelliger Tenor und das wird man vielleicht auch verifizieren können, wenn er draußen ist. Das hat sich auch aus der Beobachtung in der Klinik ergeben, wo er doch von zahlreichen Leuten über Jahre erlebt wurde. Es hat sich dort niemand gemeldet, der sagt: Wir beobachten Mollath schon seit Jahren in der Klinik und er ist völlig gesund."

Selbstverständlich gehört die Gefährlichkeitsprognose (neben der Krankheitsdiagnose) zu den zentralen Aufgaben des psychiatrischen Sachverständigen. Die Gefährlichkeit ist der Grund der Unterbringung. Und Herr Prof. Kröber hat diese Gefährlichkeit ausdrücklich bejaht.


"Kröber: Die Frage ist, ob dieses Urteil juristisch standhält, wenn es zu neuen Ermittlungen kommt, ob die Beweislage stabil ist. Das weiß ich nicht. Wenn aber in einem ordentlichen Verfahren die Delikte rechtskräftig festgestellt wurden, kann ich nicht als Psychiater diese Delikte infrage stellen."

Zum Zeitpunkt des ersten Gutachtens (von Dr. Leipziger) gab es noch keine rechtskräftige Feststellung. Ergibt sich (aus den Akten), dass die in der Anklage beschriebenen Taten anders abgelaufen sind bzw. ergeben sich Gründe (z.B. aus der in den Akten erkennbaren Motivlage der Ehefrau), dafür, dass es nicht so gewesen ist, braucht der Gutachter nichts zu unterstellen.  Zudem: Formell ist nur der Tenor der Entscheidung rechtskräftig festgestellt. Der Gutachter muss den Tatablauf, wie er in den Urteilsgründen steht, nicht unterstellen.


"Kröber: Ansonsten gelten die Gründe weiter, die bisher rechtskräftig festgestellt worden sind. Das ist ja in der Revision zum Bundesgerichtshof gegangen und dort konnte kein Fehler festgestellt werden."

Es war keine zulässige Verfahrensrüge erhoben worden - deshalb wurden vom BGH auch keine Fehler überprüft. Dafür kann Herr Kröber nichts; dennoch taugt es nicht als Argument.


"Telepolis: Bei so einer Beziehungstat, die wir in kleinerem Bereich ja auch aus den meisten Familien kennen, ist es doch meist so, dass mit der Trennung auch das Tatmotiv verschwindet. Nur in seltenen Ausnahmefällen verfolgt man seinen Partner dann noch weiter.

Kröber: Bei Mollath scheint genau das einige Jahre der Fall gewesen zu sein, wenn man das Urteil liest. Ich kenne durchaus Beispiele, wo so etwas bis zum Mord passiert. Zur Bewusstlosigkeit würgen ist in einer anderen Liga. Da waren die ja schon getrennt. Die Frau ist nach der Trennung noch in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei ist es passiert, wenn es so stimmt. Die Justiz hat die Geschichte eher verläppert. Da gab es dann keine Schreibmaschine. Das Ganze ging erst wieder voran durch die Reifenstecherei, das war aber bereits mehr als vier Jahre nach der Trennung. Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich. Aber ich gebe Ihnen Recht: Sein Wahn bezog sich in diesen letzten Jahren schon lange nicht mehr auf seine Frau, sondern auf die Nürnberger Firma Diehl und die große Verschwörung, die er dort sah."
 

Ergänzung 05.07.2013: Herr Kröber hat jetzt folgende korrigierende Version in das Interview einfügen lassen:

"Das war im August 2001, vor der Trennung. Die Frau ist nach der Trennung Ende Mai 2002 nochmal in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei gab es einen laut Urteil einen erneuten Übergriff, er hat sie festgehalten und am Verlassen der Wohnung gehindert. Die Justiz hat diese Vorfälle in der Akutphase der Trennung eher verläppert. Offenbar bestand kein großes Verfolgungsinteresse. Das Ganze ging erst wieder voran durch die [Mollath vorgeworfene] Reifenstecherei im Januar 2005, drei Jahre nach der Trennung."
Mein Kommentar unten bezieht sich auf die erste Version, ist also zum Teil nicht mehr aktuell, zum Teil betrifft meine Kritik aber auch die ergänzte Version

Prof. Kröbers Darstellung ist grob unrichtig. Die Körperverletzung durch Würgen fand laut Ehefrau im Jahr 2001 statt. Erst Monate später zog sie aus der Wohnung aus, noch einmal etliche Monate später zeigte sie ihren Mann an. Diese beiden Umstände wurden weder in den Urteilsgründen noch in einem der Gutachten gewürdigt, stattdessen wurde alles unkritisch als richtig unterstellt, was Frau Mollath berichtet hatte. Die "Verläpperung" mit der Schreibmaschine fand erst nach den angeblichen Reifenstecherein statt.
Kröber verdreht die Tatsachen (bewusst oder unbewusst) und entgeht damit einer wichtigen Fragestellung: Wie kann ein Psychiater Jahre nach einer innerfamiliären Körperverletzung diagnostizieren, dass diese auf einem (jetzt erst) diagnostizierten Wahn beruht? Und wenn er sagt: Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich, verdeckt er mit dem "man", dass es ein Psychiater war, der Herrn Mollath als gefährlich einstufte. Herr Prof. Kröber erweckt den unzutreffenden Eindruck, als habe Herr Mollath einen Wahn gegen die Rüstungsfirma Diehl entwickelt, und sich "schon lange nicht mehr auf seine Frau bezogen". Auch dies ist unrichtig. Die bei Herrn Mollath als ebenfalls wahnhaft angesehen angeblichen Reifenstechereien bezogen sich nicht auf eine Rüstungsfirma oder eine große Verschwörung, sondern angeblich auf Personen, die seiner Frau persönlich nahestanden bzw. in das Scheidungsverfahren involviert waren.


"Telepolis: Könnten wir nicht an den Punkt kommen, wo man sich darauf verständigt, dass - und Sie haben das ja auch bereits erwähnt - die Rückfallgefahr für die öffentliche Person Mollath nun deutlich geringer ist?

Kröber: Ja, dem würde ich soweit folgen.

Telepolis: Wenn sie mit diesem Satz - und Sie liegen doch auch in der Bewertung gemeinsam mit Ihren Kollegen - kommen, dann könnten Sie damit doch den Weg freimachen?

Kröber: Nein, könnte ich nicht. Das Problem ist: Mollath wäre schon längst draußen, wenn er kooperativer wäre. Wenn er einer neuen Begutachtung zugestimmt hätte und es nicht zur Bedingung machen würde, dass ihm das Gutachten vorher vorgelegt würde."

Soweit ich informiert bin, hat Herr Mollath nicht verlangt, dass ihm das Gutachten vorher vorgelegt wird. Er hat allerdings verlangt, dass er Einblick in die Krankenakten bekommt, um auf dort von der Klinik notierte Vorfälle eingehen zu können. Er verlangt damit etwas, was in einem normalen  juristischen Verfahren durchaus angemessen ist, aber eben nicht in der medizinischen Begutachtung vorgesehen ist.


"Das Problem ist weiter: Ich war an einer Fortdauerentscheidung beteiligt. Diese Untersuchung ist vorgeschrieben. Wenn sich gegenüber dem Einweisungszeitpunkt nichts geändert hat, dann entscheidet die Strafvollstreckungskammer für Fortdauer. Wenn nun, was in fünf Prozent der Fälle geschieht, Patienten nicht zur Kooperation bereit sind oder auch nicht zu Anhörungen erscheinen, dann wird auf der Grundlage des Einweisungsbeschlusses entschieden."

