Reaktion auf den Fall Mollath - Bayerischer Justizminister kündigt Kurswechsel an

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 28.10.2013

Als der Fall Mollath im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl teilweise auch als Versäumnis der Regierungspolitik wahrgenommen wurde, hatten manche gedacht, der Fall werde die CSU Stimmen kosten. Diese Annahme hat sich allerdings nicht bewahrheitet, so dass man befürchten musste, es werde nun alles beim Alten bleiben.

Insofern haben mich Äußerungen des neuen bayerischen Justizministers Bausback durchaus positiv überrascht. In drei Punkten kündigt er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung  Änderungsbedarf an. Dies ist, wenn man die bisherige Politik in Bayern betrachtet, schon die Ankündigung eines Kurswechsels:

1. „Ich möchte gerne, dass im Gesetz klar steht: Nach einer gewissen Zeit, zum Beispiel nach fünf Jahren, ist die Unterbringung im Grundsatz nicht mehr verhältnismäßig. Alles, was darüber hinausgeht, sollte nur die Ausnahme sein“.

Eine solche Konkretisierung der §§ 62, 67d StGB wäre durchaus wünschenswert. Eine Änderung des StGB kann Bayern jedoch nicht selbst vornehmen – das StGB ist ein Bundesgesetz. Aber immerhin wäre eine bayerische Gesetzesinitiative im Bund denkbar. Zudem könnte der Minister den bayerischen Staatsanwaltschaften über eine landesweit geltende Richtlinie aufgeben, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in ihren Anträgen und Stellungnahmen an die Gerichte entsprechend auszulegen.

2. "Die Qualität der Gutachten ist in solchen Verfahren von eminent wichtiger Bedeutung. Ich möchte den Einsatz zertifizierter Gutachter in der Praxis fördern."

Auch diese Forderung geht allgemein in die richtige Richtung. Allerdings lag die Problematik im Fall Mollath nicht an der mangelnden Zertifizierung der Gutachter, sondern eher an den Mängeln in ihren Gutachten und deren unkritische Übernahme durch die Justiz.

3. "Zur Unabhängigkeit der Justiz gehört auch die Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit dazu. Jeder macht Fehler. Davon sind auch Juristen nicht ausgeschlossen." Zu einer offenen Gesellschaft gehöre auch eine "Kultur der Kritik", sagte Bausback. "Die Justiz muss das dann auch ertragen."

Wie mehrfach hier im Blog angesprochen, ist dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Teile der bayerischen Justiz haben im Fall Mollath (und auch in anderen Fällen) leider den Eindruck erzeugt, als unfehlbar gelten zu wollen. Wenn der Minister mit diesem Wort der Fehlerkultur einen positiven Schub gibt, ist das zu begrüßen.

Natürlich sind das zunächst nur Ankündigungen, deren Umsetzung genau beobachtet werden muss. Aber es ist positiv, dass der Fall Mollath überhaupt auf ministerieller Ebene eine solche Wirkung hat. Nach dem Wahlsieg hätte die Politik ja auch einfach zur Tagesordnung übergehen können.

UPDATE 18.11.2013

Zur Kontroverse um den Artikel "Aktengutachten" von Hans-Ludwig Kröber (in: Forensische Psychiatrie Psychologie Kriminologie 2013 Vol. 7 S. 302-303, offizieller Link, der z.B. in den Universitätsbibliotheken freigeschaltet ist); hier die ausführliche Kritik RA Strates.

Allgemein trifft es zu, dass bei derzeitiger Gesetzeslage ohne Exploration erstellte Gutachten gesetzlich zugelassen sind und nach der gesetzlichen Konzeption auch notwendig sein können: Wenn das Gesetz einerseits an verschiedenen Stellen eine sachverständige Begutachtung vorschreibt, andererseits aber die (freiwillige) Mitwirkung des begutachtenden Probanden/Patienten für eine Exploration notwendig ist, dann bleibt möglicherweise in einigen Fällen nur die Begutachtung aufgrund des vorhandenen, meist in Akten gespeicherten, Wissens übrig.

Andererseits sind mir Psychiater bekannt, die das Problem für sich persönlich nicht haben, da sie (glaubhaft) versichern, bislang mit jedem Probanden/Patienten so in Kontakt gekommen zu sein, dass eine Exploration möglich wurde.

Der immer wieder verbreitete Mythos, Herr Mollath sei gar nicht bereit gewesen, sich begutachten zu lassen, trifft offenbar nicht zu. Von Herrn Kröber hätte ich mir gewünscht, dass er aus seiner Sicht (vielleicht sogar selbstkritisch) darstellt, warum es ihm nicht gelungen ist, Herrn Mollath zu explorieren. Herr Mollath hat dafür - schon lange vor seiner Freilassung - ganz bestimmte Gründe angeführt. Herr Kröber nimmt nun zu diesen Gründe nicht Stellung, sondern nimmt nur auf ein allg. "schlechtes Gefühl" des Herrn Mollath Bezug. Dass es Informationen dazu gibt, worauf dieses schlechte Gefühl Herrn Mollaths (seiner eigenen Äußerung nach) basierte, verschweigt Herr Kröber: Es geht darum, dass Herr  Kröber in einem Aufsatz vor einiger Zeit publiziert hatte, es sei wichtig, sich beim Probanden vorher anzumelden, diese Anmeldung aber im Fall Mollath unterblieben ist.

Ebenso hätte ich mir gewünscht, dass Herr Kröber etwas zur entscheidenden Problematik von Aktengutachten äußert. In jeder wissenschaftlichen Aktenuntersuchung (dasselbe gilt auch für die Auswertung von Quellen in der Geschichtswissenschaft)  müssen die Akteninhalte quellen"kritisch" behandelt werden. Weder in seinem hier diskutierten Aufsatz noch in seiner grundlegenden Darstellung  im von ihm mitherausgegebenen fünfbändigen "Handbuch der Forensichen Psychiatrie" (vgl. dort die Artikel "Kriminalprognostische Begutachtung", und "Praxis der kriminalprognostischen Begutachtung: handwerkliche Mindeststsandards und kasuistische Illustration" in  Band 3, S. 69 ff und S. 173 ff.) wird erläutert, dass derjenige, der aus Akten Informationen über vergangene Tatsachen entnehmen will, die Zwecke, Gründe und Herstellungsmodi der in den Akten enthaltenen Berichte zu berücksichtigen hat. Wenn sich etwa ergibt, dass die Informationen im wesentlichen auf den Angaben einer einzigen (oder wenigen gleich motivierten) Person/en beruhen, dann ist der Wahrheitsgehalt deutlich vorsichtiger zu beurteilen als wenn sich aus verschiedenen Perspektiven die im Kern gleiche Information ergibt. Quellenkritische Beispiele bildet Herr Kröber nur insofern, als möglicherweise neben den in den Akten geschilderten Taten/Handlungsweisen noch weitere belastende Informationen existierten, die aus juristischen Gründen ausgeschieden worden seien. Den umgekehrten Fall einer sich in den Akten multiplizierenden Falschangabe sieht er offenbar als unbeachtlich an, obwohl dies oftmals beschrieben  eine der wichtigsten Ursachen von Fehlurteilen ist.

Dass gerade Herr Kröber im Fall Mollath die wesentlichen Akteninhalte/Sachinformationen gerade nicht realitätsgetreu wiedergibt, davon zeugt sein kurzer Blitzlicht-Aufsatz ebenso wie schon sein Interview auf telepolis im Sommer:

1. ("Aktengutachten", S. 303):

"Tatsächlich war der Frau 2003 prompt gekündigt worden, was die Richtigkeit seiner Vorwürfe bestätigte."

Herr Kröber verschweigt, dass die Tatsache der Kündigung erst acht Jahre später bekannt wurde, also im Verfahren nicht bekannt war und auch im Urteil keine Rolle spielen konnte. Der Vors. Richter hatte den ganzen Komplex aus seiner Beweisaufnahme ausgeschlossen (ohne dessen Relevanz zumindest für die Glaubhaftigkeit der Ehefrau zu beachten) und deshalb wurde die Belastungszeugin auch nicht danach befragt.

"Im Urteil, das 2006 erging, steht ausdrücklich, dass diese Vorwürfe wohl stimmen."

Dies ist eindeutig falsch, siehe Urteilslektüre. Wäre 2006 schon bekannt gewesen, dass die vorwürfe stimmen, wäre es mindestens erforderlich gewesen, diese Tatsache in die Prüfung der Zeugenaussage der Frau M. einfließen zu lassen.

"Sein Wahn bestehe nicht darin, sondern in der (auch in Schrftsätzen dokumentierten) Überzeugung, dass es eine große Verschwörung gegen ihn gebe, in die seine Frau und ihre Freunde, diverse Psychiater, v. a. aber Rüstungsfirmen, Banken, Behörden und die bayrische Staatsregierung eng verwoben seien und die auf einen Bürgerkrieg hnarbeiten, weswegen er als Märtyrer aus dem Rechtsstaat austrete."

Durch den Konjunktiv deutet Herr Kröber an, es handele sich um Feststellungen aus dem Urteil. Dies ist indes nicht der Fall. Es handelt sich vielmehr um die Quintessenz dessen, was Herr Kröber der Aktenlektüre entnommen zu haben glaubt. Die Zusammenstellung  ist grob verzerrend und missachtet jegliche wahrhaftige Quellenstudie und Wiedergabe.

2. (Telepolis-Interview, Juli 2013), vgl. dazu schon hier (Update 04.07.2013).

"Telepolis: Bei so einer Beziehungstat, die wir in kleinerem Bereich ja auch aus den meisten Familien kennen, ist es doch meist so, dass mit der Trennung auch das Tatmotiv verschwindet. Nur in seltenen Ausnahmefällen verfolgt man seinen Partner dann noch weiter.

Kröber: Bei Mollath scheint genau das einige Jahre der Fall gewesen zu sein, wenn man das Urteil liest. Ich kenne durchaus Beispiele, wo so etwas bis zum Mord passiert. Zur Bewusstlosigkeit würgen ist in einer anderen Liga. Da waren die ja schon getrennt. Die Frau ist nach der Trennung noch in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei ist es passiert, wenn es so stimmt. Die Justiz hat die Geschichte eher verläppert. Da gab es dann keine Schreibmaschine. Das Ganze ging erst wieder voran durch die Reifenstecherei, das war aber bereits mehr als vier Jahre nach der Trennung. Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich. Aber ich gebe Ihnen Recht: Sein Wahn bezog sich in diesen letzten Jahren schon lange nicht mehr auf seine Frau, sondern auf die Nürnberger Firma Diehl und die große Verschwörung, die er dort sah."

Herr Kröber hatte kurz darauf  eine korrigierende Version in das Interview einfügen lassen:

"Das war im August 2001, vor der Trennung. Die Frau ist nach der Trennung Ende Mai 2002 nochmal in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei gab es einen laut Urteil einen erneuten Übergriff, er hat sie festgehalten und am Verlassen der Wohnung gehindert. Die Justiz hat diese Vorfälle in der Akutphase der Trennung eher verläppert. Offenbar bestand kein großes Verfolgungsinteresse. Das Ganze ging erst wieder voran durch die [Mollath vorgeworfene] Reifenstecherei im Januar 2005, drei Jahre nach der Trennung."

