Fall Peggy – Neue Hauptverhandlung gegen Ulvi K.

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 10.04.2014

Nach dem Fall Mollath, der im vergangenen Jahr die Öffentlichkeit beschäftigt hat, findet nun mit dem Fall Peggy erneut ein Strafverfahren bundesweit Beachtung, das geeignet ist, das  Vertrauen in die bayerischen  Ermittlungsbehörden und die Justiz auf eine harte Probe zu stellen.

Seit heute findet die neue Hauptverhandlung vor dem LG Bayreuth statt.

Soll in einem Mordfall ohne Leiche verurteilt werden, dann stellt dies an die Strafverfolgungsbehörden, an Sachverständige und das Gericht besonders hohe Anforderungen: Die Beweislage muss eindeutig sein, objektiv begründete Zweifel schon daran, dass überhaupt das angeklagte Tötungsdelikt stattgefunden hat, dürfen nicht verbleiben. Im Fall Peggy, dem vor 13 Jahren verschwundenen Mädchen, und dem Strafverfahren gegen Ulvi K., waren die Beteiligten den an sie gestellten Anforderungen nicht gewachsen. Ganz gleich, ob der Fall Peggy jemals aufgeklärt werden kann: Polizei, Staatsanwaltschaft, Gutachter, Gerichten ist multiples Versagen vorzuwerfen.

Das Geständnis von Ulvi K., praktisch das einzige Indiz für die Tat, ist unter derart fragwürdigen Umständen zustande gekommen, dass erhebliche Zweifel verbleiben [im urspr. Text anders formuliert]. Während der Vernehmung haben die Ermittler offenbar den Beschuldigten darüber getäuscht , man habe Blutspuren von Peggy an seiner Kleidung gefunden. Eine Lüge ist nach § 136a StPO eine verbotene Vernehmungsmethode, was zur Unverwertbarkeit des Geständnisses geführt hätte - nach gerichtlicher Wertung sei aber nur fahrlässig getäuscht worden. Das angebliche Geständnis enthielt kein Täterwissen, Ulvi K. konnte die Ermittler nicht zur Leiche führen oder zu sonstigen Spuren oder Indizien, die seine Tat plausibel gemacht hätten.

Wichtige Teile der sich tage- ja wochenlang hinziehenden  Beschuldigtenvernehmung wurden ohne den bestellten Verteidiger durchgeführt, der durch eine Intelligenzminderung behinderte Beschuldigte wurde mit Freundschaftsangeboten (ein Polizist war als vertrauter "Henningvadder" aufgebaut worden), mit Schokolade und damit gelockt, er brauche nicht ins Gefängnis, wenn er gestehe. Man hatte einen Spitzel in der Anstalt, der dann auch über ein angeblich "ausgehorchtes" Geständnis Ulvis sprach - dass dieser Spitzel später seine eigene Aussage widerrief, war einer der Wiederaufnahmegründe. Und am entscheidenden Tag, an dem Ulvi K. gegenüber den Ermittlern sein Geständnis abgab, soll „zufällig“ die Tonaufnahme technisch versagt haben, so dass das angebliche Geständnis nur als Gedächtnisprotokoll der Beamten existiert und, wie sich nun herausstellte, im Wesentlichen mit einer zuvor erstellten Tathergangshypothese übereinstimmt. Man versuchte dann noch seitens der Polizei Entlastungszeugen zum Rückzug ihrer Aussagen zu bewegen, damit der Tatverdacht gegen K. nicht gestört würde. Es fällt wirklich schwer, hier nicht an absichtliche Manipulationen zu Lasten des Beschuldigten zu denken.

Die juristische Kontrolle dieser polizeilichen Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft hat versagt: Entgegen ihrer Verpflichtung, objektiv zu ermitteln und die Beweislage objektiv zu beurteilen, hat die Staatsanwaltschaft die mageren Ermittlungsergebnisse der Polizei offenbar ohne kritische Prüfung zur Anklage gebracht.

Die Strafkammer des LG Hof hat sich mit einer fragwürdigen Beweislage zufrieden gegeben ("ohne jeden Zweifel"). Es hat, um die Glaubhaftigkeit des Geständnisses zu belegen, einen Psychiater beauftragt, der über keine Expertise zur aussagepsychologischen Glaubhaftigkeitsuntersuchung verfügte. Sein Gutachten leidet unter Kardinalfehlern (vgl. dazu die Analyse von Eisenberg in JA 2013, S. 860 ff.; sowie von Sponsel auf seiner Website), wurde aber trotzdem zur entscheidenden Stütze des einzigen Beweismittels.

Schließlich hat auch der erste Senat des BGH seine Kontrollfunktion nicht wahrgenommen und das schwach begründete Mordurteil in der Revision „gehalten“.

Ulvi K. war bei alledem ein leichtes Opfer der ihm übermächtigen Polizeiermittler, die sich offenbar nicht Recht und Gesetz, sondern fragwürdige Kriminalfilme zum Vorbild genommen haben, um ein Ergebnis um jeden Preis zu erzielen.

Erschütternd ist es anzusehen, dass fast alle Fehler, die nach wissenschaftlicher Analyse in der Vergangenheit (in anderen Fällen) zu Falschgeständnissen und Fehlverurteilungen geführt haben, in diesem Fall gemacht wurden.

Zu verdanken ist die bislang erfolgreiche Wiederaufnahme RA Euler und einer rührigen Bürgerinititaive, die es vermochte, auch Journalisten von der Fragwürdigkeit der Verurteilung zu überzeugen.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Immerhin hat die Staatsanwaltschaft schon im vergangenen Jahr signalisiert, dass sie sich einem Wiederaufnahmeverfahren nicht entgegenstellen werde und hat die Ermittlungen zur Suche nach Peggy schon 2012 wieder aufgenommen. Offenbar will man nun die Wahrheit finden. Und nicht mehr nur auf dem einfachsten Weg einen Schwachen mit der schwersten Beschuldigung verurteilen.

Die Frage, die sich (insbesondere, aber nicht nur) die bayerische Justiz stellen sollte, ist, wie solche Verfahrensweisen künftig vermieden werden können. Eine Forderung liegt seit langem auf dem Tisch: Beschuldigtenvernehmungen und Explorationen - jedenfalls bei schweren Vorwürfen - nur mit kompletter Video- und Tonaufzeichnung als Beweismittel zuzulassen. Eine andere Forderung ist diejenige, auch in solchen Fällen professionell Beteiligte ggf. haften zu lassen, zumindest, wenn eklatante Fehler vorliegen. Bislang ist es wohl eher so, dass Polizeibeamte gelobt werden, wenn der Fall "gelöst" wurde, sogar dann, wenn ein Unschuldiger verurteilt wurde. 

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221 Kommentare

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http://blog.beck.de/2014/04/10/fall-peggy-neue-hauptverhandlung-gegen-ulvi-k#comment-57495

 

Ulvi K., sagt Kröber, berichte sehr anschaulich von einem Stein, über den Peggy gestolpert sei, und von ihrem Schulranzen, der beim Sturz über den Kopf des Mädchens nach vorn geflogen sei. Die Vorstellung, dass man einem nicht alkoholisierten Menschen einen Mord einrede, obwohl er zu diesem Zeitpunkt beim Holzhacken war, könne er sich nur als „Kino-Stoff“ vorstellen, sagte KröberBereits im Prozess 2004 hatte Kröber die damals schon widerrufenen Geständnisse von Ulvi K. „glaubwürdig“ genannt.

 

In einem BILD vorliegenden neuen Gutachten für das Wiederaufnahmeverfahren wiederholt der Charité-Professor diese Einschätzung.Gerichtsgutachter Prof. Hans-Ludwig Kröber (63, bekannt aus dem Kachelmann-Prozess) hält den geistig zurückgebliebenen Gastwirtssohn weiter für den Mörder von Peggy Knobloch († 9)!

 

 

 

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Pflichtverteidiger, die ihre Pflicht nicht erfüllen

Sowohl im Fall Mollath wie auch im Fall Ulvi Kulac hört man Schreckliches über Anwälte, die ihre Pflicht nicht erfüllen. Hier stellen sich mir einige Fragen:

1) sind PflichtverteidigerInnen ihren berufenden Gerichten gegenüber besonders willfährig?

2) gesetzt 1): Welches Licht würfe dies auf die berufenden Gerichte? Hat man etwa so seine PflichtverteidigerInnen wie man seine Sachverständigen hat?

3) Was machen eigentlich die Anwaltskammern, wenn sie von solch extremen Fehlern und Versagen der PflichtverteidigerInnen hören? Oder sind die wie der Richterverein in Bayern in erster Linie dazu da, alles abzumschmettern, was den Berufsstand in ein schlechtes Licht stellt?

4) Gibt es hier gesetzlichen Handlungsbedarf?

 

RSponsel schrieb:

 

3) Was machen eigentlich die Anwaltskammern, wenn sie von solch extremen Fehlern und Versagen der PflichtverteidigerInnen hören? Oder sind die wie der Richterverein in Bayern in erster Linie dazu da, alles abzumschmettern, was den Berufsstand in ein schlechtes Licht stellt?

 

Die Anwaltskammern erklären Rechtsanwälte für verrückt, die das deutschen Richtern Willkür vorwerfen, und setzen sich dafür ein, solchen ANwälten die Zulassung zu entziehen. (Claus Plantiko / Googeln)

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-Prozess für heute vorbei, vertagt auf 5. Mai. Gutachter Prof. Kröber will nicht, dass sein Gutachten durch Fragen "zerrissen" wird.

 

Daher ist er nun auf 6. Mai, 13.30 Uhr geladen. Er wird voraussichtlich das Geständnis Ulvis erneut als glaubwürdig einstufen.

 

https://twitter.com/jv_joevoe

 

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@Herr Kolos, @Herr Gast,

Herr Kolos schreibt:

Ich denke, die Widerspruchslösung des BGH muss man nicht unbedingt teilen. Denn das Recht auf ein faires Verfahren ist nicht disponibel. Wäre es aber danach.

Herr gast schreibt:

Ich denke aber auch, dass man die Frage stellen und beantworten müsse, ob es denn rechtsstaatlich sein könne, wenn man in der Sache relevante Tatsachen für irrelevant erklärt, weil bestimmte Formalia nicht eingehalten worden sind.