Das ist eine zutreffende abstrakte Darstellung. Konkret wurde Prof. Kröber auch damit beauftragt, auf das Gutachten Dr. Simmerls einzugehen, von dem sich Mollath hatte explorieren lassen. Wenn Herr Kröber nun sagt, es sei alles normal gelaufen und er habe halt mangels Kooperation nicht anders gutachten können, dann ist dies insofern falsch, als Kröbers Gutachten keineswegs die genannte und angemessene  Neutralität aufweist.


"Kröber: Diese Entscheidung ist bei Mollath jährlich gefallen. Sie ist auch nach dem Gutachten von Professor Friedemann Pfäfflin 2011 gefallen, der ihn eingehend untersucht und gesprochen hat."

Hier wird ein Widerspruch deutlich: Oben hat Prof. Kröber ausgeführt, es liege allein an Mollath, dass dieser sich nicht habe untersuchen lassen bzw. nicht einhaltbare Forderungen gestellt habe. Tatsächlich hat sich Herr Mollath sowohl vor dem Kröber-Gutachten als auch danach von Psychiatern untersuchen lassen.  Wenn Herr Dr. Simmerl und Herr Prof. Pfäfflin es schafften, Herrn Mollath zu explorieren, warum gelang es dann Herrn Dr. Leipziger und Herrn Prof. Kröber nicht?


"Telepolis: Letztlich bleibt doch stehen: Sie halten ihn jetzt für ungefährlich.

Kröber: Nein, das weiß ich nicht. Ich halte das für gut möglich und vorstellbar. Es ist nur möglich, dies mit und bei Mollath zu klären. Ich mache hier keine Gefährlichkeits-Diagnose, ohne eine wirkliche Begutachtung machen zu können."

Herr Prof. Kröber hat vor einigen Jahren eine Gefährlichkeitsdiagnose ohne wirkliche Begutachtung abgegeben. Herrn Mollaths Krankheit werde unbehandelt immer schlimmer werden, war seine Prognose. Nun hält er es für "gut möglich und vorstellbar", dass Herr Mollath ungefährlich geworden ist. Es wäre zu begrüßen, wenn dieser (abstrakte) Meinungswandel deutlicher dargestellt worden wäre.


"Kröber: Auf der anderen Seite ist es so, dass Mollath jeden, wenn er aus der Klinik entlassen wird, zum Mordopfer deklariert, und nicht deutlich ist, was ihn gegenwärtig inhaltlich beschäftigt."

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was Prof. Kröber meint. Ich habe nichts darüber gehört, dass Herr Mollath irgendwem mit dem Tod gedroht hätte. Was Herrn Mollath derzeit inhaltlich beschäftigt, ist hingegen durch etliche Interviews und seine Anhörung vor dem UA im Landtag deutlich. In einen Kopf hineinschauen kann man ohnehin nicht.

Ich kann nicht beurteilen, ob Herr Mollath psychisch krank ist oder nicht. Die entscheidende Frage für die Unterbringung ist aber die Gefährlichkeit.

Noch etwas: Wenn angebliche "Unterstützer" Herrn Mollaths dazu übergehen sollten, Menschen mit anderer Auffassung zu bedrohen, dann ist dies kriminelles Verhalten, das in keiner Weise gerechtfertigt werden kann. Zudem schadet ein solches Verhalten Herrn Mollath.

Service von dejure.org:

Die Verfahren im Fall Mollath mit Az. und Links.

Diskussion anderswo:

Blog von Gabriele Wolff

De Legibus-Blog (Oliver Garcia)

Internet-Law (Thomas Stadler)

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885 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Mustermann,

Sie beantworten meine Antwort auf eine Äußerung von Klabauter, und kommentieren mich dann so:

Schnick,schnack. Das ist doch gar nicht das Problem bei den ganzen Gutachten. Hat er halt zu weich formuliert. Und?

Was meines Erachtens in diesen Elaboraten durchgehend fehlt, ist der Handlungszwang/Kontrollverlust hinsichtlich der Taten.

Sie, lieber Professor, werfen zwar immer wieder die Frage auf, wie man denn nachträglich das Vorliegen der Krankheit bei Tatbegehung feststellen will und das ist auch einigermassen O.K. Ich frage mich hingegen, woraus geschlossen werden kann, dass der "Wahn" in Zukunft Taten erwarten lassen kann.

Denn es ist gar nicht entscheidend, ob Mollath krank ist oder nicht. Sondern dass die Krankheit den Deliquenten verunmöglicht von den Taten Abstand zu halten.

1. Natürlich kann man in einem posting, das eine spezifische Antwort darstellt - hier ging es um den nachweisbaren Beleg dafür, dass die Gutachten nicht nur daran leiden, dass die Akten nicht richtig gelesen wurden, wie klabauter behaupten will - nicht die ganz Bandbreite der Kritik formulieren.

2. Zu Ihrem Einwand: Ja, der ist auch zutreffend: Den Psychiatern wird mit der Gefahrenprognose eine Aufgabe übertragen, die sie nur ganz eingeschränkt beantworten können. Wobei sie mit Unterstellungen arbeiten müssen, nämlich derjenigen, dass jemand, der zuvor eine Tat unter krankheitswertigem Steuerungsverlust begangen hat, eine solche Tat mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder begehen wird als jemand, bei dem dies nicht der Fall ist. Deshalb sind ja auch die beiden Fragen (Rückblick und Vorausblick des Zusammenhangs zwischen Krankheit und Straftat) keineswegs getrennt, sondern aufs engste verknüpft: Wer "diagnostiziert", dass eine  Krankheit oder Störung für eine mehrere Jahre zurückliegende Straftat verantwortlich ist, bei dem ergibt sich praktisch "automatisch", dass die noch bestehende Krankheit "wahrscheinlich" dafür sorgen wird, dass der Proband sich auch künftig nicht wird steuern können. Das ist praktisch ein- und dieselbe Frage. Und die (schlüssige, nicht unbedingt richtige) Antwort setzt voraus, dass schon früher diese Krankheit existierte und dass sie damals für den Kontrollverlust verantwortlich war. Deshalb setze ich mit meiner Kritik an dieser Stelle an, weil es eben der erste Baustein ist.

Wir liegen da gar nicht so weit auseinander, wie es sich bei Ihrem "Schnick Schnack" liest.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@Hodie: Ärztliches Gelöbnis schrieb:

Zum ärztlichen Gelöbnis s. bitte hier:

 

Bundesärztekammer:

http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.100.1143

 

Berufsordnung für die Ärzte Bayerns:

http://www.blaek.de/beruf_recht/berufsordnung/bo_text2002.cfm

 

 

In der Berufsordnung wird zu Gutachten ausgeführt:

 

§ 25 Ärztliche Gutachten und Zeugnisse

Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse haben Ärztinnen und Ärzte mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind oder die auszustellen sie übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. ......

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Zu einem weit verbreiteten Mißverständnis.

 

Es wird immer wieder angeführt, es sei die Pflicht eines Arztes in der Rolle des gerichtlichen Sachverständigen seinem Probanden zu helfen oder ihm zumindest - was das Ergebnis des Gerichtsverfahren betrifft - nicht zu schaden.

 

Dem ist nicht so. Im Straf- oder Zivilverfahren oder auch vor Fachgerichten, ist es die Aufgabe des (ärztlichen oder psychologischen) Gutachters das Gutachten sachgerecht, nach dem Stand der Wissenschaft und ohne Ansehen der Person zu erstatten. Er unterscheidet sich in nichts von einem Sachverständigen aus einem anderen Fachgebiet.

 

Der Proband hat Anspruch auf einen fairen Umgang und und eine nachvollziehbare Vorgehensweise, aber nicht auf ein für ihn subjektiv positives Ergebnis.

