update Uli Hoeneß: Jetzt auch noch Zweifel an seinen Angaben vor Gericht

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 25.03.2014

Immer wieder neue Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Blitzprozess gegen Uli Hoeneß!

Nachdem der stern über den angeblichen Informanten berichtete, dem das bayerische Justizministerium nicht nur im August 2013, sondern auch im Februar 2014 keinen Informantenschutz zusagen wollte (stern-Interview), werden nach Angaben des Schweizer Wirtschaftsmagazins "Bilanz" nun Zweifel am Wahrheitsgehalt von Hoeneß` Aussagen im Prozess laut (hier: faz):

(1) Anders als im Prozess angegeben soll Hoeneß für seine unversteuerten Devisengeschäfte in der Schweiz stets einen konkreten Auftrag erteilt haben.

(2) Entgegen seiner Beteuerung hätte Hoeneß schon sehr viel früher über die 70.000 Dokumente verfügen können, die er den Steuerbehörden erst zwei Wochen vor Prozessbeginn übergab. Für das Geldinstitut sei das keine große Sache gewesen; dessen IT-System erlaube solche Dokumentenrecherchen innerhalb weniger Tage.

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(3) Mit der Münchner Reuschel-Bank könnte es ein lukratives Doppelspiel gegeben haben. Bei solchen „Backuped-Deals“ setzte der Kunde im Ausland auf einen Kursgewinn, im Inland dagegen spiegelbildlich bei der selben Währung auf einen Verlust.

Hoffentlich stellt sich im Nachhinein der viel gelobte Prozess nicht als eine Farce heraus.

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13 Kommentare

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Der Staat stattet die Justiz personell zu schwach aus.

Vielleicht wollen die Exikutive und die Legislative schlicht und einfach aus machtpolitischen Überlegungen keine zu personalstarke Judikative.

Leider müssen die Richter in kurzer Zeit so viele Fälle abarbeiten, daß sie sich weniger der Aufklärung und vollständigen Wahrheitsfindung widmen können (und im einen oder anderen Fall vielleicht auch nicht wollen), als der bloßen möglichst schnellen Erledigung der Fälle. 

Das soll nun keinen Richter von seiner individuellen Verantwortung frei sprechen.

Aber die Hauptverantwortung liegt doch wohl beim Staat, der zu wenig Richterstellen schafft, als das die Richter jeden Fall (insbesondere komplizierte Fälle) mit der eigentlich wünschenswerten Sorgfalt bearbeiten könnten.

Allerdings war dies bislang wohl noch nie ein Wahlkampfthema, und dementsprechend wird sich wahrscheinlich auch nicht viel daran ändern - es sei denn die Medien würden sich dem Thema überlastete Justiz mehr widmen, und die Bürger würden sich mehr beklagen und beschweren.

Eventuell betrachten aber auch die Medien als 4. Gewalt die Justiz als 3. Gewalt eher eifersüchtig, wie eine Art Konkurrenz um Geltung und Macht.

Es dürfte also möglicherweise wohl schwierig sein, Verbündete  für das Anliegen einer besseren personellen Ausstattung der Justiz zu finden.

Dennoch sollten wir die Hoffnung nie aufgeben, und zu den Mißständen nicht schweigen.

Vielleicht lässt sich bei beharrlicher Kritik irgendwann ja doch etwas bewegen ...

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@ Xaver

Die personelle Ausstattung der Justiz ist ein Dauerthema, das wir nicht unter der gewählten Überschrift sondern in einer eigenen Runde diskutieren sollten. Sobald ich einen aktuellen Aufhänger finde, greife ich das Thema auf.

Beste Grüsse

Bernd von Heintschel-Heinegg

Sollte Hoeneß vor Gericht wahrheitswidrig Angaben gemacht haben, schützt ihn bei prozessualer Tatidentität der eingetretene Strafklageverbrauch vor weiterer strafrechtlicher Verfolgung.

 

Steuerrechtlich gibt es diesen „Strafklageverbrauch“ nicht. Vielmehr muss die Finanzverwaltung nun die genaue Höhe der Steuerschuld ermitteln. Der Steuerpflichtige hat dabei mitzuwirken, seine Angaben müssen vollständig und richtig sein.

 

Der Ausweg für den Steuerpflichtigen: Weitere steuerliche Ermittlungen kann er mit einer "tatsächlichen Verständigung“ abwenden, wenn – so die Rechtsprechung des BFH – der Aufklärungsaufwand unverhältnismäßig hoch wäre und damit langjährige Streitigkeiten vermieden werden. Ob es dazu kommt werden wir nicht erfahren: Steuergeheimnis!

Ähm:
Die Zweifel gibt es nicht "jetzt auch noch", sondern 

- Punkt 1 hat ihm der Vorsitzende offenbar nicht so ganz abgenommen und ist für die Strafbarkeit erst einmal völlig wurst.