Wenn ich hier eben auf die Widerspruchslösung hingewiesen habe, die es verhindert hat, dass evtl. Belehrungsfehler und die Verwertung des Geständnisses in der Revision gerügt werden konnte, dann bedeutet das doch nicht, dass ich die Widerspruchslösung befürworte! Sie ist aber nach der höchstrichterlcihen Rechtsprechung geltendes Recht, da können sich alle Strafrechtsprofessoren Deutschlands auf den Kopf stellen (eine Mehrheit lehnt die Widerspruchslösung übrigens ab). Viele Links und  Quellen finden Sie hier bei Burhoff. Sie (und ich) können natürlich vertreten, die Widerspruchslösung sei rechtsstaatswidrig. Sie haben meine Unterstützung für dieses Anliegen, aber  das hätte mit höchster Wahrscheinlichkeit überhaupt keinen Einfluss auf das jetzige Verfahren gegen Ulvi K.

Herr Kolos schreibt:

Unabhängig davon: Der Widerspruch dürfte im WA-Verfahren doch wieder möglich sein.

In der Tat spricht die Entscheidung BGHSt 46, 189 - dejure.org-Link dafür, dass der Verwertung des Geständnisses in der HV nach Wiederaufnahme hätte widersprochen werden können. Ich denke aber, dass dies nicht der Verteidigungsstrategie Eulers entsprach, der nachweisen will, dass dieses Geständnis im Kern  falsch ist.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Zur Vernehmungsstrategie zitiert die Süddeutsche heute aus der Aussage eines der beteiligten Beamten:

Mehrmals habe Ulvi K. Vermutungen von Vernehmungsbeamten in seine Aussagen übernommen. Ein Beispiel:

Polizist: "Haben Sie vielleicht Angst gehabt, was passiert, wenn die Peggy heimkommt und blutet, dass sie dann vielleicht alles erzählt?"

Ulvi K.: "Nein, ich habe keine Angst gehabt."

Danach 13 Minuten Pause.

Polizist: "Sie haben vorhin gesagt, sie hätten Angst gehabt, dass Peggy was erzählt."

Ulvi K.: "Ja."

Ulvi K. sei am Anfang sehr unsicher gewesen, sagt der Beamte im Zeugenstand. "Er hat uns dann immer lang angeschaut, als ob er auf eine Reaktion wartet, ob wir nicken oder nicht." Es wird an diesem dritten Prozesstag ziemlich deutlich, dass der Vernehmungsbeamte das Aussageverhalten von Ulvi K. durch eigene Vorgaben gesteuert hat. Der Richter arbeitet auch heraus, dass verschiedene Elemente in dem Geständnis Vorbilder in früheren Vernehmungen haben - so hatte Ulvi K. schon einmal in einem anderen Zusammenhang von einem Sturz Peggys berichtet.

Mit so einer Vernehmungsstrategie kann man tatsächlich ein Beweismittel (hier: das Geständnis)  regelrecht "verderben". Schwerste Fehler der Vernehmungstechnik.

Aber diese Fehler lassen sich erklären. Denn, wie ein anderer Polizeibamter (lt. MZ) sagte:

 „Dem Gedächtnisprotokoll habe ich keine große Bedeutung zugemessen. Als Mordermittler brauche ich Sachbeweise, brauche ich eine Leiche.“

Wahrscheinlich ist es so, dass die Ermittler selbst dem Geständnis des ULvi K. gar keinen Beweiswert zuerkannten, sie vielmehr eben darauf setzten, Ulvi K. werde ihnen Sachbeweise liefern. Erst als das nicht so wie erhofft lief, bekam das Geständnis selbst entscheidende Bedeutung. Und dann hatte man seitens der Justiz auch noch das "Glück" einen in Aussagepsychologie  unsachverständigen (aber berühmten) Sachverständigen zu finden, der den Wahrheitsgehalt des Geständnisses bestätigt. 

 

Henning Ernst Müller schrieb:
...

Aber diese Fehler lassen sich erklären. Denn, wie ein anderer Polizeibamter (lt. MZ) sagte:

 „Dem Gedächtnisprotokoll habe ich keine große Bedeutung zugemessen. Als Mordermittler brauche ich Sachbeweise, brauche ich eine Leiche.“

Wahrscheinlich ist es so, dass die Ermittler selbst dem Geständnis des Ulvi K. gar keinen Beweiswert zuerkannten, sie vielmehr eben darauf setzten, Ulvi K. werde ihnen Sachbeweise liefern. Erst als das nicht so wie erhofft lief, bekam das Geständnis selbst entscheidende Bedeutung.

Also wollen Sie den Ermittlern jetzt keine bewusste Geständniserpressung (bzw. -fälschung) mehr unterstellen?

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Hochgradige Vernehmungs-Inkompetenz

@Henning Ernst Müller

Ich kommentiere das mal:

Polizist: "Haben Sie vielleicht Angst gehabt, was passiert, wenn die Peggy heimkommt und blutet, dass sie dann vielleicht alles erzählt?"

RS-Kommentar: das sind vier Sachverhalte in eine Suggestivfrage gepackt. Spricht nicht für Vernehmungskompetenz.

Ulvi K.: "Nein, ich habe keine Angst gehabt."

Danach 13 Minuten Pause.

Polizist: "Sie haben vorhin gesagt, sie hätten Angst gehabt, dass Peggy was erzählt."

RS-Kommentar: Schwerer Suggestiver Doppelfehler indem die Aussage davor umgedreht und täuschend vorgehalten wird.

Ulvi K.: "Ja."

RS-Kommentar: Erliegt der Suggestion und damit Widerspruch - der anscheinend auch nicht aufgeklärt wird - zu oben.

 

@Henning Ernst Müller "Schaut man sich die Vernehmungen  unter aussagepsychologischen Gesichtspunkten an, stellt man fest, dass die Kripo weitgehend keine Vernehmungskompetenz zeigt."

Dem ist nichts hinzufügen.

Dieses Ausmaß an Vernehmungs-Inkompetenz könnte aber ein besonderes bayerisches Phänomen sein, denn es gibt ja gute Vernehmungsbücher von und für die Kripo sogar für die schwierigen und seltenen Sonderfälle, z.B.:

Die Vernehmung leicht geistig Behinderter nach Kriminalhauptkommissar a.D. Klaus Habschick
http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm#Die%20Vernehmung%20l...

 

 

Es heißt immer, Ulvi K. stehe geistig auf dem Entwicklungsstand eines neun- bis zehnjährigen Kindes. Glauben Sie wirklich, Sie können ein zehnjähriges Kind im Wege gewaltloser, in simplen Fragen bestehender "Suggestion" derart beeinflussen, dass es wenig später selbst der Überzeugung ist, vor kurzem einen Mord begangen zu haben? Ich (zwei mittlerweile ältere Kinder) halte das für ausgeschlossen.

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@Gerd, Sie schreiben:

Es heißt immer, Ulvi K. stehe geistig auf dem Entwicklungsstand eines neun- bis zehnjährigen Kindes. Glauben Sie wirklich, Sie können ein zehnjähriges Kind im Wege gewaltloser, in simplen Fragen bestehender "Suggestion" derart beeinflussen, dass es wenig später selbst der Überzeugung ist, vor kurzem einen Mord begangen zu haben? Ich (zwei mittlerweile ältere Kinder) halte das für ausgeschlossen.

 

Solche Altersangaben ("auf dem Stand eines Xjährigen") sind höchst ungenau, indem sie verschiedenste intellektuelle, soziale  und motorische Leistungen irgendwie in einen Vergleich zu bringen versuchen. Tatsächlich kann niemand in den Kopf hineinschauen. Nein, ich glaube auch nicht, dass Herr Ulvi K. davon überzeugt war/ist, einen Mord begangen zu haben. Das zeigt ja auch sein Widerruf. Das Geständnis wurde wahrscheinlich abgelegt, weil er nach den lange dauernden Vernehmungen den Ermittlern, die sich ihm freundlich angenähert hatten, gefällig sein wollte. Das zeigt ganz deutlich, wie er "auf ein Nicken wartet" und wie er seine Aussage an die Bedürfnisse der Ermittler anpasst. Das sind Verhaltensweisen, die bei Kindern durchaus genauso beobachtet werden - es geht v.a. um die Bedeutung der Wahrheit im Kontext der Vernehmung. Vernehmer, die ein Geständnis erreichen wollen, tun dies oft, indem sie diesen Kontext, der ja in der Tat für den Vernommenen bedrohlich ist, verändern/verharmlosen - eine angenehme Atmosphäre schaffen, Freundschaft vorspiegeln, ein bisschen lügen (Blutspur), Versprechungen machen ("kein Gefängnis", ""U-Haft wird beendet"), guter Cop - böser Cop spielen etc. Bei Erwachsenen ist das zum Teil als Vernehmungstechnik ok, aber ist es das auch bei Beschuldigten am Rande des Schwachsinns?

Was (in diesem Fall) erschreckend ist: Die Ermittler selbst glauben es nachher, weil sie es glauben wollen. Eigentlich unterliegen sie - als Erwachsene! - offenbar der (Selbst-)Suggestion, sie hätten doch den Ulvi K. ganz frei reden lassen. Davon kann aber eben keine Rede sein. Sie hätten damals genau das selbstkritisch erkennen müssen, was jetzt der Beisitzer aus den Vernehmungsprotokollen pflückt: Dinge, die sie teilweise Tage oder Wochen vorher in der Vernehmung dem Beschuldigten als mögliche Wahrheit "anboten", tauchen später in dessen Erzählungen wieder auf. Das haben Sie als Vater sicher auch schon mal erlebt. Es ist die subjektive Beziehung zum Vernehmer, die dann die objektive "Wahrheit" formt.  Wenn Sie einmal zu den Wormser Prozessen recherchieren, finden Sie ähnliches bei der Wildwasser-Vernehmerin: Sie glaubt nun selbst derart stark an den Missbrauch, den sie in die von ihr befragten Kinder praktisch hineingefragt hat, dass sie wider alle Vernunft einen Massenmissbrauch für real hält, der keiner wirklichen Nachprüfung standhält.

Die Ermittler wollten es glauben, als Ulvi K. ihnen (endlich) den Gefallen tat zu gestehen und deshalb glaubten sie es - auch wenn sein Geständnis oft korrigiert werden musste, um es den Tatsachen (und ihren Hypothesen) anzupassen. Auch wenn sie dann wohl schwer enttäuscht feststellen mussten, dass Ulvi K. sie nicht zur Leiche führen konnte - obwohl er es doch  wollte.

