Justizministerkonferenz befürwortet Unternehmensstrafrecht

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 20.11.2013

Seit längerem wird über die rechtspolitische Notwendigkeit eines Unternehmensstrafrechts öffentlichkeitswirksam diskutiert. Wenn schon die Banken und Großunternehmen verantwortlich für die Finanz- und Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre sind, dann sollen sie auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, so die landläufige Meinung. Wenn die breite Öffentlichkeit so denkt, dann ruft dies die Politik auf den Plan.

Einig waren sich die Justizminister der Bundesländer auf ihrer Herbstkonferenz in Berlin am 14.11.2013 durch ein neues Unternehmenstrafrecht schärfer gegen Wirtschaftskriminalität vorzugehen. Zur Debatte stand ein Gesetzentwurf aus NRW. Dieser sieht als Sanktionen neben Geldstrafen auch den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen oder von Subventionen und sogar die Auflösung des Unternehmens vor.

Bisher können nur natürliche Personen strafrechtlich belangt werden, aber nicht juristische Personen, als eben nicht Unternehmen. Gegen Unternehmen sind derzeit nur Geldbußen im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit nach § 130 OWiG möglich.

Wirtschaftskriminalität muss effektiver bekämpft werden! Da stellt niemand in Frage. Sehr zweifelhaft ist allerdings, ob ein Unternehmenstrafrecht dafür das richtige Mittel ist. Ursache für Rechtsverstöße innerhalb von Unternehmen ist stets das Versagen natürlicher Personen und um dieses zu bekämpfen, bedarf es keines Unternehmenstrafrechts, das mit grundlegenden strafrechtlichen Prinzipien, wie insbesondere dem Schuldprinzip, nicht in Einklang zu bringen ist. Im Übrigen: Auch in den Ländern, die ein Unternehmenstrafrecht haben, ist bislang nicht nachgewiesen, dass dadurch regelkonforme Handlungsweisen innerhalb eines Unternehmens gefördert werden.

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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5 Kommentare

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Vor allem wird das Unternehmensstrafrecht ohnehin nur Großkonzerne treffen bei Korruption o.ä.  Die meisten Unternehmen, die wirtschaftskriminell auffallen, sind Klitschen, die sowieso in die Insolvenz gegangen sind oder -bei Anlagebetrug-  Briefkastenfirmen oder Unternehmensformen mit einem Stammkapital im Bereich von 1 €. Da ist mit Unternehmensstrafe ohnehin kein Blumentopf zu gewinnen.
ME dürfte es reichen, den Bußgeldrahmen des 130 OWiG nach oben anzupassen. Letztlich treffen Unternehmensstrafen, die das Unternehmen nicht in die Pleite treiben sollen, die Kunden oder evtl.Aktionäre, weil die Strafen ja irgendwo eingepreist werden.

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Wenn ich gerade jetzt im Moment den Beitrag in "plusminus" über "Extra Energie" mitbekomme - das berichtete Gebahren kommt mir nach Betrug vor - dann würde ich ein scharfes Unternehmensstrafrecht für solche Fälle durchaus begrüßen. Wenn der Bericht so (halbwegs) stimmt, dann ist das auch organisatorisch IMO Vorsatz.

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JBY.bernd.heintschel-heinegg schrieb:
Wenn schon die Banken und Großunternehmen verantwortlich für die Finanz- und Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre sind, dann sollen sie auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, so die landläufige Meinung. Wenn die breite Öffentlichkeit so denkt, dann ruft dies die Politik auf den Plan.

Nicht unbedingt, siehe die Meinung der breiten Öffentlichkeit zur Abgeordnetenbestechung.

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Ist hier § 130 OWIG tatsächlich die richtige Norm, oder werden die Unternehmen selbst nicht eher nach § 30 OWIG belangt?

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Das Bundeskartellamt hat gegen den Verband der Keramischen Industrie, gegen zwei Hersteller von Haushaltsgeschirr sowie gegen zwei verantwortliche Personen Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp 900.000,- € erlassen. Hintergrund dieser Entscheidung ist ein im Februar 2011 aufgrund eines Kronzeugenantrags eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen sechs Porzellanhersteller in Deutschland und den zuständigen Verband. Die Ermittlungen ergaben, dass die Unternehmen gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen gemäß § 1 GWB verstoßen haben.

 

Würde hier ein Unternehmenstrafrecht auch noch sinnvoll sein ?

 

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