Herr Kröber erweckte schon damals den unzutreffenden Eindruck, als habe Herr Mollath einen Wahn gegen die Rüstungsfirma Diehl entwickelt, und sich "schon lange nicht mehr auf seine Frau bezogen". Auch dies ist unrichtig. Die bei Herrn Mollath als ebenfalls wahnhaft angesehen angeblichen Reifenstechereien bezogen sich nicht auf eine Rüstungsfirma oder eine große Verschwörung, sondern angeblich auf Personen, die seiner Frau persönlich nahestanden bzw. in das Scheidungsverfahren involviert waren.

Mein Fazit:

Herr Kröber beharrt kontrafaktisch auf seinem einmal aus - möglicherweise oberflächlicher - Aktenlektüre gewonnenen Eindruck vom Probanden Mollath.

Noch einmal: Ich selbst bin kein psychiatrischer Gutachter und kann die gesundheitliche Lage Herrn Mollaths von vor 12 Jahren nicht beurteilen - insofern will ich mich keineswegs zum "Volksexperten" küren. Aber ich traue mir zu, die Qualität des Gutachtens von Herrn Kröber zu beurteilen und habe angesichts der von ihm selbst geforderten Qualitätsstandards erhebliche Bedenken. Seine Klage über eine "Volksexpertise, die sich allein auf Internet- und Zeitungslektüre stützt und weder Exploration noch Aktenkenntnis braucht", fällt m. E. auf ihn selbst zurück, da auch er seiner Äußerung nicht eine objektive Wiedergabe von Akteninhalten zugrundelegt.

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Prof. Kröber entdeckt das Meinungsachten schon im Blitzlicht 1, 2009:

“Darstellung nach Aktenlage”:

“Man möchte keine starken, durch innigen Realitätsbezug argumentativ gut unterbauten Gutachten, welche dann zwangsläufig auch die kriminologischen Aspekte des Falles beleuchten, sondern man möchte eine scheue Meinungsäußerung allein zur Frage der psychischen Gestörtheit – die Einordnung in den Fall, die Bezugnahme auf das Tatgeschehen, auf die lebenslangen kriminellen Verhaltenstendenzen soll allein den Juristen vorbehalten bleiben.”

Quelle: Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2009) 3,1, 76–77.

Allerdings verdächtigt Kröber die Richter, “scheue Meinungsäußerungen” zu erwarten. Immerhin ein Beleg, dass die RichterInnen bei dem Meinungsachterunwesen sehr kräftig, wenn nicht sogar maßgeblich mitwirken.

Anmerkung: Aktenseite ergänzt:
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRJ/Akte.htm

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Zur Kontroverse um den Artikel "Aktengutachten" von Hans-Ludwig Kröber (in: Forensische Psychiatrie Psychologie Kriminologie 2013 Vol. 7 S. 302-303, offizieller Link, der z.B. in den Universitätsbibliotheken freigeschaltet ist).

Allgemein trifft es zu, dass bei derzeitiger Gesetzeslage ohne Exploration erstellte Gutachten gesetzlich zugelassen sind und nach der gesetzlichen Konzeption auch notwendig sein können: Wenn das Gesetz einerseits an verschiedenen Stellen eine sachverständige Begutachtung vorschreibt, andererseits aber die (freiwillige) Mitwirkung des begutachtenden Probanden/Patienten für eine Exploration notwendig ist, dann bleibt möglicherweise in einigen Fällen nur die Begutachtung aufgrund des vorhandenen, meist in Akten gespeicherten, Wissens übrig.

Andererseits sind mir Psychiater bekannt, die das Problem für sich persönlich nicht haben, da sie (glaubhaft) versichern, bislang mit jedem Probanden/Patienten so in Kontakt gekommen zu sein, dass eine Exploration möglich wurde.

Der immer wieder verbreitete Mythos, Herr Mollath sei gar nicht bereit gewesen, sich begutachten zu lassen, trifft offenbar nicht zu. Von Herrn Kröber hätte ich mir gewünscht, dass er aus seiner Sicht (vielleicht sogar selbstkritisch) darstellt, warum es ihm nicht gelungen ist, Herrn Mollath zu explorieren. Herr Mollath hat dafür - schon lange vor seiner Freilassung - ganz bestimmte Gründe angeführt. Herr Kröber nimmt nun zu diesen Gründe nicht Stellung, sondern nimmt nur auf ein allg. "schlechtes Gefühl" des Herrn Mollath Bezug. Dass es Informationen dazu gibt, worauf dieses schlechte Gefühl Herrn Mollaths (seiner eigenen Äußerung nach) basierte, verschweigt Herr Kröber: Es geht darum, dass Herr  Kröber in einem Aufsatz vor einiger Zeit publiziert hatte, es sei wichtig, sich beim Probanden vorher anzumelden, diese Anmeldung aber im Fall Mollath unterblieben ist.

Ebenso hätte ich mir gewünscht, dass Herr Kröber etwas zur entscheidenden Problematik von Aktengutachten äußert. In jeder wissenschaftlichen Aktenuntersuchung (dasselbe gilt auch für die Auswertung von Quellen in der Geschichtswissenschaft)  müssen die Akteninhalte quellen"kritisch" behandelt werden. Weder in seinem hier diskutierten Aufsatz noch in seiner grundlegenden Darstellung  im von ihm mitherausgegebenen fünfbändigen "Handbuch der Forensichen Psychiatrie" (vgl. dort die Artikel "Kriminalprognostische Begutachtung", und "Praxis der kriminalprognostischen Begutachtung: handwerkliche Mindeststsandards und kasuistische Illustration" in  Band 3, S. 69 ff und S. 173 ff.) wird erläutert, dass derjenige, der aus Akten Informationen über vergangene Tatsachen entnehmen will, die Zwecke, Gründe und Herstellungsmodi der in den Akten enthaltenen Berichte zu berücksichtigen hat. Wenn sich etwa ergibt, dass die Informationen im wesentlichen auf den Angaben einer einzigen (oder wenigen gleich motivierten) Person/en beruhen, dann ist der Wahrheitsgehalt deutlich vorsichtiger zu beurteilen als wenn sich aus verschiedenen Perspektiven die im Kern gleiche Information ergibt. Quellenkritische Beispiele bildet Herr Kröber nur insofern, als möglicherweise neben den in den Akten geschilderten Taten/Handlungsweisen noch weitere belastende Informationen existierten, die aus juristischen Gründen ausgeschieden worden seien. Den umgekehrten Fall einer sich in den Akten multiplizierenden Falschangabe sieht er offenbar als unbeachtlich an, obwohl dies oftmals beschrieben  eine der wichtigsten Ursachen von Fehlurteilen ist.

Dass gerade Herr Kröber im Fall Mollath die wesentlichen Akteninhalte/Sachinformationen gerade nicht realitätsgetreu wiedergibt, davon zeugt sein kurzer Blitzlicht-Aufsatz ebenso wie schon sein Interview auf telepolis im Sommer:

1. (Aktengutachten, S. 303):

"Tatsächlich war der Frau 2003 prompt gekündigt worden, was die Richtigkeit seiner Vorwürfe bestätigte."

Herr Kröber verschweigt, dass die Tatsache der Kündigung erst acht Jahre später bekannt wurde, also im Verfahren nicht bekannt war und auch im Urteil keine Rolle spielen konnte. Der Vors. Richter hatte den ganzen Komplex aus seiner Beweisaufnahme ausgeschlossen (ohne dessen Relevanz für die Glaubhaftigkeit der Ehefrau zu beachten) und deshalb wurde die Belastungszeugin auch nicht danach befragt.

"Im Urteil, das 2006 erging, steht ausdrücklich, dass diese Vorwürfe wohl stimmen."

Dies ist eindeutig falsch, siehe Urteilslektüre. Wäre 2006 schon bekannt gewesen, dass die vorwürfe stimmen, wäre es mindestens erforderlich gewesen, diese Tatsache in die Prüfung der Zeugenaussage der Frau M. einfließen zu lassen.

"Sein Wahn bestehe nicht darin, sondern in der (auch in Schrftsätzen dokumentierten) Überzeugung, dass es eine große Verschwörung gegen ihn gebe, in die seine Frau und ihre Freunde, diverse Psychiater, v. a. aber Rüstungsfirmen, Banken, Behörden und die bayrische Staatsregierung eng verwoben seien und die auf einen Bürgerkrieg hnarbeiten, weswegen er als Märtyrer aus dem Rechtsstaat austrete."

Durch den Konjunktiv deutet Herr Kröber an, es handele sich um Feststellungen aus dem Urteil. Dies ist indes nicht der Fall. Es handelt sich vielmehr um die Quintessenz dessen, was Herr Kröber der Aktenlektüre entnommen zu haben glaubt. Die Zusammenstellung  ist grob verzerrend und missachtet jegliche wahrhaftige Quellenstudie und Wiedergabe.

2. (Telepolis-Interview, Juli 2013)

"Telepolis: Bei so einer Beziehungstat, die wir in kleinerem Bereich ja auch aus den meisten Familien kennen, ist es doch meist so, dass mit der Trennung auch das Tatmotiv verschwindet. Nur in seltenen Ausnahmefällen verfolgt man seinen Partner dann noch weiter.

Kröber: Bei Mollath scheint genau das einige Jahre der Fall gewesen zu sein, wenn man das Urteil liest. Ich kenne durchaus Beispiele, wo so etwas bis zum Mord passiert. Zur Bewusstlosigkeit würgen ist in einer anderen Liga. Da waren die ja schon getrennt. Die Frau ist nach der Trennung noch in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei ist es passiert, wenn es so stimmt. Die Justiz hat die Geschichte eher verläppert. Da gab es dann keine Schreibmaschine. Das Ganze ging erst wieder voran durch die Reifenstecherei, das war aber bereits mehr als vier Jahre nach der Trennung. Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich. Aber ich gebe Ihnen Recht: Sein Wahn bezog sich in diesen letzten Jahren schon lange nicht mehr auf seine Frau, sondern auf die Nürnberger Firma Diehl und die große Verschwörung, die er dort sah."

Herr Kröber hatte kurz darauf  eine korrigierende Version in das Interview einfügen lassen:

"Das war im August 2001, vor der Trennung. Die Frau ist nach der Trennung Ende Mai 2002 nochmal in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei gab es einen laut Urteil einen erneuten Übergriff, er hat sie festgehalten und am Verlassen der Wohnung gehindert. Die Justiz hat diese Vorfälle in der Akutphase der Trennung eher verläppert. Offenbar bestand kein großes Verfolgungsinteresse. Das Ganze ging erst wieder voran durch die [Mollath vorgeworfene] Reifenstecherei im Januar 2005, drei Jahre nach der Trennung."

