Basiswissen: Beweisantragsrecht (Ablehnung wegen Bedeutungslosigkeit)

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.07.2013

Mal wieder etwas vom BGH, das zu der Kategorie "Basiswissen" gehört - diesmal geht es um das Beweisantragsrecht:

An der dem Ablehnungsbeschluss zugrunde liegenden Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache muss sich das Gericht festhalten lassen; es darf sich nicht im Urteil zu der Ablehnungsbegründung in Widerspruch setzen, insbesondere die Urteilsgründe nicht auf das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache stützen (BGH, Beschlüsse vom 27. November 2012 – 5 StR 426/12 – und vom 20. Juli 2010 – 3 StR 250/10, StraFo 2010, 466; Urteil vom 19. September 2007 – 2 StR 248/07, StraFo 2008, 29; Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 373/96, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 22). Indem die Strafkammer die die Einlassung des Angeklagten bestätigende Aussage der Zeugin Wi. - unter anderem mit der Begründung als unglaubhaft bewertet hat, die Zeugin habe zwischen dem Abtauchen des Angeklagten und ihrem eigenen Verschwinden am 2. Dezember 2011 bis zu ihrer Vernehmung am 17. Dezember 2011 genügend Zeit gehabt, ihre Aussage mit derjenigen des Ange-klagten abzustimmen, hat sie jedoch einen mit der im Ablehnungsbeschluss als bedeutungslos erachteten Tatsache unvereinbaren Umstand zur Stüt-zung seiner Überzeugung herangezogen. Hätte die Zeugin Wi. nämlich bereits am Morgen nach der Tat identische Angaben gemacht, könnte nicht auf den im Urteil genannten für eine Abstimmung der Aussagen zur Verfü-gung stehenden Zeitraum von zwei Wochen abgestellt werden, sondern lediglich auf einen solchen von wenigen Stunden, in dem der Angeklagte und die Zeugin noch unmittelbar unter dem Eindruck des Erlebten gestanden haben dürften und eine polizeiliche Aussage noch nicht unmittelbar bevorstand.
c) Auf dem Verfahrensfehler beruht das Urteil. Zwar führt das Landgericht noch weitere Gründe für die Unglaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Wi. an. Das Abstellen auf den zur Abstimmung der Aussage zur Verfü-gung stehenden Zeitraum kann gleichwohl nicht als die Entscheidung nicht tragende Hilfserwägung verstanden werden. Vielmehr kann nicht ausge-schlossen werden, dass die Strafkammer unter Berücksichtigung einer inhalt-lich deckungsgleichen Schilderung Wi. s bereits am Morgen nach der Tat insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangt und die Aussage der Zeugin sowie die durch sie gestützte Einlassung des Angeklagten anders bewertet und im Ergebnis abweichende tatsächliche Feststellungen getroffen hätte.

BGH, Beschluss vom 14.5.2013 - 5 StR 143/13

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