Also meine These: Die Suggestion war nicht insofern erfolgreich, als Ulvi K. glaubte, selbst Mörder zu sein, sondern nur insoweit, als er glaubte, mit einem (wenn auch falschen) Geständnis die Ermittler zufriedenzustellen - und so war es ja auch erst einmal.

Sie schreiben:

Also wollen Sie den Ermittlern jetzt keine bewusste Geständniserpressung (bzw. -fälschung) mehr unterstellen?

Ehrlich gesagt, habe ich die Ermittler zunächst für klüger und professioneller gehalten als es sich jetzt herausstellt. Mittlerweile denke ich, dass sie der Selbstsuggestion unterlagen, alles richtig gemacht zu haben und ein "freies" unmanipuliertes der Wahrheit entsprechendes Geständnis erreicht zu haben.

Ich unterstelle den Ermittlern also nicht, dass sie bewusst einen Unschuldigen verurteilen lassen wollten, sondern dass sie das mit dem obigen Mitteln erreichte Geständnis als einzige Spur unbedingt bestätigen wollten und möglicherweise dann auch zu Manipulationen gegriffen haben, was entlastende Indizien angeht.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

Sehr geehrter Herr Prof. Müller.

Gewiss, wird unsere Meinung an dem jetzigen Verfahren nichts ändern können. Nur wenn es jetzt darum geht, die Ursachen für das Unrecht zu suchen, dann sollte dabei keineswegs der BGH übersehen werden. Denn ohne die fragliche Widerspruchslösung des BGH hätte es den Fall Ulvi Kulac gar nicht gegeben.

Besten Gruß

Waldemar Kolos

Entschuldigung, wenn ich noch einmal eine kurze grundsätzliche Frage stelle: es wurde weder eine Leiche noch auch nur Blutspuren gefunden? Trotzdem ging das Gericht damals (auch das jetzige?) von einem Tötungsdelikt aus? Was steht im damaligen Urteil dazu, was mit der Leiche passiert ist?

 

Ich vermute, selbst wenn man das Opfer heute in einem Keller a la Kampusch oder Fritzl lebend auffinden würde, sähen all die Richter, Ermittler, Schlechtachter und Staatsanwälte selbst noch immer nichts, was sie damals falsch gemacht hätten.

 

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Franzerl schrieb:

Ich vermute, selbst wenn man das Opfer heute in einem Keller a la Kampusch oder Fritzl lebend auffinden würde, sähen all die Richter, Ermittler, Schlechtachter und Staatsanwälte selbst noch immer nichts, was sie damals falsch gemacht hätten.

Das ist auch was mir keine Ruhe lässt: solche Langzeit-Entführungen sind in Belgien, Österreich und den USA aufgeflogen. Nun ist es aber so dass nicht jedes Verbrechen aufgeklärt wird, und daher denke ich dass es diverse unentdeckte Gefangene gibt.

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Folgt man dem Bericht von Christoph Lemmer auf Bitterlemmer, so bestätigt der Ermittler H. nun, das Geständnis des Ulvi K. sei erstmals ihm allein mitgeteilt worden, die anderen Ermittler/Vernehmer seien dabei nicht im Raum gewesen, Zitat (Quelle):

... hinterher, Kulac hatte noch kein Geständnis abgelegt, da habe er den Beschuldigten auf der Treppe nach unten begleitet. Er habe gefragt:

“Hast Du auch die volle Wahrheit gesagt?”

Ulvi Kulac sei stehen geblieben, habe den Kopf schrägt gestellt und gesagt, er habe nicht die volle Wahrheit gesagt. H. sagte, er habe dann einem der Kripo-Fahnder zugerufen: “Da kommt noch was.” Er sei mit Ulvi ins Vernehmungszimmer zurückgekehrt, die anderen Vernehmer hätten sich im Nebenraum versammelt, einer in die offene Tür gestellt. H.:

“Ich habe ihn reden lassen. Hab gewusst, wenn ich ihn stoppe ist es aus.”

Ulvi Kulac habe ihm dann erzählt, er habe Peggy vier Tage vor ihrem Verschwinden vergewaltigt. Am Tattag habe er sie nach der Schule abgepasst. Er habe ihr mehrmals hinterhergerufen, er wolle sich entschuldigen. Dann habe er geschildert, wie er sie verfolgt und eingeholt habe. Peggy habe geschrien: “Ich verrate Dich”. Kurz darauf sei sie gestolpert und gefallen. “Und dann”, so Polizist H., “hat er den Entschluss gefasst: Ich bring’ sie um.” Er habe sie geschubst, Mund und Nase zugehalten, bis sie sich nicht mehr rührte und dann losgelassen. Sogleich “hat’s ihm leid getan”, er habe versucht, Peggy wiederzubeleben, was aber nicht gelungen sei. Während der gesamten Aussage sei er mit Ulvi Kulac allein im Zimmer gewesen.

und weiter schreibt Lemmer:

Walter H. bestätigte damit, was mittlerweile drei damalige Mitglieder der Soko 2 auch schon ausgesagt haben. Unerklärlich blieb bisher gleichwohl, warum das Gedächtnisprotokoll des Geständnisses nichts über diesen Verlauf aussagt. Es enthält allein den geschilderten Tathergang mit allen Detail und ist mit den Unterschriften dreier Beamter versehen. Dass allein Walter H. die Vernehmung führte war bis zum Wiederaufnahmeverfahren nicht bekannt.

Ein Gedächtnisprotokoll wird von drei Beamten unterzeichnet. Nur einer hat es tatsächlich gehört und zwei weitere haben dann so getan als seien sie Zeugen gewesen und könnten auf ihr eigenes Gedächtnis zurückgreifen. Das ist m. E. schon eine gravierende Manipulation.

Zudem erwähnt Lemmer, dass derselbe Beamte in einem anderen Verfahren behauptet hat, er sei bei dem Verhör, bei dem Ulvi K. den Mord gestand, gar nicht dabei gewesen - er habe andere Aufgaben gehabt. Derzeit läuft deshalb ein Ermittlungsverfahren der StA Hof wegen Falschaussage.

Ich will das nicht kommentieren.

 

 

 

Protokollvorschriften sollten doch wenigstens klar sein oder gelten in Bayern besondere?

[quote=Henning Ernst Müller]

und weiter schreibt Lemmer:

...  Unerklärlich blieb bisher gleichwohl, warum das Gedächtnisprotokoll des Geständnisses nichts über diesen Verlauf aussagt. Es enthält allein den geschilderten Tathergang mit allen Detail und ist mit den Unterschriften dreier Beamter versehen. Dass allein Walter H. die Vernehmung führte war bis zum Wiederaufnahmeverfahren nicht bekannt.

[quote]

 

Ich entnehme Habschick, S. 659:

"Bestandteile des Vernehmungsprotokolls müssen sein:

Ort und Beginn der Vernehmung;

Dokumentation eventueller ärztlicher Vorstellungen zur Feststel­lung der Vernehmungsfähigkeit;

Ausführliche (wörtliche) Belehrungsdokumentation mit Bestäti­gung, dass der zu Vernehmende die Belehrung verstanden hat;

Dokumentation der Entscheidung hinsichtlich eines Rechtsbei­standes;

Dokumentation zur Anwesenheit Dritter (z.B. bei Minderjäh­rigen);

Protokollierung des vorgebrachten Tatvorwurfs bei Beschuldig­tenvernehmungen; Protokollierung über Eröffnung des Verneh­mungsgegenstandes bei Zeugenvernehmungen;

Dokumentation der Anwesenheit Dritter während der Verneh­mung;

Dokumentation über die Aussageentscheidung mit Begründun­gen (Inanspruchnahme von Aussageverweigerungs-, Zeugnis­rechten);

Gestellte Anträge und die Entscheidungen darüber;

Dokumentation von Pausen, Telefonaten, Handreichungen von Tabakwaren, Essen, Getränken, Medikamenten;

Abschluss der Vernehmung;

Unterschriften bei erwachsenen Vernommenen „selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben" (zusätzlich Vernehmender, Dol­metscher u. ggfls. Staatsanwalt);

Gegebenenfalls Ergänzungsvermerk zu besonderen Verhaltens­auffälligkeiten;

bei Minderjährigen Eindrucksvermerk (s. S. 571)."

Quelle: Habschick, Klaus (2012) Erfolgreich Vernehmen. Kompetenz in der Kommunikations-, Gesprächs- und Vernehmungspraxis. 3. A. Heidelberg: Kriminalistik. [GB]

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Henning Ernst Müller schrieb:

 

Ein Gedächtnisprotokoll wird von drei Beamten unterzeichnet. Nur einer hat es tatsächlich gehört und zwei weitere haben dann so getan als seien sie Zeugen gewesen und könnten auf ihr eigenes Gedächtnis zurückgreifen. Das ist m. E. schon eine gravierende Manipulation.

Zudem erwähnt Lemmer, dass derselbe Beamte in einem anderen Verfahren behauptet hat, er sei bei dem Verhör, bei dem Ulvi K. den Mord gestand, gar nicht dabei gewesen - er habe andere Aufgaben gehabt. Derzeit läuft deshalb ein Ermittlungsverfahren der StA Hof wegen Falschaussage.

Ich will das nicht kommentieren.

 

Schade, dass Sie das nicht kommentieren wollen: Wenn man solche Dinge zukünftig ausschließen will, dann muss man sich doch fragen, wie sie zustande kommen konnten, was zwei beamte bewegt haben kann, falsch zu bekunden, sie seien Zeugen eines Gestöändnisses gewesen, und was den einen bewqegt haben kann, seine Kollegen zu diesem Schritt zu bewegen.

 

Nur, wenn man weiß, aus welchen Motiven sich Fehlverhalten speist, kann man áuf Motivebene dagegen antreten. Gibt es Anreize, lieber Unschuldige falsch zu "überführen", als keinen Täter vorweisen zu können? Fehlt es an Kontrollen und Sanktionen betreffend unsaubere Ermittlungsmethoden?

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Gibt es Anreize, lieber Unschuldige falsch zu "überführen", als keinen Täter vorweisen zu können?

 

Ich habe jedenfalls noch nie gehört, dass Leute befördert wurden weil sie die Unschuld von jemand bewiesen haben. Oder weil sie keinen Täter gefunden haben.

Einen Unschuldigen anzuklagen ist kein Hindernis. Einer der "Kachelmann-Staatsanwälte" wurde inzwischen befördert.

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@Sponsel:
Ebenso wenig wie Sie in einem Aufsatz bindende Regeln für Ihre Berufskollegen aufstellen können kann dies Herr Habschick in einem Buch.