Herr Kröber erweckte schon damals den unzutreffenden Eindruck, als habe Herr Mollath einen Wahn gegen die Rüstungsfirma Diehl entwickelt, und sich "schon lange nicht mehr auf seine Frau bezogen". Auch dies ist unrichtig. Die bei Herrn Mollath als ebenfalls wahnhaft angesehen angeblichen Reifenstechereien bezogen sich nicht auf eine Rüstungsfirma oder eine große Verschwörung, sondern angeblich auf Personen, die seiner Frau persönlich nahestanden bzw. in das Scheidungsverfahren involviert waren.

Mein Fazit:

Herr Kröber beharrt kontrafaktisch auf seinem einmal aus - möglicherweise oberflächlicher - Aktenlektüre gewonnenen Eindruck vom Probanden Mollath.

Noch einmal: ich selbst bin kein Gutachter und kann die gesundheitliche Lage Herrn Mollaths von vor 12 Jharen nicht beurteilen - insofern will ich mich keineswegs zum "Volksexperten" küren. Aber ich traue mir zu, die Qualität des Gutachtens von Herrn Kröber zu beurteilen und habe angesichts der von ihm selbst geforderten Qualitätsstandards erhebliche Bedenken. Seine Klage über eine "Volksexpertise, die sich allein auf Internet- und Zeitungslektüre stützt und weder Exploration noch Aktenkenntnis braucht", fällt m. E. auf ihn selbst zurück, da auch er seiner Äußerung nicht eine objektive Wiedergabe von Akteninhalten zugrundelegt.

 

Lieber Herr Professor Müller,

 

tatsächlich ist die Sachlage noch schlimmer; denn nach Aktenlage war bekannt, daß Frau Mollath gekündigt worden war. Dr. Leipziger und das LG Nürnberg-Fürth haben dieses Detail unter den Tisch fallen lassen, und Prof. Kröber konnte es bei Gutachtenerstellung nicht kennen, weil er die Ermittlungsakten nicht kannte.

 

<blockquote>

Dieser wird in der richterlichen Vernehmung in Berlin vom 15.5.2003 weiter ausgebaut („Wahn“); in dieser Vernehmung offenbart sie auch ein Belastungsmotiv, das der VRiLG Brixner in seinem Urteil bewußt ausblendet: „Er hat durch Denunziation dafür gesorgt, dass ich meine Arbeitsstelle verliere“ (wie vor, Bl. 48, 49 d.A.).</blockquote>

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Regensburg-2013-05-01.pdf#page=5

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@W. Sobottka:
Die öffentlichen Erklärungen Mollaths sind deutlich  nach den Gutachten Leipziger und Kröber gefallen sein. Von daher kann man aus den Erklärungen aus den letzten 2-3 Jahren nicht ernsthaft Honig saugen.

 

Und ob im Nachhinein Mollath wirklich noch wünschen würde, Herrn Heindl dabei gehabt zu haben wie beim Weinberger-Gutachten dürfte nach dem Verlauf der Auseinandersetzungen im Unterstützerkreis eher fraglich sein.

 

@Gast #4: Wenn Sie so überzeugt sind von dem Ziel Zwangsmedikation und von der Bösartigkeit der Gutachter fragt man sich, warum Mollath nach all den Bemühungen, ihn zu Unrecht unterzubringen, trotzdem nicht zwangsweise Medikamentiert wurde.

3

Sehr geehrter Herr Prof. Müller

Vielen Dank für Ihren Beitrag:

"Zur Kontroverse um den Artikel "Aktengutachten" von Hans-Ludwig Kröber (in: Forensische Psychiatrie Psychologie Kriminologie 2013 Vol. 7 S. 302-303, offizieller Link, der z.B. in den Universitätsbibliotheken freigeschaltet ist)."

 

Das Heft 4 dürfte für Sie von besonderem Interesse sein, weil das Thema des Heftes "Fehlurteil im Strafverfahren" ist. Im  Edotirial führen Kröber & Dölling u.a. aus:

"Das Schwerpunktthema des vorliegenden Hefts der Zeitschrift Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie sind Fehlurteile im Strafverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur strafprozessualen Verständigung – Urteil vom 19.03.2013, Az. 2 BvR 2628/10 u. a. – die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont.
Durch Fehlurteile wird die Erfüllung dieser Pflicht verfehlt.
Falsche Verurteilungen können verheerende Auswirkungen auf den zu Unrecht verurteilten Angeklagten haben, und auch ein fehlerhafter Freispruch kann das Rechtsbewusstsein massiv beeinträchtigen. Gleichwohl ist die Problematik des Fehlurteils in Deutschland erst in jüngster Zeit durch das Bekanntwerden einiger fehlerhafter Urteile stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt. Diese Urteile zeigen auch, dass die Problematik dringend einer intensiveren wissenschaftlichen Behandlung bedarf. Im vorliegenden Heft setzen sich 5 Beiträge mit der Problematik auseinander.
Jörg-Martin Jehle erörtert den Begriff des Fehlurteils,
stellt ausländische Befunde zur Fehlurteilsproblematik dar
und befasst sich mit Anhaltspunkten für das Ausmaß von
Fehlurteilen in der deutschen Strafrechtspflege. Ein Grund
für Fehlurteile können falsche Geständnisse sein. Renate
Volbert erörtert in ihrem Beitrag, bei welchen Personengruppen ein besonderes Risiko besteht, ein falsches Geständnis abzulegen, welche Vernehmungsstrategien die Gefahr eines falschen Geständnisses erhöhen, welche Rolle Voreinstellungen der Befragenden spielen und welche Möglichkeiten bestehen, falsche Geständnisse zu erkennen. Hans-Ludwig Kröber schildert anhand von 3 Fällen die Entstehung von Falschbeschuldigungen. Wolfgang Pfister legt die Risiken für ein Fehlurteil dar, die mit einem „Deal“ im Strafverfahren verbunden sind, und zeigt, dass diesen Gefahren durch die sorgfältige Beachtung der gesetzlichen Regelungen über die Verständigung begegnet werden kann. Aus der Sicht eines Strafverteidigers schildert Johann Schwenn typische
Merkmale von Fehlurteilen, die insbesondere auf Falschbeschuldigungen beruhen."

Das Thema Falschgeständnisse betrifft vor allem den Fall Ulvi Kulac, wo Kröber auch extrem umstrittene Gutachterrolle als "Aussagepsychologe" spielte.

 

4

Mir ist der Sinn und Zweck der Veröffentlichung auf strate.net nicht ganz klar. Wenn Persönlichkeitsrechte verletzt werden, muss man das dann noch weiter publik machen? Dass Leser, die gut in den Fall eingearbetet sind, das begrüßen, kann nicht verwundern. Aber andere Leser? Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, auf eine Gegendarstellung hinzuwirken? Als Nicht-Jurist würde mich auch interessieren, ob man sich über Urheberrechte gleichsam aus Notwehr hinwegsetzen kann, wie der Anwalt das darstellt.

4

Sinn und Zweck der Veröffentlichung zum Blitzlicht

Es geht hauptsächlich um Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Seltsamheiten in des Professors Wahrnehmung und Erinnerung zum Fall Gustl F. Mollath, die Dr. Strate  gründlich zerlegt und aufspießt. Das ist wichtig und notwendig.

Quelle:

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/Akte.htm#Blitzlicht%20Aktengutachten%...

 

4

@Leser:

Die mögliche Persönlichkeitsverletzung ist anders geartet als Sie vermuten. Es geht hier nicht darum, dass mit der Veröffentlichung von Herrn Strate eine gegen Herrn Mollath gerichtete Äußerung perpetuiert wird, die vorher kaum jemand kannte. Wegen eines (angeblichen) Wahns und u.a. wegen eines Gutachtens von Herrn Kröber ist Herr Mollath 7,5 Jahre als allgemeingefährlich untergebracht gewesen. Dass mehrere Psychiater eine wahnhafte Symptomatik (allerdings mit verschiedenen Diagnosen) angenommen haben, ist bereits hinlänglich bekannt. Durch die Nicht-Verbreitung der jetzigen Äußerungen Herrn Kröbers würde sich daran gar nichts ändern.   Die Äußerung Herrn Kröbers - es handelt sich um eine  Art Glosse - in einem Fachjournal  hat innerhalb des dort mitlesenden Fachpublikums aber enorme Bedeutung, weil 1. der Fall Mollath sowohl in der Justiz als auch in der Psychiatrie erheblich "Staub aufgewirbelt" hat und 2. weil Herr Kröber durch seine Veröffentlichungen dazu, wie kriminaldiagnostische und -prognostische Gutachten zu erstellen seien, als Vorbild eine große Resonanz bei denjenigen auslösen kann, die regelmäßig psychiatrische Gutachten erstatten.

Wenn man nun, wie es ohnehin zulässig ist, nur einzelne Passagen daraus zitiert und kommentiert, setzt man sich dem Vorwurf aus, man zitiere aus dem Zusammenhang gerissen etc. Daher habe ich Verständnis für Herrn Strates (unerlaubte) Veröffentlichung. Um Notwehr i.e.S. handelt es sich allerdings wohl nicht, weil Notwehr gegen den Angreifer gerichtet sein muss und  darauf, den Angriff zu stoppen. Dafür sind aber sicherlich die presserechtlichen Mittel (Gegendarstellung, Unterlassung) die angemesseneren Mittel. Allenfalls in Betracht ziehen könnte man § 34 StGB.

Henning Ernst Müller

@ Prof. Müller

 

Besten Dank für Ihre Erläuterungen.

Wie mit der Verletzung von Persönlichkeitsverletzungen umzugehen ist und inwieweit ein rein presserechtliches Procedere sinnvoll oder ausreichend ist, mag kontrovers diskutiert werden, hier in diesem besonderen Fall greifen solche mehr grundsätzlichen Überlegungen sicherlich zu kurz.

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Von Kröber erfahre ich, dass Internetexpertisen nix wert sind. Das wird wohl wahr sein. Nur verstehe ich nicht, warum seine Aktengutachten besser sein sollten. 

Kröber macht Akten zur Wahrheitsquelle. Einfach so. Unkritisch und pauschal. Das ist kein besserer Ansatz als der von Internetexpertisen.

Unterstützung fand Kröber in der StVK. Wie sich gezeigt hat, hatte sie ein sehr exotisches Verständnis von der Rechtskraftwirkung des Einweisungsurteils. Zudem vermischte sie Rechtskraft mit Wahrheit. 

Der von Savigny reanimierte Grundsatz aus dem Römischen Recht
"Res judicata pro veritate accipitur/habetur" (Die rechtlich entschiedene Sache wird für Wahrheit gehalten) hat im Maßregelvollzug nichts verloren. Außerdem handelt es sich dabei nur um eine Fiktion (!).

Wenn Gerichte, Gutachter und Kröber bei der Entscheidung über die Fortdauer des Maßregelvollzugs, über die Wahnhaftigkeit und Gefährlichkeit des Untergebrachten damit anfangen die Wahrheit zu fingieren, dann hat der Untergebrachte schlechte Karten. Das bestätigt Kröber auch in seiner Glosse.

 

PS @RA Veits:

Liegt in Ihrem Kanzlei-Email-Postfach.