 

Herr Dr. Dipl. Psych.Sponsel verweist immer wieder auf eine zu schaffende "Vertrauensbasis". Hier muss man vorsichtig sein. Durch eine zu vertrauliche Situation kann der Proband auch getäuscht werden. Fairness im Umgang, ist sicher der richtige Begriff.

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Aus einer aktuellen Information des idw:

http://idw-online.de/de/news544469

Zwangsbehandlung durch veränderte Prioritätensetzung verhindern

Jürg Beutler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)

"... Was tun, wenn psychisch erkrankte Menschen eine notwendige medizinische Behandlung ablehnen und sich dadurch selbst gefährden? Wie sollen sich Ärztinnen und Ärzte in einer solchen Situation verhalten? Dem Willen der Patienten folgen und zulassen, dass sie sich gesundheitlich schaden? Oder dem ärztlichen Auftrag zur Heilung bzw. Gefahrenabwehr nachkommen und die Möglichkeit einer Zwangsbehandlung prüfen? Grundlage jedes ärztlichen Handels ist die „Patientenautonomie“. Das heißt: Niemals darf gegen den frei bestimmten Willen eines einwilligungsfähigen Patienten gehandelt werden, auch nicht gegen den vorsorglich erklärten Willen (Patientenverfügung). Doch psychische Erkrankungen können unsere Fähigkeiten zu verstehen, entscheiden und handeln beeinträchtigen – auch in Bezug auf die eigene Gesundheit. Wie verfahren, wenn für diese Situation keine gültige Patientenverfügung vorliegt? Psychisch erkrankte Menschen sind manchmal auch nach intensiver Beratung nicht von der Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung zu überzeugen. In solchen Situationen können Zwangsmaßnahmen für die nicht einwilligungsfähigen Patienten traumatisierend und lebenslang belastend wirken. Doch sobald sie wieder zustimmungsfähig sind, bedauern manche Patienten im Rückblick ihre Ablehnung. Oft billigen sie nachträglich die Entscheidung zur Zwangsbehandlung. ... "

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Ich will Ihren Hinweis auf die "verfassungswidrige Zwangseinweisung"

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/BVerfG2001.htm

 

nochmals aufgreifen im Hinblick auf den von Herrn RA Strate aufgedrösselten eigenständigen WA-Grund. Danach sollte Folgendes außer Streit stehen:

 

Selbständiger und allein durchgreifender Wiederaufnahmegrund gemäß § 79 Absatz 1 Bundesverfassungsgerichts-Gesetz (BVerfGG)

 

Aus der verfassungswidrigen Unterbringung zur "Beobachtung" als Grundlage von Gutachten und Urteil folgt zwingend, dass es keine verwertbaren(!) Feststellungen hinsichtlich der Gefährlichkeit des G.M. für die Vergangenheit gibt. Allein aus diesem selbständigen Rechsgrund ist die Wiederaufnahme zulässig und begründet.

 

Zudem ist Herr Mollath spätestens mit Ablauf des 30. Juli 2013 (Ablaufende Prüfungsfrist der Strafvollstreckungskammer am Landgericht Bayreuth) auf freien Fuß zu setzen.

(Anmerkung Waldemar Robert Kolos)

 

Zitat aus WA-Antrag RA Strate

 

Seite 4

"Als eigenständiger Wiederaufnahmegrund, der sich auf § 79 Abs. 1 BVerfGG i.V.m. § 359 Nr. 5 StPO stützt, wird außerdem geltend gemacht, dass die zeitweilige Unterbringung des Herrn Mollath in der Klinik für Forensische Psychiatrie beim Bezirkskrankenhaus Bayreuth in der Zeit vom 14.2.2005 bis zum 21.3.2005 auf der Grundlage einer gerichtlichen Anordnung erfolgte, welche eindeutigen verfassungsgerichtlichen Vorgaben zur Auslegung des § 81 StPO widersprach (7)."   Seite 133   "Die Ausforschung und Beobachtung Mollaths durch die Ärzte und das Pflegepersonal (einschließlich der befragten Insassen) während seiner verfassungswidrig angeordneten zeitweiligen Unterbringung lieferte – neben den angeblichen Verschwörungstheorien um Schwarzgeldtransfersin die Schweiz – die wesentliche Grundlage für die Wahn-Diagnosen des Dr. Leipziger. 99 "     Quellen:   Seite 4 und (ausführlich) ab Seite 129 ff (132,133) http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-2013-02-19.pdf (Beachte die Fußnoten 98 und 99)   § 79 Absatz 1 BVerfGG http://dejure.org/gesetze/BVerfGG/79.html   Vermerk Kolos

BVerfGE v.  22.11.2011 - 2 BvR 1334/10, Rdnr. 22:

"Auch die Nichteinhaltung der Überprüfungsfristen des § 67e Abs. 2 StGB verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG."

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20111122_2bvr133410.html

       

 

 

5

Zu der Pressemitteilung http://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=30273#.UepuH2... , die der LWL-Maßregelvollzugsdezernent in Form eines Interviews abgegeben hat:

Hollweg: Die gestiegenen Verweildauern im Maßregelvollzug sind Folge von Gesetzesänderungen Ende der 1990er Jahre und Anfang des vergangenen Jahrzehnts. Die Entlassungshürden wurden erhöht. Damit wurde dem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit entsprochen. Auch hat das überwiegend skeptische gesellschaftliche Klima sicherlich dazu beitragen, dass Klinikleitungen und Gutachter vorsichtiger geworden sind und sich bei unklaren Prognosen im Zweifelsfalle eher gegen als für eine Entlassung aussprechen. Ich sehe aktuell nicht, dass jemand daran etwas ändern möchte.

Ich verstehe schon nicht, was Herr Hollweg mit dem letzten Satz meint. Niemand will daran etwas ändern, daß bei unklaren Prognosen das Grundrecht auf Freiheit zugunsten eines diffusen "Supergrundrechts" der Allgemeinheit auf Sicherheit zurücktreten muß? Wenn das gemeint ist, dann scheint er die Initiative des Bundesjustizministeriums mißverstanden zu haben. Oder er meint: Niemand wolle das, was das Bundesjustizministerium jetzt will. Das Bundesjustizministerium sei fehlgeleitet.

Sehr geehrter Herr Professor,

 

ich bin ja ganz bei Ihnen. Und auch was die Abtrennung der einzelnen Elemente angeht, habe ich Sie durchaus verstanden. Ich werde einem Professor doch nicht die Trennschärfe absprechen wollen.

 

Ich halte Ihre Kritik am Gericht, der Diskrepanz nicht nachgegangen zu sein, aber nicht für schlagend genug. Und die Geschichte zeigt ja, dass man damit nicht durchgedrungen ist. Und das wird man auch in Zukunft nicht tun können, weder bei Gericht noch beim Gutachter. Denn mit der Frage der Werteverscheibung greifen Sie nur den äusseren Aspekt an. Viel hilfreicher wäre es den Hebel am inneren Aspekt dieses Vorgangs anzusetzen.

 

Entscheidend ist doch wie die Erwartungsbildung modelliert wird. Wie soll denn die Korrelation aussehen? Je unbeirrbarer er an seiner Vorstellung festhält, desto höher die Wahrscheinlichkeit? Ja da schau her, dann sind wir ja doch wieder bei der mechanistischen Gleichung Krank=Gefährlich gelandet und das hat der Professor doch gerade noch abgeschält.

 

Der Punkt auf den ich hinaus will ist, dass der Gutachter einem in Beweisführung geprüften Juristen gar nicht vorführen kann, wie er zu seiner Annahme kommt. Weder bei der möglichen noch bei der hohen. Deshalb ist es Schnick Schnack sich daran aufzuhalten. Man prallt an der langjährigen Expertenmeinung einfach ab. Ist halt seine Überzeugung.