 

- Punkt 2 hätte zur Verfügung haben können oder hatte er zur Verfügung? Auch das war Thema, nämlich als Hoeneß erklärte, er habe sich nach Anklageerhebung nicht mehr so sehr bemüht, die Unterlagen zu bekommen ("hätte") und als die Steuerfahnder berichteten, dass einzelne Dateien, die Hoeneß lieferte offenbar schon zeitnah zur Selbstanzeige erstellt worden waren (hatte?) . Auch das ist für die Strafbarkeit und das Strafmaß völlig belanglos.

 

- Punkt 3:Hätte, hätte, Fahradkette: Mehr als dass es so sein könnte schreiben die schweizerischen Fachleute auch nicht. Dass Hoeneß Verlustvorträge zu Unrecht erhielt, steht ja in der Anklage (siehe Blog von Ralf Möbius). Also muss er dazu ja in seiner Steuererklärung Angaben gemacht haben. Vielleicht stammten die Verluste aus den Geschäften bei der Reuschel Bank. (ja, das war ein vielleicht. Aber Sie schreiben auf der Basis von Gerüchten und Vermutungen auch schon ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt von einer möglichen Farce) Ob und wie es sich sonst steuerlich auswirken würde, wenn es Backuped Deals denn gegeben haben sollte, kann ich jetzt nicht so ganz sehen. Allenfalls gab es die Möglichkeit der Verlustverrechnung bei gleicher Einkunftsart, das wäre aber prinzipiell eher steuermindernd gewesen  als steuererhöhend. Ich sehe auch hier nicht, was man wie hätte aufklären können/müssen/sollen.  Wenn er in der Schweiz auf Gewinn gesetzt und Gewinn gemacht hat, dürfte sich das ja auf dem dortigen Konto widerspiegeln, da die deutschen und schweizerischen Banken selber ja nicht wechselseitig gegenrechnen, sondern nur der Anleger hinterher verrechnen kann (wäre ja auch blöd für ihn, wenn es bei einer deutschen Bank Unterlagen zu den schweizerischen Geschäften geben würde, die dann auchmit den Mitteln des Besteuerungsverfahrens oder der StPO gefunden werden können,, anders als Unterlagen in der Schweiz)

 

Also: außer Vermutungen und Gerüchten nichts, was erkennbar relevant wäre für Strafbarkeit und Strafmaß. 

Und ein viertägiger Prozeß mit überschaubarem Sachverhalt bei einem geständigen Angeklagten mit ausreichenden Kontounterlagen und bei Steuerhinterziehung,für die man in der Schweiz im Rechtshilfeweg schlichtweg nichts geliefert bekommen kann  ist kaum ein "Blitz"prozeß. 

 

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@ klabauter

Meine Zielrichtung war eine andere: Zunächst war ich der Überzeugung, dass Hoeneß vor Gericht ehrlichen Herzens "reinen Tisch" machen wollte. Da bin ich mir jetzt eben nicht mehr so sicher.

Was die Prozessdauer betrifft, können Sie anderer Auffassung sein. Jedenfalls steh ich mit meiner Meinung nicht allein da, z.B. heute Herr Kollege Jürgen Wessing in der FAZ.

 

Beste Grüsse

Bernd von Heintschel-Heinegg

Eigentlich ist das ja nichts Ungewöhnliches. Je umfangreicher und schwerwiegender die Vorwürfe desto kürzer die relative Prozeßdauer. Für eine einfache Körperverletzung, einen Betrug oder eine "kleine" Insolvenzverschleppung braucht ein Strafrichter gerne schon mal 2-3 Verhandlungstage, bis alle Zeugen gehört oder alle Unterlagen gesichtet sind. Kleine Vergehen werden oftmals akribisch aufgeklärt.

 

Bestehen die Akten hingegen aus 20 Leitzordnern und listet die Anklage 140 Fälle des Betruges i.V.m. Insolvenzverschleppung etc., hat nun wirklich kein Beteiligter Lust, jeden einzelnen Betrugsfall, für den man sich normalerweise ohne weiteres 2-3 Stunden Beweisaufnahme gönnen würde, aufzuklären. Die Empörung über den "einfachen" Betrüger, der eine Oma um 5.000,- Euro geprellt hat, ist zumeist größer als bei einem Geschäftsmann, der Partner und Banken um 500.000,- Euro erleichtert hat. Wenn man als Verteidiger bei einem Mammutverfahren zu erkennen gibt, daß man jeden einzelnen der 200 Anklagepunkte genaus verhandelt wissen möchte als wäre es der einzige Anklagepunkt, schmilzt das Verfolgungsinteresse ganz schnell dahin und es wird der große Wischlappen ausgepackt, mit dem man kurzerhand eine für alle Beteiligten schnelle und schmerzlose Lösung herbeiführen kann. Schwamm drüber! 21 Monate auf Bewährung, alle sind glücklich.

 

Ist das gerecht? Keineswegs. Es ist, so stelle ich mir vor, gerade für die Staatsanwaltschaft und das Gericht sehr unbefriedigend. Aber solange weder Bürger noch Politiker wollen, daß mehr Geld für die Justiz ausgegeben wird (obgleich deren Etat im Vergleich zu anderen Haushaltsposten verschwindend gering ist), müssen alle damit leben, daß große Verfahrenskomplexe "weggedealt" statt aufgeklärt werden.

