Das langsame Sterben der Ausgleichsquittung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 23.11.2013

Die Ausstellung sog. Ausgleichsquittungen, mit denen der Arbeitnehmer im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, daß ihm keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis gegen seinen Arbeitgeber zustehen, ist in der Praxis immer noch weit verbreitet. Solche Ausgleichsquittungen werden in aller Regel vom Arbeitgeber vorformuliert und dem Arbeitnehmer zur Unterschrift vorgelegt. So auch in einem kürzlich vom LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 24.9.2013, BeckRS 2013, 73500) entschiedenen Fall. Der Arbeitgeber – ein Personaldienstleister – ließ sich von seinem Arbeitnehmer anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Folgendes bestätigen:

„Der Arbeitnehmer & Arbeitgeber bestätigen mit ihrer Unterschrift, dass alle gegenseitigen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, aus dem Arbeitsverhältnis, außer die oben genannten Ansprüche, und in Verbindung mit dessen Beendigung erfüllt sind. Der Arbeitnehmer hat auch den ihm zustehenden Urlaub und das gemäß Lohnabrechnung ausstehende Gehalt in natura erhalten bzw. abgegolten bekommen.“ Unter der Überschrift: „Weitere Ansprüche bestehen nicht mit folgenden Ausnahmen“ fanden sich keine Eintragungen.

Derartige Ausgleichsquittungen werden als AGB-rechtswidrige Gestaltung eingestuft. So urteilt vorliegend auch das LAG Schleswig-Holstein: Formularmäßige Verzichtsvereinbarungen ohne kompensatorische Gegenleistung stellten in der Regel eine unangemessene Benachteiligung dar. In der Erstreckung des Verzichts auf etwaige Ansprüche der Arbeitgeberin gegen den Arbeitnehmer (Beidseitigkeit) sieht das LAG keine ausreichende Kompensation für dessen Verzicht auf eigene Ansprüche. Zwar sei es im Einzelfall denkbar, dass auch der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche gegen den Arbeitnehmer hat, etwa auf Schadensersatz oder wegen überzahlten Lohnes. Typischerweise sei dies aber gerade nicht der Fall. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung sei aber auf den typisierten Regelfall und nicht auf die Situation im Einzelfall abzustellen. Ein (theoretischer) Verzicht des Arbeitgebers auf seine Ansprüche führe nicht zu einer angemessenen Kompensation für den Verzicht des Arbeitnehmers auf dessen Ansprüche. Das LAG Schleswig-Holstein schließt sich damit der Rechtsansicht des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.11.2011, BeckRS 2012, 67524) an. Entgegengesetzt hatte zuletzt hingegen das LAG Hamm (6.2.2013, BeckRS 2013, 73255) entschieden. 

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