Was wie im Ermittlungsverfahren  zu protokollieren ist, steht in der StPO und den RiStBV. Mich wundert wirklich, dass Sie als selbst und behördlich ernannter Experte für Glaubhaftigkeitsbegutachtung dies  nicht wissen. 

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nochsoeinngast schrieb:

@Sponsel:
Ebenso wenig wie Sie in einem Aufsatz bindende Regeln für Ihre Berufskollegen aufstellen können kann dies Herr Habschick in einem Buch.

Was wie im Ermittlungsverfahren  zu protokollieren ist, steht in der StPO und den RiStBV. Mich wundert wirklich, dass Sie als selbst und behördlich ernannter Experte für Glaubhaftigkeitsbegutachtung dies  nicht wissen. 

 

Wenn ich Dr Sponsel richtig verstehe, ist er kein bedingungsloser Jünger formaler Ordnungen, sondern versucht, sachlich taugliche  Grundlagen für Vorgehensweisen zu benennen. Die Festlegungen nach StPO und RiStBV sind ihm demnach entweder nicht hinreichend, oder er bemängelt, dass sie nicht eingehalten werden.

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Regeln: Dass Habschick "kann" hat er bewiesen.

nochsoeinngast schrieb:

@Sponsel:
Ebenso wenig wie Sie in einem Aufsatz bindende Regeln für Ihre Berufskollegen aufstellen können kann dies Herr Habschick in einem Buch.

Was wie im Ermittlungsverfahren zu protokollieren ist, steht in der StPO und den RiStBV. Mich wundert wirklich, dass Sie als selbst und behördlich ernannter Experte für Glaubhaftigkeitsbegutachtung dies nicht wissen. 

Nebenbei vorab: Dass Habschick das kann, hat er bewiesen. Mit dieser Formulierung scheinen Ihnen Sprachkompetenzen entglitten zu sein, ich hoffe, nicht dauerhaft, obwohl es bei Anonymität wenig ausmacht.

Natürlich werden überall Regeln aufgestellt, wie die Rechtssprechung selbst, die vielen Lehrbücher, aber auch die Entwicklung der Mindestanforderungen an Schuldfähigkeits- und Prognosebegutachtungen, der Vernehmungslehren oder Aussagenpsychologien zeigen.

Was in der StPO und in RiStBV steht, reicht so nicht. Es bedarf natürlich in der Praxis der Auslegung - im Kontext Ulvi K. besonders der § 136a StPO - und operationaler Anwendungsregeln. Und so ist der Kriminalhauptkommissar mit seinem umfangreichen Werk wohl auch zu verstehen - wenn man will.

@ 23 Tillmann

 

Man sollte nie vergessen, dass Gerichtsurteile fast nie die absolute Wahrheit beinhalten. Es sind nur Gerichtsurteile. Was tatsächlich passiert ist, wissen nur die Angeklagten und die Opfer.

 

Wenn einer freigesprochen wird oder ein anderer eine Strafe bekommt oder ein Dritter "im Zweifel für den Angeklagten" bekommt, so sind das nur menschliche Urteile, die falsch sein können.

 

Auch sind Paragrafen auch nicht in jedem Land und für alle Ewigkeit gleichbleibend. Ich behaupte wenn 100 Richter unabhängig voneinander urteilen müßten über den gleichen Fall, kommen sehr unterschiedliche Urteile heraus, trotz den juristischen Normen, die sehr viel Spielraum für ein Urteil lassen. In der Technik oder Wissenschaft wären juristische Normen viel zu schwammig, denn eine Reproduzierung eines juristischen Ergebnisses / Urteiles mit genauen "Meßfehlergrenzen" gibt es nicht.

 

Auch Beförderungen hängen von Menschen ab, die es vorschlagen.

 

 

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Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel,

darf ich Sie fragen, ob Sie von dem Unterstützerkreis "Pro Ulvi" bzw. dem Pflichtverteidiger Michael Euler für dieses "Gegengutachten" zu Dr. Kröbers Analyse beauftragt wurden? Lagen Ihnen sämtliche Akten vor? Wurden Sie für dieses Gutachten bezahlt?

Hatten Sie zuvor schon etwas mit Herrn Dr. Kröber zu tun?

Wie unabhängig sind Sie?

Danke

Frank

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Entstehungsbgeschichte Methodenkritische Erstanalyse und (Vor-) Beziehungen zu Prof. Dr. Kröber

Frank3 schrieb:

Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel,

darf ich Sie fragen, ob Sie von dem Unterstützerkreis "Pro Ulvi" bzw. dem Pflichtverteidiger Michael Euler für dieses "Gegengutachten" zu Dr. Kröbers Analyse beauftragt wurden? Lagen Ihnen sämtliche Akten vor? Wurden Sie für dieses Gutachten bezahlt?

Hatten Sie zuvor schon etwas mit Herrn Dr. Kröber zu tun?

Wie unabhängig sind Sie?

Danke Frank

Hintergrund und Entstehungsgeschichte meiner methodenkritischen Erstanalyse ist hier ausgeführt:

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm#Hintergrund%20und%20...

Es handelt sich nicht um ein "Gegengutachten", sondern, wie dargelegt, um eine methodenkritische Erstanalyse (Sie scheinen nicht genau zu lesen, was mir Ihre Fragen ein wenig verdächtig macht). Ein "Gegengutachten", besser ein eigenes Gutachten, würde die Einbeziehung, Exploration und Untersuchung von Ulvi Kulac erfordern. Dazu wurde ich nicht beauftragt und gebeten. 

Ich habe meine sämtlichen forensischen Dienstleistungen für Gustl F.  Mollath und Ulvi Kulac honorarfrei erstellt. Die gut 600-800 Stunden sehe ich als eine Art ehrenamtliche Hilfe (Bereich "Staatsschutzfeuerwehr" zur Rettung des wohlverstandenen Rechtsstaates) an wie andere z.B. bei der Kirche, Sport, Feuerwehr, im Sozial- oder oder im Kulturbereich sich engagieren. Ich sah, dass sich viele völlig hilflos dem forensischen Treiben ausgesetzt sahen. Ich habe über 30 Jahre meinen Mund gehalten. Jetzt, dachte ich, darf nicht länger geschwiegen werden. Ich wusste ja lange Zeit gar nicht, was sich da abspielt, welche unfassbaren Ausmaße das angenommen hatte.

In meiner forensischen analytischen Arbeit sehe ich mich als unabhängig, streng aber korrekt vorgehend an - sämtliche Fehlerkritiken werden belegt und begründet - , wobei auch das große Ganze und Wesentliche nicht aus dem Auge verloren werden soll.

Aber ich habe darüberhinaus Partei ergriffen gegen Murks und Pfusch in der forensischen Psychiatrie wie der Unterbringungsjustiz, die dieses unerträgliche Treiben stützt, und ich nehme hierbei kein Blatt vor den Mund. Es ist an der Zeit, kompromisslos klarzutexten.

Prof. Dr. Kröber:

1) Ich kannte einige seiner Veröffentlichungen. Er kann ganz gut schreiben und sagt manches Gute und Richtige, aber er hält sich nicht an seine eigenen Regeln. Das schätze ich nicht, wenngleich es natürlich immer Ausnahmen geben mag, wie ja auch nicht jeder potientielle Fehler ein tatsächlicher ist.  Manches kann er anscheinend auch nicht, z.B. explorieren, Aussagepsychologie, Symptome ordentlich aus Daten des Erlebens und Verhaltens begründen, Beweisfragenantworten nachvollziehbar und schlüssig ableiten.

2) Ich habe sein Mollathgutachten (§§ 20, 21, 63 StGB) kritisch unter die Lupe genommen.

3) Darüber hinaus habe ich ihn in meine Befragung der 27 Mitglieder der BGH-Arbeitsgruppe zu den Mindestanforderungen bezüglich der Anforderungen an Gutachten nach § 67e StGB einbezogen.

4) Ich kenne sein Ulvi-Kulac-GA und habe wie schon gesagt eine methodenkiritische Erstanalyse angefertigt.

5) Nein, mir lagen nicht sämtliche Akten vor (aber zusätzlich viele Vernehmungen). Sämtliche Akten, die Kröber vorlagen - die allerdings nicht genau bekannt sind - , wären für eine vollständige methodenkritische Analyse vielleicht nicht zwingend nötig, aber sicher da hilfreich, wo sich in seinem GA Problemstellen ergeben. 

Vielen Dank, Hr. Dr. Sponsel, Ihre Antwort ist sehr vielsagend.

 

(Sie scheinen nicht genau zu lesen, was mir Ihre Fragen ein wenig verdächtig macht)

Verdächtig? Nennen Sie es lieber kritisch, Herr Dr. Sponsel.

 

Es handelt sich nicht um ein "Gegengutachten" ... Aber ich habe darüberhinaus Partei ergriffen

Tja, was sagt man dazu? Beisst sich, oder? Keine Angst, ich habe schon verstanden, dass sie Dr. Kröbers Gutachten nur analysiert haben und keine neue Begutachtung von Ulvi Kulac vorgenommen haben. Partei ergreifen passt halt so gar nicht zu einer objektiven Analyse. Zumal Ihre "Rivalität" mit Dr. Kröber anscheinend ja schon "Tradition" hat, da Sie zuvor schon seine Begutachtung von Hr. Mollath zerpflückt haben.

Ein "Gegengutachten", besser ein eigenes Gutachten, würde die Einbeziehung, Exploration und Untersuchung von Ulvi Kulac erfordern. Dazu wurde ich nicht beauftragt und gebeten. 

Das habe ich verstanden. Aber Ihnen ist bewußt, dass Ihre Analyse dazu dient, durch die Widerlegung des Kröber'schen Gutachtens Ulvi Kulac zu entlasten? Hier geht es lange nicht mehr nur darum, einem Kollegen fachliches Fehler nachzuweisen.

 

Aus Ihrem Link:

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm#Hintergrund%20und%20...

 

Hintergrund und Entstehung dieser methodenkritischen Erst-Analyse [11.4.14]
Ich lernte Gudrun Rödel und ihren Ehemann anläßlich meines ersten Besuches mit Gerhard Dörner bei Gustl F. Mollath am 12.04.2012 in Bayreuth kennen. Gudrun Rödel wurde dann auch Mitglied im Unterstützerkreis Gustl F. Mollath und die beiden Unterstützerkreise arbeiteten gelegentlich zusammen. Aufgrund der Veröffentlichungen war mir als Aussagepsychologe klar, dass Ulvi Kulac, die Bürgerinitiative und seine Rechtsvertretungen dem Gutachtern von Prof. Dr. Kröber ziemlich hilflos ausgeliefert waren.