 

Witzig fand ich in dem Zusammenhang den Vorschlags eines Lesers der SZ, der meinte, die Neuregelung muss so ausgestaltet sein, dass drei Gutachter unabhängig voneinander herangezogen werden. Denn nur so kann man sicherstellen, dass es den kleinen Prozentsatz an gerechtfertigten Unterbringungen auch erwischt. Aufgrund der Natur der Materie kommt im Regelfall das Ergebnis raus, einer bejaht, einer verneint und einer ist sich nicht sicher. und dann greift in dubio.

 

Man kann natürlich auch dem Ruf von Herrn Dr. Sponsel folgen und standardisierte Verfahren fordern. Wird doch auch schon gemacht. Man schaue sich nur das Fortres-Verfahren an. Am Schluss kommt eine hübsche Nummer raus und die darf man sich dann auf den Arm tätowieren. Ja was treibt der Humanismus denn für seltsame Blüten?

 

An welchem Punkt der Evolutionsgeschichte haben sich die Juristen denn von diesen "Ärzten" den kompletten Laden kappern lassen? Da wird erst so getan als wäre Prometheus höchstpersönlich herabgestiegen und hätt ins Eselsohr hineingeflüstert :"Und wenn die Axt der Hand denn mehr entflohen ist..." 

 

Und nun das?

 

Auf metaphysischer Ebene sind das doch Urgewalten, die da toben. Gehen wir von der rudimentären descartschen Modellannahme aus, ist doch klar, dass diese Grenzüberschreitung Legitimationsprobleme mit sich bringt. Das ist doch Sprengstoff und zieht sich dann ja auch wie ein roter Faden durch alle Bereiche. Selbst die Sicherungsverwahrung bietet weniger Probleme hinsichtlich ihrer Verfassungskonformität. Und dann sitzt der Mollath da und bettelt unsere Parlamentarier an, da rein zu dürfen. Das muss doch nachdenklich stimmen. Wie können Sie angesichts dessen anführen: "Man hat halt noch keine bessere Lösung gefunden." Wo soll das denn Lösung sein?

 

Meines Erachtens ist der einzig vertretbare Anwendungsfall die schwere Drogensucht. Bei allem anderen pervertierts.

 

Aber ich will Ihnen jetzt auch nicht den Tag versauen. Geniessen Sie das schöne Wetter.

 

Mit besten Grüßen 

 

 

 

  

 

 

astroloop schrieb:

 

"Meines Erachtens ist der einzig vertretbare Anwendungsfall die schwere Drogensucht. Bei allem anderen pervertierts."

 

Sehr geehrter astroloop

 

Noch nie etwas gehört von akutpsychotischen Menschen, die aus wahnhafter Situationsverkennung  Tötungsdelikte begangen haben.

Noch nie etwas gehört, von schwerst geistig behinderten Menschen, die z.b einen Bauernhof samt Bewohner abgefackelt haben.

 

Ich rede hier von Fällen des § 20 StGB, bei denen kein einziger Beteiligter (Gericht, StA, Verteidigung, Nebenklage, Presse, Öffentlichkeit) Zweifel an der Schuldunfähigkeit und der weiteren Gefährlichkeit hatten.

 

Was soll mit diesen Personen zukünftig geschehen? Ab in den Regelvollzug einer JVA? Zivilisierte Gesellschaften zeichnen sich gerade dadurch aus, dass schwerst psychisch Kranke nicht bestraft werden können.

 

Der Knackpunkt liegt in der Abgrenzung. Ab wann soll § 21 und § 63 greifen? In der Diskussion klingt an, die meisten § 63 Fälle könnten müssten kontrovers diskutiert werden, dies ist aber so nicht der Fall.

 

Auch die von Herrn Sponsel immer wieder zitierten Mindestanfordeungen, die - wie z.B von Eisenberg diskutiert - keinesfalls "Gesetzeskraft" besitzen und m.M. im Kapitel Sexualstraftaten völlig psychoanalyselastig und praktisch kaum anwendbar sind,  helfen nur begrenzt weiter. Sie waren zumindest ein Schritt in die richtige Richtung würden aber dringend eine Überarbeitung und Fortschreibung erfordern.

 

Aus meiner Sicht ist untragbar, dass ein z.B. ein kernpädophiler Täter eines sexuellen Kindesmissbrauchs im Landgerichtsbezirk A bei Gutachter X für voll schuldfähig befunden wird, während er für die selbe Tat im Landgerichtsbezirk B und Gutachter Z §§ 21/63 erhält.

 

Gleiches kann bei schweren Persönlichkeitsstörungen passieren. Es müssen nicht mal unterschiedliche Bundesländer sein. Und auch der BGH und das BVerfG können hier offenbar keine einheitlichen Maßstäbe durchsetzen.

 

Diese Beliebigkeit ist der eigentliche Skandal der nach gesetzlicher Veränderung ruft. Es gibt zu viele unbestimmte und extrem "dehnbare" Rechtsbegriffe wie. z.B "schwere andere seelische Abartigkeit".

 

Auch der "Hang" im Sinn des § 64 StGB ist unterdessen (auch durch die BGH Rechtsprechung) so unscharf geworden, dass seine Feststellung oft zum Lotteriespiel mutiert.

 

 

 

 

 

  

 

 

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Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe schwerer Fehler der Rechtswissenschaft -

"schwere andere seelische Abartigkeit" aus Wehrmachtsvorschrift 1944

Auch Arzt schrieb:

... Aus meiner Sicht ist untragbar, dass ein z.B. ein kernpädophiler Täter eines sexuellen Kindesmissbrauchs im Landgerichtsbezirk A bei Gutachter X für voll schuldfähig befunden wird, während er für die selbe Tat im Landgerichtsbezirk B und Gutachter Z §§ 21/63 erhält.

Gleiches kann bei schweren Persönlichkeitsstörungen passieren. Es müssen nicht mal unterschiedliche Bundesländer sein. Und auch der BGH und das BVerfG können hier offenbar keine einheitlichen Maßstäbe durchsetzen.

Diese Beliebigkeit ist der eigentliche Skandal der nach gesetzlicher Veränderung ruft. Es gibt zu viele unbestimmte und extrem "dehnbare" Rechtsbegriffe wie. z.B "schwere andere seelische Abartigkeit".

Auch der "Hang" im Sinn des § 64 StGB ist unterdessen (auch durch die BGH Rechtsprechung) so unscharf geworden, dass seine Feststellung oft zum Lotteriespiel mutiert.  

Sie treffen mit Ihrer Kritik ins Schwarze und der Hauptadressat ist m.E. die Rechtswissenschaft, die sich hier ziemlich unterentwickelt zeigt.  Wie man es machen könnte, habe ich hier (mit Link auf Anwendung) dargelegt.

Eine außerordentliche Fehlleistung und sehr ärgerlich ist auch die Formulierung im § 20 StGB  "schwere andere seelische Abartigkeit", die ja direkt aus einer Wehrmachtsvorschrift der Nazis entnommen wurde. Eine solche Formulierung ist vollkommen daneben.

Im Übrigen könnte man den § 20 StGB vereinfachen und auf ein Eingangsmerkmal beschränken (schwere seelische Störung), alles andere verkompliziert und verwirrt ja nur). Ansonsten ist er perfekt formuliert, für die forensische Psychiatrie aber im allgemeinen zu schwer. Die kommen hinten und vorne mit der Einsichtsfähigkeit nicht zurecht.

 

 

 

5

http://www.charivari.de/radio/nachrichten/bayern/merk-raeumt-kommunikati...