 

Schade, daß im Fall Hoeneß niemand Revision eingelegt hat. Der BGH hätte der Kammer das Urteil bestimmt um die Ohren gehauen. Feststellungen, Beweiswürdigung und Amtsaufklärung mangelhaft.  Man beginnt zu ahnen, weshalb Herr Hoeneß keine Fortsetzung des Prozesses wollte. Weshalb die Staatsanwaltschaft mit dem Prozeßverlauf und dem Ergebnis gleichermaßen glücklich war, ist allerdings schwer verständlich.

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In der Zeit ist in dem Artikel "Die Helfer des Uli Hoeneß" einigermaßen gut erklärt, wie es zu hohen Kontoständen auf dem Konto eines Spekulanten kommt und was der Unterschied zwischen der Marge ist, die der Anleger als Sicherheit hinterlegt und somit real zur Verfügung haben muss und dem gehebelten Volumen, das erst einmal nur eine Fiktion ist. 

Das ist natürlich nicht ganz so aufregend wie ein mysteriöser Stern-Informant, der von hunderten Millionen  Kontostand raunt, die Anlass zur Vermutung geben sollen, dass es weitere Geldgeber, Geldwäsche, Schwarzgeldzahlungen, Bestechung, geheime Kassen des FCB  gegeben haben muss, deren Durchleuchtung man im Prozess bewusst (?)unterlassen habe...

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Hoeneß konnte mit bis zu zwei Milliarden Euro zocken (Welt)

Lag der höchste Jahresendstand (2005) auf Hoeneß' Marginkonten bei 164 Millionen Euro, so konnte er zu diesem Zeitpunkt mit knapp zwei Milliarden Euro spekulieren. Denn nach Informationen der "Welt am Sonntag" aus gut informierten Kreisen gewährte Vontobel dem Bayern-Manager im Durchschnitt einen Hebelfaktor von zwölf. "Und ein Kunde, der so aktiv ist, hat diesen Rahmen wohl auch ausgenutzt", sagt ein Branchenkenner.

Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate hat auf seiner Homepage unter „Publikationen“ seinen kürzlich gehaltenen Vortrag vor dem Hamburger Übersee-Club eingestellt, der neben grundsätzlichen Verhältnissen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auch derzeit im Beck-Blog aufgeworfene Themen behandelt.

Hier ist u.a. das Zusammenspiel zwischen Gericht und Sachverständigen zu nennen. Atemberaubende (auch Fehl-)Leistungen von manchen Beteiligten lassen erstaunen und erschrecken.

Das Hoeneß-Verfahren analysiert und würdigt Dr. Strate aus erfahrener Verteidiger-Sicht im Hinblick darauf, was da der Öffentlichkeit eigentlich geboten – besser: zugemutet - wurde. 

http://strate.net/de/publikationen/strafverteidigung_in_unserer_zeit.pdf

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Leider  bringt Herr Strate doch so ein paar Sachen durcheinander.

Seite 2: Dort schreibt er über den Richterbund und flicht dabei einen Satz über die Deutsche Richterakademie ein.  Die Richterakademie hat mit dem DRB schlichtweg nichts zu tun, sie ist eine Einrichtung von Bund und Ländern, der Richterbund ist ein privater Verein. 

 

Bemerkenswert finde ich auch die  Verniedlichung seines Mandanten, der  lediglich das "Pech" gehabt habe, viermal (innerhalb von 17 Jahren) Witwer zu werden. Auch wenn das Gutachten zur  (es war nur ein Baustein in der Indizienkette) falsch gewesen sein sollte - ob es das tatsächlich im Ergebnis  war oder ob  nur die Behauptung, es handele sich um eine anerkannte , finde ich es einigermaßen erstaunlich, einen schon nach der von Strate zitierten BGH-Entscheidung rechtskräftig wegen Vergewaltigung  eines Kindes Verurteilten lediglich als armen U-Häftlderart niedlich darzustellen. Näheres dazu, worum es so in dem Verfahren ging, steht im Spiegel-Archiv unter Mister Volt. 

 

Analyse kann man den kleinen Abriss zum Hoeness-Verfahren wohl nicht nennen.

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Sensation: Landgericht München II erlässt Uli Hoeneß die Haftstrafe - mit 0:4 gegen Real Madrid gestraft genug (dpo/ssi/ulk)

"Herrn Hoeneß nach diesem Drecksspiel auch noch einer Freiheitsstrafe auszusetzen, wäre unnötig grausam und inhuman", so heißt es in der Begründung des Gerichts. "Er ist ohnehin bereits ein gebrochener Mann und wird wohl nie wieder derselbe sein." Sollte der FC Bayern München nun auch noch im Finale des DFB-Pokals scheitern, könnte Hoeneß sogar mit einer Rückerstattung seiner Strafzahlungen in Millionenhöhe rechnen, so vermuten Rechtsexperten.

;-) 

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