Das heisst, Sie wussten aufgrund von "Veröffentlichungen" (von welchen?), dass es mit Ulvi Kulac ein weiteres Justizopfer gab und dass man gegen diesen Skandal angehen muss? Sie waren mit der Betreuerin von Ulvi Kulac und seinen Unterstützern gemeinsam engagiert? Sie wussten, dass das Gutachten aus Sicht der Unterstützergruppe der Stein des Anstosses war, den es galt, aus dem Weg zu räumen? Und das Alles wussten Sie schon VOR Ihrer eigentlichen fachlichen Analyse? Das heisst im Klartext für mich als Außenstehenden, Ihr Ergebnis stand schon zuvor fest.  Bekamen Sie die Unterlagen, auf denen Ihre Analyse basiert, von Frau Rödel? Traf Sie die Auswahl der Vernehmungsprotokolle für Sie oder durften Sie frei wählen, welche Akten Ihnen dienlich sein könnten?

 

Ich bot dann am 6.9.2013 an, das Gutachten Prof. Kröber methodenkritisch zu untersuchen und stellte mein Erstergebnis RA Euler und der Bürgerinitiative am 02.10.2013 zur Verfügung.

Meine Bewunderung! 600-800 ehrenamtliche Arbeitsstunden in nur 26 Tagen? Oder meinten Sie etwa die Hälfte, weil die andere Hälfte für Mollath draufging? Das wären dann immer noch an die 15 Arbeitsstunden täglich, Ihnen muss die Sache wirklich am Herzen liegen.

 

Verstehen Sie es nicht falsch, ich mag kritische Mitbürger.

Und ich finde es gut, dass Sie sich hier den Fragen stellen.

Danke dafür

Frank

4

Weitere Erläuterungen zur Entstehung der methodenkritischen Erstanalyse

Vor Kenntnis und Erstanalyse des GA von Prof. Dr. Kröber war hinsichtlich der Qualität des GA nichts klar  - außer, dass die Bürgerinitiative dem GA hilflos ausgeliefert war. Das ergab sich aus der Homepage, aber auch aus fehlenden Argumenten und fehlenden Veröffentlichungen zum Gutachten (Prof. Eisenbergs vernichtende Kritik kam ja erst später) u.a. in dem sehr wichtigen Buch von Jung & Lemmer, Kapitel 18. Dort werden zwar die kriminologischen Fehler zu Recht aufgespießt, aber nicht das Gutachten selbst - außer in seinem Ergebnis.  Aus dem Buch von Jung & Lemmer war ziemlich naheliegend, dass ein Mord in einer halben Stunde mit vollständigem Verschwinden der Leiche von einem geistig Behinderten nicht zu erwarten war. Das war mein erster sachlicher Zweifel noch vor Kenntnis des Gutachtens. Hinzu kam, dass gerade beim Geständnis das Tonband kaputt gegangen sein soll und gerade der Anwalt weg war. Heute wird ausgesagt es, sie hätten schon abgebaut und wollten anscheinend nicht wieder aufbauen. Auch dass der Anwalt eher kontraproduktiv wirkte wurde jüngst erschreckend bekannt.

Da das Gutachten Prof. Dr. Kröbers das einzige (!) Beweismittel war, kam ihm natürlich die entscheidende strafrechtliche und prozessuale Bedeutung zu. Weil Prof. Kröber forensischer Psychiater ist und er mir als Aussagepsychologe noch nie begegnet war,  ergab sich hier das erste Fragezeichen. Das zweite durch die Tatsache, dass es um einen geistig Behinderten ging. Und das dritte durch den Geständniswiderruf, auch keine leichte Sache. Forensisch ergaben sich also drei Anforderungen an einen Gutachter:

Aussagepsychologische Kompetenz, Kompetenz mit geistiger Behinderung und Kompetenz bei Geständniswiderrufen. Kompetenzen, die z.B. Prof. Köhnken hat, aber von Prof. Kröber nicht bekannt sind. Das war sozusagen meine "Anfangsverdachtslage": kann der das wirklich?

Zu meinem Engagement

Ich bin in Sachen wohlverstandener Rechtsstaat und fachkundig angemessener Forensik engagiert. Die Untersuchung und Feststellung, ob ein Vorgehen methodisch korrekt ist oder nicht, hat nichts mit weltanschaulichen oder politischen Engagement zu tun. Aber, es ist natürlich klar, wenn das Gutachten das einzige Beweismittel war, kommt ihm natürlich die entscheidende Bedeutung zu - wenn es denn trägt. Und ob es das tut, war zu untersuchen.

Aber die Wiederaufnahmegründe beruhen ja gar nicht auf aussagepsychologischen Fehler-Argumenten, sondern auf anderen handfesten Gründen; ich habe ja erst kurz vor der Stellungnahme des RAs die methodenkritische Erstanalyse geliefert.

Bevor ich das GA in den Händen und durchgearbeitet hatte, stand nur folgendes fest: Es gibt erstens Zweifel und zweitens, dem GA waren die Ulvi-Kulac Beisteher völlig hilflos ausgeliefert.

Daher hielt und halte ich es für ein faires Verfahren für sehr wichtig, dass die Ulvi Kulac-Seite hinsichtlich der Qualität und Güte des Gutachtens Informationen erhielt. Mein kritisches Wirken in forensisch-psychiatrischen Bereich dient der forensisch-psychopathologischen Waffengleichheit, die nicht nur hier extrem zu Ungunsten Beschuldigte, Angeklagte und Verteidigung verschoben war und weitgehend noch ist.

Ich war aber dann von dem Ergebnis, den aussagepsychologischen Fehler und Mängeln Prof. Dr. Kröbers, doch sehr erstaunt und erschüttert (z.B. 68% Suggestivfragen). Das hatte ich nie und nimmer erwartet. Ich habe dann die wichtigsten aussagepsychologischen Fehler und Mängel zusammengestellt und kann inzwischen erfreut feststellen, dass nicht nur das Wiederaufnahmegericht sehr wichtige und richtige Fragen stellt und der Aussagegenese nachgeht, sondern auch viele am Prozess Interessierte, selbst die Medien. Auch der Anwalt wird ganz sicher darin unterstützt, wichtige Fragen stellen zu können. Man sollte das GA aber für die Wiederaufnahme nicht überbewerten. Ich denke, das GA Kröber war damals wichtig und entscheidend, inzwischen gibt es sicher viele andere stichhaltige Punkte. Man sollte meine methodenkritische Erstanalyse nur als einen der Waffengleichheit dienenden Baustein sehen. Es geht auch gar nicht um meine mögliche Befangenheit, wie sie sich für einen Gegenanwalt oder ein Gericht darstellte.

Es ging und geht mir einzig und allein darum, sachliche und fachgerechte aussagepsychologische Argumente zur Verfügung zu stellen, damit sie wirken können. Ich bin da ganz unwichtig, das hätte fast jede andere AussagepsychologIn auch gekonnt. Entscheidend ist nach Erich Kästner aber, dass es einer tut, denn nach Kästner gibt es nichts Gutes, es sei denn, man tut es. Können allein genügt nicht, man muss es sich auch trauen. Und gegen den Strom der Zunft schwimmen ist nicht ganz einfach. Man sieht inzwischen ja, wie viele, genau, wie wenige, sich das trauen.

Was die forensische Psychiatrie betraf, gab es ja einige, besonders mögen hier Prof. Dieckhöfer und Dr. Weinberger genannt sein. Aber auf dem aussagepsychologischen Feld war die Bürger-Initiative allein. Da herrschte extreme Waffenungleichheit. Diese, hoffe ich, beseitigt zu haben.

Zeitaufwendungen

Ich begann mit meiner Intensivarbeit zu potentiell  forensisch-psychiatrischen Fehlern ausgelöst durch den Fall Gustl F. Mollath ca. im Frühjahr 2012. Sie bestand seit dieser Zeit grob in folgenden Hauptleistungen:

I. Sachlich-fachliches Engagement

A.  G.F. Mollath

1) Rechtliche und Forensisch-psychopathologische Literaturrecherchen

2) Auswerten der Mollath-Gutachten

3) Auswerten anderer forensisch-psychiatrischer Gutachten

4) Analyse der Fehler und Typisierung

5) Zuordnung der Fehler in den Gutachten

6) Recherchen bei Mitgliedern der BGH-Arbeitsgruppe zu den Mindestanforderungen

7) Aufbereiten für die Internetveröffentlichungen

8) Recherchen zur Verschlüsselungpraxis in bayerischen - besonders forensischen - Psychiatrien

9) Recherchen zur Vernehmungsausbildung bei JuristInnen im deutschsprachigen Gebiet (D, Ö, S)

B. Ulvi-Kulac

10) Methodenkritische Erstanalyse GA Prof. Dr. Kröber

11) Ergänzungen nach Geschehen

C.  Maßregelvollzug

12) Zustände in der forensischen Psychiatrie erfassen und auswerten

13) Analyse der § 67e StGB Gutachten

14) Entwicklung von Hilfskonzepten

15) Sonstiges

II. Rechtlich-politisches Engagement, das sich - zusätzlich zu meiner schon vorher kritischen Arbeit (Marksteine: August 2000, Januar 2009) zum Zustand des Rechtsstaates  - aufgrund der Ergebnisse 1-15 seit Kenntnis der Causa Mollath im Nov. 2011 noch einmal verstärkte.

Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel,
danke für Ihre Antwort.

