Befristungsrecht: kleiner Rechenfehler - fatale Folge

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 14.07.2013

Das Befristungsrecht ist bekanntermaßen für Arbeitgeber ein sehr gefahrträchtiges Rechtsgebiet. Bei der Eingehung und Verlängerung von befristeten Arbeitsverhältnissen muss sehr sorgfältig vorgegangen werden. Das veranschaulicht eine gerade bekannt gewordene Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 17.4.2013 – 2 Sa 237/12 -). Ihr lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte stellte die klagende Arbeitnehmerin befristet für die Dauer eines Jahres vom 30.07.2010 bis zum 29.07.2011 an. Später verlängerten die Parteien das Arbeitsverhältnis durch Änderungsvertrag um den Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 30.07.2012. Als Befristungsgrund ist im Vertrag angegeben: "§ 14 Abs. 2 TzBfG der jeweiligen Fassung“, also ein sachgrundlose Befristung. Im Mai 2012 machte die Klägerin den unbefristeten Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend wegen Überschreitung der Zwei-Jahres-Frist für sachgrundlose Befristungen. Daraufhin focht die beklagte Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis an. Sie hat vorgetragen, es sei deutlich geworden, dass die Vertragsparteien über eine zweijährige sachgrundlose Befristung verhandelt hätten. Es liege ersichtlich ein Schreibfehler vor. Richtiger Weise hätte es im Anschluss an die Erstbefristung heißen müssen: "30.07.2011 bis 29.07.2012". Das LAG hat hingegen einen Anfechtungsgrund nicht erkennen können. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass bei der Angabe des Datums "30.07.2012" über den objektiven Sinn der verwendeten Erklärungszeichen ein Irrtum bestanden hätte. Die Angabe des Datums sei handschriftlich erfolgt. Ein Vertippen sei damit ausgeschlossen. Alles spreche dafür, dass ein schlichter Rechenfehler vorgelegen hat, dass die Beklagte nämlich davon ausgegangen ist, mit dem 30.07.2012 sei die Zwei-Jahres-Frist des § 14 Abs. 2 TzBfG abgelaufen. Damit habe aber die Beklagte genau die Erklärung abgegeben, die sie hat abgeben wollen. Dass sie sich an der Frist an § 14 Abs. 2 TzBfG habe orientieren wollen, sei lediglich Motiv ihrer Erklärung. Es liege im vorliegenden Fall vielmehr ein unbeachtlicher Kalkulationsirrtum vor. Damit verblieb es bei der für die Arbeitgeberin fatalen Folge, dass das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 16 TzBfG).

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3 Kommentare

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Es ergibt sich aus den Umständen, dass eine Befristung bis zum Ende der "zwei Jahre" gewollt war. Ich halte es nicht für einen Rechenfehler , sondern eher für ein falsches Verständnis der Fristberechnung, es passiert häufig, dass man solche Sätze liest wie "das Arbeitsverhältnis endet zum 01.01...", damit wird dann eine Ende mit dem 31.12. gemeint.

 

Aber hat die Arbeitgeberin tatsächlich "genau die Erklärung abgegeben, die sie hat abgeben wollen"? Sie wollte erklären, dass die sachgrundlose Befristung nach der gestzlich erlaubten Höchstdauer von genau zwei Jahren endet, alles andere ist doch lebensfremd.

 

Es ist jedenfalls immer unglücklich, Befristungen so zu wählen, dass das Ende eines Monats nicht auch das Befristungsende ist...

 

 

 

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Versehen hin, Versehen her. Das Gesetz ist eindeutig. Warum soll es immer nur zuungunsten der Arbeitnehmer angewendet werden? Wer die erlaubter Frist bis zum allerletzten Tag ausnutzen will, ohne den Arbeitnehmer fest einzustellen, muß eben besondere Sorgfalt walten lassen! Das ist nur fair. Und überhaupt, wieso wird das als fataler Fehler bezeichnet? Die Firma war ja offensichtlich zufrieden, sonst hätte es keine Verlängerung gegeben. Nun haben sie noch länger etwas von der guten Arbeit der Klägerin. Das ist doch kein großer Beinbruch.

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