VKH vor Ablauf des Trennungsjahres - Strenge Sitten in Celle

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 21.02.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht|2541 Aufrufe

Er beantragt im Mai 2013 VKH für einen Scheidungsantrag. Zur Begründung trägt er vor, er sei zum 01. April 2013 aus der Ehewohnung ausgezogen. Zuvor habe man innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt gelebt. Härtegründe werden nicht vorgetragen.

Sie bestätigt den Auszug zum 01.04.13, ein Getrenntleben innerhalb der ehelichen 2-Zimmer-Woihnung sei allerdings schon wegen der Enge der Wohnung rein technisch nicht möglich gewesen.

Er trägt nicht weiter vor, sondern besteht auf einer baldigen Entscheidung über seinen VKH-Antrag. Das AG lehnt diesen ab.

Nach Nichtabhilfe ist das OLG im Januar 2014 zur Entscheidung berufen – und weist die Beschwerde ab.


Entgegen der vom Antragsteller - allerdings bereits ohne jegliche Substanz - vertretenen Auffassung vermag der Senat auch weder eine vermeintliche „Gerichtspraxis“ festzustellen, nach der bereits nach einer neunmonatigen Trennung ein Scheidungsantrag eingereicht werden dürfte, noch wäre eine tatsächliche derartige „Praxis“ überhaupt geeignet, die ausdrückliche gesetzliche Regelung außer Kraft zu setzen.

Der Gesetzgeber hat das Erfordernis einer einjährigen Trennung selbst für eine einvernehmliche Scheidung bewusst eingeführt, um damit übereilten Scheidungen vorzubeugen (BT-Drs. 7/650 S. 112 und 7/4362 S. 11). Der Gesetzgeber geht damit ersichtlich davon aus, dass einem nicht bereits über die Dauer eines Jahres bestehenden Scheidungswillen rechtlich keine erhebliche Bedeutung zukommt. Deswegen darf eine - für die Bewilligung von VKH erforderliche - hinreichende Erfolgsaussicht (selbst für eine - im Streitfall nicht einmal gegebene - einvernehmliche Scheidung) erst dann angenommen werden, wenn die vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnete Jahresfrist bereits tatsächlich abgelaufen ist.

Nachdem der Antragsteller im Streitfall ausdrücklich auf einer unmittelbaren Entscheidung über sein VKH-Gesuch bestand, blieb für das Amtsgericht auch keine Möglichkeit, wie in der Literatur (vgl. Zimmermann, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, Rz. 188) angeregt wird und grundsätzlich sachgerecht sein dürfte, die Entscheidung über das VKH-Gesuch bis zu einem Zeitpunkt nach Ablauf des Trennungsjahres zurückzustellen.

OLG Celle v. 17.01.2014 - 10 WF 4/14

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