Akte - ein völlig unspezifisches und nichtssagendes Wort und vielfältiges Homonym

Ich recherchiere schon länger in beck-online zum Begriff Akte, finde aber nichts Gescheites. Entscheidend ist aber letztlich, ob zuverlässige Informationen für die Beweisfragen (und ihre Ableitungen) sich in den Akten finden. Was den § 20 StGB betrifft sind das natürlich Störungen bei Begehung der Tat, wie es das Gesetz und klar und trefflich formuliert. Das ist das erste, was zu besorgen ist. Das zweite ist dann, diese Störungen zu den Tathandlungen kausal in Beziehung zu setzen. Das geht natürlich bei Bestreiten der Tat nicht. Dieser Fall muss ebenso eigens bedacht werden wie die Verweigerung der Untersuchung und Exploration. Mehr hier:

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/Akte.htm

 

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Rudolf Sponsel schrieb:

Akte - ein völlig unspezifisches und nichtssagendes Wort und vielfältiges Homonym

Ich recherchiere schon länger in beck-online zum Begriff Akte, finde aber nichts Gescheites. Entscheidend ist aber letztlich, ob zuverlässige Informationen für die Beweisfragen (und ihre Ableitungen) sich in den Akten finden. Was den § 20 StGB betrifft sind das natürlich Störungen bei Begehung der Tat, wie es das Gesetz und klar und trefflich formuliert. Das ist das erste, was zu besorgen ist. Das zweite ist dann, diese Störungen zu den Tathandlungen kausal in Beziehung zu setzen. Das geht natürlich bei Bestreiten der Tat nicht. Dieser Fall muss ebenso eigens bedacht werden wie die Verweigerung der Untersuchung und Exploration. Mehr hier:

http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/Akte.htm

 

 

Man kann wohl davon ausgehen, dass der Begriff "Akte" jeweils von denen bestimmt wird, die auch ansonsten alles bestimmen, was innerhalb eines Verfahrens eine Rolle spielt: Was ihnen in den Kram passt, wird zur Akte gehören, was sie unterdrücken wollen, wird eine "andere Sache" sein, hinsichtlich derer "nicht erkennbar ist", weshalb sie im Verfahren eine Rolle spielen sollte.

Detailfragen bringen dort nicht weiter, wo das Schlamassel grundsätzlicher Natur ist. Wir haben es nicht mit einem grundsätzlich guten Justizsystem zu tun, bei dem lediglich ein paar Kleinigkeiten nicht optimiert wären!

5

@Rudolf Sponsel:
In der Regel werden Sie, sofern Sie Zugriff auf einen StPO-Kommentar haben, unter dem Stichwort Akteneinsicht vieles finden, was nach den gängigen Definitionen zu den Akten gehört.

Zudem gibt es in den (allen?) Bundesländern eine Aktenordnung, z.B. für  Bayern (google nach Aktenordnung Bayern).

 

 

@Professor Müller:
Sie behaupten oben: "Herr Kröber verschweigt, dass die Tatsache der Kündigung erst acht Jahre später bekannt wurde, also im Verfahren nicht bekannt war und auch im Urteil keine Rolle spielen konnte"

Gast #9 verweist auf den Wiederaufnahmeantrag Strate und schreibt, dass der Arbeitsplatzverlust schon bekannt und aktenkundig war.

Wer hat nun Recht?

4

 

Herr Dr. Strate hat am 16.11.13 seine aktuelle Transparenzoffensive mit den folgenden Worten erklärt:

 

"Ich hatte mich am Dienstag der letzten Woche mit einer Email an den Springer Verlag gewandt und den Erwerb einer gut bezahlten Veröffentlichungslizenz angeboten, um diesen Artikel auch einer größeren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Selbstgewissheiten der psychiatrischen Zunft –so meine Absicht –sollten nicht nur im kleinen Zirkel der Einverstandenen verbreitet werden. … Leider habe ich bislang keine Antwort erhalten, so dass ich jetzt mit der Kommentierung beginne.“

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Anmerkung-der-Verteidigun...

Am nächsten Tag war dann der gesamte Artikel veröffentlicht, was Herr Dr. Strate mit Begriffen wie "Triftigkeit“, "Authentizität“, "Glaubwürdigkeit“ rechtfertigte.

Dazu ein paar Anmerkungen:

Herr Dr. Strate erweckt den Eindruck, als wäre man eine Antwort schuldig geblieben. Eine Verzögerung von einigen Tagen ist aber nicht ungewöhnlich, wenn man an den Verlag schreibt. Hätte er sich an den Herausgeber gewandt wie man das üblicherweise macht, hätte er eine Reaktion zeitnah erhalten und das Sprechen von "Notwehr“ hätte sich wohl erübrigt.

Indem "Selbstgewissheiten der psychiatrischen Zunft“ an der Glosse (!) von Prof. Kröber festgemacht werden, wird ein ganzes Fachgebiet diskreditiert. Inakzeptabel ist auch, dass Herr Dr.Strate in Verkennung der Realität die gesamte Leserschaft dieser Fachzeitschrift als „den kleinen Zirkel der Eingeweihten“ tituliert.

Die denunziatorische Absicht ist unverkennbar ("Die Selbstgewissheiten der psychiatrischen Zunft –so meine Absicht –sollten nicht nur im kleinen Zirkel der Einverstandenen verbreitet werden.“). Für eine Richtigstellung falscher Aussagen wären Leserbriefe und eine Gegendarstellung deutlich angemessener und wahrscheinlich auch produktiver. Mit Blick auf die notwendige und ohnehin schon schwierige Diskussion über Psychiatrie und Forensik dürften sich sowohl der angeschlagene Ton als auch die gesamte Vorgehensweise als kontraproduktiv erweisen.

Herr Dr. Strate erwartet zu Recht, dass der Verlag gegen diese Urheberrechtsverletzung vorgehen wird, andernfalls wären derartigen Verstößen Tür und Tor geöffnet. Die Finanzierung der Abmahngebühren sollte doch kein Problem sein – dieser Eindruck ist bereits entstanden.

Befremdlich ist auch, dass ganz offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird: während ein ungeschickter Spendensammler, dem nicht einmal Herr Dr. Strate eine verwerfliche Absicht bescheinigt, mit aller Härte verfolgt und in diesem Zusammenhang auch seine ehemalige Anwaltskollegin öffentlich vorgeführt wird, begeht er selbst unter dem Beifall derselben Öffentlichkeit einen vorsätzlichen Gesetzesverstoß. Quod licet Iovi non licet bovi?

 

Man darf gespannt sein, welche Gefechte im unbedingten Interesse seines Mandanten noch geführt werden werden. Quo usque tandem …?

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Gärtner und Böcke

@arzt #25 Dr. Strate handelt in beiden Fällen im Interesse seines Mandanten. Letsch hatte drei Wochen Zeit, zu reagieren. Das hat er nicht gemacht. Es geht ja nicht, dass Mollath erst an sein Spendengeld kommen kann, wenn er einen Scheinvertrag unterschreibt. Der "engste" U-Kreis war von Letsch nicht von den Komplikationen unterrichtet worden, jedenfalls bekennt sich dazu niemand.

Ein Leserbrief oder eine Gegendarstellung ist bei einer Fachzeitschrift, die nur alle Vierteljahre erscheint, schwierig. Hier kam es darauf an, nicht zu warten, was die Redaktion Dr. Strate einzuräumen gedenkt, sondern es musste sofort nach Bekanntwerden reagiert werden; der Artikel erschien in der letzten Nummer im Nov., das nächste Heft wird wahrscheinlich im Februar 2014 erscheinen.

Die DGPPN und ihre verwandten Zünfte mauern und igeln sich ein. Wenn in der Kommission Prof. Kröber u.a. sitzen, die genau - bayrisch gesagt - für den Saustall in der forensischen Psychiatrie verantwortlich sind, dann ist das ein Hohn, weil man wieder einaml den Bock zum Gärtner macht.

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Aus dem Beitrag von "Arzt" (Kröber selbst?) geht doch deutlich hervor, dass man Widerrede nicht gewohnt ist und es für selbstverständlich hält, über nur vermeintliche Patienten (Mollath war eher Häftling in Leipzigers Zuchthaus und Kröber ein zugereister Großinquisitor) alles mögliche sagen zu können, vollkommen unabhängig von Persönlichkeitsrechten, Wahrheit oder Anstand.

 

Wo käme man denn hin, wenn plötzlich ein jeder "Expertenwissen" einfach mit gesundem Menschenverstand widerlegen darf. Solchem Ansinnen muss natürlich sofort auf das Strengste bürokratischer Einhalt geboten werden.

 

Möge Kröber und sein Verlag vor Gericht ziehen - vielleicht finden sie ja in Hamburg doch noch willige Zensoren.

 

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Sehr geehrte Kommentatoren,

über den Fall Mollath einschl. über den von Herrn Strate und mir kritisierten Artikel von Herrn Kröber soll hier diskutiert werden. Den Auseinandersetzungen im Unterstützerkreis wird hier jedoch keine (weitere) Plattform geboten und ich werde dazu hier auch weiterhin nicht Stellung nehmen.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Arzt,

Herr Strate hat (wie zuvor schon im Hinblick auf § 353d StGB) bewusst und riskant gegen den Normtext verstoßen, im Interesse seines Mandanten - jedenfalls so seine nachvollziehbare Begründung. An seiner Notwehrthese habe auch ich meine Zweifel (s.o.), ebenso daran, ob sein Verstoß gegen das Urheberrecht letztendlich durch Notstand gerechtfertigt werden kann. Andererseits ist dies nur ein geringer Verstoß gegen das Urheberrecht ohne wirtschaftliche Bereicherungsabsicht oder schadensträchtige Bedeutung: Sicherlich werden nicht wegen der kostenfreien Verbreitung des knappen Artikels weniger Exemplare dieser Fachzeitschrift verkauft, vielleicht sogar mehr, da nun bekannt wurde, dass sich das gesamte Heft mit der sehr interessanten Fehlurteilsproblematik befasst.

Falls Gerichte überhaupt mit der urheberrechtlichen Problematik befasst werden, werden diese zu entscheiden haben.  Dass der sehr besondere Fall geeignet ist, "derartigen Verstößen Tür und Tor" zu öffnen, und der Verlag quasi genötigt wäre einzuschreiten, erscheint mir zweifelhaft.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@ Rudolf Sponsel

Ich kenne den Fall des Herrn Mollath, die Rolle des Prof. Kröber, auch sein dankenswerterweise auf der Homepage von Herrn Dr. Strate veröffentlichtes Gutachten, das in höchstem Maße gerade auch hinsichtlich seiner Konsequenzen kritikwürdig ist. Dessen ungeachtet erscheint mir wie oben dargelegt auch die Handlungsweise des Herrn Dr. Strate kritikwürdig. So geht da nicht. Völlig unnötigerweise werden viele Kollegen herausgefordert, das wird auf Abwehr, bestenfalls auf Desinteresse stoßen, ist in jedem Fall der Sache nicht dienlich. Wer die DGPPN angreift, möge sich bitte vergegenwärtigen, dass es sich um eine Fachgesellschaft mit mehreren tausend Mitgliedern handelt und dass es nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört, über einzelne ihrer Mitglieder, auch nicht solche in verantwortlicher Position, öffentliche Diskussionen zu führen. Unschwer kann man sich hingegen vorstellen, dass hinter den Kulissen durchaus kontrovers diskutiert wird. Der Vertrauensverlust in das Fachgebiet, insbesondere die forensische Psychiatrie, ist ein starker Motor, nicht aber öffentliche Angriffe eines Juristen gegen einen einzelnen Arzt, auch wenn dieser viele fachliche und soziale Regeln verletzt hat. Bis zu einer Fehlerkultur, wie Sie, viele andere, und da nehme ich mich selbst nicht aus, sie wünschen, ist es noch ein weiter Weg.

