Kammergericht: Kein rechtlicher Hinweis notwendig bei Geldbußenerhöhung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.06.2014

Wann ist im OWi-Verfahren durch das Gericht eigentlich ein rechtlicher Hinweis notwendig. In der Regel geht es da um die erstmalige Anordnung eines Fahrverbots oder um ganz andere Bußgeldtatbestände, als sie im Bußgeldbescheid dem Verfahren zugrundegelegt wurden. Hier aber hatte sich das KG mit der Erhöhung der Geldbuße zu befassen. M.E. richtig hat es einen rechtlichen Hinweis für nicht notwendig erachtet:

Dass der Bußgeldrichter entsprechend § 265 StPO einen Hinweis erteilen muss, wenn er beabsichtigt, die im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße zu erhöhen (so Thüringer OLG VRS 113, 330 [bei guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen]; OLG Hamm DAR 2009, 99), zweifelt der Senat schon deshalb an, weil es eines derartigen Hinweises nicht einmal bedarf, wenn der Strafrichter in der auf den Einspruch gegen den Strafbe-fehl anberaumten mündlichen Verhandlung die Tagessatzhöhe oder –anzahl zum Nachteil des Angeklagten ändern will (vgl. Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 411 Rn. 11). Die Rechtsfrage muss aber dahinstehen, weil die behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs nicht in zulässiger Weise über die Verfahrensrüge dargetan ist (§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn der Beschwerdeführer hat erst mit am 27. Februar 2014 eingegangenem Schriftsatz (vom „28. Februar 2014“) erklärt, dass er in der Hauptverhandlung nicht auf die Möglichkeit der Erhöhung der Geldbuße hingewiesen worden ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine (zulässige und berücksichtigungsfähige) Rechtsausführung, sondern um eine nicht innerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist und damit ver-spätet vorgebrachte Tatsache. Im Übrigen hätte die ordnungsgemäße Erhebung der Verfahrensrüge auch der Darlegung der mit dem Bußgeldbescheid übermittelten Rechtsbehelfsbelehrung bedurft (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Mai 2013 – 4a SsRs 66/13 – [juris]). 

Allerdings hat es das Amtsgericht versäumt darzulegen, warum es von der für die abgeurteilte Ordnungswidrigkeit im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße von 90,00 Euro (Nr. 132 ) abgewichen ist und eine Geldbuße von 120,00 Euro festgesetzt hat. Grundlage der Bußgeldbemessung bleiben zwar auch unter dem Regime der BKatVO die Kriterien des § 17 Abs. 3 OWiG. Eine Abweichung vom Bußgeldkatalog bedarf aber stets ei-ner Begründung (vgl. OLG Düsseldorf DAR 2002, 174 mwN; Göhler/Gürtler, OWiG 16. Aufl., § 17 Rdn. 34; König in Hentschel/König/Dauer, StVG 42. Aufl., § 24 Rn. 64 a.E.). Bei diesem Mangel handelt es sich je-doch um einen Rechtsfehler im Einzelfall, der weder unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) die Zulassung der Rechtsbe-schwerde rechtfertigt. Ob die Rechtsfolgenbegründung Ergebnis eines Ver-sehens oder einer unzutreffenden Rechtsauffassung ist, kann offen bleiben. Selbst im Falle einer bewussten Entscheidung wäre nicht zu besorgen, dass das Amtsgericht daran festhielte oder sein Beschluss Vorbildfunktion für andere Gerichte haben und damit zu einer uneinheitlichen Rechtsprechung führen könnte.

KG, Beschl. v. 10.03.2014 – 3 Ws (B) 78/14

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1 Kommentar

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Wenn ich diesen zweiten Absatz wieder lese... Es ist mit dem Rechtsverständnis eines vernünftigen Menschen - darunter sollen auch Juristen sein - schlichtweg nicht zu vereinbaren, dass das Gericht zwar einen groben Rechtsfehler erkennt, dieser aber folgenlos bleibt, weil es sich lediglich um einen (mutmaßlichen!) Einzelfall handelt.

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