Kann Arbeitgeber durch fingierte Testbewerbung einer Diskriminierung überführt werden?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 16.05.2014

Diskriminierungen im Arbeitsleben aufzudecken und dabei zugleich eine Entschädigung für sich herauszuschlagen, hatte sich offenbar ein Bewerber vorgenommen, dessen Klage nunmehr vom LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 09.04.2014 – Aktenzeichen 3 Sa 401/13) abschlägig beschieden wurde. Der 50-jährige Kläger ging wie folgt vor: Er bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle als Servicetechniker bzw. Serviceingenieur im Innendienst. Er verfügte über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse. Einige der geforderten Praxiserfahrungen lagen aber bereits mehrere Jahre zurück. Der Kläger schickte zusätzlich eine Testbewerbung einer von ihm fingierten, 18 Jahre jüngeren Person ab, die auch über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Dafür hatte er sich einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf aber mit anderen Tätigkeiten ausgedacht, Briefkopfbögen von Schulen und teilweise existierenden, teilweise nicht existierenden Firmen genutzt bzw. kreiert und Zeugnisse erstellt sowie ein altes Foto von sich verwendet. Die gewünschten Praxiserfahrungen dieser Testperson waren aber wesentlich aktueller und teilweise auch spezieller. Die unbemerkt getestete Arbeitgeberin lud den fiktiven Bewerber umgehend zum Vorstellungsgespräch ein. Dieser sagte sofort ab. Dem Kläger schickte die Arbeitgeberin einige Zeit später eine allgemeine Absage. Daraufhin klagte er auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 10.500,00 Euro wegen Altersdiskriminierung. Die Klage blieb beim LAG Schleswig-Holstein ohne Erfolg. Nach der Entscheidung des LAG liegen keine Indizien für die Vermutung vor, dass der Kläger „wegen“ seines Alters nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen, also benachteiligt worden ist. Allein auf das Bestehen eines Altersunterschiedes könne nicht abgestellt werden. Andere Indizien habe der Kläger nicht darlegen können. Inszenierte Testverfahren zur Klärung von Diskriminierungsfällen seien nach der Gesetzesbegründung zum Antidiskriminierungsgesetz zwar zulässig, müssten aber, so das LAG, einen Auslöser haben, die Strafgesetze beachten und dürfen nicht rechtsmissbräuchlich sein. Ob all das beachtet worden sei, sei hier bedenklich, aber letztendlich nicht mehr entscheidend. Sei aufgrund konkreter Tatsachen, die im Arbeitsleben üblicherweise von Bedeutung sind, für den getesteten Arbeitgeber Raum für eine andere Auswahlentscheidung, bestehe keine Vermutung für eine Altersdiskriminierung. Das sei hier der Fall gewesen. Aus Sicht des LAG hatte die Arbeitgeberin ihre Auswahlentscheidung auf die nach der Papierform aktuelleren Erfahrungen des fiktiven Bewerbers im Bereich der elektronischen Entwicklung und von diesem jahrelang durchgeführten Kundensupport gestützt. Nicht näher erörtert wurde, welche Rechte dem Arbeitgeber gegenüber dem Urheber solcher fingierten Bewerbungen zustehen, wenn diese rechtswidrig sind (z.B. weil kein Anlass bestand oder sie auf gefälschten Dokumenten basiert). 

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5 Kommentare

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Warum sollte das LAG erörtern, welche Rechte einem Arbeitgeber wegen der mutmaßlich fingierten Bewerbung zustünde? Das war nicht Streitgegenstand und es ist sicherlich nicht Aufgabe eines Gerichts Rechtsberatung für Arbeitgeber zu erteilen.

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Welche Rechte könnten das denn sein?

Unterlassung? Dafür müsste man wohl eine Wiederholungsgefahr darlegen können. Und ist die gegeben? Der Bewerber müsste sich dazu doch noch einmal mit dem echten Namen bewerben und glauben, dass der (potentielle) Arbeitgeber noch einmal auf denselben Trick hereinfallen wird. Das wirkt jedenfalls bei privatwirtschaftlichen Arbeitgebern etwas konstruiert.

Schadensersatz? Da käme allenfalls die Bearbeitungszeit für die falsche Bewerbung, und die könnte als nicht ersatzfähige eigene Mühewaltung zu bewerten sein. Auch für offensichtlich ungeeignete Bewerbungen wendet man Arbeitszeit auf, ohne dafür Ersatz verlangen zu können.

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Richtig... Ein ziemlich arme Ausbeute für den Arbeitgeber. Warum hat sich das LAG damit nicht auseinander gesetzt? Eigentlich ist doch ein Arbeitsgerichtsprozess die richtige Plattform, um mal in der Form einer wissenschaftlichen Arbeit herauszuarbeiten, was demjenigen alles "blüht", der Diskriminierungen und damit Menschenrechtsverletzungen aufdeckt....

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strafrechtlich:Urkundenfälschung? Fälschung beweiserheblicher Daten?

zivilrechtlich: vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (oh nein, das hehre Ziel der Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen - schlimmer als in Ruanda - , auch wenn es bei minimalem Aufwand mit einer Klage auf bescheidene 10.500 € einhergeht, kann doch nicht sittenwidrig sein.....)? Haftung aus 311 BGB(cic) auf Vertrauensschaden?

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