Über seine Kinder kann man nicht verfügen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 15.05.2014
Rechtsgebiete: Familienrecht3|6398 Aufrufe

Die Kindesmutter hatte hinsichtlich der beiden ehelich geborenen Kinder die Übertragung der alleinigen elterliche Sorge auf sich beantragt.

Im Lauf des Verfahrens unterzeichneten beide Eltern ein Schriftstück, in dem es heißt, die Gesundheitssorge für beiden Kinder solle zukünftig allein durch die Kindesmutter ausgeübt werden, im Übrigen solle es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleiben.

Das OLG Stuttgart (Beschluss v. 06.05.2014 - 2 F 328/13) hat  klargestellt, dass eine solche Vereinbarung das Verfahren nicht beendet. Das Sorgerecht und Teile des Sorgerechts sind für Eltern nicht disponibel, weshalb es zu deren Veränderung stets einer gerichtlichen Entscheidung bedarf. Nicht möglich ist die Billigung einer Vereinbarung der Eltern durch das Gericht.

Vorliegend hätte der Vater die Mutter zur Vertretung der Kinder in allen Gesundheitsfragen bevollmächtigen können, so dann hätte die Mutter ihren Antrag zurücknehmen können. Kostenentscheidung dann nach § 81 FamFG.

 
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3 Kommentare

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Diese, schon fast banale Selbstverständlichkeit kann man nicht oft genug hervorheben. Bravo Stuttgart! Es gibt OLG, u.a. Koblenz, die regelmäßig Sorgerechtsverfahren mit einem Prozessvergleich beenden (,der nicht einmal immer gebilligt ist, nicht einmal formell). Das geht natürlich nicht, aber es wird gemacht.

Hier stellt sich also regelmäßig die Frage, welcher Antrag denn zu stellen ist, um die gerichtliche Entscheidung nachzuholen, gegebenenfalls nach Jahren. Die Folgen sind schon nicht unerheblich, wenn die Beteiligten von Änderung des Sorgerechts aufgrund eines (gerichtlich gebilligten) Vergleichs fest ausgegangen sind, daran sich aber nichts geändert hat.

§ 156 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist wie folgt gefasst:

"Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht."

In § 156 Abs. 2 FamFG heißt es:

"Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich)."

Also, das ist doch nicht schwer zu verstehen. Das Einvernehmen der Eltern über die elterliche Sorge und den Aufenthalt des Kindes ist nicht als Vergleich aufzunehmen. 

Ist das vielleicht ein Versehen des Gesetzgebers, dass die elterliche Sorge und Aufenthalt des Kindes nicht als Gegenstand des Vergleichs aufgeführt sind? Nein, das ist kein Versehen. Das ist so gewollt.

Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 16/6308, S.376, zu Nummer 50):

Artikel 1 § 156 Abs. 2 ist wie folgt zu ändern:

a) Satz 1 ist wie folgt zu fassen:

"Erzielen die Beteiligten in einer Kindschaftssache nach Absatz 1 eine einvernehmliche Regelung, ist die Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht sie billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich).

b) In Satz 2 ist das Wort "Umgangsregelung" durch das Wort "Regelung" zu ersetzen.

Begründung:

Nach § 156 Abs. 1 FamFG-E soll das Gericht in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken. 

Dieses Hinwirken auf eine einvernehmliche Einigung ist nur dann unproblematisch, wenn das Gericht das Ergebnis der Einigung einer Kontrolle in Bezug auf das Kindeswohl unterziehen kann. Wie die Entwurfsbegründung zu § 156 Abs.2 FamFG-E zu Recht ausführt, steht das Umgangsrecht nicht zur Disposition der Parteien. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum die Kontrollmöglichkeit des Gerichts auf Umgangsregelungen beschränkt sein sollte. Sie hat der Sache nach für alle Kindschaftssachen des § 156 Abs. 1 FamFG-E zu gelten. 

Die Figur des "gerichtlich gebilligten Vergleichs" soll daher auf alle Kindschaftssachen des § 156 Abs. 1 FamFG-E erstreckt werden.

Ich stimme dem Bundesrat darin zu, dass Eltern auch über den Umgang nicht disponieren können. Das bedeutet aber nur, dass die Regelung des Umgangs im Vergleich alles andere als unbedenklich ist. Daran konnte weder das KindRG vom 1.7.98 noch das FamFG etwas ändern.

Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucksache 16/6308, S.414, zu Nummer 50):

Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag des Bundesrates insoweit zu, als er die Möglichkeit eines gerichtlich gebilligten Vergleichs bei der Herausgabe eines Kindes vorsieht.

In Bezug auf die elterliche Sorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht als eines Teilbereiches hieraus ist ein gerichtlich gebilligter Vergleich ausgeschlossen, weil die Beteiligten hierüber nicht disponieren können. Insoweit gelten die Vorschriften des materiellen Rechts, das die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil an eine gerichtliche Entscheidung und an bestimmte Voraussetzungen knüpft (§§ 1671, 1672 und 1680 Abs.2, 3 BGB).

Der Vorschlag des Bundesrates repräsentierte die von den Justizministerien der Länder eingebrachten Vorschläge. Sein Vorschlag ist im Gesetzgebungsverfahren gescheitert. Gerichte sind nachgeordnete Behörden des Justizministeriums ihres Landes und einige von ihnen entscheiden so, als wäre der Vorschlag ihres Justizministeriums Gesetz. Das ist eine beeindruckende Demonstration der gerichtlichen Unabhängigkeit und der Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht - oder jedenfalls dessen, was sie darunter verstehen. 

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