 

@ Franzerl

Ich bin nicht Prof. Kröber, habe mich hoffentlich klarer ausgedrückt als er. Weder kenne ich ihn persönlich noch bin ich Fachkollege, Sie können mich vielmehr in einem chirurgischen Fachgebiet verorten.

Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich einen meiner unmaßgeblichen Meinung nach notwendigen Kontrapunkt in dieser etwas einseitigen, die Gegebenheiten des Medizinbetriebs verkennenden Diskussion gesetzt habe.

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Arzt schrieb:

Völlig unnötigerweise werden viele Kollegen herausgefordert, das wird auf Abwehr, bestenfalls auf Desinteresse stoßen, ist in jedem Fall der Sache nicht dienlich. Wer die DGPPN angreift, möge sich bitte vergegenwärtigen, dass es sich um eine Fachgesellschaft mit mehreren tausend Mitgliedern handelt und dass es nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört, über einzelne ihrer Mitglieder, auch nicht solche in verantwortlicher Position, öffentliche Diskussionen zu führen. Unschwer kann man sich hingegen vorstellen, dass hinter den Kulissen durchaus kontrovers diskutiert wird. Der Vertrauensverlust in das Fachgebiet, insbesondere die forensische Psychiatrie, ist ein starker Motor, nicht aber öffentliche Angriffe eines Juristen gegen einen einzelnen Arzt, auch wenn dieser viele fachliche und soziale Regeln verletzt hat. Bis zu einer Fehlerkultur, wie Sie, viele andere, und da nehme ich mich selbst nicht aus, sie wünschen, ist es noch ein weiter Weg.

 

@ Franzerl

Ich bin nicht Prof. Kröber, habe mich hoffentlich klarer ausgedrückt als er. Weder kenne ich ihn persönlich noch bin ich Fachkollege, Sie können mich vielmehr in einem chirurgischen Fachgebiet verorten.

Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich einen meiner unmaßgeblichen Meinung nach notwendigen Kontrapunkt in dieser etwas einseitigen, die Gegebenheiten des Medizinbetriebs verkennenden Diskussion gesetzt habe.

 

Bis zur Lektüre Ihrer Beiträge, sehr geehrter Herr Kollege, dachte ich eigentlich, dieser Typ Mediziner sei mittlerweile ausgestorben. Wenn ich sie recht verstehe, so propagieren Sie hier - wenn überhaupt - eine Aufarbeitung des Falles innerhalb der Fachgesellschaft, hinter verschlossenen Türen, keinesfalls aber in der Öffentlichkeit. Zur Öffentlichkeit hin haben die Mediziner gefälligst zusammenzustehen, alles andere ist Nestbeschmutzung. Die öffentlichen Angriffe eines Juristen (Herr Strate) sind inakzeptabel und für eine Verbesserung der ärztlichen Fehlerkultur eher kontraproduktiv.

Selbstverständlich muss nicht jeder ärztliche Fehler breit in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Das gehört allenfalls in den Gerichtssaal (die Verhandlung dort wird aber aus gutem Grund auch öffentlich geführt). Bei einem Fall mit solch grundsätzlicher Bedeutung wie hier geht aber das Mauscheln hinter den Kulissen (Sie nennen es kontroverse Diskussionen) nicht bzw. nicht nur. Im übrigen gehört es nicht nur zu den Aufgaben der DGPPN, Leitlinien zu erarbeiten, sondern auch deren Überwachung zu überprüfen sowie für die Fort- und Weiterbildung, ggf. Qualitätsverbesserung seiner Mitglieder und deren Arbeit zu sorgen.

Als Arzt erwarte ich hier von der DGPPN eine klare Stellungnahme. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, ob solche unterirdisch schlechten Gutachten die Ausnahme sind oder die Regel. Im letzten Fall besteht dringend Handlungsbedarf, den mittlerweile auch der neue bayerische Justizminister sieht (s.o.).

In dieses Bild (der hinter verschlossenen Türen mauschelnden und vertuschenden Ärzte) passt auch die Anzeige gegen die Kollegin Frau Dr. Fick (Beauftragte der Landesärztekammer Bayern) die es wagte, die vorliegenden Gutachten als "mögliche Gefälligkeitsgutachten" zu qualifizieren (meiner Meinung nach völlig zu recht). Hier wurde offenbar aus Ärztekreisen gegen eine Nestbeschmutzerin vorgegangen (wobei ich hier nicht an Prof. Kröber selbst denke). Ich hoffe sehr, dass Frau Kollegin Frick ihre mutig öffentlich vorgetragene Beurteilung auch vor Gericht erfolgreich verteidigen wird und kann.

 

 

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Ich habe den Eindruck, dass in dem Fall immer mehr  Menschen unnd Institutionen an den Pranger gestellt werden, fast wie im Mittelalter ( Jeder sollte sich einmal das Kriminalmuseum von Rotenburg ob de Tauber anschauen.)   gestellt werden.

So wird Mollath keine Rehabilition bekommen.

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Gast schrieb:

Ich habe den Eindruck, dass in dem Fall immer mehr  Menschen unnd Institutionen an den Pranger gestellt werden, fast wie im Mittelalter ( Jeder sollte sich einmal das Kriminalmuseum von Rotenburg ob de Tauber anschauen.)   gestellt werden.

So wird Mollath keine Rehabilition bekommen.

 

Das alles nahezu restlos aus dem Ruder gelaufen ist, lieht daran, dass die System-Verbrecher bisher vor jeder Sanktion und Kritik bewahrt blieben, stattdessen noch geehrt und öffentlich gelobpreist wurden.

Die Wirkung ist die selbe wie bei ungezogenen Kindern, die man alles machen lässt und noch als Prachtkerle lobt iund belohnt, wenn sie der Nachbarin die Wäscheleine kappen und Katzen ertränken.

 

Winfried Sobottka, UNITED ANARCHISTS

 

 

 

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Sehr geehrter Gast,

Sie schreiben:

Ich habe den Eindruck, dass in dem Fall immer mehr  Menschen unnd Institutionen an den Pranger gestellt werden, fast wie im Mittelalter ( Jeder sollte sich einmal das Kriminalmuseum von Rotenburg ob de Tauber anschauen.)   gestellt werden.

Mittlerweile ist deutlich geworden, dass im Fall Mollath Fehler auf mehreren Ebenen passiert sind bzw. begangen wurden. Nur eine Aufklärung von Fehlern kann dazu führen, dass man diese in künftigen Fällen vermeidet bzw. das wenigstens versucht. Ein erster Schritt ist, dass die Protagonisten überhaupt einräumen, ob und genau an welcher Stelle Fehler gemacht wurden. Auf der Seite der Psychiatrie geht es etwa um die (mittlerweile bekannten) psychiatrischen Gutachten. Herr Kröber hat sich leider mit der Kritik daran nicht auseinandergesetzt, sondern beharrt auf seiner vorherigen Einschätzung, indem er seine unzulängliche Aktenauswertung noch einmal demonstriert. Genauso wie sich die beteiligten Gerichte und Staatsanwaltschaften Kritik gefallen lassen müssen, ist dies bei Psychiatern der Fall. Ich kann an der nun fortgesetzten Kritik nichts Mittelalterliches finden. Diese würde sicherlich anders ausfallen, wenn es in der Psychiatrie eine angemessene Fehlerkultur gäbe. Bislang gibt es zwar die "Mindestanforderungen" - was grds. ja positiv ist (vgl. aber zur Kritik Eisenberg, NStZ 2005, 304 ff. (Link in Beck-Online). Deren Nichteinhaltung hat allerdings offenbar wenig Konsequenzen, es handelt sich ja auch nur um "Empfehlungen" ohne rechtliche Bindungswirkung. Ebenso wie die Fehleranalyse im Fall Mollath positive Entwicklungen in der Justiz begünstigen kann und von mir bekannten Juristen auch begrüßt wird, könnte die jetzige Diskussion aber auch in der Psychiatrie "heilsam" sein - gerade wenn man die Ziele der DGPPN anschaut, müsste diese Fachgesellschaft die öffentliche Diskussion doch begrüßen. Ein Ausweichen nach dem Motto: "nicht wir, sondern die Juristen sind (allein) schuld", ist jedenfalls kaum sinnvoll.

Zum konkreten "Pranger": Herr Kröber hat sich selbst mit seinem Interview auf telepolis und in dem hier diskutierten Artikel  freiwillig in die Öffentlichkeit begeben und zu seiner eigenen Rolle im Fall Mollath inhaltlich geäußert, indem er - entgegen den Fakten - eigentlich Herrn Mollath an den Pranger gestellt hat.

So wird Mollath keine Rehabilition bekommen.

Über die Verteidigungsstrategie der Anwälte im Fall Mollath kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein (ich war/bin keineswegs immer davon angetan), aber immerhin hat die Arbeit der Verteidiger dazu geführt, dass Herr Mollath aufgrund der Wiederaufnahmeanträge von Verteidgung und (ziemlich einmalig) Staatsanwaltschaft sowie bestätigend durch das BVerfG nun in Freiheit ist. Verantwortlich dafür war auch die Strategie, zunächst Presse und allg.  Öffentlichkeit über diesen Fall zu informieren. Nun zu behaupten, Herr Mollath werde wegen der anhaltenden Anprangerung möglicher Fehler in der Justiz und der Psychiatrie "keine Rehabilitation bekommen", erscheint mir eine zumindest gewagte Prognose. Nach meiner Überzeugung wäre Stillhalten und auf das nächste psychiatrische Gutachten zu warten (das dann primär wieder frühere Gutachten bestätigt) jedenfalls nicht zielführend.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

@H. Müller
„Nun zu behaupten, Herr Mollath werde wegen der anhaltenden Anprangerung möglicher Fehler in der Justiz und der Psychiatrie "keine Rehabilitation bekommen", erscheint mir eine zumindest gewagte Prognose. Nach meiner Überzeugung wäre Stillhalten und auf das nächste psychiatrische Gutachten zu warten (das dann primär wieder frühere Gutachten bestätigt) jedenfalls nicht zielführend.“
Ach, könnten Alle einen bösen Sachverhalt so positiv klingend formulieren! ;-)
Die Welt würde viel netter aussehen.