 

Es wurde an verschiedener Stelle behauptet, die Gerichte hätten das Recht gebeugt.

Wer ist der Dienstvorgesetzte, der die Gericht zu ordnungsgemäßer Erledigung der Rechtsgeschäfte anmahnen muss?

Wann hat ein Dienstvorgesetzter z. B. die Pflicht, bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Rechtsbeugung zu erstatten?

Oder muss die Ministerin als Vorgesetzte der Staatsanwaltschaft dort Vorermittlungen anregen?

 

Angenommen, ein Richter verurteilt nach einem Ladendiebstahl im Wert von etwa 20 € zu 20 Jahren Haft.

Ich weiss, das Beispiel sollte unmöglich sein, anderes unmögliches gibt es auch, also vorausgesetzt so ist es.

 

Der Verurteilte wandert in den Knast und sitzt da, alle schweigen, keiner tut etwas.

Dann erfährt das der irgendwann der Minister ... es erfolgt sofort ein Gnadenakt, Entschädigung etc. ...

Was passiert mit dem Richter????

 

Ich habe jetzt von zwei Verkehrsrichtern gehört, die wegen ihrer Rechtsprechung bei Bußgeldsachen Schwierigkeiten hatten ... stand ja nur in der Presse ... hat jemand schon mal in Bayreuth nachgefragt ????

Kann es sein, dass die dann Weisungen auspacken???

 

 

 

5

@ Max Mustermann

 

Das sind ja weitgehend nachvollziehbare Gedanken, die Sie hier darlegen. Wie Sie sich aber zu folgender abschließender Behauptung durchringen konnten, verstehe ich nicht:

 

Zitat: "Meines Erachtens ist der einzig vertretbare Anwendungsfall die schwere Drogensucht. Bei allem anderen pervertierts."

 

Gerade der Umgang mit Drogensucht ist doch geradezu ein klassisches Beispiel von ordnungspolitischer Problemerschaffung, die Hand in Hand mit wissenschaftlicher Schützenhilfe vollzogen wurde. Die Prohibition selbst erzeugt das Gros des Schadens.

 

Es steht schon die grundlegende Setzung einer totalen Verbotsnorm in rechtsstaatlicher Hinsicht auf wackeligen Beinen, denn selbst die Tötungshandlung an einem Menschen findet juristisch eine differenziertere Sichtweise. Der fehlende Handlungsspielraum zu einer vernünftigen regulierten Problembegegnung drückt sich schon in dem Begriff "nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel" aus.

 

Wenn Sie mit "einzig vertretbare[m] Anwendungsfall" darauf abstellen, die Gefährlichkeit eines Drogensüchtigen bezüglich Beschaffungskriminalität sei mit gesundem Menschenverstand feststellbar (somit auch für psychiatrische Gutachter), so ist dem womöglich nicht zu widersprechen. Jedoch auch in diesem Fall wäre eine solche Vorgehensweise die komplizierteste, teuerste und menschenverachtendste. Einem von Suchtmittel abhängigen Menschen eine an sich spottbillige Substanz zu verweigern, ihn seiner Patientenrechte zu berauben und Ärzten die freie Wahl der Behandlung einzuschränken ist schlichtweg Dummheit. Wer sich nach alledem noch wundert, dass es Beschaffungskriminalität gibt, dem ist nicht mehr zu helfen. Doch die Dummheit lässt sich noch steigern, indem der Staat die Prohibition mit ihren eigenen Folgen zu rechtfertigen sucht. Wer sich für Lösungen und nicht für Vorurteile interessiert, findet heutzutage genügend überzeugendes Material zu diesem Themenkomplex, auch ohne sich dem Vorwurf aussetzen zu müssen, man wolle Kinder vergiften.

 

Staat, Politik und Justiz lösen für gewöhnlich keine ursächlichen Probleme. Es ist einfacher, vorchristliche Sündenbockmechanismen zu bedienen als mutige Konzepte umzusetzen. Dazu gibt es seit langem ausgezeichnete soziologische und sozialpsychologische Literatur.

 

Die Parallele zum Fall Mollath zeigt sich doch auch in der Tatsache, dass auf eine staatliche Feststellung, so dumm sie auch sein mag, stets die Reaktionen des Betroffenen gegen ihn verwendet werden. Ob das ein Gutachten oder die vermeintliche Gefährlichkeit von Drogen ist, die Reaktion von weitgehend totalen Institutionen stellt nur sehr selten die eigene Unfehlbarkeit in Frage.

 

Dabei gibt es für fast alle gesellschaftlichen Bereiche gute Konzepte. Leider verstauben diese in den Schubladen von tausenden Wissenschaftlern, weil die gemeinschaftsbildende Kraft von Ausgrenzung noch immer ein zentrales Werkzeug von Politik ist. "Wir gegen die anderen", damit lassen sich Wahlen gewinnen. Die Weiterentwicklung von Demokratie mit einhergehender stärkerer Ausdifferenzierung von Macht- und damit Kontrollapparaten steht offenkundig weit unten auf der Agenda.

5

Sehr geehrter Herr Herrmann,

 

vielen Dank für Ihren Beitrag.

Ich habe die Formulierung insofern mit Bedacht gewählt, da die schwere Drogensucht die gedankliche Hintergrundkonstruktion des staatlichen Eingriffes m.E. in allen Aspekten ausreichend erfüllt.

Es ist eben eine medizinische Indikation. Und auch einer Überprüfung anhand objektiver Kriterien wie z.B. Blutproben zugänglich. Auch die therapeutischen Begleitmassnahmen sind hinreichend erprobt. Bezüglich der Erwartungsbildung auf mögliche zukünftige Straftaten, gerade wenn man die Beschaffungskriminalität im Auge hat, kann auch er ausreichend bejaht werden. Und viele Drogensüchtige bereuen die verlorene Lebenszeit in der sie nicht von der Sucht loskamen. So sind auch die Compliance Hürden besser handhabbar. Und das Therapieziel ist auch hinreichend konkret formuliert.

 

Ich sprach daher von vertretbar, nicht von gerechtfertigt. Denn natürlich steht eine solchen staatlichen Eingriffsmassnahme in einem sozio-politischen Gesamtkontext und bedarf einer Abwägung. Denn das Recht auf Rausch schliesse ich gar nicht aus. Das ist aber eine politische Aufgabe. 

 

Daher beschränke ich mich in meinen Ausführungen lieber auf das Gesetz auf das sich die Richter ja so gerne hin und wieder mal beziehen.

 

Denn die Diskussion die Auch Arzt und Dr. Sponsell zu den §§ 20/21 und 63/64 abliefern ist geradezu grotesk.

Was sind denn diese Paragraphen? Einfallstore in ein strafrechtlich völlig unkontrollierten Bereich. Ein Wurmloch zum DSM 4/5. Es wird einfach ein Hintertürchen aufgeschlossen um §1 StGB vollständig zu umgehen.

Es wird einfach ein kompletter Schattenstrafkatalog am Gesetz vorbei statuiert.

Plötzlich wird der F XY.Z in den Rang einer Norm gehoben. Denn mit dem Krempel wird der Freiheitsentzug letzlich begründet. Und natürlich wird Mollath ausgelacht, wenn er gerne mal im GG nachlesen möchte, ob das so richtig ist. Der Zug ist doch abgefahren.

Und die beiden steigern sich dann in die hintersinnige Forderung hinaus, der Gesetzgeber solle doch bessere Gesetze erlassen, denn die Sachverständigen wären sich in ihrer Meinung nicht grün und die Ergebnisse wären nicht valide.

Ja sind wir denn im Irrenhaus?