 

 

>> in dem sehr wichtigen Buch von Jung & Lemmer<<
Hier muss ich einhaken. Inwiefern ist dieses Buch sehr wichtig? Weil es den Fall in die Öffentlichkeit bringt? Weil es so hervorragend recherchiert ist? Weil es so neutral ist? Weil es im Sinne von Ulvi Kulac geschrieben ist?
Ich mag Bücher über Kriminalfälle sehr. Jedoch findet man kaum eines, bei dem der Autor sachlich und neutral berichtet. Zu oft wollen die Autoren zeigen, dass sie im Gegensatz zur Staatsmacht schlau genug sind, um zweifelsfrei den richtigen Täter ausfindig machen zu können.
Ohne den so sehr subjektiven Beigeschmack wäre das Buch sicher gut.
Aber hier ist mehr oder weniger nur die Propaganda des Unterstützerkreises verarbeitet.
Das als Basis für Zweifel zu nehmen ist wissenschaftlicher Unsinn.
Zumal bereits in den Vorbemerkungen wörtlich steht:<br>

 

 

 

 

 

 

 

 

<br>

Quelle: http://www.amazon.de/ "Der Fall Peggy"
"Blick ins Buch"
Vorbemerkungen

>>Da das Gutachten Prof. Dr. Kröbers das einzige (!) Beweismittel war<<
Das ist nur die halbe Wahrheit. Das Gutachten war kein Beweis, es diente zur Einschätzung von mehreren gemachten Geständnissen. Und die wiederum passten in eine ganze Reihe von Indizien.
Verstehen Sie mich nicht falsch: diese einseitige Sichtweise gestehe ich Jedem zu, der mit der Unterstützergruppe zu tun hat. Ihnen als Experten, der sich hier einbringt, würde mehr Neutralität besser stehen.

>>Aussagepsychologische Kompetenz, Kompetenz mit geistiger Behinderung und Kompetenz bei Geständniswiderrufen. Kompetenzen, die z.B. Prof. Köhnken hat, aber von Prof. Kröber nicht bekannt sind. Das war sozusagen meine "Anfangsverdachtslage": kann der das wirklich?<<
Können Sie das denn beurteilen? Sind Sie auf den genannten Gebieten umfassender Experte?
Wie viele solcher spezialisierter Experten gibt es in Deutschland? Wie oft zieht ein geistig behinderter Mordverdächtiger sein Geständnis zurück? War die in Ihrer Sicht falsche Auswahl des Gutachters ein bewußter Fehler? Ein Skandal?

 

>>Bevor ich das GA in den Händen und durchgearbeitet hatte, stand nur folgendes fest: Es gibt erstens Zweifel und zweitens, dem GA waren die Ulvi-Kulac Beisteher völlig hilflos ausgeliefert.<<
Zweifel lasse ich noch gelten, aber dieses völlig hilflose Ausgeliefertsein, das ist doch keine sachliche Argumentation. Fur mich liegt nahe, dass sie den Ulvi-Kulac-Unterstützern gerne aus der Notlage helfen wollten. Das als Ausgangsbasis für eine Analyse ist bedenklich.

>>Ich habe dann die wichtigsten aussagepsychologischen Fehler und Mängel zusammengestellt und kann inzwischen erfreut feststellen, dass nicht nur das Wiederaufnahmegericht sehr wichtige und richtige Fragen stellt und der Aussagegenese nachgeht, sondern auch viele am Prozess Interessierte, selbst die Medien.<<
Ja, die Medien und die am Prozess Interessierten. Die genauestens und stark gefiltert von dem Unterstützerkreis unterrichtet werden. Wunderbare Referenzen.
Sind Sie wirklich so unkritisch?

 

>>Es ging und geht mir einzig und allein darum, sachliche und fachgerechte aussagepsychologische Argumente zur Verfügung zu stellen, damit sie wirken können.<<
Gerade eben ging es Ihnen aber noch um
>> forensisch-psychopathologischen Waffengleichheit<<
Wollten Sie nicht doch von Anfang an Etwas zugunsten des Angeklagten bewirken?

>>(z.B. 68% Suggestivfragen)<<
Darf ich Sie fragen, ob Sie jemals mit Geistig Behinderten zu tun hatten? Ob Sie über die Schwierigkeiten wissen, mit denen längere sachliche Befragungen mit ihnen behaftet sind?
Gibt es für Sie einen greifbaren Unterschied zwischen Suggestivfragen und einem dem Befragten angepassten Fragestil?

 

>>Das einzige Beweismittel Geständnis konnte nur deshalb falsch gewürdigt werden, weil Prof. Dr. Kröber, es fälschlich für glaubhaft hielt.<<
Haben Sie denn nun doch das Geständnis, pardon: die vielen Geständnisse gegenüber mehreren Personen, begutachtet? Bisher sagten Sie immer, Sie hätten nur die Methodik Dr. Kröbers unter die Lupe genommen. Nun reden Sie von einem falschen Geständnis.

Das ist es, was mich stört.
Sie kämpfen für eine Seite, was nichts Falsches ist. Aber Neutralität ist somit einfach nicht gegeben.
Können Sie beschwören, dass mit Ulvi Kulac nicht nur ein vielfacher Missbrauchstäter sondern auch ein zu Unrecht verurteilter Mörder rausgehauen werden soll?

 

Mit freundlichen Grüßen

Frank

4

Frank3 schrieb:

Gibt es für Sie einen greifbaren Unterschied zwischen Suggestivfragen und einem dem Befragten angepassten Fragestil?

Sie sollten sich einmal über den Pascal-Prozess informieren, dann wüssten Sie, wie fatal - auch für die Anklage - sich Suggestivfragen auswirken können, gerade bei unterdurchschnittlich intelligenten Befragten. Außer natürlich, die Anklage sieht sich nach einem Gutachter um, der manipulative Vernehmungen ignoriert und der Angeklagte kann sich keine eigenen Gutachter leisten.

@ R. Sponsel :

Professor Eisenberger heißt Eisenberg und die angeblichen Fehler, die das Buch von Jung & Lemmer beschreibt, dürften nicht kriminologische, sondern kriminalistische sein.

"Ich bin in Sachen wohlverstandener Rechtsstaat...engagiert"etc. pp hört sich  deutlich zahmer und konsensfähiger an als  die webseite, auf der die Rede ist von "Staatskriminalität" und "Es wird höchste Zeit, dass eine wirklich unabhängige Untersuchung die verfilzten, konfusen und verleugneten Missstände im Recht gründlich und schonungslos unter die Lupe nimmt und damit den Boden für eine grundlegende Justizreform aufbereitet"

Das Gutachten Kröber war entgegen Ihren wiederholten Behauptungen  nicht das "einzige Beweismittel", siehe z.B. den Aufsatz von Eisenberg in JA 2013, 860: "Die Beweiswürdigung (sic!) des Gerichts beruhte auf dem vor der Polizei abgegebenen Geständnis, das mangels Zeugen oder sachlicher Beweismittel nicht überprüfbar war". Das Gutachten wurde laut Eisenberg wegen der intellektuellen Beeinträchtigungen Kulacs zur Frage der Glaubhaftigkeit von Geständnis und Geständniswiderruf eingeholt.

Originellerweise ist Eisenberg in seinem Aufsatz der Meinung, der Sachverständige müsse quasi selbständig ermitteln, auf Grundlage welcher polizeilicher Vernehmungsmethode das Geständnis zustande gekommen sei (da kann man sich durchaus fragen, ob das, was auch ein Gericht allenfalls freibeweislich klären müsste, vom Sachverständigen einfach mal so per Anfrage oder wie auch immer zum Gutachtens- und dann Verhandlungsgegenstand gemacht werden kann) und stellt dann die von Ihnen als Fakt dargestellte Verwendung der Reid-Methode als Vermutung in den Raum. Weil ja diese Methode in Bayern mal gelehrt wurde - Umfang und Teilnehmerzahlen: unbekannt und belegfrei - und weil ja irgendwie naheliegt, dass man bei bis dahin erfolglosen Ermittlungen auch zur Reid-Methode greife.... Das ist nun wahre Wissenschaft per Kaffeesatz.

4

Sehr geehrter Gast,

die Beiträge, in denen (ohne Quellenangabe) wörtlich aus einem Brief einer Bürgerinitiative von 2003 zitiert wird, habe ich moderiert. Sie tragen zu der hiesigen Debatte um das Verfahren gegen Ulvi K. nichts bei. Wir können hier an dieser Stelle den Fall Peggy auch nicht lösen.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Gast,

die Beiträge, in denen (ohne Quellenangabe) wörtlich aus einem Brief einer Bürgerinitiative von 2003 zitiert wird, habe ich moderiert. Sie tragen zu der hiesigen Debatte um das Verfahren gegen Ulvi K. nichts bei. Wir können hier an dieser Stelle den Fall Peggy auch nicht lösen.

Mit besten Grüßen

Henning Ernst Müller

Prof Müller

Ich frage mich , warum vermutlich  die Staatsanwaltschaft dem Bríef der Bürgerinitiative nicht nachgegangen íst ?

Das ist eine grundsätzliche Frage. Weshalb muß die Staatsanwaltschaft oder ein Richter nicht jedem noch so kleinem Hinweis nachgehen ? Oder spíelen die vermutlich großen Ermittlungskosten, die damit verbunden wären, eine größere Rolle ?

 

Wer müßte etwas tun, damit die Kripo dem nachgeht und zB. in dem erwähnten Bordell ermittelt.

 

Es gibt genügend Kinder, die an den Grenzen von Deutschland Sexsklaven wurden. Ein Jounalist hat da ein ganzes Buch geschrieben. Leider sind Titel und Verfasser mir nicht mehr geläufig. ( Roth oder so ähnlich ? )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3

Beweismittel, Aussage, Staatskriminalität

@ nochsoeingast

Ihre Einlassung enthält mehrere Fehler. Das Gute daran ist aber, dass sich hieraus weitere wichtige Themen und ihre Klärung ergeben können, wie z.B. das der Staatskrininalität. Aber der Reihe nach. Die Namenskorrektur habe ich vorgenommen (danke).

Beweisbedeutung Geständnis und Glaubhaftigkeit

Das einzige Beweismittel Geständnis konnte nur deshalb falsch gewürdigt werden, weil Prof. Dr. Kröber, es fälschlich für glaubhaft hielt. Da es hier immer wieder falsch benannt wird, noch einmal zum aussagepsychologisches Grundwissen: Glaubwürdigkeit ist ein Personenmerkmal, Glaubhaftigkeit ist ein Aussagemerkmal. Aussagepsychologie untersucht nicht die Glaubwürdigkeit von Personen (vielleicht bei Bandenzeugenaussagen wichtig) sondern die Glaubhaftigkeit von Aussagen. Sehr glaubwürdige Personen, wie z.B. Richter, Staatsanwälte, Akademiker, Sachverständige können genau so unglaubhaft sein (lügen), wie z.B. Kriminelle, Gestörte, Milieugeschädigte glaubhaft sein können (wahr sprechen). Das Geständnis war im ersten Verfahren ohne die Glaubhaftigkeitsbewertung nichts wert und damit war die Glaubhaftigkeitsbeurteilung das entscheidende Beweismittel.