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Gast schrieb:

Gustl Mollath im Gespräch | quer-SocialTV am 14.11.2013

 

http://www.youtube.com/watch?v=bEcq5NFsoT4

Unbedingt sehenswert. Journalisten wie Laura Beck und Christopf W. machen Hoffnung: Jung, sehr sympathisch, problembewusst, offen. Die "Geisteskrankheit" des Mollath scheint einiges mir meiner "Geisteskrankheit" gemein zu haben, denn laut Interview ist auch ihm klar, dass der Staatsschutz überall dort, wo es nicht ganz sauber zugeht und ein Mantel über alles geworfen werden soll, seine Finger im Spiel hat... Wer früher zu den SS-Totenköpfen ging, geht heute zu einer deutschen Staatsschutzorganisation, sie sind die Kettenhunde des Unrechts mit der Lizenz für alles!

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"

Weiter heißt es in Ficks Stellungnahme: „Wenn eine Gemeingefährlichkeit mit Reifenstechen und Autoverkratzen mit einem unbestimmt langfristigen Freiheitsentzug geahndet wird, versteht diese Entscheidung kein juristischer Laie mehr. Diese Tatsache erscheint mir unbillig und ungerecht.“ Man gewinne den Eindruck es sollte etwas nicht auf- sondern „abgeklärt werden und Herr Mollath sollte aus der Öffentlichkeit auf unbestimmte Zeit verschwinden.“ Dafür, dass Fick sogar von einem „möglichen Gefälligkeitsgutachten sprach“, bekam sie sogar eine Strafanzeige an den Hals, die aber ohne Folgen blieb."

http://www.wochenblatt.de/nachrichten/landshut/regionales/art67,211858

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Ich begrüße es sehr, dass die Anwälte in die Öffentlichkeit gegangen sind, weil wir sonst gar nichts von Herrn Mollath erfahren hätten. Deshalb sollen sie das auch in Zukunft machen und möglichst auch alle anderen Anwälte von allen anderen Opfern von falschen Gutachten, da gibt es sicher recht viele. Aber die Art und Weise, wie sie jetzt alle Psychiater angreifen, scheint mir weder angemessen noch fair, weil es große Unterschiede gibt. Ich glaube auch nicht, dass alle nur mauscheln. Ich verstehe gar nicht, warum der "Facharzt“ meint, dass "dieser Typ Mediziner inzwischen ausgestorben“ ist, und dann so tut, als würden alle nur mauscheln und auch noch einen Zusammenhang mit der Anzeige gegen Frau Dr. Fick herstellt.

 

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Zoé schrieb:

Ich begrüße es sehr, dass die Anwälte in die Öffentlichkeit gegangen sind, weil wir sonst gar nichts von Herrn Mollath erfahren hätten. Deshalb sollen sie das auch in Zukunft machen und möglichst auch alle anderen Anwälte von allen anderen Opfern von falschen Gutachten, da gibt es sicher recht viele. Aber die Art und Weise, wie sie jetzt alle Psychiater angreifen, scheint mir weder angemessen noch fair, weil es große Unterschiede gibt.

Die überwiegende Mehrheit der Ärzte bemüht sich mittlerweile um Transparenz. Der Halbgott in Weiß, dem man alles ohne zu hinterfragen abnahm, ist weitgehend ausgestorben. Dann wäre es jedoch für die Fachgesellschaft der Psychiater umso wichtiger, jetzt eine klare Stellungnahme zu den Vorkommnissen um den Fall Mollath abzugeben. Der Fall Mollath hat die sonst verschlossenen Mauern der Psychiatrie verlassen, die Öffentlichkeit will nun wissen, ob es sich hier um einen Einzelfall und einen einzelnen groben Schnitzer handelt oder die Qualität der Gutachten verbessert werden muss (durch Zertifizierungen etc.).

Alle Psychiater werden (bis jetzt) keineswegs angegriffen. Wenn aber eine Stellungnahme der Fachgesellschaft ausbleibt, so wundert man sich.

 

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Facharzt schrieb:

Zoé schrieb:

Ich begrüße es sehr, dass die Anwälte in die Öffentlichkeit gegangen sind, weil wir sonst gar nichts von Herrn Mollath erfahren hätten. Deshalb sollen sie das auch in Zukunft machen und möglichst auch alle anderen Anwälte von allen anderen Opfern von falschen Gutachten, da gibt es sicher recht viele. Aber die Art und Weise, wie sie jetzt alle Psychiater angreifen, scheint mir weder angemessen noch fair, weil es große Unterschiede gibt.

Die überwiegende Mehrheit der Ärzte bemüht sich mittlerweile um Transparenz. Der Halbgott in Weiß, dem man alles ohne zu hinterfragen abnahm, ist weitgehend ausgestorben. Dann wäre es jedoch für die Fachgesellschaft der Psychiater umso wichtiger, jetzt eine klare Stellungnahme zu den Vorkommnissen um den Fall Mollath abzugeben. Der Fall Mollath hat die sonst verschlossenen Mauern der Psychiatrie verlassen, die Öffentlichkeit will nun wissen, ob es sich hier um einen Einzelfall und einen einzelnen groben Schnitzer handelt oder die Qualität der Gutachten verbessert werden muss (durch Zertifizierungen etc.).

Alle Psychiater werden (bis jetzt) keineswegs angegriffen. Wenn aber eine Stellungnahme der Fachgesellschaft ausbleibt, so wundert man sich.

 

 

Ihre Vorstellungen betreffend die heutige Ärzteschaft kann ich nur als romantisch verstehen.

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RA Veits schrieb:

Für Kurzentschlossene

Heute, 21.11., ab 18 Uhr : Uni Augsburg

Ringvorlesung

Mollath und die Folgen - Reform der Unterbringung

 

http://aktionboss.de/reform-der-unterbringung-uni-augsburg

 

Eine interessante Vorlesungsreihe. Vielleicht wird es dazu ein Skript geben können. 

Mich persönlich würden vor allem die Wahrheitsbegriffe interessieren, mit denen jeweils gearbeitet wird, zumal alle Referenten Wissenschaftler sind. 

Wahrheit muss nicht zwingend als schwere Kost vermittelt werden. Sie ist auch nicht die Erfindung eines Lügners, auch nicht eines Irren, eines Psychiaters, Gutachters oder Richters, wenn es auch manchmal so scheint.

Vom Gebrauch der Sprache / des geschriebenen Wortes

 

Der Philosoph Peter Bieri, besser bekannt als der Autor Pascal Mercier von "Nachtzug nach Lissabon", war gestern (Mittwoch, 20.11.) ab 16.05 Uhr im Radio Bayern 2 zu hören.

Er, dessen eine immerwährende Leidenschaft das (Hinzu)Lernen von (immer weiteren) Fremdsprachen ist, gab am Ende der Sendung den Hörern eine kleine Lebensweisheit mit:

Schluss-Erkenntnis des BR-Gastes, der womöglich Gustl Mollath gefolgt ist:

"Das Wichtigste ist, echt zu sein, bei sich selbst zu sein, und sich so zur Sprache zu bringen, wie man ist, also mit der eigenen Stimme. Wenn man das tut, kann man auch die heikelsten Situationen so überstehen, das man nicht unglücklich ist."

Peter Bierli

dessen neues Buch den Titel trägt:

"Eine Art zu leben - über die Vielfalt menschlicher Würde".

 

Einzelheiten:

"Sendung eins zu eins. Der Talk"

http://mediathek-audio.br.de/index.html

 

Mein Hinweis

zum Gebrauch der Sprache/ des geschriebenen Wortes:

1. Fehler passieren

2. Tatbestände (strafrechtliche) werden begangen

 

zu 1:

Regelmäßig aus Fahrlässigkeit

zu 2:

grundsätzlich mit Wissen und Willen (Vorsatz)

 

Ich fände es gut, wenn zukünftig das Herrn Mollath erniedrigende Geschehen, das ihn zum Objekt herabwürdigende (außer)gerichtliche Verfahren nach diesem Sprachmodus hier begleitet etc. würde.

Vielen Dank.

 

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Sehr geehrter Herr RA Veits,

Sie schreiben:

Mein Hinweis zum Gebrauch der Sprache/ des geschriebenen Wortes:

1. Fehler passieren

2. Tatbestände (strafrechtliche) werden begangen

zu 1:

Regelmäßig aus Fahrlässigkeit

zu 2:

grundsätzlich mit Wissen und Willen (Vorsatz)

Ich fände es gut, wenn zukünftig das Herrn Mollath erniedrigende Geschehen, das ihn zum Objekt herabwürdigende (außer)gerichtliche Verfahren nach diesem Sprachmodus hier begleitet etc. würde.

 

Sie machen es einem ja nicht leicht, durch Ihre etwas indirekt formulierten Posts durchzusteigen. Nun habe ich aber verstanden, dass Ihnen mein obiger Satz, es seien "im Fall Mollath Fehler passiert bzw. begangen" worden, sauer aufgestoßen ist.

Ich halte aber daran fest, denn Ihr sprachliches Argument trifft m. E. nicht zu.

1. Im außerrechtlichen Kontext spricht man sehr wohl von "Fehler begehen" (z.B. durch bewusstes Verhalten) neben "Fehler passieren" (eher unbewusste Nachlässigkeit). Und in diesem Sinne habe ich es oben gemeint, d.h. dass im Fall Mollath zum Teil wohl Fehler "passiert" sind, zum Teil aber auch welche "begangen" wurden. Über konkrete Tatbestände habe ich ja dort oben gar nicht geschrieben.

2. In rechtlicher Hinsicht ist Ihre Kritik unpräzise, denn auch im Recht unterscheidet man nicht nur zwischen Fahrlässigkeit ("passieren") und Vorsatz ("begehen"), sondern zwischen verschiedenen Fahrlässigkeits- und Vorsatzstufen. Ein Fahrlässigkeitsdelikt kann deshalb durchaus begangen werden. Oder würden Sie etwa (ausschließlich) sagen, "ihm ist eine fahrlässige Tötung passiert" und würden Sie "Er hat eine fahrlässige Tötung begangen" für sprachlich fehlerhaft halten? In der tatsächlichen Anzahl ihrer "Begehung" dürften Fahrlässigkeitsdelikte sogar überwiegen.

3. Tatbestände (das sind die Normen) werden nach meinem Sprachgefühl - ich räume aber ein, das mag fehlerbehaftet sein -  ohnehin nicht "begangen", sondern "verwirklicht".

4. Ob das im Kontext "Mollath" bedeutsam ist, weiß ich nicht.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

@ Facharzt: Ich bin Medizinstudentin im PJ und hatte noch nie mit einem Facharzt zu tun, der sich äußert wie Sie.

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Sehr geehrte Kommentator-inn-en und Leser-innen,

der Beck-Blog ist ein Forum für sachliche juristische Debatten. Sachliche, auch kontroverse Kommentare zum Thema des Beitrags sind ausdrücklich willkommen. Anders als andere Internetforen werden hier Kommentare nicht vor-geprüft, sondern erst nach der Veröffentlichung moderiert, das mag manche irritieren, die es gewohnt sind, dass ihre Beiträge, die anderswo gar nicht erst erscheinen würden, dann später gelöscht werden.

