Datenhänder (Data Brokers) - Wir kennen sie nicht, aber sie kennen uns.

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 27.05.2014

Die hier in Washington für Verbraucherschutz zuständige Federal Trade Commission (FTC) hat heute einen sehr lesenswerten Bericht über sog. Data Brokers ins Netz gestellt (110 Seiten). Neun Datenhändler, deren Namen in Deutschland nicht landläufig sind, wurden untersucht. Rechtsverletzungen hat die FTC nicht festgestellt - gleichwohl mahnt sie dringend mehr Transparenz an, was diese Data Broker an Daten sammeln und wie sie die Daten weiter nutzen.

Dies ist natürlich nicht nur ein US-Thema. Die Data Broker bedienen sich unterschiedlicher (meist öffentlich zugänglicher) Quellen und kombinieren die Daten - manchmal Milliarden von Datensätzen.  Dankbarer Abnehmer für die Erkenntnisse der Data Brokers ist z.B. die Werbeindustrie. Die FTC ist u.a. besorgt, dass die Nutzer solcher Dienste ihre Kunden ohne deren Wissen diskriminieren und bestimmten Kundengruppen schlechteren Service einräumen oder höhere Preise verlangen.

Die FTC lehnt die Aktivitäten der Datenhändler allerdings nicht grundsätzlich ab, weil z.B. viele Verbraucher durchaus mit zielgerichteter Werbung einverstanden seien.

Schlussfolgerung der FTC: „Im Lichte dieser Erkenntnisse erneuert die Kommission einstimmig ihre Forderung an den Kongress Rechtsvorschriften zu erlassen, die es den Verbrauchern ermöglichen, die Existenz und die Aktivitäten der Daten-Broker erfahren und  Verbraucher  einen geeigneten Zugang zu Informationen zu verschaffen, die diese Gesellschaften halten.“

Die Demokratischen US-Senatoren Jay Rockefeller von West Virginia und Edward Markey von Massachusetts haben im Februar einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Verbraucher mehr Kontrolle über die Datenerhebung und Nutzung durch Datenhändler verschaffen soll.

Was meinen Sie: Wie kann man das Geschäftsgebaren der Datenhändler am besten regeln? Ich sehe u.a. ein Sicherheitsproblem, wenn die Daten kombiniert irgendwo auf der Welt gespeichert werden - von den Problemen einer Durchsetzung eines wie immer gestalteten „Rechts auf Vergessenwerden“ einmal abgesehen.

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6 Kommentare

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Der Entwurf hat den schönen Namen "Data Broker Accountability and Transparency Act of 2014 - DATA Act"

Hier ein Link: http://www.commerce.senate.gov/public/?a=Files.Serve&File_id=13d141a3-76b8-4191-810b-ebbfd5125759

Der Entwurf des Data Act sieht ein Opt out für Marketingzwecke vor. Außerdem beinhaltet er Informationspflichten (auf Anfrage), was über die Person gespeichert wird, sowie die Möglichkeit, unrichtige Daten korrigieren zu lassen. Ein Anspruch auf Datenlöschung besteht, soweit ich es sehe, nicht.

Gegen den Data Act gibt es erhebliche Widerstände, z.B. seitens der DMA - Direct Marketing Association.

 

Mit dem Instrument der Civil Action haben die US-Amis auch ein deutlich schärferes Schwert zur Durchsetzung solcher Vorschriften als die zahnlosen Verbraucherzentralen in Deutschland, die allenfalls eine Unterlassungsverfügung erwirken können, oder ein läppisches OWi-Bußgeld.

Meiner Ansicht nach sind der Bericht und die Vorschläge der FTC ein Schritt in die richtige Richtung um die Subjekte der Data Broker bezüglich der über sie gesammelten und kombinierten Informationen in Kenntnis zu setzen und ihnen ihre "Spuren" im öffentlichen Leben, insbesondere bezüglich den aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen entnommenen, aufzuzeigen.

Eine Opt-Out Lösung für Marketingzwecke würde aber meiner Ansicht nach dazu führen, dass viele dieses Opt-Out rein prophylaktisch nutzen werden; eine gezielte Werbung wäre somit nur eingeschränkt möglich.

