"Jetzt aber in echt" - Fahrverbot als Hauptstrafe

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 21.11.2013
Rechtsgebiete: FahrverbotStrafrechtVerkehrsrecht10|6161 Aufrufe

Na, ich hatte gedacht, dieser "Reformklassiker" wäre schon längst tot (er war in den letzten Jahren schon ein paar Mal Thema im Blog). Jetzt will aber die ins Hause stehende große Koalition das Thema "Fahrverbot als Hauptstrafe" nochmals anpacken. Hier etwa ein Beitrag bei Zeit-Online. Ich bin da ja eher skeptisch. Wer sind denn eigentlich die Personen, die durch ein Fahrverbot erreicht werden können, nicht aber durch eine Geldstrafe? Vielleicht der schwer gehbehinderte Rentner, der auf Sozialhilfeniveau lebt und mit dem Auto seiner Nachbarin oder seiner Kinder mal in den einige km entfernten Supermarkt fährt? Oder der junge Straftäter, der in dem Artikel der Zeit beschrieben wird und der dann durch das Fahrverbot Probleme mit seinem Ausbildungsplatz oder der Fahrt zur Uni bekommt? Vielleicht ist es aber auch der Superreiche, den es ohnehin viel billiger kommt, für einen Monat einen Fahrer zu mieten, als Tagessätze zu zahlen? Ich bin einmal gespannt....  

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

10 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Für mich ist das nichts weiter als ein weiterer Akt aus dem Drama "Mit Stammtischthemen davon ablenken, dass wir auf wirklich drängende Fragen auch keien Antwort wissen". Die Stellungnahme des Richterbundes hierzu ist eindeutig: Verfassungsrechtlich nicht machbar. Und so steht schon das erste Projekt für Karlsruhe in den Startlöchern.

4

Das Fahrverbit nach § 44 StGB ist eine sog. Nebenstrafe im Zusammenhang mit begangenen Straftaten im Straßenverkehr.

Diese Regelung ist nachvollziehbar und verfassungsrechtlich unbedenklich, im Straßenverkehr auffällig gewordene Kraftfahren sollen für einige Zeit "aus dem Verkehr genommen werden".

Dieser Zusammenhang ist mit einer anderen Straftat, z.B. Diebstahl usw aber nicht erkennbar.

Wie soll begründet werden, dass die Straftat des Diebstahls mit einem Fahrvverbot versehen werden soll, ein Zusammenhang mit der Sicherheit des  Straßenverkehrs ist nicht ersichtlich.

Dieses Vohaben ist verfassungsrechtlich unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit von Eingriffen in die persönliche Handlungsfreiheit  (Führen von Kraftfahrzeugen) nicht vertretbar.

 

Klaus Weber

Regierungsdirektor a.D.

www.hansklausweber.de

5

Ja ich weiss dass es Verwaltungsrecht ist, aber für den ex-Führerscheinbesitzer ist es das Gleiche: das Ding ist weg. Passiert auch bei Schlägerei:

http://www.fr-online.de/wiesbaden/aktion--gelbe-karte--fuehrerschein-ent...

http://www.gutefrage.net/frage/mein-fuehrerschein-wird-abgenommen--ist-d...

 

Ich bin nicht einmal dagegen, man soll nicht so tun als sei das neu. Es ist das Gleiche, aber anders verpackt.

0

Es ist schon ein Unterschied zwischen Strafrecht und Verwaltungsrecht.

Im Verwaltungsrecht geht es im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis darum, nach vorangegangenem Fehlverhalten des Fahrzeugführers im Straßenverkehr aus Gründen der Gefahrenabwehr, also präventiv, den Fahrzeugführer vom Strassenverkehr fernzuhalten.

Oder sollen Alkoholiker, Drogenabhängige bzw. Medikamentenkonsumenten, die im Straßenverkehr damit auffällig wurden, weiterhin ein Fahrzeug führen können...

"Das Ding" ist nicht weg, der Betroffene kann gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Rechtsmitteln vorgehen und die behördliche Entscheidung vom unabhängigen Gericht überprüfen lassen.

Dass der Betroffene bei Gericht oft keinen Erfolg hat, liegt an ihm, seinem vorangegangenen Fehlverhalten.

Immer geht es dabei nach den Vorschriften des StVG und der FeV i.d.R. um vorangegangene  Verkehrszuwiderhandlungen oder Sraftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr.

www.hansklausweber.de

 

5

"der Betroffene kann gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Rechtsmitteln vorgehen" ist angesichts der Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren -selbst Eilverfahren- wohl eher ein Scherz.

5

Die "Dauer" insbes. von Eilverfahren beim VG betr. Entziehung der Fahrerlubnis ist kurz...

 

Im Zusammenhang mit meinem demnächst veröffentlichen Aufsatz in der "Zeitschrift für Verkehrssicherheit" ZVS, mit dem Titel 

"Zum Rechtsschutz gegen die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens"

habe ich auch Recherchen zur Dauer von Eilverfahren bei Gericht angestellt, insbes. auch aktuelle VG-Beschlüsse:

 

- VG Gelsenkirchen, Beschluß vom 28.1.2013: Entziehung der Fahrerlaubnis am 22.11.2012

- VG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.2013, 14 K 7328/12: Entziehung der Fahrerlaubnis am 20.9.2012, Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 28.11.2012 (14 L 1888/12)

- VG Cottbus, Beschluss vom 24.7.2013, VG 1 L 150/13: Entziehung der Fahrerlaubnis vom 24.6.2013 (Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens)

- VGH Mannheim, Beschluß vom 19.8.2013, 10 S 1266/13: Entziehung der Fahrerlaubnis am 11.4.2013, VG-Beschluss vom 31.5.2013.

 

Diese "Schnelligkeit" gerichtlicher Entscheidungen muß nicht weiter kommentier werden.

 

www.hansklausweber.de

0

Im Endeffekt ist die Argumentation von Tilman richtig. Ein Fahrverbot als Strafe führt das verkehrs- und strafrechtliche System ad absurdum.

Ganz praktisch: Ich könnte als Anwalt in einer fahrerlaubnisrechtlichen Sache keinem Mandanten mehr begreiflich machen, dass der ihn treffende Entzug der Fahererlaubnis nach FeV (Fahrerlaubnisverordnung = Verwaltungsrecht) aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkerhrs erfolgt und keine - zusätzliche - Strafe bedeutet.

Hintergrund: Schon jetzt meinen viele Betroffene, durch Zahlung der Buße und das Fahrverbot nach einer Alkohl- bzw. Drogenfahrt gemäß § 24a StVG sei alles abgegolten. Sie verstehen nicht, dass die Führerscheinstelle die "abgeurteilte" Tat danach noch zum Anlass nimmt, MPU zu fordern oder gleich den Führerschein zu entziehen.

5

Kommentar hinzufügen