Off-Topic-Debatten sind nicht erwünscht. Zudem wird hier auf höfliche Umgangsformen geachtet, die vielleicht sonst nicht überall im Internet eingehalten werden. Pauschale Abwertungen ganzer Berufsgruppen, Beschimpfungen oder die Werbung für eigene Ideologien oder Eigen-Marketing sollte bitte auf andere Plattformen verlegt werden. Auch für Beschimpfungen von sowie Drohungen gegen Blog-Autoren oder andere Kommentatoren, gegen Verlagsmitarbeiter oder mich ist hier nicht der richtige Platz. Das Internet ist aber groß genug auch für solche Kommentare an anderer Stelle.

Ich bitte um Ihr Verständnis.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

Ich nutze die Löschung meines Kommentar, ihn etwas deutlicher zu formulieren:

 

a) Die teleologische Absicht von einem zurükgehaltenen Schuldspruch trotz nachgewiesener Tat wegen Schuldunfähigkeit ist auf ein humanes Ziel gerichtet: Die (Ver)urteilende Justiz kommt zwar mit einer Sicherheitsverwahrung dem gesellschaftlichen Schutzbedürfnis nach, belässt auch die Verantwortungs-Kontinuität des schuldunfähigen Täters beim Täter (trotz etwaiger schizophrener 'Abwesenheit' Kontuniätsverschebung/unterbrechung) und kommt zwar zu einem Urteil, aber sie erkennt einen schuldunfähigen Bereichan , der einmal anhand medizinisch-psychiatrischer Aspekte festgestellt, zu einem Verzicht und Selbstrücknahme einer Verurteilung, also des Schuldspruches.

 

Auf diesen humane Selbstrücknahme der von außen urteilenden Instanz kann man stolz sein, will sie gerade nicht moralisch, spöttisch, arrogant, oder sonst irgendwie sich selbst auf ein Podest stellen und sich aus Respekt, Nachsicht und Einsicht, ein hartes Urteil anmaßen und schwerwiegende Umstände, denen eine Person etwa durch eine Krankheit ausgeliefert zu seinscheint, zu übersehen - sie will gerade nicht primitiv nur anhand der Taten schuldhaft verurteilen.

 

Die Justiz will mit dem Konzept der Schuldunfähigkeit nicht(!) eine Person knechten, übergehen oder entmündigen, sondern besondere Bedingungen berücksichtigen und im Falle der Schuldunfähigkeit auf einen Schuldspruch verzichten. Sie stellt sich - was den Aspekt der Schuld betrifft - quasi schützend

zwischen die Person und ihre Krankheit, und obgleich die Taten aus der Krankheit heraus zu einer Sicherheitsverwahrung (aus gesellsachftlichen Schutzbedürfnis) führen, will die Justiz mit diesem Gesetz die Integrität der PErson (etwa durch Schuldvorwürfe) schützen.

 

 

 

b) In einer Therapie, in der Medizin - und sei sie noch so wissensachftlich fundiert - haben wir verschiedene Deutungsansätze zu Funktionsweisen und verschieden Heilsansätze. Im Sinne eines Angebotes ist es durchaus legitim zu halten, dass diese Deutungen absolut gesetzt dem Patienten dargeboten werden. Aber es ist oder sollte 'heiliges' Gesetz bleiben, dass diese (eigtl. durch freiwillige Hilfsannahme des Patienten akzeptierte) Asymmetrie nicht zur Entmündigung führt.

Ein Prof. Kröber kann durchaus seine Deutung als eine wissenscahftliche Position (unter verschiedenen) absolut setzen, und im Sinne eines Angebotes festhalten, um zu einem felsenfesten Maß für den Patienten zu werden - soweit der Patient sich daran orientieren mag. Aber klar sollte jedem Therapeuten, Mediziner, PSychiater sein: Die Autonomie über Heilungsziel, Heilungsmittel, Heilungsbedarf und die Absolutheit der Deutung hat sich als Angebot zu bescheiden, sollte eher zu Nachsicht und Respekt vor den unbekannten unverfügbaren Bedingheiten Menschlichen Seins führen, anstatt zu Überhöhung, Entmündigung, und Missbrauch durch Deutungsübergriffe.

Hier lohnt sich die Erinnerung, dass das Menschliche Sein - bereits bei körperliche Beschwerden ist man ohne OP teils machtlos - gerade im Bereich der Psyche nicht so abgeschlossen und verfübar ist, und zwar auch dann nicht, wenn Krankheitsbeschreibungen klare Strukturen der Einklassifizierung ermöglichen: Das Feld, wie eine PErson lebenssinn-autonom eine Antwort auf Beschwerden findet, was überhaupt als heilsbedürftig erscheint, welches Leid zu einem Guten gewandelt wird, und wie Heliung vonstatten geht - das alles ist bei weitem nicht so Eindeutig, wie konstruierte Klarheit filternder Äußerung, die man dann in Krankheitsschemata verorten kann.

Die Verortbarkeit in ein Krankheitsbild darf nicht zu einer Überheblichkeit führen, noch zu dem Irrglauben, man könne über die betroffene Person und über den höchst-intimen Sinnhorizont hinweg verfügen.

 

c) Wenn nun die Justiz ihre Macht zum Schuldspruch aus humanen Gründen zurücknehmen will wenn schwerwiegende Bedingtheiten zur Tatzeit angenommen werden können, dann ist die Kausalität von krankheitsbedingter Tat hin zum mündigbelassenden Freispruch nur im freiwilligen humanen Entschluss des Gesetzes zu sehen, und eben gerade nicht in der heimlichen Entmündigung, als wäre die Kategorei Krankheit so umfänglich, als dass sie kausal gedacht wer könne, dass Krankheit und ihre äußere Beschreibung überhaupt imstande wäre, auch nur annähernd die Komplexität von Schuld und Person beschreiben zu können.

Meine Kritik an Prof. Kröber: Genau das tut er: Er vermischt die Gültigkeit eines Heilung-Deutungsangebotes im Modus der Therapie, bei der die Krankheit und der Patient durch ihr faktisches Sein unabhängig vor Kröber stehen, mit dem Modus des Sachverständigen, und übernimmt von dort eine falsch verstandenen - hier passiert der Übergriff und Missbrauch - Kausalität, nämlich den Irrglauben, dass eine bloße Krankheitsbeschreibung kausal zu einer realen (und nicht frewillig nachsichtig zugesprochenen) Schuldunfähigkeit führt, nur weil das Gesetz eine gehiligte Lücke belässt.

So kommt es, dass Kröber - während die Justiz nicht bloß nach aktenkundig äußeren Taten verurteilen will, sondern die inneren Befindlichkeiten zum Schutze(!) für die Integrität der Person vor juristischem Schuldspruchldspruch berücksichtigen will, und dazu freiwillig im poitiven Sinne eine Kausalität der übergroßen Beeinflussung annehmen möchte (ohne die Person und ihre Eigen-Deutungen nicht mehr ernst zu nehmen) - so kommte es, dass Kröber, gerade zum Gegenteiligen entmündigenden Schluss kommt: Aktenkunde äußerer Krankheitsbilder, ohne Rücksicht auf die Innenbefindlichkeiten, Verengung des Menschenbildes und der Person durch kausal angemaßte medizinische Kategorien etc.

 

Diese falsche Einstellung, wie wir sie auch bei anderen Wissenscahftlern finden, der Irrum über die Kausalität und Inflation fachspezifisch-begrenzter Kategorien, die Anmaßung richterlicher Schuldunfähigkeitsaussage und Umdeutung von Ent-antwortung zur Ent-mündigung, dieser Übergriff und Missbrauch kommt dann voll zum tragen, und kann auch nichts anderes als Missbrauch hervorbringen, wenn die Justiz die Sachkundigen nicht in ihrer Sachkunde begrenzt, und den menschlichen Gedanken hinzufügt.

Wird letzteres Vergessen - eine Selbstverständlichkeit -nämlich dass eine Person nicht durch ein medizinisches Etikett, wie etwa 'Wahn', wirklich und real hinsichtlich der Freiheit in vollumfänglicher Menschen-Sinn-Daseins Dimension begriffen werden kann, dann kommt es natürlich dazu, dass man glaubt, nur weil die Justiz freiwillig mit wenigem sich begnügt um Milde zu walten, dass der Umkehrschluss von wenigen medizischen Anzeichen zur gedachten Verflachung der Person führt.

 

Ich denke, dass dies sachlich genug war. Und ich denke, dass es lohnen würde, sich zu vergegenwärtigen, wie die Grundlagen mittlerweile durch Alltagsanwendung verflacht, und durch falsch gezogene Umkehrschlüsse pervertiert (als sachliche Beschreibung gemeint) wurden.

 

Das Konzept der Schuldunfähigkeit frägt nicht nur nach objektiven Taten, Verhaltensweisen, sondern sucht die höchstindividuellen subjektiven Bednigtheiten zur Tatzeit auf, um sie zum Schutze der Person anzuerkennen.

Der Umkerschluss, kein Explorationsgespräch zu bedürfen, sondern objektive Aktenkunde reichte für eine Krankheitsbeschreibung zum Zwecke der (auch noch verengt-kausal gedachten) Schuldunfähigkeitsaussage aus - ohne die tatsächlich individuelle Wirkung auf die Person zu berücksichtigen - zeigt den ganzen Irrtum und Perversion.

 

Eigentlich ist es nämlich so: Der Täter möchte möglicher Weise keinen Schuldspruch, und beruft sich auf subjektive Bedingtheiten, und nur zur Untermauerung und Plausibilisierung der subjektiven Selbstauskunft des Täters wird ein Gutachten benötigt. Will der Täter schuldfähig bleiben, dann sollte es auch so sein, denn die Autonomie über den eigenen Willen und die eigene Schuldfähigkeit ist höher zu ahten, als die Autnomoie über den bloßen Körper.

 

Wenn eine Person die im schizophrenen Zusatand begangene im Nachhinein die nachweislich eigene Tat verantworten möchte, dann sollte das auch so sein.

Denn ansonsten sprechen wir die Person zwar schuldunfähig frei, aber nur zu dem Preis, dass man ihr vorher die Autonomie und Freiheit über sich und ihre eigene Kontinuität und Stellung zur eigenen Krankheit genommen hat.

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Wie könnte eine Revision der Revionsrechtes aussehen?

Im Zuge der bayerischen Skandalfälle (Mollath, Kulac) ist hier schon mehrfach angesprochen worden, dass das Revisionsrecht und seine Handhabung durch den BGH erhebliche Mängel aufweist. Ich möchte daher die JuristInnen hier bitten, diese im einzelnen zu benennen und wie Abhilfe geschaffen werden könnte. Danke.

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Kleiner Tipp an R. Sponsel:  Revisionsanträge sind Hindernisläufe durch Minenfelder. Dabei sind die Minen überwiegend nicht in den Gesetzen selbst angelegt, sondern durch BGH-Rechtsprechung. Schon das ein Unding: Der BGH  baut höchste Hürden, um möglichst selten Revisionsanträge bearbeiten zu müssen! Im Grunde übt der BGH in diesen Fällen quasi legislative  Macht aus, um möglichst viel judikative Arbeit abzuwehren.