Staatskriminalität

Schön, dass Sie dieses interessante Thema Staatskriminalität - es gehört nicht zu I. sondern zu II. -  ins Spiel bringen, damit wir es einmal richtig erörtern können, wenngleich Sie die Perspektiven durcheinander bringen. Wie ich bereits ausführte, unterscheide ich zwei Perspektiven I. Sachlich-fachliches Engagement und II. Rechtlich-politisches Engagement. Unter I. spreche ich als forensischer Fachmann, unter II. als Bürger und Mensch.

    Als erstes ist zu klären, was Staatskriminalität bedeuten soll: Wenn Personen, die in Staatsdiensten stehen gegen das Strafrecht verstoßen (haben), liegt (lag) Staatskriminalität im engeren Sinne vor. In unserem Kontext geht es bei Staatskriminalität also um kriminelles Verhalten von Richtern, Staatsanwälten, Polizei, Vollzugsbediensteten. Diese Definition kann noch erweitert werden, wenn Personen, die im Dienste des Staates, z.B. Sachverständige oder Ärzte im Maßregelvollzug, tätig werden. Tatsächlich steht z.B. im Falle hessische Steuerfahnder, Gustl F. Mollath, Ulvi Kulac un bei der Fixierungspraxis Taufkirchen die Frage der Staatskriminalität im Raum. Ich denke, durch die Wiederaufnahmen und Verfahren wird hier einiges klarer werden.

Staatskriminalität gehört natürlich mit zu den schlimmsten Bedrohungen eines jeden Rechtsstaates, weil gerade die, die ihn schützen sollten, ihn aushöhlen und auf das Schlimmste schädigen.

 

Eisenberg scheinen Sie auch nicht richtig zu verstehen. Die Aussagegenese ist Standardaufgabe jedes aussagepsychologischen Gutachtens - im Grunde spätestens seit Williams Sterns geflügeltem aussagenpsychologischen Wort von 1926: " Von den ersten Vernehmungen hängt also geradezu die ganze Zukunft des Prozesses ab: In ihnen wird eigentlich fast immer der Sachverhalt endgültig geklärt oder endgültig verschleiert"*. Dazu gehört demzufolge natürlich und selbstverständlich die genetische Analyse der Wortprotokolle, Audio- oder Videomitschnitte. Jeder Aussagekundige weiß das, nur anscheinend Prof. Dr. Kröber, das Erstgericht und Sie nicht.

 

Die Einführung der Reid-Methode im Fall Kulac ist sehr gut dokumentiert bei Jung & Lemmer (Kapitel 26). Nicht zu Unrecht hat der zurückgetretene Staatsanwalt dieses Buch als eine gute Zusammenfassung der Sachlage beurteilt. Im übrigen braucht man die Reid-Methode gar nicht, um die hochgradig suggestiv falschen Vernehmungen der Kripo zu identifizieren. Das Wiederaufnahmegericht hat ja hier schon gezeigt, was es drauf hat. Das ist ja streckenweise ein regelrechter Genuss.

Trotzdem: die Anwendung der Reid-Methode setzt da noch einen oben drauf, sie gehört m.E zu Recht zu den verbotenen Vernehmungsmethoden nach § 136a StPO.

 

* S. 47: Stern, William (1926). Jugendliche Zeugen in Sittlichkeitsprozessen. Leipzig: Quelle & Meyer.

Sehr geehrter Gast,

Sie fragen:

Das ist eine grundsätzliche Frage. Weshalb muß die Staatsanwaltschaft oder ein Richter nicht jedem noch so kleinem Hinweis nachgehen ? Oder spíelen die vermutlich großen Ermittlungskosten, die damit verbunden wären, eine größere Rolle ?

Natürlich müssen die Strafverfolgungsbehörden grds. jedem sinnvollen (mit tatsächlichen Anhaltspunkten versehenen) Hinweis nachgehen, wenn es um das Auffinden eines möglicherweise entführten oder ermordeten Kindes geht. Allerdings steht vor einer Ermittlung auch die Beurteilung, ob sich der Ermittlungsaufwand im Verhältnis zum vermuteten Ertrag "lohnt", denn sonst könnten die Ressourcen schnell erschöpft sein. Leider melden sich ja in einem solchen Fall sehr viele Menschen mit sehr vielen auch hanebüchenen Hinweisen, die auch völlig abwegig sind. Ich weiß nicht, ob ob dieser Hinweis der BI noch mit Tatsachen substantiiert wurde und ob die Polizei dem Hinweis der BI nachgegangen ist und ich weiß auch nicht, ob ggf. irgendetwas dabei herausgekommen ist.

Ich bitte Sie aber dringend, nicht hier "Hinweise" und Vermutungen zu posten, die  auf anderen Peggy-Seiten erschienen sind. Wer sich dafür interessiert, kann dies ja ohne Weiteres im Internet finden. Die ganz falsche Adresse ist dieser Blog für halbgare Anschuldigungen gegen andere Personen, die dann noch mit vollem Namen genannt werden.  Bitte posten Sie so etwas nicht hier. Es wird auch konsequent gelöscht.

Henning Ernst Müller

 

Das Bild wird leider nicht angezeigt. Dann eben hier der Textauszug aus dem Buch von Lemmer und Jung:

 

..................................................................................................................................................

Vorbemerkung

Aus rechtlichen Gründen wurden Namen, Personen und in Einzelfällen Vorgänge verfremdet.

..................................................................................................................................................

 

 

Quelle: http://www.amazon.de/ "Der Fall Peggy"
"Blick ins Buch"
Vorbemerkungen

1

Frank3: wie kann es ein "richtiges" Geständnis gegeben haben, wenn trotzdem keine Leiche gefunden wurde?

 

5

Franzerl,

der Verschaffungsort der Leiche war kein Gegenstand der Geständnisse, oder?

Also erübrigt sich die Frage.

1

Frank3 schrieb:

Franzerl,

der Verschaffungsort der Leiche war kein Gegenstand der Geständnisse, oder?

Also erübrigt sich die Frage.

 

Erübrigt sich? Wenn der Polizei d3er leichenfundort bekannt gewesen wäre, dann hätte Ulvi bestimmt auch den "gestanden"...

 

Den Polizisten war offenbar klar, dass es alles andere als ein wahres Geständnis war, was sie da aus Ulvi "herausgearbeitet" hatten!

5

Frank3 schrieb:

Franzerl,

der Verschaffungsort der Leiche war kein Gegenstand der Geständnisse, oder?

Also erübrigt sich die Frage.

 

Dann war es also schon per Definition kein vollständiges Geständnis? Und all die falschen und sich widersprechenden Angaben in den vielen Geständnissen sind vollkommen irrelevant?

 

Nochmals die Frage: was steht im Urteil laut Feststellung des Gerichts dazu, wo die Leiche abgeblieben ist?

 

 

5

Franzerl schrieb:

Frank3 schrieb:

Franzerl,

der Verschaffungsort der Leiche war kein Gegenstand der Geständnisse, oder?

Also erübrigt sich die Frage.

 

Dann war es also schon per Definition kein vollständiges Geständnis? Und all die falschen und sich widersprechenden Angaben in den vielen Geständnissen sind vollkommen irrelevant?

 

Nochmals die Frage: was steht im Urteil laut Feststellung des Gerichts dazu, wo die Leiche abgeblieben ist?

 

 

Es ist unglaublich. Alle Beteiligten gehören sofort suspendiert und in U-Haft gesteckt (Verdunklungsgefahr).

3

Der Verschaffungsort der Leiche war Gegenstand des "Geständnisses" am 2.7.2002

Frank3 schrieb:

Franzerl,

der Verschaffungsort der Leiche war kein Gegenstand der Geständnisse, oder?

Also erübrigt sich die Frage.

Beim "Geständnis" am 2.7.2002 will UK mit einem Freund F1 und dessen Freundin F2 die Leiche mit dem Auto nach Schwarzenbach a. Wald und in einem Waldstück bei Schwarzenstein unterhalb eines Baumes abgelegt und mit einer blau-weißen Plane abgedeckt haben.

Hinsichtlich der Leichenablage gibt es mehrere Varianten. Die aussagepsychologische Analyse all dieser Varianten gehörte zum Pflichtprogramm in einem solchen Fall.

RSponsel schrieb:

Beim "Geständnis" am 2.7.2002 will UK mit einem Freund F1 und dessen Freundin F2 die Leiche mit dem Auto nach Schwarzenbach a. Wald und in einem Waldstück bei Schwarzenstein unterhalb eines Baumes abgelegt und mit einer blau-weißen Plane abgedeckt haben.

Hinsichtlich der Leichenablage gibt es mehrere Varianten. Die aussagepsychologische Analyse all dieser Varianten gehörte zum Pflichtprogramm in einem solchen Fall.

 

Wie lange dauerte es, bis eine unter einem Baum liegende Leichge, bedeckt mit einem weiß-blauen Tuch, in einem deutschen Wald gefunden wird? Irgendein Wauzi würde dem Verwesungsgeruch nachgehen und dann solange Theater schlagen, bis Frauchen / Herrchen aufmerksam geworden wären. Selbst dann, wenn sich vorher Wildschweine, Füchse und Fliegen ihre Bäuche  an der Leiche vollgeschlagen haben sollten.

0

Zusatzfragen zur methodenkritischen Erst-Analyse

@frank3 #35.

Warum ist das Buch von Jung & Lemmer wichtig?

Der leitende Staatsanwalt hat es als gute Zusammenfassung der Aktenlage bezeichnet. Ich glaube nicht, das man ihn zu den Unterstützern von Ulvi Kulac rechnen kann. Das Buch enthält in seinen 36 Kapiteln viele interessante Informationen.

 

Worauf kommt es bei Gutachtenfehlern an?

Ob ein Fehler ein Fehler ist ergibt sich aus der Begründung. Sachverhaltsprüfungen sind grundsätzlich davon unabhängig, wer sie vornimmt. Z.B. ist eine Suggestivfrage eine Suggestivfrage (War das Hemd blau?) unabhängig davon, ob dies  ein kommunistischer, faschistischer oder schizophrener Sachverständiger im Auftrag des Gerichts, der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung oder aus freien Stücken feststellt. Die Beurteilung als Suggestivfrage ist in diesem Beispiel einfach richtig.

 

Was wurde durch die methodenkritische Erst-Analyse herausgefunden? 

Eine Übersicht findet man im vor einigen Tagen eingefügten Inhaltsverzeichnis:

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm#Inhalts%C3%BCberblick

 

Worauf kommt es an bei der Befragung geistig Behinderter?