Tausende von Jahren hat das Rechtssystem gebraucht um einigermassen verträgliche Resultate hinzubiegen und dann kommt eine Gruppe Clowns und erfindet auf irgendeinem LSD Trip ein Bewertungssystem menschlichen Verhaltens und wenn es ernst wird und es klappt nicht, soll der Gesetzgeber ran.

Ja wo sind wir denn?

Da zieht eine Horde barfüssiger Banditen raubend, plündernd und brandschatzend durch die heiligen Hallen der Alma Mater und reissen alles an sich, was nicht niet und nagelfest ist. Bei den Mediziner holen sie sich einen weisen Kittel und nennen sich "Ärzte" und bei den Juristen klauen sie sich die Richterkrone und setzen sich die einfach aufs Haupt und dem Rest reden sie rein, sogut es eben geht.

 

Und keiner reagiert!

Denn faktisch entscheidet der Psychiater. Da kann ja keiner mehr widersprechen. Und vielleicht verhaspelt sich mal einer beim Haftprüfungstermin und dann schaut der Prof ganz streng und meint, na da hat aber das Gericht seiner Ermittlungspflicht nachgehen müssen. Kannste vergessen! Die drehen das alles wie es Ihnen grad gefällt. Chancenlos sich auf den Quatsch überhaupt einzulassen.

 

Und die Leute sitzen 10 Jahre, 20, Jahre, 30 Jahre, 40 Jahre. Weil sie anscheinend ob ihrer Vorstellungen nicht würdig sind am Leben teilzuhaben. Und wenn man fragt, ob das also der Humanismus von heute sei, dann kommt:

" Zivilisierte Gesellschaften zeichnen sich gerade dadurch aus, dass schwerst psychisch Kranke nicht bestraft werden können."

 

Auf welchem Stein soll das denn eingemeisselt sein? Den möchte ich mal sehen.

Zivilisierte Gesellschaften zeichnen sich eben dadurch aus, dass man gehandicapte eben nicht ausgrenzt, sondern Anteil an der Gesellschaft haben lässt. Das gilt für Irre ganz besonders. Dazu gehört auch das Recht bestraft zu werden.

 

Hier wird nämlich aufgrund von Gesetzen entschieden und nicht auf einer willkürlichen Auslegung von Fürsorge. 

Wissen sie eigentlich, was Leipziger in seinem Interview zum Besten gibt?

Die werden nicht bestraft, die bringen ein Sonderopfer. Sonderopfer!

Wie hübsch archaisch formuliert.

Jetzt wird also schon zur Huldigung der Psychiatrie ein kleines Menschenopfer dargebracht.

Wo leben wir eigentlich? Der ist Ankläger, Richter und Henker in einer Person und das macht ihn gleich zum Hohepriester? Eigentlich schlüssig.

 

Man ist sich ja zu nichts zu schade. Da werden als Argumente, dass das alles richtig ist ins Feld geführt, dass Wahnkranke ja schon einmal einen umgebracht hätten.

Na da schau her. Das tun Normale aber auch. Wieso werden die denn jetzt gestraft und nicht geopfert?

Hier haben sieben Nazis neulich auf der Kerwa mit einer anderen Gruppe eine Schlägerei angefangen und verloren. Im Anschluss haben die sich drei völlig Unbeteiligte vorgenommen, weil die einfach nur die Niederlage gesehen haben. Einen davon haben die totgeschlagen.

Wie ist denn da die Argumentation, wenn der in drei Jahren wieder rumläuft? Der kann doch nichts dafür, der hat das doch nur mit Absicht gemacht? 

 

Beste Grüße

@ Prof. Müller und alle
Etwas OT
Nur ne kurze Frage: Wird diese hochrelevante Problematik hier im Beck-Blog an anderer Stelle irgendwo diskutiert? Würde mich interessieren.

Prantl, SZ
"Unterirdisch.
Die US-Spionage in Deutschland schneidet die Wurzeln der Grundrechte ab. Das ist staatsgefährdend. Und was macht Innenminister Friedrich, der ja auch Verfassungsminister sein soll? Mit seinem Gerede von einem Supergrundrecht Sicherheit versucht der CSU-Mann, die Unterhöhlung des Bodens des Grundgesetzes sogar noch zu rechtfertigen. "

http://www.sueddeutsche.de/politik/ueberwachungs-durch-us-geheimdienste-...
3 Seiten

5

"Staatsnotstand"

 

Mit dieser Überschrift - das Wort taucht auf der Seite 3 der  SZ-online  auf - hätte Prantl besser seinen wuchtigen Beitrag benannt, wo es heißt:

 

"Womit stabilisiert die Bundesregierung den Boden des Grundgesetzes? Welche Krisengipfel hat die Regierung Angela Merkel angesichts der Gefahren für die rechtsstaatliche Tektonik einberufen? Welche Rettungsmaßnahmen gibt es? Keine. Nicht auf deutscher Ebene, nicht auf europäischer. War das Geld, war der Euro wichtiger, als es die Grundrechte sind? Das sicher Geglaubte ist nicht mehr sicher, die Grundrechte sind nicht mehr gewiss. Das ist keine Lappalie. Das ist ein Fall von Staatsnotstand."

 

Das Vorstehende gilt mE auch für die Causa Mollath, heruntergebrochen auf die bay. Justiz/Staatskanzlei.

 

Etwa:

War und ist der Schutz der Steuerverkürzer/Hinterzieher wichtiger als die Bindung an "Gesetz und Recht"  - damals, in den Nuller-Jahren unter Stoiber/Beckstein  und jetzt, unter Seehofer/Merk?

5

Unerirdisch, die "Rezension" der Abendzeitung zum neuen Buch Schlötterers:

 

Richtig ärgerlich wird dieser Umgang mit Quellen beim Fall Mollath: Obwohl Schlötterer sich eines privilegierten Zugangs zu Bayerns prominentestem Psychiatrie-Insassen rühmt, ist sein Informationsstand dürftig und durch eigenmächtige Interpretationen getrübt. So fabuliert er über die Würgemale am Hals von Petra Mollath, er habe schon als Jurastudent erlebt, dass sich Würgemale als Knutschflecken entpuppt hätten. Kachelmann sei ja auch nach vielen Gutachten und der Erschütterung der Glaubwürdigkeit des angeblichen Opfers freigesprochen worden. Die Mollath zugerechnete Perforation zahlreicher Autoreifen kommt bei Schlötterer nur als materieller Schaden, nicht als Gefahr für Leib und Leben der betroffenen Autofahrer vor.

 

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-neue-buch-von-wilhelm-sch...

 

Die Abendzeitung übersieht geflissentlich, dass Mollath nur wegen Sachbeschädigung verurteilt wurde, nicht etwa wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr oder sogar wegen versuchten Mordes (was unsere Ministerin Merk uns allerdings lange genug suggerierte).

5

psychofan schrieb:

Unerirdisch, die "Rezension" der Abendzeitung zum neuen Buch Schlötterers:

 

Richtig ärgerlich wird dieser Umgang mit Quellen beim Fall Mollath: Obwohl Schlötterer sich eines privilegierten Zugangs zu Bayerns prominentestem Psychiatrie-Insassen rühmt, ist sein Informationsstand dürftig und durch eigenmächtige Interpretationen getrübt. So fabuliert er über die Würgemale am Hals von Petra Mollath, er habe schon als Jurastudent erlebt, dass sich Würgemale als Knutschflecken entpuppt hätten. Kachelmann sei ja auch nach vielen Gutachten und der Erschütterung der Glaubwürdigkeit des angeblichen Opfers freigesprochen worden. Die Mollath zugerechnete Perforation zahlreicher Autoreifen kommt bei Schlötterer nur als materieller Schaden, nicht als Gefahr für Leib und Leben der betroffenen Autofahrer vor.

