BGH: Strafbar ist nur das Basteln einer Bombe in der Absicht Terrorakte zu begehen

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 09.05.2014

Der angeklagte Student hatte ohne konkretes Anschlagsziel die Anleitung für eine selbst zu bastelnde Bombe sich im Internet beschafft, die Ingredienzien besorgt und die Mischung im Küchenmixer verkleinert. Dabei explodierte das Gemisch und verletzte den Bombenbastler.

Das Landgericht Frankfurt a.M. hatte ihn deswegen wegen Vorbereitung zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe nach § 89 a StGB verurteilt.

Auf die heutige Revisionsentscheidung des BGH war man gespannt: Schon während des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Norm wegen ihrer weiten Fassung von vielen als verfassungswidrig angesehen. Auch geht es um die Frage, inwieweit das Strafrecht über das Versuchsstadium hinaus vorverlagert werden kann. Ein Richter des  erkennenden 3. Strafsenats – dem Staatsschutzsenat – hatte im Vorfeld der Entscheidung in einer dienstlichen Erklärung darauf hingewiesen, dass man auch bei ihm auf eine Tat nach § 89a StGB schließen könnte: er habe legale Chemikalien zuhause, aus denen sich ein explosives Gemisch herstellen lasse, und besitze auch das dazu nötige Wissen; zudem habe er aus privatem Interesse wiederholt islamistische Texte im Internet heruntergeladen und er spreche Arabisch, besitze einen Koran in dieser Sprache und habe Kontakte in den Nahen Osten. Wie im SPIEGEL zu lesen war, nahmen seine Senatskollegen diese Erklärung so ernst, dass sie den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnten und in neuer Besetzung verhandelten.

Die Norm hält der BGH mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers trotz der gewichtigen Bedenken bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz noch für vereinbar. Die Vorschrift stehe  mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang und entspreche den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Mit Blick auf die Vorverlagerung der Strafbarkeit und die weite Fassung des objektiven Tatbestands, der auch als solche sozial neutrale Handlungen erfasse, sei es zur Wahrung der Grundsätze des Tatstrafrechts sowie der Schuldprinzips und damit elementarer Verfassungsgrundsätze allerdings erforderlich, die Norm einschränkend auszulegen. Der Täter müsse bereits fest entschlossen sein, später eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen; dass er dies lediglich für möglich halte und billigend in Kauf nehme, reiche nicht aus.

Da das Urteil des Landgerichts in letzterem Punkt nicht eindeutig war, hob der BGH die Entscheidung auf, damit in einer neuen Hauptverhandlung geklärt werden kann, ob diese Voraussetzungen vorliegen.

BGH Urteil vom 8.5.2014 - 3 StR 243/13 (die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor)

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

9 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Oh es gibt genug Idioten (--> siehe explosives Gemisch im Küchenmixer), die das tun, nur um es auszuprobieren. Der muss nicht vorgehabt haben, das Ding zu verwenden um einen Anschlag zu begehen.

5

Ein Student schrieb:

Wozu baut man eigentlich eine Bombe? Tja, diese Frage sollte sich der BGH mal stellen.

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Als Jugendlicher habe ich hauptsächlich kleinere Erdhaufen oder Pflastersteine gesprengt. Sprengstoffe können auch Beiwerk bei der Entwicklung von Raketenantrieben sein, gewollt oder ungewollt. Dieses Verhalten beruht auf Kreativität und Wissbegierde (und der Verfügbarkeit eines großen Grundstücks). Keine Sorge, als Jura-Student habe ich dann nichts davon gebraucht.
Im Gegenteil, wie die Neubesetzung zeigt: je begrenzter der Horizont, desto "unbefangener" später der Richter.

5

Da kann man nur den Kopf schütteln.

 

Wenn dann später womöglich ein Bombenanschlag in dem Umfeld erfolgt, kann keiner das BGH verantwortlich machen .

 

Aber es gibt ja noch eine neue Hauptverhandlung, die hoffentlich das Volk vor möglichen Anschlägen  schützt.

 

 

 

 

4

Vielleicht wollte er auch einen Test machen, ob es wirklich funtioniert, um eine Bewertung darüber im Internet veröffentlichen.

 

Jetzt mal im Ernst: Warum hat das BGH so entschieden? Was könnte hinter dieser doch sehr subjektiven Beurteilung stecken?

2

Ein Student schrieb:
 Warum hat der BGH so entschieden?
Einfach mal die letzten zwei, drei Sätze lesen?

Rohrbombenbastler gibt es übrigens seit Jahrzehnten - manche haben eben den Drang, es irgendwo im Wald laut knallen zu lassen - sogar Lehrer.

"Jetzt mal im Ernst: Warum hat das BGH so entschieden?"

Genau kann das nur der BGH sagen, aber dringend tatverdächtig scheint mir Art. 103 Abs. 2 GG zu sein.

5

Volltext: etwa neun Zehntel des Geschriebenen verwendet der BGH auf die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 89a - als ob das seine Aufgabe wäre.

Kommentar hinzufügen