LAG Düsseldorf: Keine Pflichtverletzung eines Betriebsratsmitglieds durch Abhaltung gewerkschaftlicher Seminare

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.01.2014

Die Kündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied ist nach § 15 KSchG, § 103 BetrVG grundsätzlich nur als außerordentliche möglich. Voraussetzung ist insoweit, dass der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt bzw. diese durch eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts ersetzt wird. Alternativ dazu (aber vorsorglich auch kumulativ) kann der Arbeitgeber bei Verstößen gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten gem. § 23 Abs. 1 BetrVG den Ausschluss aus dem Betriebsrat beantragen. Über eine solche Konstellation hatte jüngst das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 30.1.2014 – 15 TaBV 100/13) zu entscheiden. Die Arbeitgeberin, die ein Krankenhaus betreibt, begehrte in diesem Fall die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds und dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat. Das Mitglied blieb an mehreren Tagen dem Krankenhaus fern und hielt als Referent für eine Gewerkschaft Seminare ab. Anders als bisher gewährte die Arbeitgeberin hierfür keinen Sonderurlaub. Sie mahnte das Verhalten des Betriebsratsmitglieds mehrfach ab. In der Zeit vom 18. bis 22.03.2013 hielt das Mitglied erneut ein Seminar ab. Daraufhin beantragte die Arbeitgeberin bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung, welche dieser verweigerte. Man könnte denken, der Fall sei klar: eine gravierende Verletzung der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmer nach wiederholter Abmahnung sollte die Kündigung wohl rechtfertigen. Es zeigt sich allerdings auch hier, dass es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt. Insoweit war zu berücksichtigen, dass das Betriebsratsmitglied seine Arbeitszeit auf 31 Wochenstunden reduziert hatte. Es war aber gemäß einer Arbeitszeitregelung aus dem Jahre 2001, die nach dem Arbeitgebervortrag auch für die jetzige Arbeitszeitreduzierung gelten sollte, verpflichtet, täglich innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit für Betriebsratstätigkeit anwesend zu sein. Dies entsprach einer 38,5-Stunden-Woche. Die wöchentlich jeweils um 7,5 Stunden über eine 31-Stunden-Woche hinausgehende Arbeitszeit sollte das Betriebsratsmitglied nach der Arbeitszeitregelung jeweils innerhalb von vier Wochen ausgleichen. Auf dieser Grundlage durfte das Betriebsratsmitglied auch tageweise der Seminartätigkeit nachgehen, ohne einen Arbeitszeitverstoß zu begehen. Wenn der Ausgleichszeitraum im Einzelfall geringfügig überschritten wurde, so rechtfertigte dies keine fristlose Kündigung, weil die Regelung zum Ausgleich innerhalb von vier Wochen eine "Soll“-Vorschrift ist. Gründe für einen Ausschluss aus dem Betriebsrat konnte das LAG ebenfalls nicht erkennen.

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