Da Sie selbst klug sind, empfehle ich Ihnen ein Nachlesen bei Burhoff, der im Internet einiges über die Minen veröffentlicht hat, die auf den Feldern der Revisinsanträge verbuddelt sind, u.a.:

http://www.burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/pak_2003_101ff.htm

 

Grundsätzlich: Sachrüge / Rüge der Verletzung materiellen Rechts darf allein auf dem Inhalt des Urteils bauen!

Die Prozessrüge rügt im weitesten Sinne Verfahrensfehler, und beide Rügen können einzeln, aber auch kombiniert erhoben werden.

Allerdings setzt die Prozessrüge voraus, dass die Verfahrensfehler, soweit im Verfahren selbst schon erkennbar, dort auch mit Rechtsmitteln angegriffen wurden, was von normalen Anwälten so gut wie nie geleistet wird (siehe Verfahren Mollath).

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Ergänzung für R. Sponsel: Auch die unsachgemäße Abweisung von Anträgen kann ein Revisdionsgrund sein - wenn Anträge (z.B. Beweisanträge, Befangenheitsanträge) gestellt und bis zur Gehörsrüge ausgefochten (!) wurden.

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Doc Sponsel, das Wichtigste wäre: Die Revisionsgerichte müssten mit vom Volk legitimierten RichterINNEn, gewählt auf Zeit, bei Versagen jederzeit abwählbar, besetzt werden!

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Gast schrieb:

 

"Im Grunde übt der BGH in diesen Fällen quasi legislative  Macht aus, um möglichst viel judikative Arbeit abzuwehren."

 

Das ist ergänzenswert: Der BGH nimmt für sich immer mehr in Anspruch, die Deutungshoheit über die Gesetze (Auslegung) zu haben;

nach dem Motto:

Wenn der Gesetzgeber die Normen "verabschiedet"(!) hat, ist er für sie nicht mehr zuständig.

So kann man Gesetzesziele sogar bis ins Gegenteil verkehren.

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Präzisierung Anliegen Revision des Revisionsrechts

Zunächst mal Danke für Antworten und Anregungen. Meine -  vielleicht unrealistischen - Wünsche gingen allerdings weiter, ich dachte 1) schon an richtige Formulierungen gegenüber der geltenden StPO (333-358) und 2) über neue Formulierungen bezüglich der HV und des erkennenden Verfahrens. Grundvoraussetzung scheint mir eine gründliche Dokumentation des Verfahrens, damit überhaupt eine angemessene Prüfung erfolgen kann. Oder wird das juristisch anders gesehen?

Gibt es denn überhaupt Gruppierungen, die an einem besseren Revisionsrecht arbeiten?

Wie funktioniert so eine Gesetzesinitiative?

 

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aus: http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-108758#{%22itemid%22:[%22001-108758%22]}

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 18.10.2011

 

Angesichts der besonderen Umstände des Falls möchte der Gerichtshof gleichwohl darauf hinweisen, dass diese Sachverständige zwar die weitere psychiatrische Behandlung der Beschwerdeführerin empfohlen, aber auch festgestellt hat, dass eine medikamentöse Behandlung für die Therapierung der Beschwerdeführerin nicht mehr zwingend erforderlich sei und Lockerungen im Vollzug ihrer Unterbringung in Betracht gezogen und allmählich erweitert werden sollten. In diesem Zusammenhang betont der Gerichtshof erneut, dass die nationalen Behörden dafür sorgen sollten, dass jede Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus von wirksamen und konsequenten Therapiemaßnahmen begleitet wird, damit dort untergebrachten Personen nicht die Aussicht auf Entlassung genommen wird. Anlässlich der regelmäßigen Überprüfungen der Fortdauer der Unterbringung und bei der Abwägung zwischen dem Freiheitsinteresse des Untergebrachten und den Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit sollte die Durchführung derartiger Maßnahmen von den innerstaatlichen Gerichten besonders genau geprüft werden (siehe F. ./. Deutschland (Entsch.) Individualbeschwerde Nr. 32705/06, 28. September 2010).

Der Gerichtshof weist zwar darauf hin, dass die Verhältnismäßigkeit einer fortdauernden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus besonders genau geprüft werden muss, je länger die Unterbringung andauert, ist in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen aber der Auffassung, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Landgericht Regensburg in seiner Entscheidung vom 20. November 2008, die mit Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 14. Januar 2009 bzw. des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2009 bestätigt wurde, im Zeitpunkt des in Rede stehenden Verfahrens keine gerechte Abwägung zwischen den Freiheitsinteressen der Beschwerdeführerin und den Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit vorgenommen hat oder dass die damaligen Entscheidungen der innerstaatlichen Gerichte willkürlich waren.

 

Was ist mit den Menschen, die tatsächlich eine psychische Erkrankung haben und es finden keine Therapiemaßnahmen statt, wie sie vom EGMR von den nationalen Behörden gefordert werden.

 

Wo findet eine Überprüfung der Therapiemaßnahmen statt?

Wer ist zuständig? Welche nationalen Behörden sollten aktiv werden?

Welche Konsequenzen hat ein Unterlassen von zielgerichteten Maßnahmen auf Entlassung?

Ist hier tatsächlich der "rechtsfreie Raum" von dem Gustl Mollath spricht?

Wer ist innerhalb der Klinik dafür zuständig, dass die Menschen an ein eigenständiges Leben außerhalb der Klinik herangeführt werden?

 

Der Fall Mollath ist natürlich ein besonderer Fall, denn dass sich sein angeblicher Wahn als Realität bestätigt hat, ist zwischenzeitlich vermutlich allgemein bekannt.

 

Ich vermisse in Entscheidungen über die weitere Unterbringung eine Darlegung der Maßnahmen, die zu einer Entlassung führen können.

 

Wer prüft die Qualität der Therapie in den forensischen Psychiatrien?

 

Kann eine Nichtbehandlung einen Straftatbestand erfüllen?

 

Die Ausführungsgesetze zur Unterbringung sind Landesrecht. In Bayern scheint hier wirklich - wie der Fall Mollath zeigt - keine Überprüfung stattzufinden. Wie ist das in anderen Bundesländern?

 

 

 

 

 

 

 

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Ein Hinweis: "Willkür vor der Haustür Politische Justiz ? Gibt es nur in Unrechtsstaaten? Von wegen:    Die gibt es auch in Deutschland, gerade vor der Stuttgarter Haustür. Und verkörpert wird sie nicht nur durch den umstrittenen und mittlerweile in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedeten Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler. Ein neues Kontext-Buch, das Anfang Dezember erscheint, zeigt "Beispiele politischer Justiz in unserem Land" auf. Sie reichen zurück bis in die 1970er-Jahre. ..."

http://www.kontextwochenzeitung.de/macht-markt/138/willkuer-vor-der-haus...

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1.) Psychiater behaupten immer wieder, dass 1/3 der Personen , die unter der Diagnose schizophrene Psychse leiden,  nach kurzer Zeit wieder als gesund gelten.

 

2.) Psychiater behaupten weiterhin. dass ein weiteres 1/3 der Personen, die unter der Diagnose schizophrene Psychosen leiden, nach längerer Zeit wieder als gesund gelten.

 

3.) Psychiater behaupten weiterhin, dass ein letztes  1/3 der Personen, die unter der Diagnose schizophrene Psychosen leiden, nie mehr gesunden.

 

Danach müßten 1 und 2 besonders die Gerichte und Gutachter regelmäßig beschäftigen, wenn es darum geht wie lange ein Mensch in der Forensik bleiben muß.

 

Kann das beim Wiederaufnahmeverfahren auch eine Rolle spielen, da möglichweise das nicht genau genug untersucht wurde und Herr Molath viel zu lange unverhältnismäßig in der Forensik war ?

 

Ist es noch möglich, das das Gericht überprüfen muß, ob Mollath nie in eine Forensik eingewiesen werde durfte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sehr geehrter Professor,

angesichts Ihres Appelles, dass die begangenen Fehler aufzuklären seien, habe ich eine einfache Frage an Sie als Kenner der Materie:

 

Haben Sie als Wissenschaftler denn angesichts der massiven Verfahrensverstösse auf allen Ebenen, irgendeine anders gelagerte Erklärung zur Hand als Vorsatz?

 

Halten Sie ernsthaft "Schlampigkeit" für eine mögliche Interpretation nach Analyse all dieser Geschehnisse?

 

Wenn aus einer Richtung Aufklärung erwartet wird, dann doch aus der Wissenschaft. Denn wenn Vorsatz vorlag, kann man die Aufarbeitung aus naheliegenden Gründen doch nicht den Tätern überlassen.

 

Was haben wir denn vor uns liegen, Ihrer Meinung nach, wenn nicht Vorsatz?

 

Mit besten Grüssen

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Sehr gute Frage an den Wissenschaftler.
Für jemand der sich eingelesen hat, ist die Sache meiner Meinung nach klar.

Ich bin ebenso an einer Beantwortung interessiert.
 

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Sehr geehrter Herr Mustermann,

Ihre Frage, ob es denn irgendeine andere Erklärung gebe als Vorsatz, lässt sich so pauschal kaum beantworten, da sich "Vorsatz" immer auf einen bestimmten Tatbestand und/oder bestimmte strafrechtliche Erfolge beziehen muss. Zudem kann vorsätzliches Verhalten nur jeweils einzelnen Individuen zugeschrieben bzw. vorgeworfen werden, nicht aber einer ganzen Berufsgruppe oder Institution. Selbst wenn es also innerhalb der Justiz vorsätzliches Verhalten gab, dann bedeutet dies nicht, dass jeder andere Justizangehörige auch "Täter" ist, den man diese Aufklärung schon aus diesem Grund nicht überlassen könnte. Ihre "einfache Frage" ist also komplexer als Sie annehmen. Zudem steht natürlich eine Aufklärung der objektiven  Fehler vor einer Beurteilung des subjektiven Tatbestandes, so dass Ihre Frage die logische und rechtlich gebotene Reihenfolge umkehrt und praktisch dasselbe von mir verlangt, was im Fall Mollath gerade falsch gelaufen ist.

Meine persönliche ganz vorläufige Einschätzung ist, dass hier neben einer größeren Anzahl von "Schlampigkeiten" wohl auch einzelne vorsätzliche Rechtsbeugungen vorgekommen sein können (vgl. dazu meine vielen Beiträge hier im Beck-Blog). Es gilt aber auch bei Justizangehörigen die Unschuldsvermutung bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung.

Allerdings ist natürlich darauf zu achten, dass eine Aufklärung objektiv erfolgt und nicht von dem Bestreben geleitet wird, die Kollegen in anderen Staatsanwaltschaften und an anderen Gerichten zu schützen. Der  Fall Mollath hat eine solche öffentliche Aufmerksamkeit erlangt, dass ich die Hoffnung habe, dass eine rechtsstaatliche und korrekte Verfahrensweise in diesem Fall nunmehr eine Chance hat.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

 

Psychiater behaupten... ?   @Gast #46: Belege? Quellen?
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