 

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-neue-buch-von-wilhelm-sch...

 

Die Abendzeitung übersieht geflissentlich, dass Mollath nur wegen Sachbeschädigung verurteilt wurde, nicht etwa wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr oder sogar wegen versuchten Mordes (was unsere Ministerin Merk uns allerdings lange genug suggerierte).

 

DAS ist ja auch auf Lakottas/Rückerts Mist gewachsen, das wirkt nach. Noch nicht mal Brixner ging so weit.

Er hat nur von "gefährlichen Situationen" gesprochen, in die man kommen könnte.

 

4

psychofan schrieb:

Unerirdisch, die "Rezension" der Abendzeitung zum neuen Buch Schlötterers:

 

Richtig ärgerlich wird dieser Umgang mit Quellen beim Fall Mollath: Obwohl Schlötterer sich eines privilegierten Zugangs zu Bayerns prominentestem Psychiatrie-Insassen rühmt, ist sein Informationsstand dürftig und durch eigenmächtige Interpretationen getrübt. So fabuliert er über die Würgemale am Hals von Petra Mollath, er habe schon als Jurastudent erlebt, dass sich Würgemale als Knutschflecken entpuppt hätten. Kachelmann sei ja auch nach vielen Gutachten und der Erschütterung der Glaubwürdigkeit des angeblichen Opfers freigesprochen worden. Die Mollath zugerechnete Perforation zahlreicher Autoreifen kommt bei Schlötterer nur als materieller Schaden, nicht als Gefahr für Leib und Leben der betroffenen Autofahrer vor.

 

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.das-neue-buch-von-wilhelm-sch...

 

Die Abendzeitung übersieht geflissentlich, dass Mollath nur wegen Sachbeschädigung verurteilt wurde, nicht etwa wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr oder sogar wegen versuchten Mordes (was unsere Ministerin Merk uns allerdings lange genug suggerierte).

 

DAS ist ja auch auf Lakottas/Rückerts Mist gewachsen, das wirkt nach. Noch nicht mal Brixner ging so weit.

Er hat nur von "gefährlichen Situationen" gesprochen, in die man kommen könnte.

 

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@RA Veits: vielen Dank für das erhellende Urteil aus Hessen.

 

Es ist offensichtlich so, dass Entscheidungen zugunsten Mollaths von bayerischen Gerichten nur getroffen werden, wenn eine unmittelbare Ohrfeige durch das BVerfG droht - ansonsten ignoriert, beugt und reinterpretiert die bayerische Richterschaft Gesetze, so lange es nur irgendwie möglich erscheint. Man deutet dort den Begriff Unabhängigheit offenbar so, dass man unabhängig von Recht und Gerechtigkeit urteilen kann.

 

 

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@RA Veits

ja, der wuchtige, aber zutreffende Begriff "Staatsnotstand" findet sich erst auf S.3. Aber das finde ich auch richtig so, weil, so liest man den überaus vielschichtigen und klugen Artikel bis zum Ende, der baut sich ja auf... (man muss die Schätze verstecken, sie müssen ausgegraben werden, damit sie wahrgenommen und geschätzt werden...)

Einer der besten Artikel vom hochgeschätzten Juristen und Journalisten Prantl, wie ich finde.

Ihrer "Runterbrechung" auf den bayr. Fall Mollath schliesse ich mich ganz an.

5

Eine Anmerkung zur Ablehnung des Befangenheitsantrages gegen den Richter Brixner.

Ich vermute, dass sich das OLG bei Negierung der Befangenheit Brixners u.a. folgende Aussage (Meyer-Goßner StPO 24 Rn 8) zu Eigen macht: "Maßgebend ist der Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder, bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann". Howgh!!

Nun ja, in dieser Hinsicht hatte RA Strate dem LG Regensburg mit seiner prompten - und betont "coolen" - Stellungnahme vom 5.7.13 wahrlich einen kleinen Teppich ausgerollt, der dem Brixners Befangenheit ablehnenden LG-Beschluss vom 11.07.13 vermutlich kaum abträglich gewesen ist. Strates leider erst daraufhin - in "aller Ruhe" - verfasste Beschwerde vor dem OLG ist nunmehr abgeleht worden (Begründung liegt noch nicht vor).

Leider zurecht können sich nun die Gerichte hinsichtlich der "Richter-Mitwirkung an Zwischenentscheidungen" auf abgehalfterte BGH-Parolen stützen, dass Befangenheit sogar dann abzulehnen sei, wenn Zwischenentscheidungen den Anschein von Willkür erwecken, auf unrichtigen oder unhaltbaren Rechtsansichten beruhen, sofern sie nicht - völlig - abwegig sind. (Fast vollständig abwegig dürfen sie also sein!).

Düstere Aussichten.... doch halt! Denn "anders, wenn durch das BVerfG eine (objektiv) willkürliche Verfahrensweise festgestellt worden ist", konstatiert das LG Hamburg (Stv 04, 590). Da die Stellungnahme des BVerfG noch aussteht, könnte sich dieses nun - wie schon so oft - in der Rolle des "Retters in letzter Not" profilieren, in der es doch gar so gerne wahrgenommen werden möchte (bzw. soll).  Gar so gerne, weil nicht einmal 3% aller Verfassungsbeschwerden (unter äußerst fadenscheinigen Gründen) überhaupt zur Entscheidung angenommen werden und die zahllosen davon betroffenen Menschen zusehen müssen, wo sie bleiben. Davon lässt sich trefflich ablenken, wenn man sich ab und zu mal auf die Niederungen der Straße begibt und in "feudaler Herablassung" ein paar Münzen unters Volk wirft (wie es das BVerfG im Fall Mollath vermutlich wohl bald tun wird).

Der damit vermutlich gezielt bedungene Effekt besteht darin, dass so die Kuh (Mollath) am effizientesten vom Eis geschoben wird, ohne dass sich am degenerierten, archaisch-feudalen, und chronisch verfassungswidrigen Bundesrecht Nennenswertes ändern müsste und ohne dass die davon notorisch profitierenden Subjekte irgendwelche Einschränkungen ihrer bisherigen Privilegien fürchten müssten. Das LG Regensburg könnte in soweit durch eine BVerfG Entscheidung "diszipliniert" werden, ohne dass es in der Folge bundesgesetzlicher Änderungen bedürfte, Mollath käme frei und ansonsten bliebe alles beim Alten.

Insoweit ist auch leider nicht auszuschließen, dass der Wiederaufnahmeprozess - wenn er denn (hoffentlich) unvermeidlich ist - als Bühne für eine Schmierenkomödie zur "Erhaltung verfassungswidrigen Bundesrechts und seiner Nutznießer" missbraucht werden könnte.

Sehr geehrter Herr Schelm,

Ihr Kommentar geht insofern ins Leere, als es bei der Ablehnung eines Richters der 7. Strafkammer des LG Regensburg gar nicht um Richter Brixner (ehem. VorsRiLG Nürnberg-Fürth) geht. Auch Ihre Einschätzung, es ginge darum, die "Kuh" Mollath effizient vom Eis zu bekommen, kann ich nicht bestätigen. Ginge es allein darum, dann hätte die StVK Bayreuth Herrn Mollath schon vor einigen Monaten (weil die weitere Unterbringung unverhältnismäßig ist) frei gelassen.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Na wenn Richter Schwarz Humor hat, macht er jetzt folgendes:

Er erklärt die WA Anträge für zulässig und wurschtelt noch sowas wie eine Rechtsmittelbelehrung rein.