Da das aber keinesfalls zu einem Sinken der Werbeanzeigen sondern nur zu einem Sinken der Präzision der Werbung bezüglich des einzelnen Werbesubjektes führen würde, sind meines Erachtens restriktive Maßnahmen zu vermeiden.

Letztendlich liegt die gezielte Werbung im Interesse eines Verbrauchers, da er so nur für ihn relevante Werbung erhält und nichtim selben Umfang allgemeine Werbung, die er zuerst nach relevanten Inhaten sortieren muss. 

@ Andreas Thürauf:

Werbung liegt im Interesse des Verbrauchers? Wie kommen Sie denn darauf? Und inwiefern würde das den Handel mit personenbezogenen Daten, der das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, rechtfertigen?

Haben Sie sich schon mal darüber informiert, um wieviel teurer Markenartikel im Konsumgüterbereich oder bekannte zuckerhaltige Getränke durch Werbung (dazu gehört auch das Sponsoring von sportlichen Großveranstaltungen und im Renn- und Extremsport) sind? 

@A.Thürauf:

Hinzu kommt, dass man gerade gezielter Werbung auf Grundlage computerisierter Auswerteverfahren auch gesellschaftspolitisch oder philosophisch kritisch gegenüber stehen kann.

Dazu muss man sich vergegenwärtigen, wie "präzise" gezielte Werbung eigentlich ist.

Sie ist methodisch schon nicht so präzise, dass sie tatsächliche Bedürfnisse des Verbrauchers trifft. Denn diese Bedürfnisse kennt der Verbraucher ja längst, hat die gewünschten Produkte gesucht und sich beschafft. Im Großen und Ganzen hat er, was er braucht. Ihm soll verkauft werden, was er noch nicht hat und wahrscheinlich gar nicht braucht.

Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Allerdings wird der Verbraucher insoweit beeinflusst hinsichtlich seines Konsumverhaltens, seiner Aktivitäten und letztlich seiner Interessen. Gezielte Werbung kann das sicher verstärken, weil sie irgendeinen vorhandenen Bezug zum Verbraucher herstellt.

Nun ist die gezielte Werbung auch technisch nicht präzise. Stellen Sie sich eine Webseite vor, auf der auf Grundlage Ihrer Suchbegriffe, die in gewisser Weise Ihre gegenwärtigen Interessen abbilden, vermeintlich gezielte Werbung präsentiert. Dahinter steckt ein Computersystem, das einmal mit einer bestimmten Ontologie gefüttert wurde (oder diese in gewissem Grade selbst lernt, was aber ohne Bedeutung ist). Eine Semantik-Engine verortet Ihre Suchabfrage "Golf GTI" innerhalb der Ontologie richtigerweise nicht bei Freiluftsportarten sondern Automodellen. In der Ontologie ist der "Golf GTI" mit "VW", "VW" mit "Audi", "Mercedes", "BMW" usw. verknüpft. Dieses System ist grundsätzlich umso besser geeignet, je präziser ein Interesse erkannt und verortet werden kann, und je granularer die Ontologie dieses auflöst.

Dennoch ist die Auflösung begrenzt. Selbst eine sehr hohe Auflösung ändert nichts daran, dass der Anbieter des Systems nicht unbegrenzt viele Werbekunden mit passenden Produkten zu jedem registrierten Interesse hat. Die Angebote der Werbekunden bilden vielmehr vereinzelte "Hotspots" in der verzweigten Ontologie.

Sie werden auf dieser Webseite gleichwohl _immer_ irgendeine Werbung sehen. Egal wie ausgefallen und fernliegend Ihr gerade analysiertes Interesse ist, das System wird versuchen, es zu lokalisieren und den nächstliegenden Hotspot für diese Werbung heranzuziehen.

Unter der Annahme, dass Betrachter von der Werbung beeinflusst werden, ist naheliegend, dass ein Rückkopplungseffekt auftritt. Wird das Computersystem über längere Zeit statisch gehalten, würden sich die analysierten Interessen wahrscheinlich den Hotspots in der Ontologie annähern und die Konsumentenpersönlichkeiten sich immer besser in das Auflösungsraster des Systems einfügen.

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