Hierzu habe ich jüngst eine umfangreiche Materialsammlung eingestellt:

http://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKr%C3%B6b.htm#Vernehmung%20von%20g...

 

Wie sollte man geistig Behinderte nicht befragen? 

Ein Negativbeispiel liefert Prof. Dr. Kröber, insbesondere durch Fragekaskaden, komplexe und komplizierte Mehrfachfragen, unangemessene intellektuell-akademische Worte wie z.B. "Argument, Position, Version, Rekonstruktion", Suggestivfragen. Und auf jeden Fall muss natürlich das Verständnis abgesichert werden.

 

Gibt es einen Unterschied zwischen Suggestivfragen und angepasstem Fragestil?

Stilfragen sind keine aussagepsychologische Kategorie. Man sollte sach- und fachkundig fragen. Natürlich ist die Fragetechnik sowohl dem  Explorierten, dem Sachverhalt, der zu erforschen ist, als auch der Situation anzupassen. Deshalb will richtig Explorieren ja gelernt sein. Das ist eine hohe Kunst, die in der Regel aufwändig angeeignet werden muss. Prof. Dr. Kröber scheint das nicht gelernt zu haben.

 

Zu meiner Erfahrung und Qualifikation

Ich habe in meiner Psychologie-Ausbildung sowohl Entwicklungspsychologie als auch pädagogische Psychologie gelernt. Wichtiger sind mir aber jahrzehntelange Erfahrung auch in Kinderpsychotherapie und familienrechtspsychologischen Begutachtungen auch mit Behinderten (Eltern und Kindern). Die Hauptregel ist einfach und sollte jedem einleuchten: Die Fragen sind so zu stellen, dass keine Sachverhalte mit der Frage vorgegeben werden, die erst zu erkunden sind. Davon hat Prof. Dr. Kröber offensichtlich noch nie etwas gehört. Und schließlich wurde ich 1993 öffentlich bestellt und vereidigt für Forensische Psychologie:

http://www.sgipt.org/org/bbiogr/rs.htm#Bestallungsurkunde%20Forensischer...

 

Was wäre bei den mindestens vier Geständnissen und Widerrufen zu tun gewesen?

Ich habe in meiner Erst-Analyse (nicht im Internet präsentiert) den Weg aufgezeigt, was man hätte tun müssen (und immer noch kann). Man muss sämtliche Handlungssequenzen erfassen, gegenüberstellen und durch das vom BGH vorgegebene Ausschlussverfahren den wahrscheinlichsten Handlungsablauf aussagepsychologisch erschließen. Das ist eine Menge Arbeit, aber machbar - und bei drohender Verurteilung wegen Mordes ohne jeden Zweifel auch notwendig.

 

Beschwörungen sind kein aussagepsychologisches Argument

Zur Wertung "falsches Geständnis" gelange ich durch die inzwischen vorliegenden Informationen. Bei der Erst-Analyse ging es ja "nur" um den aussagepsychologischen Nachvollzug, ob das widerrufene Geständnis durch seine Konstanz - dank extrem suggestiver Nachhilfe bereits ab Frage 2 -  glaubhaft ist.

Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel,

 

>>Warum ist das Buch von Jung & Lemmer wichtig?

Der leitende Staatsanwalt hat es als gute Zusammenfassung der Aktenlage bezeichnet. Ich glaube nicht, das man ihn zu den Unterstützern von Ulvi Kulac rechnen kann. Das Buch enthält in seinen 36 Kapiteln viele interessante Informationen.<<

Meine Kritik an diesem Bucht ist nicht damit erledigt, dass ein Staatsanwalt es als gute Zusammenfassung bezeichnet. Fakt bleibt leider, dass das Buch Fehler, Verfälschungen und Interpretationen enthält. Selbst die den Autoren vorliegende Quellen sind nicht benannt und werden von den Autoren auf Nachfrage nicht verraten.

 

>>Gibt es einen Unterschied zwischen Suggestivfragen und angepasstem Fragestil?
Stilfragen sind keine aussagepsychologische Kategorie. Man sollte sach- und fachkundig fragen. Natürlich ist die Fragetechnik sowohl dem  Explorierten, dem Sachverhalt, der zu erforschen ist, als auch der Situation anzupassen. Deshalb will richtig Explorieren ja gelernt sein. Das ist eine hohe Kunst, die in der Regel aufwändig angeeignet werden muss. Prof. Dr. Kröber scheint das nicht gelernt zu haben.<<

Nochmal: gibt es einen Unterschied? Darauf finde ich in Ihrer Antwort keine Antwort. Nur eine Spitze gegen Dr. Kröber.

 

>>Der Verschaffungsort der Leiche war Gegenstand des "Geständnisses" am 2.7.2002

Beim "Geständnis" am 2.7.2002 will UK mit einem Freund F1 und dessen Freundin F2 die Leiche mit dem Auto nach Schwarzenbach a. Wald und in einem Waldstück bei Schwarzenstein unterhalb eines Baumes abgelegt und mit einer blau-weißen Plane abgedeckt haben.

Hinsichtlich der Leichenablage gibt es mehrere Varianten. Die aussagepsychologische Analyse all dieser Varianten gehörte zum Pflichtprogramm in einem solchen Fall.<<

Danke, dass Sie daran erinnern. Diese erste Version der Leichenverbringung wurde als falsch ermittelt. Weil die Beschuldigten ein Alibi hatten und weil an dem genannten Ort nichts gefunden wurde. Diese Diskrepanz wurde dem Tatverdächtigen vorgehalten und in der Süddeutschen Zeitung wird das Folgende so geschildert:

 

Die Überprüfung der beiden Personen, die angeblich bei der Beseitigung der Leiche geholfen haben sollten, ergibt, dass beide ein hieb- und stichfestes Alibi für die mutmaßliche Tatzeit hatten.
"Der Vati hat sie weg"
Bei zwei weiteren Vernehmungen am 23. und 24. Juli (also volle drei Wochen später) wiederholt Ulvi seine Geständnis in allen Einzelheiten. Der Vernehmungsbeamte schildert vor Gericht, er habe Ulvi vorgehalten, der Abtransport der Leiche könne sich nicht so zugetragen haben, wie er es erzählt habe. Ulvi habe zwei bis drei Minuten still dagesessen, habe gezittert, auf seiner Stirn hätten Schweißperlen gestanden. "Dann hat er gesagt: Der Vati hat sie weg."

 

http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-peggy-der-lange-schatten-der-unge...

 

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Es heißt immer, Ulvi K. stehe geistig auf dem Entwicklungsstand eines neun- bis zehnjährigen Kindes. IQ= 70 (?)

 

Ein Neunjähriger kann im Gegensatz zu einem psychisch behinderten Erwachsenen,  Handlungen, die er begangen hätte, sehr wohl haargenau schildern.

 

Wenn aber psychisch behinderte Erwachsene Streß ausgesetzt werden, haben solche Menschen Schwierigkeiten Dinge zu wiederholen und dichten "unbewußt" falsche Dinge dazu.

Wenn Menschen durch Streß in die Depression oder in eine Psychose getrieben werden, sind soche Menschen nicht mehr in der Lage Erlebtes von Irrealem zu unterscheiden.

Auch wenn die psychische Behinderung des Ulvi durch Hirnhautentzündung vermutlich keine Depressíon oder Psychose ist, dürfte er auch Schwierigkeiten haben.

 

 

 

 

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Unbelegte Kritik hilft so wenig wie Unkenntnis oder unbestimmte Worte

@frank3 #45

Eine substanzielle, datenbelegte Kritik legen Sie nicht vor. So sind Sie aber ganz bei denen, die Sie verteidigen möchten: im Raum der Möglichkeiten und des Meinens. Sie begnügen sich mit bloßen diskreditierenden Behauptungen ("Fehler, Verfälschungen und Interpretationen") ohne jeden Beleg. Daher interessiert mich Ihre "Kritik" nicht weiter. Sie wussten ja noch nicht einmal, dass das erste "Geständnis" Angaben zum Leichenort enthielt. Das kommt davon, wenn man Bücher kritisiert, die man nicht liest und nur vom Waschzettel amazons "kennt". Sie scheinen auch nicht richtig lesen zu wollen oder zu können. Vielleicht eignen Sie sich erst mal ein paar grundlegende Kenntnisse über die Faktenlage an, bevor Sie sich zum Fragemeister in Sachen Aussagepsychologie aufspielen von der Sie offenbar nicht die geringste Ahnung haben.  

     Zu Ihrem offenbar noch nicht befiedigten Anliegen - Suggestivfrage und Fragestil - will ich mich gerne noch einmal äußern, wenn Sie Ihre Frage mit operationalem (konkret, besispielhaften) Inhalt füllen etwa wie folgt  durch eine Tabelle: 

Spalte 1: Zu erfragender Sachverhalt,

Spalte 2: Offene Frage zu 1)

Spalte 3: Suggestivfrage zu 1,

Spalte 4: Andere Variante Suggestivfrage zu 1,

Spalte 5: Fragestil-1-Frage zu 1,

Spalte 6: Fragestil 2-Frage zu 1.

Mindestens eine Zeile für ein Beispiel brauchen wir. Besser wären drei verschiedenartige Beispiele, also drei Zeilen. Unsere Daten- und Diskussionsbasis wäre damit eine Tabelle mit 18 Zellen, drei Zeilen und 6 Spalten.

@R. Sponsel

ähm: Wieso sollte frank3 Ihnen eine Tabelle liefern?Wieso sollte er ein Buch erwerben, das offenbar von Autoren mit einer Mission verfasst wurde? (und kommen Sie bitte nicht wieder mit dem abgelösten StA, der doch von einer "guten Zusammenfassung der Aktenlage" sprach, denn das Buch dürfte sich kaum darin erschöpfen)

 Liefern Sie doch einfach mal einen nachprüfbaren Beleg für Ihre Ermittlung der Suggestivfragenquote von 68 %, indem  Sie sämtliche Fragen auflisten und Ihre Bewertung als suggestiv auch einmal transparent und diskussionsfähig begründen, statt nur Behauptungen aufzustellen?

Haben Sie in Ihre Gutachtenskritik und Ihre Aussageanalyse auch den Umstand einbezogen, dass Kulac ausweislich des Berichts von Holzhaider sein Geständnis des sexuellen Missbrauch Peggys in der Hauptverhandlung vor dem LG Hof gerade nicht widerrufen hat und ein Tatmotiv daher durchaus im Raum stand und steht?

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