 

Nach der dem LG zugrundeliegenden contra legem Ansicht, erkennt der schreibende Richter in seiner Beurteilung die WA Anträge als zulässig, der Weg für den Befangenheitsantrag wäre somit wieder frei... ;-)

 

Da es ja nur um maximale Verzögerung geht, wären wieder 3 Wochen gewonnen, bis das OLG die komplexe Frage entscheided, ob ein Zwischenbescheid ein Urteil sei...

 

So kann man Strate ja auch ärgern...

 

Nachtrag: Noch besser, der WA Antrag der StA ist zulässig, der der Verteidigung aber nicht.

Und dann spricht man sich mit dem OLG ab, so dass Strates Befangenheitsantrag zeitgleich mit der positiven Begründetheitsbeschiedung stattgegeben wird.

 

Rage of the machine! :-))

Sehr geehrter Herr Müller,

Verzeihung, Sie haben natürlich Recht, dass der betreffende Richter nicht Brixner, sondern vermutlich Schwarz (danke, Herr Mustermann), Weiß, Blau, oder wie auch immer heißt. Da das LG Regensburg seine Geschäftsverteilung entweder nicht veröffentlicht, oder gut versteckt, (oder ich einfach nur blind bin) war mir der Name nicht geläufig. An der Sache muss es aber nichts ändern.

Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass eine Entlassung Herrn Mollaths schon vor einigen Monaten mit dem Argument der Unverhältnismäßigkeit weiterer Unterbringung für die bayerische Rechtspflege (und ihre Lobbyisten) "effizient" gewesen wäre. Zu dem Zeitpunkt war es vermutlich am günstigsten, den unbequemen Herrn Mollath unter Kontrolle zu halten, während man sich "in aller Ruhe" und in erlesenem Kreise überlegt, wie man das künftige Wiederaufnahmeverfahren, wenn man es schon nicht irgendwie "sozialverträglich" (also ohne massive öffentliche Empörung) verhindern kann, so konstruiert und strukturiert, dass es tunlichst zu keinerlei ernsthaften Belastungen für die mit dem Ursprungsverfahren in Verbindung stehenden Juristen und Lobbyisten führen kann.

Die dazu notwendigen "Fertigkeiten" wie z.B. (bitte vezeihen Sie die womöglich unfairen Zuspitzungen) Entschärfung und Subjektivierung potenzieller Rechtsbeugungsdelikte, tendenziöse Wahrnehmungen objektiver Sachverhalte, befindlichkeitsgelenkte "freie" Beweiswürdigung, eine extensive, den Verfassungsrahmen überstrapazierende  Ausübung richterlicher Unabhängigkeit, Geifern nach entscheidungszielkonformen Aspekten, patziges Ignorieren zielkonträrer Argumente, Konstruktion scheinplausibler Argumente, Abkürzung unbehaglicher Beweistiefen, Obstruktion entsprechender Indizienketten, u.s.w., dürfte jeder gut ausgebildete und karrierebewusste Berufsrichter beherrschen, dem man solche Entscheidungen anvertra ...ääh ... dem solche Entscheidungen im Wege der Geschäftsverteilung obliegen. Die Frage ist, ob er sie auch anwendet?

Vielleicht ist ja jetzt die Zeit dazu reif, den Fall Mollath im Interesse der eigentlichen "Täter" zu entschärfen? Nach dem durchsichtigen „taktischen Schwenk“ der Frau Merk dahin, Herrn Mollath im Rahmen einer „Begnadigung“, statt im Rahmen einer rechtsstaatlichen Aufarbeitung „entgegen zu kommen“, hier eine Anmerkung zum Landgericht Regensburg, das die Wiederaufnahmeanträge im Fall Mollath bearbeitet.

Auffällig ist, dass die ehemaligen leitenden STAW in Regensburg, Ruckdäschel und Böhm, jeweils als nächste Station das Amt eines Präsidenten des LG Regensburg bekleideten, bzw. mit Böhm seit dem 16.7.2013 bekleiden. (Das ist möglicherweise auch mit ein Grund dafür, darum sich das LG Regensburg mit den – ach so komplexen - Wideraufnahmeanträgen so lange Zeit gelassen hat). Von zuvor weisungsgebundenen Staatsbeamten werden sie mithin zu Gerichtspräsidenten mit Dienstaufsichtsbefugnissen. Auch der Vorgänger des Herrn Ruckdäschel, Küspert, war lt. Vita 6 Jahre lang Präsident des LG Regensburg gewesen, bevor er im Januar 2010 ins Bayerische Justizministeriums (als Leiter der Personalabteilung!) wechselte. Von November 2011 bis März 2013 war Küspert Präsident des OLG Nürnberg, bevor er bayerischer Verfassungsrichter wurde.

Nachdem Herr Ruckdäschl nun in den Ruhestand verabschiedet wurde, ist Herr Böhm neuer Präsident des LG Regensburg. Daran ist nicht nur auffällig, dass Herr Böhm Herrn Ruckdäschl, der ihn ausgebildet hat, quasi wie eine Klette auf dem Karriereweg nachfolgt. Auffällig ist auch der, wie ich meine, skandalöse Umstand, dass zuvor weisungsabhängige Staatsanwälte unmittelbar danach zu Präsidenten der Gerichte, an denen sie zuvor staatsanwaltlich gewirkt haben, berufen werden können. Denn damit haben sie nicht nur die Dienstaufsicht über sämtliche an diesen Gerichten betriebenen Verfahren inne (natürlich auch der eigenen), sondern können auch entscheidenden Einfluss auf den Verlauf etwaiger auf fehlerhaften Vorverfahren oder sogar auf Rechtsbeugungen beruhender Rechtsmittelverfahren nehmen.

Angesichts dieser generationenübergreifenden „Regensburger Tradition“ des juristischen Bekenntniswechsels (von weisungsgebunden STAW zu dienstaufsichthabenden Gerichtspräsidenten) würde ich es für nicht besonders wahrscheinlich halten, dass der jetzige OSTAW Meindl nicht ähnliche Ambitionen verfolgen könnte, bzw. ihm ein ähnlicher Karriereverlauf nicht ebenfalls durch die „Personalabteilung des bayrischen Justizministeriums“ vorgezeichnet wurde. Damit könnte vielleicht auch die Relativierung des ursprünglichen Wiederaufnahmeantrages der STAW im Hinblick auf mögliche Rechtsbeugungen zusammenhängen.

Man wird sehen, wie viel Rückgrat, Charakter und innere Stärke Herr Meindl besitzt, um dem sicher auch auf ihm lastenden Druck seiner Standesgenossen standzuhalten und Herrn Mollath ein faires Wiederaufnahmeverfahren zu ermöglichen - wenn es denn dazu kommt.

Diethelm_Schelm schrieb:

Sehr geehrter Herr Müller,

Verzeihung, Sie haben natürlich Recht, dass der betreffende Richter nicht Brixner, sondern vermutlich Schwarz (danke, Herr Mustermann), 

Schwarz ist falsch. Mein Fehler ist mir gar nicht aufgefallen.

 

Herr Schwarz sitzt in der StVK in Bayreuth. Und Frau Schwarz ist ebenso in Bayreuth als Richterin tätig und war für die Entmündigungsentscheidung zuständig.

 

Vor lauter Befangenheitswahn verlier ich langsam den Überblick. Die sitzen überall! ;-)

 

 

"Droht uns die totale Psychiatrie? Das Geschäft mit dem Psychoboom" von René Bloch aus dem Jahr 1988 ist eine deutschsprachige Psychiatriekritik, die Ähnlichkeiten mit dem Rosenhan-Experiment aufweist. 

 

(Ich habe das Buch leider nicht vorliegen, aber ich glaube, es ist der richtige Titel ) 

 

Auf @adnans Frage 2 kann ich als juristischer Laie leider nicht Antworten.

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