Keine Halterhaftung nach privat angezeigtem Parkverstoß?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.11.2013
Rechtsgebiete: HalterhaftungStrafrechtVerkehrsrecht1|6432 Aufrufe

Bin erst heute auf diese schon zurückliegende Entscheidung des AG Gelnhausen gestoßen. Das AG hat Kostentragung des Fahrzeughalters abgelehnt, weil der Parkverstoß durch Privatleute festgestellt worden ist:

I.

Der Betroffene hat gegen den am 27.03.2012 zugestellten Kostenbescheid des Regierungspräsidiums XXX mit am 30.03.2012 bei der Verwaltungsbehörde eingegangenem Schreiben seines rechtlichen Betreuers die gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG beantragt.

Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, am 28.11.2011 um 21:45 Uhr als Führer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXX in XXX, XXX verbotswidrig auf dem Gehweg geparkt zu haben. Aufgrund der Anzeige durch eine Privatperson, welche drei Lichtbilder von einem geparkten Kraftfahrzeug enthielt, veranlasste die Verwaltungsbehörde am 21.12.2011 die Versendung einer Verwarnung verbunden mit der Anhörung des Betroffenen. Dieses Schreiben enthielt auch den erforderlichen Hinweis auf die andernfalls drohende Kostenhaftung des Fahrzeughalters gemäß § 25a StVG.

Nach Aktenlage erfolgte auf das Anhörungsschreiben keine Reaktion des Betroffenen, der unter rechtlicher Betreuung steht.

Der Betreuer trägt im Wesentlichen vor, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt schwer erkrankt und nicht fahrfähig gewesen sei. Der Betroffene sei auch mittellos.

II.

Der zulässige Antrag ist auch begründet.

Die Voraussetzungen des § 25 a StVG nicht vor. Die Verwaltungsbehörde durfte nicht dem Betroffenen als Halter des Fahrzeugs die Kosten für den Verwaltungsaufwand auferlegen. Denn die vorliegende Anzeige bietet keine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides.

 
Es ist umstritten, ob die durch einen Privaten durchgeführte Verkehrsüberwachung eine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides nach § 25a StVG darstellt (verneinend das AG Düsseldorf, NZV 1999, S. 142 f.).

Dagegen spricht, dass zunächst durch die private Verkehrsüberwachung und Anzeigenerstattung - anders als bei Einsatz von Beamten - keinerlei Kosten bei der Behörde anfallen und die Behörde selbst nach Eingang der Anzeige bzw. nach Anhörung des Betroffenen entscheiden kann, ob sie ein Kostenverursachendes Verfahren (weiter-)betreibt. Erforderlich ist im Übrigen bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten die konkrete Feststellung, welche Qualität der jeweilige Parkverstoß erreicht und ob unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips eine Verfolgung des Parkverstoßes nach Ermessensausübung des jeweiligen Beamten bzw. der Ordnungsbehörde erfolgt. Dies ist bei einer privaten Verkehrsüberwachung bzw. Anzeigenerstattung durch einen Anwohner nicht gewährleistet, selbst wenn Lichtbilder vorliegen, welche den Parkverstoß zeigen.

Zu beachten ist weiterhin, dass eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich eines Kostenbescheides in der Regel ohne mündliche Verhandlung ergeht. Das Gericht ist deshalb in besonderem Maße auf die Angaben in der Akte angewiesen, eine Zeugenvernehmung findet nicht statt. Anzeigen von Polizei- oder Ordnungsbehördenbeamten sind regelmäßig nachvollziehbar gefertigt und aufgrund der dienstlichen Tätigkeit des Anzeigenden, kann in der Regel festgestellt werden, ob ein bzw. welcher Ordnungswidrigkeitstatbestand objektiv verwirklicht wurde, was Voraussetzung für den Erlass eines Kostenbescheides ist (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. § 25a Rn. 5). Auch wenn es keinen Grundsatz gibt, wonach die Angaben eines solchen Beamten stets als zutreffend zu berücksichtigen sind, so bieten sie in der Regel eine verlässliche Grundlage. Bei Anzeigen durch Privatpersonen hat die Behörde regelmäßig weder Kenntnisse um die Glaubhaftigkeit der Angaben und die Glaubwürdigkeit der Person zu beurteilen noch über die Motivation für die Anzeige, die nicht aufgrund dienstlicher Tätigkeit gefertigt wurde.

Deshalb ist eine durch eine Privatperson durchgeführte Verkehrsüberwachung, sei es auch ein Einzelfall, keine ausreichende Grundlage für den Erlass eines Kostenbescheides nach § 25a StVG. Sollten sich Verstöße häufen, bleibt es den Behörden unbenommen, die hierfür zuständigen Bediensteten vor Ort einzusetzen.

Die Entscheidung ist gemäß § 25 a Abs. 3 S. 3 StVG unanfechtbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG, § 467 Abs. 1 StPO.

AG Gelnhausen, Beschluss vom 8. Mai 2012 - 44 OWi 14/12

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